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2.1 Geld- und Edelmetallsammlungen 191 .1 Ankauf von Goldgeld

2.1.3 Geldsammlungen Deutsches Geld

An den vielen Spendenaktionen zugunsten der Kriegsfürsorge beteiligten sich auch die Schu-len rege, wie aus Orts- und Schulchroniken, den Zeitschriften der Lehrerverbände und Archi-valien hervorgeht. Ein Gymnasium (Berlin-Steglitz), ein Lyzeum (Altona bei Hamburg) und eine Dorfschule (Stein in Schleswig-Holstein) seien als Beispiele genannt:

Gymnasium zu Berlin-Steglitz

„Ueberhaupt bildeten Geldsammlungen einen Hauptteil der Sammeltätigkeit der Schülerschaft.

Immer wieder bot sich ein neuer Ansatz, den Werbeeifer der wackeren Jungen anzuregen: für die Steglitzer Kriegshilfe, für die Kriegsspende, für den Steglitzer Lazarettzug, für die deutsche Flotte, für die Schwesternspende, für die Ludendorffspende, für die Kolonialkriegerspende, für die

264 Deutsches Deutsches Philologen-Blatt, 1917, Jg. 25, Heft 34, S. 538.

265 Klindt/Bubert, 750 Jahre Stein (1990), S. 286.

266 Chronik Itzehoe, 1918/19; zitiert nach: Pust, „Vaterländische Erziehung" für „Höhere Mädchen" (2004), S. 355.

267 So ist es vorgekommen, dass gespendeter Familienschmuckstücke nicht eingeschmolzen wurde, sondern in der Öffentlichkeit; z. B. sah eine Spenderin ihre Brosche an der Bluse einer anderen Dame.

268 Sicher hat auch die Konkurrenz kommerzieller Ankaufsstellen zu dem Rückgang beigetragen.

269 Zitiert nach: Pust, „Vaterländische Erziehung" für „Höhere Mädchen" (2004) S. 355.

nachtsfeiern des Reservelazaretts Steglitz und der Groß-Berliner Lazarette, für die U-Boot-Spende, für die Volksspende zum Ankauf von Lesestoff für Heer und Flotte, für die Hindenburggabe zu Kriegsfürsorgezwecken zu des Feldmarschalls 70. Geburtstags (2. Oktober 1917), für die Jugend-spende für Kriegerwaisen, für die Nationalstiftung der im Krieg Gefallenen, für die Kriegsbeschä-digten-Fürsorge der Provinz Brandenburg u. dg. M.“270

Lyzeum und Oberlyzeum zu Altona (Provinz Schleswig-Holstein)

Die Schülerinnen haben 1918 für die folgenden Zwecke Geld gesammelt:

„…städtische Kriegshilfe, Jugenddank für Kriegsbeschädigte, Invalidendank, Ludendorffspende, Kaiser Wilhelmspende deutscher Frauen271, Nationalstiftung für die Hinterbliebenen, Reichsver-band zur Unterstützung deutscher Veteranen272, deutscher Kriegshilfsbund, Kriegsspende deutscher Frauendank273, Kolonialkriegerspende274, Armeeostergabe, U-Bootspende, Rotes Kreuz, Volks-spende für Lesestoff.“ 275

Dorfschule zu Stein (Provinz Schleswig-Holstein)

In der Dorfchronik werden als Spendenaktionen, an denen die Schule beteiligt war, erwähnt:

Rotes Kreuz, Ostpreußenhilfe, Seemannserholungsheim in Berlin, Jugendspende für Krieger-waisen, Hindenburggabe, Kaisergeburtstagsspende und Ludendorffspende.276

Diese drei Beipiele zeigen, welche Bedeutung die Geldsammlungen für die Schulen hatten.

