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FuE in der W irtschaft

3. Veränderungen in den Verbindungen zwischen Wissenschaft und Wirtschaft

3.3. FuE in der W irtschaft

Die Reduzierung der Beschäftigten in der Wirtschaft und das Schicksal von FuE in diesem Sektor sind untrennbar mit der Privatisierung der Unternehmen durch die Treuhandanstalt (THA) verbunden9. Diese hatte 1990 den größten Teil der ehemaligen Kombinate und VEB übernommen. Diese späteren Treuhand-Unternehmen beschäftigten 1989 insgesamt mehr als 4 Millionen Menschen, Mitte 1990 noch etwa 3,5 Millionen. Im Prozeß ihrer Liquidie­

rung, Privatisierung und Sanierung ist ein Abbau der Beschäftigten auf etwa 1,5 Millionen

8 Die Ergebnisse dieser Analyse werden durch Hansgünter Meyer 1995 in einem Forschungsbericht der Forschungsgruppe Wissenschaftsstatistik des W ZB vorgestellt. D er Verfasser ist Hansgünter M eyer zu besonderem Dank fü r die Erlaubnis zur Nutzung der hier vorgestellten Zwischenergebnisse verpflichtet.

9 A u f die seitens der Treuhandanstalt verfolgte - und im Einigungsvertrag so nicht vorgegebene - Privatisie­

rungsstrategie, ihre Ursachen und mögliche Alternativen w ird hier nicht näher eingegangen (vgl. dazu Sinn 1994), da hier nur die W irkungen der durchgeführten Maßnahmen a u f FuE im Wirtschaftssektor interessieren. Dazu erfolgte u.a. eine vorläufige Auswertung von Daten, die durch periodische Befragun­

gen zur Arbeitsm arktsituation in Treuhand- und privatisierten Betrieben durch den Sozialökonomische Strukturanalysen e.V. (SÖSTRA) im A uftra g der T H A und der Bundesanstalt fü r A rb e it gewonnen w ur­

den. Diese Quelle w ird nachfolgend als "SOSTRA-Erhebung" bezeichnet. Es ist beabsichtigt, die dabei zum FuE-Personal erfaßten und teilweise im Auftrag der FG Wissenschaftsstatistik des W Z B aufbereiteten Daten im Jahre 1995, d.h. nach Abschluß der Erhebungen im Zusammenhang m it der Einstellung der T ätigkeit der T H A zum Ende 1994, umfassend auszuwerten.

bis Anfang 1994 (in Treuhand-Unternehmen 137.000, in inzwischen privatisierten ehema­

ligen (Ex-)Treuhand-Unternehmen etwa 1 Million und in ausgegründeten Untemehmens- teilen 400.000 Menschen) erfolgt. Wie die durch die Betriebe im April 1994 eingeschätzten Beschäftigungsperspektiven zeigen, hat der Abbau sich zwar seit 1993 deutlich verlangsamt, er wird aber noch weiter anhalten; Anfang 1996 sollen alle Betriebe privatisiert sein (vgl.

Abb. 5).

Abb.5: Beschäftigte in Treuhanduntemehmen und Ex-Treuhandfirmen (Ist-Entwicklung seit 1990; Einschätzung der Betriebe für 1995 und 1996)

Eigene Zusammenstellung nach SÖ STRA 1994: 4-6 (bis April 1994: IST-Werte, danach betriebliche Vorstellungen)

Diese volkswirtschaftlich bedeutsamen Veränderungen waren mit ebenso gravierenden Strukturveränderungen auf der Ebene der einzelnen Unternehmen verbunden. Dabei hat sich die Anzahl der von der THA 1990 übernommenen 8.300 ehemaligen volkseigenen Betriebe der DDR durch Ausgliederung und Aufspaltung ständig erhöht. Am 31. 3. 1994 ergab sich so ein Gesamtportfolio von insgeamt 13.960 Unternehmen, die unter Treuhandverwaltung standen oder stehen. Davon waren 1994 etwa 1.600 in Liquidation, andere sind bereits liquidiert worden, so daß die Gesamtzahl der "aktiven" Firmen noch 8.823 mit 1,1 Millionen Beschäftigten betrug. Hiervon unterstanden noch 723 der THA, während 8.100 bereits pri­

vatisiert waren (Ex-Treuhand-Untemehmen)10 (vgl. Tab. 8). Hinzu kommen etwa 7.200 ausgegründete Betriebsteile mit etwa 400.000 Beschäftigten Anfang 1994.

