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DOSTOEVSKIJ IM UMFELD DES SLOWENISCHEN EXPRESSIONISMUS

Im Dokument Studia phraseologica et alia (Seite 190-200)

Gerhard Giesemann Gießen

1. Dostoevskij ist im slowenischen Expressionismus der meistre—

zipierte europäische Schriftsteller. Die seit der Jahrhundertwende sich etablierende Ästhetik des Gegensatzes in der schönen Literatur baut auf der binomischen M o tivik des russischen Schriftstellers auf. Ih r zu—

gegliedert und damit die Rolle der Vorbildfunktion erweiternd, ist die in der Doppelstufigkeit von spontanem Erkennen und bewußter Er—

kenntnis angelegte Erzähltechnik, die in der Widersprüchlichkeit und daraus folgender Distanziertheit der Aussage auf die Fragwürdigkeit einer einheitlichen Perspektive verweist. Diaphonie im Erzählerischen parallelisiert sich für die slowenische literarische Richtung der histori—

sehen Umbruchsituation gegen Ende des zweiten Jahrzehnts m it the—

matisch—psychologischer Prognostik. In den Analysen des meistbeach—

teten Romans Besy wird die diagnostische Fähigkeit Dostoevskijs in der etnopsychologischen Charakteristik der "kranken russischen Seele" als für die slavische Rasse insgesamt gültige Prophetie gepriesen und in den binomischen Gliederungen: Gefühl — Verstand, Gott — Satan, Gottmensch — Menschgott usw. für die slowenische expressionistische Literatur fruchtbar.

Die kurz skizzierte Rezeptionsmentalität macht deutlich, daß das Dostoevskij—Bild in der slowenischen Diskussion vielfältig ist: Visionär, Psychoanalytiker, phantastischer Realist, Gestalter des Abnormen, M ystiker der menschlichen Seele, Ideologe, Sezierer der Wahrheit sind die Qualifikationsmerkmale, m it denen seine Wegweisung für die Mo—

derne charakterisiert wird.

An dieser Stelle (1) sollen Einblicke in das Dostoevskij—B ild des slowenischen Expressionismus gegeben werden, die sich auf merkmal—

hafte Grundstimmungen im Zeitschriftenorgan Ljubljanski zvon rieh—

ten. Es g ilt als das repräsentative Sprachrohr der liberalen Jugend (2).

Ljubljanski zvon dient der Grobspiegelung, der Wiedergabe einer zwar kennzeichnenden, in ihrer emotionalen Verallgemeinerung jedoch

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unscharfen expressionistischen Retrospektive auf den russischen Schriftsteller. Die einschlägigen A rtikel — Korrespondenzberichte, Beiträge russischer Emigranten, Aufsätze slowenischer K ritik e r — berühren sich in der tendenziellen Einstellung, über eine expressioni—

stisch—aktuell gefärbte Problemstellung zum Werk Dostoevskijs Stel—

lung zu nehmen. (3)

Das Gedankenleld des Expressionismus ist eingerahmt von Freuds Entwicklung der Psychoanalyse; das Interesse richtet sich auf Verfah—

ren, die den Tiefgang seelisch—unbewußter Vorgänge fixieren helfen im Sinne einer höheren, transzendierenden Realität. Dem natur wissen—

schaftlich—materiellen W irklichkeitsbild des Naturalismus steht die Metaphysik als wahrer wiedererstandener Schöpfungsakt entgegen. Die Expressionisten verstehen sich als Kunstrevolutionäre; in der Ver—

knüpfung von Kunst und P olitik, ästhetischem und ethischem Postulat besteht die Forderung, das Vergangene in toto zu überwinden. Der nicht mehr ausdrucksfähigen mimetischen Form wird als Extrem die Chaotisierung der Sprachhaltung — in der Zwischenstufe die Sprach—

Verknappung wie die Wortballung — entgegengesetzt. Das ekstatische Bekenntnis zu individuellem Menschsein verbindet sich in kondensierter Dichtung m it der Sympathie für Außenseiter, für Bewohner der Unter—

weit.