Da es nicht möglich und auch nicht erforderlich ist, auf alle Spendenaktionen einzugehen, an denen Schulen beteiligt waren, sollen im Folgenden lediglich diejenigen näher untersucht werden, für die besonders viele Schulen Geldspenden gesammelt haben, und zwar vor allem die Ludendorff-Spende, dann aber auch die U-Boot-Spende, die Hindenburg-Gabe sowie die Spenden für das Rote Kreuz. Andere Aktionen werden lediglich erwähnt, um die Ergebnisse zu ergänzen.

270 Lehmann, Weltkriegs-Erinnerungen aus dem Kreise des Gymnasiums zu Berlin-Steglitz (1925), S. 14f.

271 Es handelte sich um eine Spendenaktion, die der Bund deutscher Frauenvereine zugunsten der „Kaiser Wil-helms-Spende“ veranstaltete. Diese verdankte ihre Entstehung einer Sammlung, die nach den beiden Attentaten auf Kaiser Wilhelm I. (11. Mai und 2. Juni 1878) im Deutschen Reich veranstaltet worden war. Das Geld bildete insbesondere für die Arbeiter die Grundlage einer Altersrenten- und Kapitalversicherung.

272 Der „Reichsverband zur Unterstützung deutscher Veteranen E.V." war als Hilfsorganisation für in Not gera-tene Kriegsteilnehmer von 1864, 1866 und 1870/71 bald nach Gründung des Deutschen Reiches mit Sitz in Ber-lin gegründet worden. Im Ersten Weltkrieg unterstützte er auch bedürftige „Kriegsteilnehmer des Heeres und der Marine“.

273 Die „Kriegsspende Deutscher Frauendank“, deren Hauptgeschäftsstelle in Berlin war, wurde organisiert durch den „Bund deutscher Frauenvereine“ in Verbindung mit dem „Katholischen Frauenbund“. Die Mittel wurden zur Hälfte der „Nationalstiftung für die Hinterbliebenen der im Kriege Gefallenen“ und zur Hälfte den Ausschüssen für die Kriegs-Invalidenfürsorge zugeführt.

274 Der „Kolonialkriegerverein“ mit Sitz in Berlin. wurde im Jahre 1909 als eingetragener Verein zur Unterstüt-zung ehemaliger Kolonialkrieger der Armee, Marine, der Schutz- und Polizeitruppen sowie deren Hinterbliebe-nen begründet. Ziel war es, diesen Kriegern durch Verschaffung geeigneter Stellungen zu einer gesicherten Le-bensführung zu verhelfen, Bedürftige in Fällen unverschuldeter Not durch Geldspenden zu unterstützen und in Krankheitsfällen ärztliche Hilfe und Arzneien zu gewähren.

275 LAS, Abt. 302, Nr. 3178; in dem Bericht wird außerdem erwähnt: „Für alle diese Zwecke wurden z. T. nam-hafte Summen bis zu 10000 M gesammelt.“

276 Klindt/Bubert, 750 Jahre Stein (1990), S. 267–270.

1. Ludendorff-Spende für Kriegsbeschädigte

Die 1918 ins Leben gerufene Spendenaktion, für die in einer „Opferwoche“ in der Zeit vom 1.

bis 7. Juni reichsweit gesammelt wurde und die über das Ende des Krieges hinaus lief, diente der Unterstützung dauerhaft geschädigter Soldaten, die der Staat nicht ausreichend unterstüt-zen konnte. Sie wurde mit großem Werbeaufwand durchgeführt, wie die vielen überlieferten Plakate277 und öffentlichen Aufrufe zeigen. Auch wenn die folgende Aufstellung nach Schul-art und Region so disparat ist, dass eine substanstantielle Analyse, z. B. hinsichlich der Ein-satzbereitschaft der Schüler nicht möglich ist, so zeigt sich doch, dass sich Schüler unter-schiedlichster Schulformen, aus Schulen Nord- Süd-, Ost- und Westdeutschlands sich betei-ligten und die Spendensummen erheblich differierten.