Tab. 8: Anzahl und Beschäftigte der Treuhand- und Ex-Treuhandunternehmen Anzahl der Unternehmen Anzahl der Beschäftigten

Oktober 1991 8047 2039 10086 2000 410 2410 248,5 201,1 238,9

April 1992 6688 4100 10788 1235 560 1795 184,7 136,6 166,4

Oktober 1992* 3177 5820 8997 560 885 1445 176,3 152,1 160,6

April 1993* 1811 6988 8799 337 1047 1384 186,1 149,8 157,3

Oktober 1993* 1157 7603 8760 213 999 1212 184,1 131,4 138,4

April 1994* 723 8100 8823 137 989 1126 189,5 122,1 127,6

*nur "aktive“ THU, d.h. ohne Unternehmen in Liquidation Q uelle: SÖ STRA 1994:3, 4; eigene Berechnungen

In Verbindung mit Eigentümerwechseln, Produktionsumstellungen usw. haben sich insbe­

sondere die Betriebsgrößen und innerhalb der Unternehmen die Strukturen nach Arbeitsbe­

reichen wesentlich geändert. Die durchschnittliche Anzahl der Beschäftigten je Unterneh­

men ist von 422 (1990) auf 128 (1994) oder 30 Prozent zurückgegangen. Sie liegt in den Ex-Treuhandfirmen nur noch bei 122, in den ausgegründeten Betriebsteilen sogar nur bei 55.

Als Faktoren wirken hier vor allem die Aufgliederung, Schrumpfung und Liquidierung der früheren DDR-Kombinate und -Betriebe. Dadurch sind Großbetriebe fast völlig ver­

schwunden und bereits Betriebe mit mehr als 1.000 Beschäftigten relativ selten geworden.

Größere Betriebe befinden sich noch überdurchschnittlich in Treuhandbesitz, nicht zuletzt deshalb, weil sie eher zu den "traditionellen" Branchen gehören und aus verschiedenen Gründen schwierig zu privatisieren waren (Waggonbau, Stahl, Kupfer und Messing,

Groß-10 Diese 8.Groß-100 im April 1994 bestehenden Ex-Treuhandfirmen haben folgenden Status:

vollständig privatisiert 73%

m ehrheitlich privatisiert (M inderheitsbeteiligung der T H A ) 4%

reprivatisiert 20%

kom m unalisiert 3%

100%

Nach dem Zeitpunkt der Privatisierung ergibt sich folgende Struktur:

1990: 9%

Chemie - vgl. Kimich 1994: 13; ein Präzedenzfall ist die mehrfach gescheiterte Privatisierung von EKO in Eisenhüttenstadt).

A uf Umfang, Struktur und Profil von FuE in der Wirtschaft - als die unmittelbarste Verbin­

dung von Wirtschaft und Wissenschaft sowie als ein unerläßlicher "Adapter" innerhalb der Wirtschaft für die Aufnahme von neuen Ergebnissen (und Personal) aus der akademischen Wissenschaft - haben sich diese Veränderungen gravierend ausgewirkt:

(a) Absoluter Rückgang von FuE in der Wirtschaft.

Bis heute liegen keine vollständigen bzw. zuverlässigen Daten über Umfang und Struktur von FuE in der W irtschaft Ostdeutschlands vor.