Diese gemischte, z.T. widersprüchliche expressionistische Kunst—

und Welteinstellung läßt Verbindungen zu einem gewollt so verstände—

nen Dostoevskij zu. Es ist daher nicht verwunderlich, daß uns in den A rtikeln des Ljubljanski zvon fast durchweg eine enthusiastische Beur—

teilung des Russen entgegenschlägt.

2. Anton Debeljak, einer der bedeutendsten Kenner und Populari—

sátorén westeuropäischer modernistischer Strömungen in Slowenien, weckt bereits in seiner symbolistischen Phase die Begeisterung für den

"Begründer der modernen Psychopathologie" (Debeljak, 106), den Kenner des Seelenlabyrinths, dessen psychologischer Tiefgang als bisher einmalige Erscheinung die W eltliteratur m it neuen Erkenntnisdimen—

sionen bereichert habe. Diese Bemerkungen anläßlich einer Rezension von V ladim ir Levstiks Übersetzung von Zapiski iz mertvogo doma wei—

sen, wenn auch noch nicht in der argumentativen Ausführlichkeit der expressionistischen Phase, auf erzählerische Innovationen gegenüber Turgenevs und Tolstojs "Oberflächenstruktur" der Darstellung hin (4) — Innovationen, die sich über die Zapiski iz mertvogo doma bis zur Novelle Krotkaja entwickeln, eine für die Skizzen Slavko Grums wich—

tige erzählerische und stilistische Vorlage: "Brez ravnovesja nas vodi v dušne prepade in breza, zapletene labirinté misli in čustva, v podza—

vestnost, elementamost, uganke, dočim je na pr. pri Turgenjevu in

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Tolstem vse kot na dlani. Navadni kraseči pridevki so zanj: ekstatičen, vizionaren, satanski". (Debeljak, 106f).

Grum selbst merkt beim Stichwort Freud in einem Interview an:

"Tako je že Dostojevski in tu itivn o operiral z vsemi elementi podtalne psihologije, ko znanost še davno ni zabeležila nobenega psihoanalitič—

nega izsledka". (5) Er bezeichnet ihn als den "großen M ystiker der menschlichen Seele, den Schriftsteller dunkler Gefühle" und damit — so die Aktualisierung — als "höchste A utorität in dieser unfriedlichen menschlichen Zeit (Grum II, 421). (6)

Die Zuerkennung einer tieferen W ahrheitsvermittlung, die Janko Lavrin Ende der zwanziger Jahre vom typischsten Realisten und, be—

glaubigt durch das Zitat aus Dostoevskij, von einem Realisten im höheren Sinne sprechen läßt, der die dingliche Realität transzendiert (7), führt zu Schlußfolgerungen, die die Schere zwischen Dostoevskij und den anderen russischen Realisten weiter öffnet: Turgenev und Toi—

stoj werden als Vertreter des Mimetischen, der auktorialen Grundhal—

tung deutlich zurückgesetzt; sie sind unexpressionistisch in der ihnen zugeschriebenen traditionellen Norm alität, die als oberflächlich abge—

wertet w ird gegenüber der Dostoevskijschen Darstellung "psychopatho—

logischer, halb irrer, hysterischer, degenerierter, von fixen Ideen be—

sessener Helden" (Šerko, 338). (8) Der Tolstojsche Realismus scheint für die zeitgenössische Problemdarstellung ausgeschöpft.

