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GEBRAUCHSDYNAMIK DES PHRASEOLOGIS- MUS UND INTERLINGUALER VERGLEICH

Im Dokument Studia phraseologica et alia (Seite 94-102)

Peter Durčo Bratislava

0. In meinem Beitrag möchte ich am Beispiel der Phraseologismen

"etwas auf dem Kerbholz haben" und "m a t’ niečo na rovás!" die Fragen beantworten, wie und warum man die Resultate systemlinguistischer Analysen m it Erkenntnissen experimenteller Untersuchungen in Ver—

bindung bringen sollte, und weiter, ob sich die Resultate solcher inter—

disziplinären Untersuchungen effektiv in den interlingualen Vergleich einbeziehen lassen.

1. Die linguistischen Fakten

Während die neuesten deutschen (DUW ) und slowakischen (KSSJ) Lexika nur noch die Formen "etwas auf dem Kerbholz haben" / "m a t’

niečo na rovāši" anführen, beweist die bunte Palette der transponierten Wendungen um die Komponenten Kerbholz/rovás in den historischen Quellen enorme Frequenz und V ariabilität. Die genetische Entwick—

lungslinie vom Kerben aufs Kerbholz als älteste Form der Buchführung, also die Verwendung des Kerbholzes zur Abrechnung von Steuern, Schulden, Krediten bis zur Übertragung auf allerlei moralische Verge—

hen und Sünden ist gut belegt und auch entsprechend gut erforscht (Röhrich 1977:624; Blanár 1961:227f., 269ff.). Das ganze phraseologi—

sehe Nest m it den Komponenten Kerbholz/rovás variiert in beiden Sprachen um die Begriffe "etw. schuldig sein" und "etwas Unrechtes getan haben", im Deutschen: ei w. auf dem K. haben, jn. auf dem K.

haben, bei jm . auf dem K. stehen, jm . etw. an ein K. schneiden, sein K.

ist voll, aufs K. reden, aufs K. losleben, aufs K. lossündigen, das geht/

kommt nicht aufs K., und im Slowakischen m at’ niečo na r. /:etw. auf dem K. haben:/, zostat’ na r. /:a u f dem K. bleiben:/, m at’ r. /:eine Kerbe haben:/, pripisat’ na r. /:aufs K. dazuschreiben:/, dat’ na r.

/:aufs K. geben:/, oddat’ r. /:das K. abgeben:/, zrezat’ r. /:die Kerbe abschneiden = die Schuld bezahlen:/, dostat’ na r. /:aufs K. bekom—

men:/, za p la tit’ na r. /:aufs K. zahlen:/, napisat’ r. na vodu /:die Ker—

be ins Wasser schreiben:/.

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Im Unterschied zum Deutschen hat sich im Slowakischen beim W ort rovás außer der Bezeichnung des "Kerbstockes" selbst m etony- misch auch die Bedeutung "Kerbe" entwickelt (1), was seinen Ausdruck auch in der Phraseologie gefunden hat.

2. Textanalyse

die Existenz der Form "etw. auf dem K. haben" bestätigt. In den Tex—

ten (es standen uns die Textkorpora des Mannheimer Instituts für deutsche Sprache m it 22 Mio. Wörtern zur Verfügung) kam das W ort

"Kerbholz" nur fünfmal vor, und zwar in zwei Phraseologismen: etw.

auf dem K. haben und etw. aufs K. setzen. Der zweite Phraseologismus kam jedoch nur bei Th. Mann vor:

"... möglicherweise hat er diesem Sumpfknaben selbst die Binsen gespitzt und ihn unterwiesen — möge der Ibisköpfige m ir den Scherz nicht aufs Kerbholz setzen!" (Th. Mann, Joseph und seine Brüder)

"... eine umgetriebene Marketenderin, die alle m it ‘meine Herrn’

anredet und es nicht aufs Kerbholz setzt, wenn das Wohl des ju n - gen Obersten der Pappenheimer, Max Piccolomini, getrunken w ird." (Th. Mann, Reden und Aufsätze: Versuch über Schiller)

Es handelt sich hier wahrscheinlich um eine individuelle Aktualisierung Thomas Manns, weil diese Form in älteren Quellen nicht vorkommt.

Diese innovierte Wendung bewegt sich aber ganz im allgemeinen semantischen Feld, und diese individuelle Variante kommt der Form

"etw. aufs K. geben” nahe.