Die SV Wissenschaftsstatistik, die im Auftrag des BMFT Erhebungen von FuE im Wirt­

schaftssektor der Bundesrepublik Deutschland durchführt, ist seit 1990 bemüht, auch für die Wirtschaft der neuen Bundesländer zuverlässige Daten zu gewinnen. Sie hatte Anfang 1993 2.800 Unternehmen und Institutionen der Gemeinschaftsforschung angeschrieben, von de­

nen rund 1.700 geantwortet haben. Zusätzlich wurden FuE-Daten von weiteren 1.000 Un­

ternehmen aus FuE-Förderanträgen mit einbezogen (SV-Wissenschaftsstatistik 1993), so daß insgesamt 2.700 Unternehmen und FuE-Institutionen erfaßt worden sind. Danach wurde folgender Gesamtbestand an FuE-Personal (Vollzeitäquivalent) in der Wirtschaft errechnet bzw. eingeschätzt:

Tab. 9: FuE-Personal in der Wirtschaft Ostdeutschlands

1989 1990* 1991 1992 1993

A nfang 40.600 27.000

Ende 27.000 16.000

Durchschnitt 86.200 34.559 22.439 18.400

Quelle: SV Wissenschaftsstatistik 1993;

*Die Daten der per 30. 6 1990 letztmalig vom MFT der DDR durchgeführten und von der SV Wissenschafts­

statistik ausgewerteten Erhebung wurden bisher nicht veröffentlicht und auch nicht freigegeben

Demnach wären Ende 1993 noch 16.000 Beschäftigte für FuE in der Wirtschaft tätig gewe­

sen - etwa 18,5 Prozent des Bestandes von 1989 (bei weiter abnehmender Tendenz).

Nach Unterlagen der Forschungsagentur Berlin (FAB) hat sich die Anzahl des FuE-Perso- nals im W irtschaftssektor der neuen Bundesländer von 86.200 (dar. 75.250 in der gewerb­

lichen Wirtschaft) im Jahre 1989 bis zum Mai 1993 auf 16.570 (dar. 13.945 in der gewerb­

lichen Wirtschaft) bei 1.535 erfaßten Unternehmen verringert (FAB o.D.: 14). Im Vollzeit­

äquivalent entsprechen diese Daten etwa 15.100 FuE-Beschäftigten (darunter 12.100 in der gewerblichen Wirtschaft); das wären 17,5 Prozent (in der gewerblichen Wirtschaft 16,1 Prozent) des Ende 1989 vorhandenen Bestandes. Das Institut für Wirtschaftsforschung

Halle ermittelte im März 1993 noch einen Bestand von höchstens 13.000 industrienah täti­

gen Forschem und rechnete bis Ende 1993 mit einem weiteren Rückgang um 3.000 (IWH 1993: 7). Demgegenüber ermittelte SÖSTRA durch Hochrechnung der Befragungsergeb­

nisse in Treuhand- und Ex-Treuhand-Betrieben per 1. April 1994 einen Bestand von 14.200 Beschäftigten im Arbeitsbereich FuE (SÖSTRA 1994:13).

Die Unterschiede in den Daten der verschiedenen Quellen zeugen von der Unsicherheit hin­

sichtlich der Anzahl der FuE-treibenden Unternehmen wie auch ihrer Beschäftigtenanzahl.

Die Angaben der verschiedenen Quellen nähern sich inzwischen aber deutlich an, und zwar in Richtung eines (sehr) niedrigen Niveaus von etwa 15 Prozent des Bestandes von 1989 im Jahre 1994. Damit ist gleichzeitig die FuE-Intensität in diesem Bereich weit unter die in der Wirtschaft der alten Bundesländer gesunken und außerdem der Anteil der Wirtschaft am gesamten FuE-Personal in Ostdeutschland auf jeden Fall unter 50 Prozent gefallen.

b) Verbleiben von FuE fast nur noch in (sehr) kleinen und mittleren Unternehmen (KMU).