Solche Qualifizierungen zielen ganz eindeutig auf die erzählerische Instanz, wenn z.B. Šerko (340) im obigen Zusammenhang eine Struk—

turverknüpfung festhält: "S til Dostojevskega je neposreden izraz njego—

ve osebnosti, ker izvira iz istega duševnega razpoloženja, kakor vsebina te vnanje oblike: neusmiljena analiza bolnih src in duš". Sie beziehen sich auf seherische Qualitäten, die dem "najženijalnejši in tu itiv n i psi—

hopatolog narodov in časov" (Šerko, 337 — die typische expressionisti—

sehe Sprachform der Pathetik) zugestanden wird. In letzterem w ird die Sendungsfunktion deutlich, die die slowenischen Expressionisten ein—

heilig der Typengestaltung Dostoevskijs über die russische Lokalisie—

rung hinaus zugestehen; auf die Besy bezogen folgert Alfred Šerko (341) in seiner gleichnamigen Analyse des Romans: "T ip i, ki jih slika Dosto—

jevskij v svojih Besih, so take eksistence. Mogoče jih je v ruskem naro—

du v določenih slojih več ko v zapadnih državah Evrope, vsekakor pa niso tipične za ruski naród. (...) Sila ruskega naroda (...) igra odločilno vlogo v duševnem razvoju človeštva".

Die für die K ritike r des Ljubljanski zvon aufnehmbare Grundinfor—

mation heißt Einklang von Inhalt und Form im unmittelbaren Aus—

druck der Romanfiguren (so Šerko, 340); gemeint ist, wie Lavrin (510) verdeutlicht, das Bestreben des Schriftstellers, die äußere Handlung zu

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durchstoßen, um in das Geheimnis des Inneren, der transzendentalen Realität zu dringen. Das Kranke und Abnorme, bewußt in Gegensatz zur Norm alität Tolstojs gesetzt, der Maximalismus der Personen wer—

den als Erweiterung des Realistischen gepriesen, auf die die Expressio—

nisten Anspruch erheben. Evgenij Spektorskij erkennt in dieser Steige—

rung schließlich Dostoevskij den "realistischsten" Realismus zu, die rei—

ne Wahrheitserkenntnis aus höherer, christlich—idealistischer Sicht, die ihm ermöglicht, in die tiefsten Tiefen des menschlichen Bewußtseins einzudringen: "Luč, ki žari iz teh višav, sega ргаѵ do dna človeške duše, v ono podzavestno klet, kjer zlovešče gomazi temni mrčes" (Spektor—

skij, 107). (9) M it ähnlicher Begründung bestätigt Berg die Einmalig—

keit Dostoevskijs in der Phalanx der russischen Dichter: "Stran od njih stoji osamljen uporni genij Dostojevskega, umetnika neviht človeškega duha, njegovega padanja v brezdanje prepade greha in plamtečih sun—

kovitih stremljenj к višjemu ideālu nravnega prosvetlenja" (Berg, 43).

Auch Berg setzt die Lichtmetapher für das höchste sittliche Ideal: "Pa—

dec in greh in stremljenje iz njihovih brezden к luči, to je faza razvoja junakov Dostojevskega" (Berg, 43).

Wenn Lavrin, Dostoevskij zitierend, auf das phantastische Element als Haupt wesen der Wahrheit verweist, so wird damit sehr deutlich auf die besondere, von der literarisch—ästhetischen Norm abweichende Ge—

staltung Dostoevskijs angespielt; die Linie vom M e rtvyj dom über die Zapiski iz podpol’ja zur Krotkaja, die Spektorskij (104) als wahres rea—

listisches Werk ("najrealnejši") kennzeichnet, macht für die sloweni—

sehen Expressionisten den inneren Monolog zur tragfähigen Ausdrucks—

möglichkeit des — wie es Šerko (337) maximalistisch form uliert — "un—

erreichten Anatoms abnormer Seelen und Herzen". Dies unterstreicht ebenfalls Lavrin (510), wenn er das "Kranke und Abnorme" nicht als Gegensatz, sondern als Erweiterung von Normalität begreift und damit auf die Darstellungs— und Erzählintensität Dostoevskijs hin weist.