Obwohl die Mannheimer Korpora überwiegend publizistische Texte enthalten, was bei weiteren Untersuchungen im Bereich der Belletristik Korrekturen in das reale Häufigkeitsvorkommen bringen kann, ist bereits beim quantitativen Vergleich m it slowakischen Texten ein erster großer Unterschied zu verzeichnen: Im Slowakischen stehen uns nämlich nicht nur Dutzende Belege m it dem Phraseologismus m at’

niečo na rovaši aus den letzten zwei bis drei Jahrzehnten zur Verfü—

gung, sondern ist auch (vor allem in der B elletristik) der aktive Ge—

brauch der Komponente rovás in individuellen bildhaften Wendungen häufig, wie z.B.: rovásé na chrbte /:Kerben auf dem Rücken:y (Mnačko), samÿ krvavy rovás /:lauter blutige Kerben:/, is t’ na rovaš /:aufs Kerbholz gehen:/ (Rázus, Ferko), novy vrúbok na rovaši /:eine neue Kerbe auf dem Kerbholz:/ (Novomeskÿ), p rid lh y rovás /:ein zu langes Kerbholz:/ (Hagara), zrátat’ vrúbiky na rovaši /:die Kerben auf dem Kerbholz zusammenrechnen:/ (Tinák), m at’ niekoho na rovaši /:jn . auf dem Kerbholz haben:/ (Karvaš), pripisovat’ na rovaš /:aufs Kerbholz dazuschreiben:/ (Ballek), na m oj rovás /:a u f mein Kerbholz:/

(Ferko), rovás zostal /:die Kerbe ist geblieben:/ (Chudoba) usw.

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Dies ist u.E. ein relativ klarer Beweis dafür, daß trotz der identi—

sehen historischen Wurzeln und der analogischen Palette von Wendun—

gen in der Geschichte jeder der Sprachen in beiden Fällen zwei große textspezifische Unterschiede vorliegen: ein quantitativer — häufigeres Vorkommen im Slowakischen — und ein qualitativer — aktiver in divi—

dueller und kreativer Gebrauch in Texten. Das zeigt sehr anschaulich, daß die zwei genetisch identischen Phraseologismen in jeder Sprache ihr

"eigenes Schicksal" haben und ih r "Eigenleben" entwickeln können.

3. Gebrauchsanalyse

Um eine komplette Information zum realen Status eines sprachli—

chen Phänomens zu bekommen, sollte man die deskriptiv—linguistische Beschreibung aus historischer Perspektive und die Textanalyse um Informationen zu Gebrauch, Verständnis und Interpretation des unter—

suchten Phänomens im individuellen Gedächtnislexikon und im Sprachgebrauch bei durchschnittlichen Sprachbenutzern ergänzen. Zu diesem Zweck habe ich mehrere Experimente sowohl für das Deutsche als auch für das Slowakische durchgeführt.

Im ersten Experiment habe ich den semantischen Status des o.g.

Phraseologismus im individuellen Gedächtnislexikon untersucht. Dafür scheint m ir eine kontextlose Umfrage geeignet zu sein. Folgende Tabelle bringt die Resultate des Experiments. Die Antworten sind nach dem Häufigkeitsvorkommen (N) der Paraphrasen/Interpretationen (P) geordnet. %N bedeutet das prozentuelle Vorkommen jeder Paraphrase in bezug auf die Gesamtzahl aller Antworten (A ), und n bezeichnet die Zahl der Paraphrasen m it der Häufigkeit N:

E T W . A U F D E M K E R B H O L Z H A B E N : P : 30, A : 64, Vpn: 50, A lter: 18-67

N % N n

09 14,06 01 etw. angestellt haben 08 12,50 01 etw. verbrochen haben

06 09,37 01 viele schlechte oder krim inelle Taten begangen haben 05 07,81 01 man hat sich etw. zu Schulden kommen lassen

04 06,25 01 etw. Unrechtes/Falsches getan haben

03 04,69 02 etw. ausgefressen haben; Verfehlungen begangen haben 02 03,12 03 sich verschuldet haben; vorbestraft sein; vorbelastet

01 01,56 20

sein

eine schändliche/stindliche Vergangenheit haben; nicht

80 heilig sein, wie man schaut; eine schlechte T a t ver—

schweigen; schon einmal aufgefallen sein; ein Sünden—

register haben; ein Vergehen begangen haben; jd. ist nicht so unschuldig, wie er es tut; auf eine negative