In Ostdeutschland sind inzwischen Großbetriebe mit mehr als 10.000 Beschäftigten völlig verschwunden. Übriggeblieben sind vor allem mittlere oder Klein-Betriebe mit meist

"unterkritischen" FuE-Gruppen. Die Anzahl kleiner Unternehmen ist durch "Schrumpfen"

und Aufteilung früherer Großbetriebe, durch spin-offs von Treuhandanstalt-Firmen und aus den drei großen Forschungsakademien der DDR, aber auch durch die Neugründung von Unternehmen stark angewachsen. Inzwischen (1994) sind fast 80 Prozent des gesamten FuE-Personals der Wirtschaft in Firmen mit weniger als 500 Beschäftigten zu finden, darun­

ter die Hälfte, d. h. ungefähr 40 Prozent, in Firmen mit weniger als 100 Beschäftigten (vgl.

Tab. 10).

Tab. 10: Struktur des FuE-Personals in der Wirtschaft Ostdeutschlands nach Untemehmens- größe (1993; nur Unternehmen mit FuE)

Unternehmensgröße

(Beschäftigte) <20 20-49 50-99

2<ioo

100-499 >500 alle Unter­

nehmen Anteil am FuE-Personal der

Wirtschaft (in %) 12 14 14 40 37 23 100

durchschnittliche Anzahl der FuE-Beschäftigten je Unterneh­

men (in Personen, gerundet)

4 7 10 6 16 66 11

Anteil von FuE an den Gesamt­

beschäftigten (in %) 43 22 13 21 8 6 10

Quelle: eigene Berechnungen nach Forschungsagentur Berlin, o. D.: 18

Das ist nicht nur eine deutliche Veränderung gegenüber der Situation in der DDR, sondern auch eine völlig andere Unternehmensstruktur als in den alten Bundesländern (vgl. Abb. 6).

Abb. 6: Struktur des FuE-Personals in der Wirtschaft West- und Ostdeutschlands nach Unternehmensgröße (Anzahl der Beschäftigten)

In den alten Bundesländern beschäftigen Firmen mit über 10.000 Beschäftigten 51 Prozent des gesamten FuE-Personals der Wirtschaft (1989); sie sind in der Lage, neben angewandter Forschung und Entwicklung auch in gewissem Umfang Grundlagenforschung zu betreiben.

Firmen mit weniger als 1.000 Beschäftigten haben insgesamt nur 21 Prozent Anteil am FuE- Personal der Wirtschaft (SV Wissenschaftsstatistik 1991: 49).

Dagegen lag in der DDR der Schwerpunkt bei Unternehmen mit 1.000 bis 5.000 Beschäf­

tigten; eine relativ geringen Anteil hatten Unternehmen mit über 10.000 Beschäftigten. In der DDR-Industrie wurde praktisch keine Grundlagenforschung durchgeführt; diese Auf­

gabe hatte insbesondere die Akademie der Wissenschaften. Während 1989 die Anteile von Betrieben mit weniger als 1.000 bzw. 500 Beschäftigten an den FuE-Beschäftigten in der Wirtschaft beider deutscher Staaten in ähnlichen Größenordnungen lagen, ist inzwischen in Ostdeutschland FuE-Personal fast nur noch in sehr kleinen Unternehmen vorhanden. Deren Anteil am FuE-Personal in der Wirtschaft ist dadurch (nicht absolut, sondern nur relativ!) auf fast 80% gestiegen. Die meisten Firmen haben nur noch weniger als fünf (Firmen mit bis zu 100 Beschäftigten) oder bis zu 16 FuE-Beschäftigte (Unternehmen mit bis zu 500

Gesamtbeschäftigten). Nur wenige größere Unternehmen haben jeweils mehr als 20 FuE- Beschäftigte und insgesamt nur einen Anteil von 23% am FuE-Personal der Wirtschaft.

Normalerweise können aber industrielle Forschungsgruppen mit fünf bis zehn Personen praktisch nur noch experimentelle Entwicklungen oder stark eingegrenzte angewandte For­

schung durchführen. Solch kleine Gruppen sind auch kaum als potente Partner für die aka­

demische Forschung anzusehen (vgl. W olff u. a. 1994).