Lyzeum Itzehoe (s. o.) 32.000,00 Mark278 Lyzeum Altona (s. o.) 5.808,24 Mark279 Realgymnasium Ohligs (Rheinprovinz) 2.922,28 Mark280 Lyzeum in Pyritz (Provinz Pommern) 2.527,27 Mark281 Höhere Mädchenschule Offenbach (Großherzogtum Hessen) 200,00 Mark282 Gymnasium in Landshut (Kgr. Bayern) 184,15 Mark283 Schule in Mittel-Podiebrad (Provinz Schlesien) 34,00 Mark284

Schule in Stein (Provinz Schleswig-Holstein) 7,40 Mark285 (1. Klasse) Schule in Gebersdorf (Provinz Brandenburg) 6,50 Mark286

Bei den Ergebnissen muss auch berücksichtigt werden, dass die größeren Schulen sich mitun-ter zeitnah an mehreren Spendenaktionen beteiligten. Auch wenn natürlich die genannten zehn Schulen nicht repräsentativ sind, so kann festgestellt werden, dass die von ihnen im Jah-re 1918 im Durchschnitt gesammelten 4.376 Mark angesichts der damaligen wirtschaftich sehr schwierigen Zeit ein recht gutes Ergebnis darstellen.287 Z. B. sind die von einer 1. Klasse einer kleinen Dorfschule im Jahre 1918 aufgebrachten 7,40 Mark eine relativ hohe Summe

277 Siehe: Anhang, Seite 39, Bilder 2–4.

278 Pust, „Vaterländische Erziehung" für „Höhere Mädchen" (2004), S. 356.

279 Pust, „Vaterländische Erziehung" für „Höhere Mädchen" (2004), S. 356.

280 Deutsches Philologen-Blatt 1918, Jg. 26, Heft 31f., S. 260.

281 Deutsches Philologen-Blatt 1918, Jg. 26, Heft 27f., S. 238.

282 Deutsches Philologen-Blatt 1918, Jg. 26, Heft 31f., S. 260.

283 Ebermeier/Mayer-Mommertz/Pfaffenzeller, Die Geschichte des Hans-Carossa-Gymnasiums Landshut 1629-2004 (1629-2004), S. 98.

284 Johann/Tchech/Schicha/Zwikirsch/Matzel/Rosemann, Schulchronik der Schule zu Mittel-Podiebrad (2007).

285 Klindt/Bubert, 750 Jahre Stein (1990), S. 270.

286 Nerlich, Aus der Gebersdorfer Schulchronik 1911-1920, http://www.gebersdorf-mark.de/kalenderblatt.htm.

287 Vergleicht man die durchschnittliche Spendensumme der zehn Schulen z. B. mit der 1918 in Hannover und Linden von der gesamten Bevölkerung aufgebrachten, die ca. 1,2 Millionen betrug (siehe Schneider, Ein Photo-fund über die Arbeit der „Freiwilligen Kriegshilfe Hannover und Linden" im ersten Weltkrieg, Hannoversche Geschichtsblätter, 1999, S. 204).so wird deutlich, dass die Schulen durchaus erfolgreich waren

und auch die von Schülerinnen des Lyzeums in Pyritz selbst gespendeten 1.024 Mark stellten eine beachtliche Leistung dar. Dass eine Schule wie das Lyzeum in Itzehoe 32.000 Mark zu-sammenbrachte, ist in erster Linie darauf zurückzuführen, dass der Direktor der Schule die Sammelaktion selbst leitete. Berücksichtigt man, dass z. B. in Göttingen, einer Stadt mit etwa 40.000 Einwohner, ein Betrag von 73.000 Mark zusammenkam288, so wird die Bedeutung des Sammelergebnisses des Itzehoer Lyzeums und anderer Schulen deutlich.

Dass die Sammelergebnisse gerade bei der Ludendorff-Spende recht hoch waren, geht auch aus den Erinnerungen ehemaliger Schüler hervor. So schrieb z. B. Rudolf Steiner: „Wir muss-ten an Sonntagen Hindenburgpostkarmuss-ten verkaufen und für die ‚Ludendorffspende’ sammeln.