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Vergangenheit zurückblicken; schon etwas Illegales getan haben; schuldig sein; es faustdick hinter den Ohren haben; begabt sein; einen M oralverstoß gemacht haben; hinterlistig sein; Schuld unabgegolten haben, und andere wissen es; etw, zu verbergen haben;

schlechtes Gewissen; m it einer Straftat belastet sein;

nicht unschuldig sein; ein vermutetes D elikt begangen haben

Diese Interpretationen variieren um zwei Begriffe: "etw. schuldig sein"

und "etwas Unrechtes getan haben", m it eindeutiger Überlegenheit der zweiten Bedeutung. Ausgesprochen falsche Antworten sind bei diesem Phraseologismus eher die Ausnahme (vgl. "begabt sein", "hinterlistig sein"). Dies korreliert m it der Bewertung des Bekanntheitsgrades bei den Versuchspersonen (Vpn): 72% aller Vpn kennen und verwenden selbst aktiv diesen Phraseologismus, und 28% aller Vpn haben diesen Phraseologismus in ihren passiven individuellen Wortschatz eingestuft.

Dieser Tatsache entspricht auch die Bewertung der Sicherheit der Bedeutungsinterpretation auf einer dreistufigen Skala: sicher — unsicher

— geraten, wobei nur 4% der Vpn die Bedeutung m it Unsicherheit angegeben haben.

Die Differenzen bei den Paraphrasen gehen in zwei Richtungen und finden ihren Ausdruck in den Oppositionen:

a) a b s tra k t---► konkret: etwas Unrechtes/Falsches getan haben --- ► einen Moralverstoß gemacht haben ---► m it einer Straftat belastet sein...

b) denotativ <--- ► situativ, was bedeutet, daß die Vpn entweder die eigentliche Bedeutung definiert haben: etw. verbrochen/angestellt/

begangen haben, oder sie haben eher den situativen Kontext, die Gebrauchssituation umschrieben: Schuld unabgegolten haben, und andere wissen es, schlechtes Gewissen, etw. zu verbergen haben usw.

Diese zweite Tendenz äußert sich aber nicht mehr so deutlich, wie w ir es z.B. bei den Interpretationen von Kindern feststellen konnten, wo manchmal sogar die Umschreibung des situativen Kontextes überwiegt (vgl. Durco 1990).

Das Variieren der Paraphrasen zwischen den zwei Polen abstrakt—

konkret beweist u.E. zwei Dinge: Erstens wird durch ziemlich abstrakte Definitionen die psycholinguistische Lexikonthese über die Speicherung dieser sprachlichen Zeichen im individuellen Gedächtnislexikon bestä—

tig t (vgl. Häcki—Buhofer, Manuskr.), d.h. die These, daß die Phraseo—

logismen im individuellen Gedächtnislexikon ähnlich wie W örter gespeichert werden. Das zweite Phänomen — die Tendenz zu konkrēti—

sierenden Interpretationen — deutet einerseits auf große individuelle Unterschiede in der Interpretationsfähigkeit auch bei denselben Alters—

und Berufsgruppen hin, was beweist, daß es hier um eine anspruchsvolle intellektuelle Tätigkeit geht; andererseits zeigen konkretere Paraphra—

sen, daß die Vpn als H ilfsm ittel in ihrem Gedächtnis spontan und in tu itiv aufgrund ihrer individuellen Erfahrungen doch konkrete Kon—

texte für den kontextlosen Phraseologismus bildeten. Dies findet dann natürlich auch seinen Ausdruck im Charakter der Interpretationen, besonders anschaulich bei konkretisierenden A ttributen, wie "vermute—

tes" D elikt, "schlechte/kriminelle" Taten, "schändliche/sündliche"

Vergangenheit, "illegal".