Der Bezug zur Krotkaja, dem "fantastičeskij rasskaz (...) v vysSej stepeni real’nym" (10), ist in den slowenischen Stichworten des phan—

tastischen Elements, der höheren Realität deutlich gegeben. Sie kulm i—

nieren in expressionistischen A ttributen des wahren Künstlers — Grum spricht in seinen Tagebuchaufzeichnungen vom "divni blazni Dostojev—

ski" (1 1) —, die das Visionäre (1 2), das Ekstatische (13), das Chaoti—

sehe, das "verzaubert und zugleich zerbricht" (14), das wahrhaft Rea—

listische (15) in sich vereinigen. Der so verstandene Dostoevskij ist Suggestivkraft (16), von der sich die Moderne angezogen fühlt. Dosto—

evskij wird damit zur wesentlichsten Quelle modernen Erzählens. Die bereits 1902 in Ljubljanski zvon aufgestellte Behauptung Volynskijs (158): "Tolstovska tradici ja je že vsa izčrpana v ruski lite ra tu ri in veliki

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talent Čehova je zadnja beseda v tej smeri. Struja Dostojevskega pa se šele začenja" — hat für die Expressionisten volle G ültigkeit.

Für expressionistisches Denken ist die Vorstellung wichtig, die Subjektivität des eigenen Seins als Erkenntnismethode auf das Wesen des Menschen allgemein anwenden zu können. Das führt zur Verzah—

nung: Die psychische Wesensverwandtschaft zwischen dem Subjekt Dostoevskij und dem Objekt Werk wird hervorgehoben: "(O n) je iz du—

ševnih in fizičnih bojev svoje narave zajel globine in resnice človeške narave, posebno utripe neznanega v nas" (Kozak, 429). In die gleiche Richtung wie Kozaks Aussage geht Šerkos unerbittliche wie enthusia—

stische Feststellung: "Dostojevskij ni le najženijalnejši in tu itiv n i psiho—

patolog vseh narodov in časov, nedosežen anatom abnormnih duš in src, on je b il sam psihopatologična osebnost, abnormna individualnost. In tudi ta pečat, to signaturo nosijo njegova dela" (Šerko, 337). Von Anfang an, wie das Beispiel Volynskij zeigt, besteht eine Vermischung von Existentiellem und Fiktivem : "strašno kompliciran v svoji naravi in psihološko razdvojen v svojih stvaritvah, nekoliko grbast, bolehen, z obrazom, na katerega so legle črte izmučenega sataninstva, z vrtaiočim i očmi — takšen je b il Dostojevski" (Volynskij, Ruski novelisti, 31). Für Slavko Grum, den Expressionisten, wird diese Vermischung zum Erleb—

nis: "Eine Stimmung legt sich auf mich," — schreibt er in seinem Tage—

buch — "die der Hypochondrie ähnlich ist. Es ist fast so, daß ich psy—

chisch lebe wie Dostoevskijs Raskol’nikov" (Grum II, 200). In der unterstellten Wesen—Werk—Einheit machen sich positivistische Ab—

sichtserklärungen bemerkbar; in der Subjektivität als dem alles durch—

dringenden Faktor repräsentiert sich jedoch die A ffin itä t expressioni—

stischen Empfindens, der Glaube an die Wesensverwandtschaft, aus dem die aktuelle G ültigkeit des russischen Schriftstellers herauswächst und genährt wird.

Dostoevskij ist als idealistischer Realist scharf gegenüber den Na—

turalisten abgegrenzt. Deren so gedeutete oberflächliche W ahrheitsfin—

dung wird als materiegebundenes Menschenschaffen im Vergleich zur prophetischen Gabe Dostoevskijs herabgewürdigt, der in einem wahren, wiedererstandenen Schöpfungswillen seinen Menschen Seele einhauche (17). Die Metaphysik vom wahrhaftigen, aus dem Licht der Höhe in die Tiefen der Seele leuchtenden Künstler stehe der naturalistischen Sicht gegenüber, die alles Erhabene m it niedrigen und alles Ideale m it mate—

riellen Antrieben zu erklären suche. Der expressionistische Gegenschlag zum naturwissenschaftlich—materiellen W irklichkeitsbild des Natura—

lismus w irkt sich zugunsten Dostoevskijs aus.