Und wir bekamen viel und reichlich.“289 2. U-Boot-Spende

Nachdem die deutsche Regierung zum 1. 2. 1917 den uneingeschränkten U-Boot-Krieg er-klärt hatte, wurde immer wieder zu eifriger Spendentätigkeit an „Opfertagen für die U-Boot-Spende des deutschen Volkes“ aufgerufen.290 Ziel der Aktion war es, eine starke U-Boot-Flotte aufzubauen. Durch Spendenaufrufplakate291 und Aufrufe in den Zeitungen appellierte man an die Spendenbereitschaft der Bevölkerung – und zwar auch bei den Schülern mit Er-folg. So betrug im Juni die Spendensumme des Lyzeums und Oberlyzeums in Thorn (Provinz Westpreußen) 414,30 Mark292, die des Kaiser Wilhelm-Gymnasiums in Thorn (Westpreußen) sogar 1.046,65 Mark 293 und die der kleinen Dorfschule in Fiestel (Provinz Westfalen) be-achtliche 65,25 Mark294.

Vom städtischen Lyzeum und Oberlyzeum in Insterburg (Provinz Ostpreußen) ist überliefert:

„An der U-Boot-Spende beteiligten sich unsere Schülerinnen sammelnd und selbst reichlich gebend. Der Anstalt wurde vom Provinzial-Schulkollegium als Anerkennung für treu geleiste-te Kriegshilfe das Reigeleiste-terbild des Kaisers verliehen.“295 In der Dorfschule in Copitz (Kgr.

Sachsen) wurden die Schüler bei der U-Boot-Spende mehrfach „zur Verteilung von Kriegs-flugblättern“296 eingesetzt. Dass sich auch süddeutsche Schulen für die Sammlung

288 Saathoff, Albrecht, Göttinger Kriegsgedenkbuch. 1914–1918 (1935), S. 74.

289 Franke, 3. Die Kriegsgeneration in Blömer/Garz (Hrsg.), „Wir Kinder hatten ein herrliches Leben“, S. 263; es handelt sich nicht um den gleichnamigen Begründer der Waldorfpädagogik.

290 Die Spendenanktion wurde über das Kriegsende hinaus weitergeführt.

291 Z. B. das Plakat von Willy Stöwer mit dem Titel „Gebt für die U-Boot-Spende“ (Paß und Harleb GmbH in Berlin); siehe: Anhang, Seite 37, Bild 3.

292 Deutsches Philologen-Blatt 1917, Jg. 25, Heft 24/25, S. 424.

293 Deutsches Philologen-Blatt 1917, Jg. 25, Heft 33/34, S. 489.

294 Schulchronik Fiestel S. 153f.; siehe: Kammeier, Der Landkreis Lübbecke und der 1. Weltkrieg (1998), S.

186.

295 Deutsches Philologen-Blatt 1917, Jg. 25, Heft 24/25, S. 424.

296 Kuleßa, Mittelschule „Johann Heinrich Pestalozzi" in Pirna, http://www.mspesta.com/page63.html (15.07.2008).

ten, zeigt als Beispiel das Hans-Carossa-Gymnasium in Landshut, das sich 1917 „rege“ betei-ligte.297 Von sehr vielen Schulen ist lediglich bekannt, dass sie sich an der Spendenaktion beteiligten, die Höhe der Spenden wird aber in den Chroniken nicht genannt. Insgesamt rei-chen allerdings die vorhandenen Quellen nicht aus, um differenziertere Angaben marei-chen zu können, z. B. über die Einstellung der Schüler zu der Sammelaktion. Dass die Schüler jedoch teilweise recht erfolgreich waren, zeigt z. B. das Ergebnis des Kaiser Wilhelm-Gymnasiums in Thorn (s. o.), wenn man es in Relation zum Gesamtergebnis von Kommunen setzt. Im Ver-gleich zu der mit 31.176,93 Mark recht hohe Spendensumme in Hildesheim beispielsweise, für die die Stadt sogar ein Dankesschreiben des Reichstagspräsidenten erhielt; betrüge der Ertrag der Gummersbacher Schüler 3,6 % .298