Das Experiment m it dem slowakischen Phraseologismus erlaubt einige quantitative und qualitative interlinguale Vergleiche (2):

M A L T O N A R O V A S I: P : 28, A : 134, Vpn: 142, Alter: 16-52

N % N n

34 25,37 01 bol vinnÿ

15 11,19 01 bol za to zodpovednÿ 12 08,96 01 niečo vyviedol

11 08,21 01 zavinil

08 5,97 02 zie narobił; zapričinil to 07 05,22 01 spravil to on

04 02,99 03 mal dlh; mal na svedomi; mal už nazhfftané 03 02,24 03 mal dostat’; čakal odplatu; boia to jeho vina 02 01,49 03 vykonal niečo; spôsobil to; pam ätali 8i jeho tresty

01 00,75 12 dopustil sa priestupku; mal to spočitanč; m yśleli, že to urobił; zničil; bolo to jeho pričinenim; bol zlÿ; treba mu to v rá tit’; priznal sa; čakal ho trest; mal to u neho;

vedelő sa о й о т ; ešte si to vysporiadajú

Einige Implikationen zur Gebrauchsanalyse beider Phraseologie—

men:

Um die Resultate quantitativ auf einen Nenner zu bringen, muß man zuerst die sogenannte Dispersität (D) der Interpretationen errech—

nen. Unter Dispersität verstehen w ir das Verhältnis zwischen der Zahl unterschiedlicher Paraphrasen und der Gesamtzahl aller Antworten, also die Angabe, wieviele Paraphrasen auf eine Antw ort kommen:

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Es handelt sich hier zweifellos um einen relevanten Unterschied, der beweist, daß die semantische "Verschwommenheit1' im individuellen Gebrauch im Slowakischen viel kleiner ist. Im Kontrast dazu stehen die größeren semantischen Unterschiede zwischen den einzelnen Interpreta—

tionen. Die meisten Interpretationen variieren um den Begriff "etw.

angestellt haben". Im Unterschied zum Deutschen kommen bei Inter—

pretationen nicht die Begriffe "krim inelle Taten/Vergehen" oder "M o—

ralverstöße" vor. Das entspricht dem realen situativen Gebrauch dieses Phraseologismus im Slowakischen, der auf "kleinere Vergehen" im tag—

liehen Umgang begrenzt ist. Ein zweiter deutlicher Unterschied ist im Charakter der Interpretationen auf der Linie denotativ <--- > situativ zu verzeichnen. Die Zahl der situativen Interpretationen ist nämlich viel größer.

A u f der anderen Seite bestätigen die prozentualen Zahlen, daß der analysierte Phraseologismus im Slowakischen einen einheitlicheren Sta—

tus hat, was in direktem Zusammenhang m it der kleineren Dispersität der Interpretationen im Slowakischen steht. Dies können die Verhält—

nisse zwischen Nmax und N ! beweisen:

Dt: Nmax: 14,06% N!: 31,20% (N ״ ax = 09) Sl: Nmax: 25,37% N,: 09,00% (N max = 34)

Die Entscheidung, ob ein Phraseologismus in einer Sprache im individuellen Gebrauch einen einheitlicheren Status hat, ist aber nicht so einfach und läßt sich nicht direkt aus quantitativen Zahlen erschlies—

sen. Entscheidend dafür ist u.E. der Grad der Synonymie zwischen ver—

schiedenen A, und dann natürlich unter den Phraseologismen bei N!.

Dafür haben w ir jedoch heute kaum zuverlässige Kriterien. Interessante Resultate für die Untersuchung des Status dieser figurativen sprachli—

chen Zeichen im Gedächtnis bringt aber die Analyse der denotativen und situativen Interpretationen (vgl. Durčo 1990).

4. Interpretation im Kontext

In einem anderen Experiment sollten 18 Vpn die Bedeutung des analysierten Phraseologismus in einem Zitat von A. Seghers interpre—

tieren. Das Experiment brachte folgende Resultate:

Zitat:

W o m it drohen Sie mir eigentlich? M it dem Zuchthaus, sagte der M ann trok—

ken... Denn ihr Freundchen, dem Sie zur Flucht verholfen haben, hat ja allerhand auf dem Kerbholz.

Interpretationen:

1. ist krim inell

2. hat eine Reihe von bösen Taten (Vergehen) vollbracht 3. hat strafbare Handlungen begangen

4. viele Untaten oder Verbrechen begangen

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5. hat mehrere (viele) Verfehlungen, Straftaten begangen 6. krim inelle Dinge begangen

7. hat schon öfters Straftaten begangen 8. hat ja ziemlich viele Straftaten begangen 9. hat viel angestellt

10. etw. verbrochen haben, etwas Falsches getan haben 11. er hat zweifelhafte Dinge getan

12. hat allerhand begangen 13. einiges verbrochen

14. hat viel Unrechtes getan 15. ist nicht unbescholten 16. ausgefressen

17. hat sich allerhand zu Schulden kommen lassen

18. hat eine zweifelhafte Vorgeschichte, ist kein unbeschriebenes B la tt

Außer eindeutig kontextgebundenen Interpretationen (1—8), z.B.

krim inelle Dinge, Verbrechen, Straftaten begangen haben, können w ir aber auch in diesem Fall eine Tendenz zu abstrakteren, allgemeineren Interpretationen feststellen (9—15), z.B. hat viel angestellt, etw. ver—

brochen haben, hat allerhand begangen usw.