Ein letzter Vermerk zum Diskussionsstand: Die ästhetische W ürdi—

gung Dostoevskijs in einem fast mystischen Vollzug verbindet sich m it

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einem nüchterneren ethischen Postulat, dessen Erfüllung dem Russen zugesprochen wird. Josip Vidmar zeigt innerhalb der vorbehaltlosen Begeisterung eine distanzierte Einstellung. Im weltanschaulich enga—

gierten Werk Dostoevskijs spürt und kritisiert der Slowene den stören—

den ideologischen E ingriff in die künstlerische Gestaltung. Dostoevskij wird zum Moralisten reduziert, seine Werke werden als sittliche Inspi—

ration verstanden, die moralische Probleme in idealistischer Vorstel—

lung zu lösen versuchen (Vidmar, 338). Seine Zeitgenossen operieren direkter, auf einer historisch—mystischen Ebene, wenn sie in Berufung auf Dostoevskij den Glauben an die sittlichen Ideale des russischen Menschen ansprechen, an die Fähigkeit Dostoevskijs erinnern, die Lie—

be zum Nächsten, zur Heimat, zu Gott darzustellen und seine Bot—

schaftsfunktion für die europäischen Völker hervorheben: "N i ga bilo človeka, ki bi tolikaj lju b il Rusijo, tako verovai v njeno sveto poslan—

stvo med evropskimi narodi, kakor Dostojevski" (Šalda, 134).

Das expressionistisch—ekstatische Pathos, das das Dostoevskij—B ild des Ljubljanski zvon durch mehrere Jahrzehnte begleitet, klingt nach in der hypertrophen Einschätzung, Dostoevskij habe nicht nur, wie Dante, seine Leser direkt durch die finstere Hölle, sondern auch zu solchen Höhen geführt, wo der Mensch die Nähe des Göttlichen zu spüren be—

kommt (Spektorskij, 106) — oder in Zeilen wie dieser: "Morda so edino še Michelangelo, Balzac, Rembrandt ustvarjali s tako strastjo" (Kozak, 429).

3. Auffällig bleibt im vorgestellten Diskussionsforum die geringe Neigung, Dostoevskijs Vorbildfunktion in philologischer Analyse zu bestätigen. Sie scheint der visionären, genialischen Umrißzeichnung eine zu unbedeutende Kärrnerarbeit zu sein. Merkmalhaft ist zudem die durchaus bunte Palette der Meinungsäußerung m it ihrer D istribution im methodischen Ansatz, der Themenstellung, der literarischen Schulen und kulturgeschichtlich—geographischen Einordnung. Im Prisma des Ljubljanski zvon erfährt sie jedoch eine gerichtete Zweckbestimmung:

Das Interesse an Dostoevskij wird im literaturkritischen und weltan—

schaulichen Umfeld expressionistischer Literatur— und Kulturbetrach—

tung angesiedelt und qualifiziert. Grundtenor der gezielten Berichts—

auswahl, die der Ljubljanski zvon vornimmt, ist die Aktivierung des russischen Schriftstellers für die typischen, eingangs beschriebenen Felder, die expressionistische Weitsicht für sich besetzt hat. Für die slowenische Perspektive scheinen uns die sorgfältige Vergewisserung über den eigenen Horizont hinaus und der Versuch, die eigene A ffin itä t m it Hilfe internationaler Zeugnisse absichernd zu beglaubigen, von Bedeutung zu sein.

Ein e Erw eiterung im systematischen Vergleich erzähltechnischer Innova—

tionen bes. bei Dostoevskijs "K ro tk a ja " und Slavko Grum s 1*Skizzen"

wird zum Druck vorbereitet in der Ausgabe der Slow. Akademie (R az — prava X IV ).