3. Hindenburggabe/Hindenburgspende299

Zu den Geldsammelaktionen, bei denen sich die Schulen wegen Hindenburgs hohem Ansehen besonders engagierten, gehörte die Hindenburggabe, die anlässlich seines 70. Geburtstags am 2. Oktober 1917 ins Leben gerufen worden war und bis zum Ende des Krieges dauerte. Der gesammelte Erlös kam der Kriegswohlfahrt zugute. Einige Auszüge aus Chroniken sollen dieses dokumentieren.

In Stein (s. o.) spendeten die Kinder „freudigen Herzens“ 73,60 Mark. Als Zeichen des Dan-kes erhielt die Schule „von der Hindenburgspende ein herrliches Bild“300. Sicher hatten die Schüler der Volksschule Neuenhaus (Grafschaft Bentheim, Provinz Hannover) zum Ergebnis der Kommune (788,70 M.) beigetragen, nachdem am 2. Oktober,1dem170. Geburtstage Hindenburgs, während der Schulfeier gesammelt worden war.301

Die Flensburger Volks- und Mittelschulen spendeten 531,96 Mark und die Oberrealschulen I und II 352,70 Mark.302 In der Volksschule von Gebersdorf (Provinz Brandenburg) kamen bei der Sammlung am 15. Oktober 1915 10,25 Mark zusammen, in Solingen spendeten zwei Klassen 50 Mark303 und im Gymnasium Landshut (Niederbayern) waren es 136,75 Mark.304

297 Ebermeier/Mayer-Mommertz/Pfaffenzeller, Die Geschichte des Hans-Carossa-Gymnasiums Landshut (2004), S. 98.

298 Vogeler, Kriegschronik der Stadt Hildesheim (1929), S. 261.

299 Die Hindenburg-Spende gab es seit 1915. Sie diente der besseren Ernährung der Rüstungsarbeiter (siehe:

Hungerblockade und Heimatfront (1991), Nr. 10; S. 162–172) und ist nicht zu verwechseln mit der

„Hindenburgspende für das Ostheer“, die es sich zum Ziel gesetzt hatte, die im Osten eingesetzten Truppen mit warmen Kleidungsstücken zu versorgen. Als das Spendenaufkommen der Hindenburg-Spende ständig zurück-ging, wurden vor allem Geistliche und Lehrer zu verstärkter Propagandaarbeit aufgefordert. Sie sollten die Kam-pagne durch Vorträge unterstützen.

300 Klindt/Bubert, 750 Jahre Stein (1990), S. 269.

301 Wieferink, Schulchronik der Volksschule Neuenhaus, http://www.gbiu.de/Chroniken/02-nhs.htm (15.07.2008).

302 Hohnsbehn, Die Flensburger Schuljugend in der Zeit des ersten Weltkriegs (1996), S. 248.

303 Sinne/Motz, Solingen im 1. Weltkrieg (1984), S. 64.

Die Schulchronik von Mittel-Podiebrad (Provinz Schlesien) erwähnt eine Spende von 25 Mark305. Dass die Schulkinder „freudigen Herzens“ spendeten und auch Straßensammlungen gern durchführten, hing mit der großen Popularität Hindenburgs zusammen. Insgesamt war die Spendensumme niedriger als bei den beiden oben genannten Aktionen.

4. Spendenaktionen des Roten Kreuzes

Einige wenige Beispiele sollen zeigen, dass die Schulen bei den in der Regel regionalen Spendensammlungen eine beachtliche Rolle spielten. So wurden 1914 von der Dorfschule Stein (s. o.) 366,70 Mark überwiesen.306 In Münster (Provinz Westfalen) spendeten die Schü-lerinnen der Mittelschule 541 Mark; die „Abiturientia Paulina“307 und die Schülerinnen des Lyzeums und Oberlyzeums brachten 113,23 Mark bzw. 250 Mark zusammen.308 Auch in Co-burg (Herzogtum Sachsen, CoCo-burg und Gotha) sammelten die Schüler Geld für das Rote Kreuz. Über die Spende in der Volksschule Giesenhof (Provinz Pommern) ist vermerkt, dass die Kinder und Lehrer „gern und willig […] Beiträge (gaben) für das Rote Kreuz“.