Der kontextgebundene Gebrauch beweist auch einerseits, daß man die idiomatische Bedeutung nicht ganz präzis m it einer engeren Defini—

tion erfassen kann, andererseits zeigt der strukturelle Charakter der Interpretationen in beiden Experimenten, daß es sich bei der idiom ati—

sehen Bedeutung nicht um eine klare Nomination, sondern eher um eine Prädikation handelt, wo der modale und evaluative Aspekt obligato—

risch in die Semantik eingreift. So läßt sich auch die Breite und gewisse Vagheit der Interpretationen erklären.

5. Schlußbemerkungen

Die Genese des Phraseologismus bestätigt im Deutschen die Schwächung der früheren Bedeutung "etw. schuldig sein", die näher zu ihrem genetischen Prototyp steht. Im Slowakischen hat sich aufgrund der symbolischen Polyfunktionalität der Komponente rovaš erstens die Bedeutung "etw. schuldig sein", die als Verbindungsglied zwischen dem genetischen Prototyp und der weiteren Transponierung der idiom ati—

sehen Bedeutung "etw. verbrochen haben" steht, deutlich klarer erhal—

ten, zweitens hat die symbolische Polyfunktionalität der Komponente rovás gesetzmäßig auch deren größere textuelle Autonomie bedingt, sodaß sie in weiteren bildhaften Wendungen ihre Anwendung gefunden hat, z.B. im Bereich körperlicher Verletzungen, vgl. krvave rovásé na chrbte /:blutige Kerben auf dem Rücken:/.

Die linguistischen, textuellen und usuellen Unterschiede zwischen beiden analysierten Phraseologismen lassen sich u.E. eben durch die

symbolische Mono— (im Deutschen) bzw. Polyfunktionalität (im S lo- wakischen) der jeweiligen Schlüsselkomponente erklären.

W ir meinen, daß die hier vorgeschlagene kombinierte Methode der Analyse der Phraseologismen sowohl die intra— als auch die in te rlin - gualen Forschungen im Bereich der Phraseologie und Idiom atik um neue Erkenntnisse über Entwicklungstendenzen, Nominationsmecha—

nismen und den realen sozio— bzw. psycholinguistischen Status dieser figurativen sprachlichen Zeichen erweitern kann und in der Zukunft neue Anregungen für interdisziplinäre Untersuchungen bringen wird.

Anmerkungen

(1) In slowakischen Dialekten verwendet man das W o rt "rováá" oft als terminologische Bezeichnung für verschiedene Gegenstände in Bergbau, Landwirtschaft usw. (vgl. Blanár 1961:269—270).

(2) Das slowakische M aterial ist von Sípoâ 1982 entnommen. Der Autor hat den Phraseologismus im Präteritum angeführt.

Literatur:

Blan ár, V .: Zo slovenskej historickej lexikológie. Bratislava: V yd avatel’stvo Slo—

venskej akadémie vied, 1961.

Duden. Deutsches Universalwörterbuch. M annheim /W ien/Zürich: Bibliographi—

sches Institut (Dudenverlag), 1989 [D U W ]

Durčo, P .: Interpretation der Phraseologismen aus psycholinguistischer Sicht. In : Fo lia Linguistica 24 (1990), 1—20.

Häcki—Buhofer, A .: Phraseologismen im Spracherwerb (M anuskript).

K rá tk y slovník slovenského jazyka. Red. J . Kačala. Bratislava: V E D A 1987 [K S S J].

Röhrich, L.: Lexikon der sprichwörtlichen Redensarten, Bd . 2. Freiburg/Basel/

W ien : Herder, 1977.

Sipoš, I.: Taxonóm ia niektorÿch slovenskÿch frazeologizmov. Bratislava: Správy U E P S A V , 1982.

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DOSTOEVSKY AND THE DICHOTOMY

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