Jo sip Vidm ar teilt in einem Überblick zur slowenischen Literatu r der zwanziger Jah re (Letopis, Febr. 1930) ein in die **katholische'* (haupt—

sächliche Zuordnung zu Dom in svet) und die 1*freie** Literatu r (L ju b — ljanski zvon). Ljubljanski zvon ist vornehmlich das Sammelbecken der

"jungen freisinnigen Generation**, die sich Ende der zwanziger Jah re vor allem in der kurzen Novelle und der m editativen lyrischen Skizze (hier werden S. Grum und L . M rzel vorrangig genannt) einen Namen gemacht haben.

Folgende A rtikel sind in die Untersuchung einbezogen:

I. P rija te lj: Ruski roman in moderna francoska književnost. In : L Z 1900, 101—107 (im folg.: P rija te lj).

A .L . Volynskij (Ubs. A . Aškerc): Ruska poēzija. In: LZ 1901, 543—549;

619—626 (im folg.: Volynskij, Ruska poēzija).

A .L . Volynskij (übs. A . Aškerc: Ruski novelisti. In: L Z 1902, 27—32;

88—92; 156—158; 232—236 (im folg.: Volynskij, Ruski novelisti).

A. Debeljak: F .M . Dostojevski, Zapiski iz m rtvega doma. In : L Z 1913, 106—107 (im folg.: Debeljak).

A. Serko: Besi. In: L Z 1919, 336—343 (im folg.: Serko).

N. Berg: Ju n ak i Dostojevskega in ruska revolūcija. In : L Z 1922, 42—50;

102—114 (im folg.: Berg).

J . Lavrin: Dostojevekij in moderna umetnost. In : L Z 1926, 508—513 (im folg.: Lavrin ).

J. Vidm ar: Beležke о Karam azovih. In : LZ 1931, 337—343; 399—408 (im folg.: Vidm ar).

A. Remizov (Ubs. N. Preobraženski): Turgenjev — sanjski videe. In : L Z 1933, 394—397 (im folg.: Rem izov).

E . Spektorskij: Dostojevekij in realizem. In: L Z 1931, 98—108 (im folg.:

Spektorskij).

E . Spektorskij: Turgenjev. In: LZ 1933, 513—521; 577—587 (im folg.:

Spektorskij, Turgenjev).

F .X . Salda (Ubs. B . Borko): Dostojevekij. In: LZ 1939, 134—137 (im folg.: Saida).

J. Kozak: Blodnje za lepoto. In: LZ 1940, 205—210; 332—344; 417—432;

557—571 (im folg.: Kozak).

Zahlreiche weitere Rezensionen, Anzeigen etc., die in das Gesam tbild m it einbezogen wurden, ohne neue Gesichtspunkte zu liefern, werden hier

nicht gesondert aufgeführt.

Ähnlich bei P rija te lj (105). Diese Einschätzung, die letztlich (bezüglich Turgenev) Dostoevskij selbst zuzuschreiben ist, findet auch vereinzelt W iderspruch (vgl. Remizov, 397).

S. Grum , Zbrano delo, Bd . I: Pripovedni spisi, dve dram i, dodatek.

Ljub ljana 1976; Bd . II: Pism a, dnevniki, dodatek: članki. Lju b ljan a 1976;

hier Bd. I, 449.

Schon 1900 hat P rija te lj in Auseinandersetzung m it M elchior de Vogües Dostoevskij—Sicht ein ähnliches, expressionistisch—zukunftsweisendes U rteil form uliert: "O drugem Dostojevskem, mistiku do skrajnosti, rav—

noduänem do praktične morale, stopajočem v globine pregreh in gnilobe, (...) Vogüe ne ve ničesar." (P rija te lj, 103).

Lavrin, 509f; die Zitierungen Dostoevskijs beziehen sich auf den Dnevnik pisatelja, auf Aussagen, in denen er sich vom oberflächlichen Realismus—

und W ahrheitsbegriff der 11Realisten und K ritik er11 absetzt m it der Be—

merkung: M enja zovut psichologom: nepravda, ja liS* realist v vysSem smysle, to est* izobražaju vse glubiny duši čelovečeskoj." (D nevnik pisa—

telja 1881. In: F .M . Dostoevskij, Polnoe sobranie sočinenij v tridcati tomach, t. 27. L. 1984, 65).