5. Andere Sammelaktionen

Ohne die Beteiligung von Schulen an den vielen anderen Spendensammlungen im Einzelnen zu untersuchen, sei abschließend als Ergänzung noch auf einige schulische Aktivitäten bei anderen Sammlungen hingewiesen. Generalisierende Aussagen sind aufgrund der schlechten Quellenlage allerdings nicht möglich.

Ostpreußenhilfe309

In der Dorfchronik von Stein (s. o.) gibt folgende Passage Aufschluss: „Alle Kinder, ohne Ausnahme, brachten von ihren Spargroschen. Mit strahlenden Augen legten sie ihre Gabe auf den Altar der Liebe. 48,75 Mark ergab die Sammlung. Mit einem Brief an die Kinder Ost-preußens, geschrieben von einem Schüler, wurde das Geld an den Regierungspräsidenten a. D. Stockmann in Kiel gesandt.“310

304 Ebermeier/Mayer-Mommertz/Pfaffenzeller, Die Geschichte des Hans-Carossa-Gymnasiums Landshut (2004), S. 98.

305Johann/Tchech/Schicha/Zwikirsch/Matzel/Rosemann, Schulchronik der Schule zu Mittel-Podiebrad (19.09.2007).

306 Klindt/Bubert, 750 Jahre Stein (1990).

307 Schulte, Kriegschronik der Stadt Münster 1914–18, (1930), S. 38.

308 Schulte, Kriegschronik der Stadt Münster 1914–18, (1930), S. 74.

309 Die zweimalige Besetzung der östlichen und westlichen Grenzregionen Ostpreußens durch die russische Ar-mee verursachte bei der Bevölkerung nachhaltige Not und Armut. Um schnelle und effektive Hilfe zu leisten, konstituierte sich eine Kriegshilfskommission unter Leitung des Oberpräsidenten von Ostpreußen in Königsberg, an die die Berliner Ministerien Befugnisse abtraten. Zwar stellte das Preußische Finanzministerium sofort 400 Millionen Mark zur Verfügung, da die Mittel aber nicht ausreichten, veranstaltete die Kommission Spendenakti-onen. Die „Ostpreußenhilfe“ umfasste insgesamt 61 regionale „Hilfsvereine“ (siehe: Die Ostpreußenhilfe im Ersten Weltkrieg [2006]).

310 Klindt/Bubert, 750 Jahre Stein (1990).

Kolonialkriegerdank311

Im Altonaer Lyzeum wurden 933,50 Mark gesammelt. 312 Kaiser-Geburtstagsspende:

Die Schulkinder in Stein (s. o.) spendeten 48,60 Mark313, während in der Schule zu Grune-wald (s. o.) 27,95 Mark zusammenkamen.314

Kaiser-Wilhelm-Spende

Dass durch die Schule durchaus auch Druck auf die Schüler ausgeübt wurde, um ein gutes Spendenergebnis zu bekommen, und Schüler mitunter durchaus opponierten, geht aus den Erinnerungen der Zeitzeugin Margarete Buber-Neumann hervor.315 Sie beschreibt eine Episo-de im Lyzeum in Potsdam, die sie als zwölfjährige Schülerin erlebte:

„Wieder einmal betrat Thüm die Klasse und verkündete im Befehlston: ‘Also morgen früh bringt jeder von euch für die Kaiser-Wilhelm-Spende mit! Weniger als eine Mark nehme ich gar nicht erst an!’ Da überwand ich die Kinderschüchternheit, stand auf und erklärte, daß man so etwas nicht be-fehlen dürfe, daß ich gar nicht daran dächte, eine Mark mitzubringen, denn wir seien fünf Kinder, und so etwas könne man wohl nicht verlangen …Darauf überschüttete mich der Pfarrer Thüm mit wüstem Geschimpfe und ließ keine Gelegenheit vorübergehen, mich zu demütigen.“316