Da gleichzeitig der Anteil der FuE-Beschäftigten an den Gesamtbeschäftigten in den kleine­

ren Unternehmen über 20 Prozent, z. T. sogar über 40 Prozent beträgt, liegt die Verm u­

tung nahe, daß es in diesen Firmen kein gesundes Verhältnis zwischen FuE und den anderen Aktivitäten, insbesondere Fertigung und Absatz, gibt. Zu diesem Ergebnis kommt auch die FAB: "Durch die hohe FuE-Förderung durch Bund und Länder ... wird der betriebswirt­

schaftliche Kontext von betrieblich tragfähigen FuE-Aufwendungen (gemessen am Umsatz, Gewinnerwartung sowie anderen wirtschaftlichen Parametern) verzerrt" (FAB o. D.: 27).

Unsere Untersuchungen zur Wirkungsanalyse von FuE-Förderprogrammen des BMFT (Becher u. a. 1993) sowie Befragungen in neu gegründeten Unternehmen früherer A kade­

mie-Wissenschaftler bestätigen dies, ebenso andere Quellen (IWH 1993: 73-76; Haustein, Fedorko 1994). Diese Annahme wird auch dadurch unterstrichen, daß gegenwärtig insge­

samt etwa 80 bis 90 Prozent der FuE-treibenden ostdeutschen Unternehmen Fördermaß­

nahmen der Bundesregierung in Anspruch nehmen und der Anteil allein der Förderung des BMFT an den internen FuE-Aufwendungen der Wirtschaft in den neuen Bundesländern über 50 Prozent beträgt (dagegen in den alten nur 5 Prozent); 80 Prozent der Fördermittel entfallen auf kleine und mittlere Unternehmen (KMU) (Bericht 1994: 9).

c) Organisatorische Trennung von FuE und Produktion

Ein unausgewogenes Verhältnis bzw. die fehlende Integration von Produktion und For­

schung, wie sie die Personalstruktur in KMU nahelegt, ist nicht nur innerhalb vieler U nter­

nehmen anzutreffen. Sie ist darüber hinaus auch ein Merkmal der organisatorischen Struktur von FuE in der ostdeutschen Wirtschaft insgesamt. Das wird durch den mit über 10 Prozent sehr hohen Anteil des Zweiges "Dienstleistungsgewerbe" am FuE-Personal der Wirtschaft belegt11. Zu diesem Wirtschaftszweig gehören auch die "Forschungs-GmbH", deren Kern

11 V o n den per 1. 4. 1994 in der "SÖSTRA-Erhebung" erfaßten 627 FuE-Unternehmen gehören diesem Zw eig 76 Unternehmen (12 Prozent) m it 18.968 Beschäftigten (9,1 Prozent) an. Diese Unternehmen hatten 2.004 Beschäftigte im Arbeitsbereich FuE, das sind 10,6 Prozent A n te il an den Beschäftigten dieser Unternehmen und 21,6 Prozent A n te il am FuE-Personal aller erfaßten Unternehmen.

Die F A B g ib t fü r 1993 2.287 FuE-Beschäftigte in den Wirtschaftszweigen 4, 6, 7 und 8 zusammen an, das sind 15,1 Prozent des von ih r erfaßten Gesamtbeslandes an FuE-Personal; 1992 waren es hier noch 4020 FuE-Beschäftigte oder 18 Prozent des Gesamtbestandes (F A B o. D.: 16). Ä h n lich sind die Propor­

tionen bei den Daten der SV Wissenschaftsstatistik: 1991 entfielen auf die Zweige 0 sowie 3-8 (eine weitere Aufgliederung erfolgte hier nicht) 4.767 von 34.559 FuE-Personal (13,8 Prozent) und 1992

und Ausgangspunkt die früher juristisch selbständigen großen FuE-Einrichtungen der Kom­