Spektorskij untermauert die Abgrenzung insbesondere Turgenevs noch m it dem Hinweis auf seine Areligiosität ( " B il je areligiozen"), die ihm eine Tiefensicht verwehrt: "Zaradi takega odnosa do vere ne najdeS v spisih Turgenjeva ne ostre subjektivne problematike Tolstega in ne vi—

zionarstva objektivne vere Dostojevskega.11 (Spektorskij, Turgenjev, 520).

Spektorskij sieht die Q ualitäten des wahren Künstlers in der Fähigkeit der Identifizierung m it seinen Helden: "P ra v i umetnik je samo, kdor ima dovolj sočutja pa tudi zmožnosti za utelešanje tuje duäe, da bi najsi s pomočjo lastne domiäljije prodrl v te globine. (...) Tako je um eval Do—

stojevskij umetniško realistično resnico." (Spektorskij, 103/104). K . Salamun—Biedrzycka weist, in Übereinstimmung m it L. K ra lj, auf die existentielle Bedeutung der Id entität von Held und W e lt für den E x — pressionisten Grum hin: "K o te identitete po nobeni ceni ni več mogoče doseči, je te literature tudi povsem fizično konec: Grum neha pisati" (L . K ralj, Literatūra Slavka Grum a, Razprave SA Z U 1970, 71; zitiert nach:

K. Salam un—Biedrzycka: О idejnem in umetniškem razvoju Grum ove proze. In: Obdobje ekspresionizma v slovenskem jeziku, književnosti in kulturi. Ljub ljana 1984, 339—351, hier 343).

F.M . Dostoevskij, a.a.O., t. 24, 5.

Grum II, 202; ähnlich schon Volynskij, Ruski novelisti, 31: "norm alni Tolstoj in blazni Dostojevskij." "Tolstoj in Dostojevskij — norm alni in pa brezumni tip oduševljenega Rusa." (236).

V gl. Volynskij, Ruska poēzija, 544: "Clovek velikih disharm onij, prorok, duhovidec Dostojevskij". Die von Dostoevskij in "B e s y " dargestellte Krankheit des russischen Volkes hat sich jetzt, "in den Tagen, die so schrecklich für Rußland sind11, zum offenen Geschwür entw ickelt und

"an dem kranken Körper schlimme W unden" entstehen lassen (Berg,44).

Vgl. Kozak, 429: "Dostojevski (...) posebno utripe neznanega v nas, v takem obsegu in s tako strastjo, kakor še nobeno pero pred njim ."

G rum II, 249.

V gl. das Zitat aus Spektorskij (107,4. Seite dieses Beitrags), an das er die Schlußfolgerung knüpft: "Resnično veliki so samo pisatelji, ki se povz—

pno na te višine. (...) In tak je bil predvsem Dostojevekij.11 (Spektorskij, 108).

Bekenntnisse persönlichen Betroffenseins: "Sugestivna то й Dostojevskega me je držala v železnih kleščah" (Kozak, 429); "C e takole na hitro po—

gledam v spomin, mi vzniknejo trije, ki so prevzeli vse moje bitje, (...) Dostojevski, France, Ham sun." (G rum II, 249).

Dieses U rteil, zunächst (nach Vogüe, Le roman russe) von der Gegen—

Überstellung französische Naturalisten — russische Realisten ausgehend, wird auf Dostoevskij zugespitzt: "francoski naturalisti (...) so ustvarili človeka iz zemlje, dočim so ruski realisti dahnili vanj živo dušo in tako izpopolnili resnični in polni akt ustvarjanja. (...) N a ta način je dal ruski roman novo smer problemu realizma (...) V tem razmerju je posebno značilno stališče Dostojevskega." (Spektorskij, 102).

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