Kriegskinderspende:

„Am 20. September 1918 als am Geburtstage unserer Kronprinzessin sammelte unsere Schule (im schlesischen Mittel-Podiebrad) 15 Mark zur Kriegskinderspende ‚Zum Besten der im Kriege geborenen Kriegerkinder‘.“317

Spende für arme Kriegsfrauen:

Eine Schülerin aus Düren spendete am 30. Juli 1917 2,29 Mark; der Oberbürgermeister be-dankte sich in einem handgeschriebenen Brief.318

Abschließend soll noch kurz auf das Aufstellen von Opferstöcken und Opferbüchsen einge-gangen werden – eine damals von den Schulen recht häufig angewandte Methode, um zusätz-lich zu den Nagelungen, Veranstaltungen, Verkäufen und Straßensammlungen an Bargeld zu kommen. Viele Initiatoren dieser Aktivitäten waren sicher durch die von Gemeinden,

311 Siehe: Anhang, Seite 37, Bild 4.

312 Pust, „Vaterländische Erziehung" für „Höhere Mädchen" (2004), S. 357.

313 Klindt/Bubert, 750 Jahre Stein (1990), S. 270.

314 Müller, Die Chronik der Schule zu Grunewald, http://www.mueller-nuembrecht.de/chronik/chronik1.htm (02.03.2009).

315 Auch wenn es recht selten vorkam, dass gegen Sammelaktionen opponiert wurde, so ist handelt es bei der geschilderten Episode nicht um einen Einzelfall; siehe z. B. S. 59.

316 Pörtner, Kindheit im Kaiserreich (1990), S. 18; Margarete Buber-Neumann, Schriftstellerin, 1901–1989.

317Johann/Tchech/Schicha/Zwikirsch/Matzel/Rosemann, Schulchronik der Schule zu Mittel-Podiebrad (19.09.2007).

318 Geschichtswerkstatt, Spuren jüdischen Lebens in Düren (04.12.2008).

Vereinigungen und Einzelpersonen aufgestellten öffentlichen Opferstöcke319 angeregt wor-den. Kommunale Opferstöcke und fest installierte Opferbüchsen gab es z. B. in Augsburg (Kgr. Bayern), Coburg (Hzgt. Sachsen-Coburg und Gotha), Hildesheim (Provinz Hannover), Schleswig (s. o.)320 und Stuttgart (Kgr. Württemberg).

Bereits im Dezember 1914 schlug ein Reichstagsabgeordneter in der Verbandszeitschrift der Gymnasiallehrer vor, in den Schulen Sparbüchsen aufzustellen:

„Man stelle doch nur in jeder Klasse eine Sparbüchse auf und ermahne die Jungen, daß sie sich für das ihnen mitgegebene Geld für das Frühstück Brot kaufen statt Süßigkeiten, daß sie aber das Er-sparte in die Büchse stecken. Der Erfolg ist oft überraschend. Auf den erzieherischen Wert solcher Selbstbeschränkung in diesem Kriege, in dem es eben nicht gilt zu siegen, sondern vor allem zähe durchzuhalten, brauche ich kaum hinzuweisen.“321

Offensichtlich hatte der Aufruf eine große Resonanz, denn ein Gymnasiallehrer aus Münster ging davon aus, dass 1916 „Zehntausende von Sammelbüchsen, deren Inhalt für irgendeinen der zahlreichen Zwecke der Kriegsliebestätigkeit bestimmt ist, […] in diesem Kriege auch in den Schulen, den höheren wie den niederen, angebracht worden“322 sind. Dass das Aufstellen von Sammelbüchsen in den Schulen weit verbreitet war, geht auch aus dem Bericht über die

„höheren realistischen Schulen Bayerns im Kriegsjahr 1914/15“323 hervor.