binate der DDR darstellen. Im Jahre 1989 gab es 38 solcher Einrichtungen, die insgesamt 24.000 Beschäftigte hatten, darunter 15.700 FuE-Beschäftigte. Das waren mehr als 20 Prozent des gesamten FuE-Personals der DDR-Wirtschaft. Diese Einrichtungen wurden bis auf wenige Ausnahmen (z.B. Teile der Forschungszentren des Kombinats Carl Zeiß Jena und des Kombinats TAKRAF) nicht wieder in die Betriebe integriert, sondern in Form von GmbH als juristisch selbständige Unternehmen weitergeführt* 12. Sie gerieten bereits 1990 in unmittelbare finanzielle Schwierigkeiten, da die frühere Finanzierung aus dem Staats­

haushalt der DDR bzw. durch Aufträge aus den Betrieben spätestens nach Einführung der DM entfiel. Durch Fördermittel des MFT der DDR bzw. des BMFT, Gewinnung von Auf­

trägen aus den alten Bundesländern und von Mitteln aus anderen Quellen (z. B. ABM), Di­

versifizierung ihrer Angebote, Entlassung von Mitarbeitern usw. konnten sich mindestens 23 der früheren Einrichtungen mit noch 6.800 Beschäftigten, darunter 3.800 für FuE, in das Jahr 1991 "retten". Die Anzahl dieser Einrichtungen wurde aber bereits im Jahre 1990 um weitere mindestens 71 neu entstandene FuE-Untemehmen mit etwa 8.000 Beschäftigten, darunter 4.900 für FuE, erhöht (vgl. Meske/Schrauber 1991: 40).

Inzwischen ist die Anzahl ähnlich profilierter Einrichtungen durch Aus- und Neugründungen weiter angewachsen. Im Jahre 1993 wurden z.B. durch das Bundesministerium für W irt­

schaft 185 solcher neuen "innovativen Unternehmen" gefördert (TVA 1993), deren Lei­

stungsangebot in erster Linie Angewandte Forschung und Entwicklung, Erstellen von Stu­

dien und Gutachten, Weiterbildung und Beratung, z.T. auch Lohnfertigung bzw. Fertigung eigener Produkte umfaßt. Die Bundesregierung schätzt deren Gesamtzahl für 1994 auf etwa 200 mit insgesamt etwa 4.000 FuE-Mitarbeitem; darin sollen noch ca. 2.700 FuE- Mitarbeiter aus den ursprünglichen Forschungs-GmbH enthalten sein (Bericht 1994: 5).

Solche Unternehmen sind die Haupt-Auftragnehmer der Forschungsaufträge, die durch das BMFT-Programm "Auftragsforschung Ost"(AFO) gefördert wurden: von den 769 bis Ende 1992 geförderten Aufträgen haben Forschungs-GmbH und Ingenieur-Büros allein 478 (oder 62 Prozent) als Auftragnehmer übernommen (Becher u.a. 1993: 48).

3.200 von 22.439 (14,3 Prozent). Im Vergleich dazu entfielen a uf diese Zweige in den alten Bundeslän­

dern 1991 m it 6.693 FuE-Beschäftigten und 1992 m it 6.241 FuE-Beschäftigten nur etwa 2,3 Prozent aller FuE-Beschäftigten der W irtschaft (SV Wissenschaftsstatistik 1993: 5).

12 Die unterschiedlichen Profile und Schicksale der aus diesen FuE-Einrichtungen entstandenen Unter­

nehmen belegen einzelne Fallstudien. E in Beispiel ist das Forschungszentrum M ikro elektro nik Dresden (Gläser 1993: 12-17). Eine spezielle Studie zeigte bereits 1991 "die empirische Relevanz von v ie r v ö llig unterschiedlichen Entwicklungstypen:

1. der Übergang von Forschungseinrichtungen zu produzierenden Unternehmen, 2. der Übergang zu Anbietern von Ingenieur- oder Planungsdienstleistungen,

3. die Eingliederung von ZFE (= Zentren für Forschung und Entw icklung, W . M .) als zentrale FuE- Abteilungen von aus ehemaligen Kombinaten gebildeten AG ,

4. der Fortbestand als FuE-Einrichtung m it komplexem Dienstleistungsangebot"

(Herden, Kuhlm ann, Reger 1991: 25).

Diese Unternehmens-Kategorie von FuE in der Wirtschaft zeigt sehr deutlich, daß die Pro­

duktionsbetriebe in Ostdeutschland tatsächlich über noch weniger FuE verfügen, als die sowieso schon niedrigen Gesamtzahlen von FuE in der Wirtschaft besagen. Ein erheblicher Teil der FuE-Kapazitäten befindet sich gar nicht in den produzierenden W irtschaftsunter­

nehmen; es handelt sich vielmehr oft um wirtschaftsnahe Forschungseinrichtungen. Da auch diese Einrichtungen über Zuschüsse der Treuhand (noch nicht privatisierte Forschungs- GmbH), Fördermittel von Bund und Ländern, öffentlich finanzierte Arbeitsbeschaf­

fungsmaßnahmen, völlig oder teilweise durch Bund und Länder finanzierte Projektmittel für FuE-Arbeiten usw. weitgehend durch öffentliche Mittel finanziert werden, unterscheiden sie sich kaum hinsichtlich der Quellen, sondern lediglich hinsichtlich der Wege und Formen ihrer Finanzierung vom (offiziellen) Sektor der öffentlich finanzierten außeruniversitären Forschung. Zum Teil befinden sich diese Einrichtungen auch in einer "Grauzone" zwischen FuE, anderen Dienstleistungen und eigener Fertigung. Die öffentliche Förderung dient dabei in erster Linie als "Anschubfinanzierung" zur Erhaltung einer begrenzten FuE-Kapazität, bis auf deren Basis eigene wissenschaftsintensive Dienstleistungs- und Produktionskapazitäten entwickelt und zunehmend auch zum wirtschaftlichen Träger des betreffenden Unterneh­

mens ausgebaut werden können. Da diese Entwicklungen selbst und insbesondere die Markteinführung und -behauptung meist 2-4 Jahre benötigen, sind solche Unternehmen auf Forschungs- (und andere öffentliche) Förderung auch in nächster Zukunft unbedingt angewiesen.

Es hat sich hier eine bemerkenswerte "Verschiebung" im Charakter der von der Statistik ausgewiesenen FuE-Kapazitäten nach Sektoren vollzogen: Während in der DDR ein relativ großer Teil des FuE-Personals im "öffentlich finanzierten Sektor" tatsächlich im Rahmen der "Vertragsforschung" für die Wirtschaft arbeitete, wird jetzt in Ostdeutschland im Ge­

gensatz dazu ein erheblicher Teil der in der Wirtschaft ausgewiesenen FuE-Kapazitäten de facto weitgehend öffentlich finanziert! Diese Situation sowie einzelne (bisher nicht systema­

tisch angelegte) Befragungen lassen vermuten, daß diese FuE-Einrichtungen in der W irt­

schaft durchaus als ernsthafte Konkurrenten für Industrieaufträge gegenüber der "akademi­

schen" Wissenschaft anzusehen sind, aus der sie zum Teil kommen.

Die quantitativen und strukturellen Veränderungen von FuE innerhalb der Wirtschaft haben zur weitgehenden Unterbrechung ihrer früheren Verbindungen zur akademischen Wissen­

schaft geführt. Zumindest trifft das auf die vertraglichen kommerziellen Beziehungen zu; das erklärt auch die auf der "akademischen Seite" ermittelten geringen Anteile der Finanzierung durch die Wirtschaft. Der Effekt dieser Veränderungen ist ein doppelter, da einerseits in­

novative Großbetriebe als finanzstarke "Auftraggeber" nahezu völlig entfallen sind und zum anderen die "übriggebliebenen" bzw. neugegründeten FuE-intensiven Klein-Unternehmen kaum als Auftraggeber, sondern teilweise sogar als "Konkurrenten" für die akademische Forschung in Erscheinung zu treten scheinen.

3. 4. Aktuelle Entwicklungstendenzen und -probleme in der ostdeutschen