Einen – von einem Oberlehrer entworfenen – besonders spektakulären Opferstock, den man auch benageln konnte, stellte man in Schwenningen auf. Er stand auf dem Marktplatz und erbrachte einen Erlös von 7.000 Mark, der einem Unterstützungsfonds für Kriegerwitwen und Kriegswaisen zugutekam. Ein Bild im Anhang zeigt Schulkinder beim Nageln am Opfer-stock.324 In Heidelberg hatte man die Form eines 42 cm-Geschützes gewählt (‚Dicke Berta’), in das die Schüler zahlreicher Schulen am 27. November 1915 im Rahmen eines Festaktes Geld einwarfen.325

Über die Höhe der Spendensummen gibt es keine Unterlagen. Sicher handelte es sich meis-tens um recht geringe Summen, denn in der Regel spendeten die Schüler nur kleine Nickel- und Kupfermünzen. Das von dem Reichstagsabgeordneten Kuckhoff erhoffte Erziehungsziel, die Schulkinder zur Opferbereitschaft zu erziehen und den Durchhaltewillen zu stärken, dürfte in jedem Fall erreicht worden sein, denn die Opferbüchsen in den Klassenräumen, die stets im

319 Opferstöcke stellte man seit den Kreuzzügen in den Kirchen auf.

320 Siehe: Anhang, Seite 36, Bild 3.

321 Kuckhoff, J., Wie können die höheren Schulen die wirtschaftliche Kriegsbereitschaft Deutschlands stützen helfen?, Deutsches Philologen-Blatt 1914, S. 745f.

322 Beisenherz, Leeret die Sammelbüchsen häufiger!, Deutsches Philologen-Blatt 1916, S. 707f.

323 Ebner, Die höheren realistischen Schulen Bayerns im Kriegsjahr 1914/15, Deutsches Philologen-Blatt 1915, S. 670f.

324 Reinartz/Weber-Benzing, Schwenninger Bilddokumente 1 (1977), S. 30f.; siehe: Anhang, Seite 36, Bild 4.

325 Reichert/Wolgast (Hrsg.), Karl Hampe (2004), S. 327, Fußnote 456.

Blickfeld der Kinder waren, wirkten sicher wie eine permanente Aufforderung, sich am Kampf an der „Heimatfront“ zu beteiligen.

Die vielen regionalen Opfertage, Blumenwochen, Kornblumentage und andere kleinere Akti-onen bleiben in dieser Arbeit unberücksichtigt, da die Quellenlage hinsichtlich der Beteili-gung der Schulen keine gesicherten Aussagen zulässt. Es ist allerdings sehr wahrscheinlich, dass sich Schüler auch daran eifrig beteiligt haben.

Dass Kommunen oder Schulen sich weigerten, Sammlungen zu unterstützen oder sogar gegen die Durchführung protestierten, kam vereinzelt allerdings auch vor. Einen solchen Protest hat es beispielsweise 1915 in Flensburg gegeben, wo sich die Schuldeputation weigerte, eine Geldsammlung zugunsten der „Jugendspende für Kriegerwaisen“ durchzuführen. In der Be-gründung hieß es: „Die Sammlung in den Volksschulen wird abgelehnt, da die Eltern der Kinder durch die jetzigen Verhältnisse schon zu der äußersten Sparsamkeit genötigt sind.“326 Außerdem durften nach einem Beschluss der Schuldeputation vom 24. Mai 1918 die Volks- und die Mittelschüler nicht für die Ludendorff-Spende sammeln.

Ausländisches Geld

Im Juni 1915 startete ein Görlitzer Lehrer zusammen mit dem Zentralkomitee des Roten Kreuzes eine neue Sammelaktion für die höheren Schulen. Er forderte die Lehrkräfte auf,

Im Juni 1915 startete ein Görlitzer Lehrer zusammen mit dem Zentralkomitee des Roten Kreuzes eine neue Sammelaktion für die höheren Schulen. Er forderte die Lehrkräfte auf,