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3.3 Ladungseinfang durch Licht

3.3.3 Freisetzung gefangener Ladung

Durch Bestrahlung der Al2O3-Schichten mit Licht einer Wellenlänge von etwa 400 nm oder geringer kann die Dichte negativer Ladungen in den Schichten und somit ihre Passi-vierung erhöht werden. Bei Raumtemperatur ist diese Erhöhung zeitlich stabil. Da beim Herstellungsprozess von Solarzellen oft Temperschritte durchgeführt werden, ist es von Bedeutung, ob die Erhöhung der Passivierung infolge einer Beleuchtung temperatursta-bil ist. Abb. 3.33 zeigt die bei einem Injektionslevel von 1×1015cm-3bestimmte effektive Ladungsträgerlebensdauer einer beidseitig mit 26 nm dünnen Al2O3-Filmen beschichtete Probe, die alternierend beleuchtet und getempert wird. Als Referenz dient eine identisch prozessierte Probe, die getempert, aber nicht beleuchtet wird. Der Zeitpunkt t = 0 be-zeichnet den Zustand nach Aktivierung der Al2O3-Passivierung. Die Beleuchtung erfolgt mit 365 nm LED-Licht mit einem Photonenfluss von 5,7×1015s-1cm-2 jeweils 30 Minu-ten pro Seite. Daher ist die effektive Lebensdauer nach diesem Schritt in Sättigung (vgl. Abb 3.27(a)). Die Temperschritte werden in dem in Kapitel 3.2.2 beschriebenen Rohrofen bei etwa 300°C in 10 mbar N2-Atmosphäre für etwa 30 Minuten pro Schritt durchgeführt. Hierbei soll betont werden, dass die Proben nach Al2O3-Beschichtung, bis auf die beabsichtigten Beleuchtungsvorgänge, im Dunkeln prozessiert wurden. Dies gilt sowohl für Tempervorgänge als auch Transport und Lagerung. Dabei muss beachtet wer-den, dass die Probe während der Photoleitfähigkeitsmessungen mit Licht angeregt wird.

0 2 0 0 4 0 0 6 0 0 8 0 0

0 , 0 0 , 5 1 , 0 1 , 5 2 , 0 2 , 5 3 , 0

Beleuchtung Beleuchtung

τ eff [ms]

Zeit [min]

beleuchtet unbeleuchtet

Beleuchtung

300°C 300°C 300°C

Beleuchtung Tempern

Abbildung 3.33 – Effektive Ladungsträgerlebensdauern bei einem Injektionslevel von 1×1015cm-3nach alternierenden Beleuchtungs- und Tempervorgängen. Als Referenz dient eine getemperte, jedoch nicht beleuchtete Probe (rote Messpunkte). Die Linien dienen der Veran-schaulichung.

84 KAPITEL 3. AL2O3-EINZELSCHICHTEN

Abbildung 3.34– Prozessflussdiagramm für die Präparation der Proben zur Untersuchung des Temperatureinflusses nach Beleuchtung.

Die Symbole „B“ bzw. „T“ kennzeichnen Beleuchtungs- bzw. Tempervorgänge.

Der bei der Messung verwendete IR-Filter blockt jedoch Licht mit Wellen-längen kleiner als 700 nm und verhin-dert somit die Bestrahlung mit Photo-nen, welche Ladungen in die Schicht in-duzieren. Dies wird durch gleiche Mess-ergebnisse aufeinanderfolgender Messun-gen bestätigt. In Abb. 3.33 wird deut-lich, dass die durch Beleuchtung erhöh-te Ladungsträgerlebensdauer durch Tem-pern bei 300°C wieder abgesenkt wer-den kann. Dieser Prozess hat sättigenwer-den Charakter, wobei der Wert in Sättigung dem Wert der unbeleuchteten Probe ent-spricht. Dieser Wert liegt zum Zeitpunkt t = 0 bei beiden Proben unterhalb des Ausgangsniveaus. Die Ursache hierfür steht nicht in Zusammenhang mit dem Beleuch-tungsvorgang und muss daher einem anderen Effekt zuzuordnen sein. Durch anschlie-ßende weitere Beleuchtung kann die effektive Lebensdauer erneut erhöht und durch wei-teres Tempern wieder abgesenkt werden. Dass sich die Lebensdauer nach Tempern durch weitere Beleuchtung erneut stark erhöhen lässt, obwohl sie beim vorigen Beleuchtungs-vorgang in Sättigung war, legt die Vermutung nahe, dass die infolge von Beleuchtung induzierte negative Ladung durch den Temperschritt aus der Schicht entfernt werden kann. Um diese Vermutung durch direkte Messung der Ladung zu beweisen, werden CV-Messungen genutzt. Für jeden Parametersatz müssen neue Proben präpariert wer-den, da zum einen durch das aufgedampfte Aluminium der MIS-Strukturen kein Licht transmittiert und zum anderen das Tempern bereits präparierter MIS-Strukturen die Al2O3-Schicht verändert. Hierbei zeigen CV-Messungen desselben Kontaktes vor und nach Tempern eine durch den Temperschritt reduzierte Oxidkapazität. Diese ist mit einer Erhöhung der Al2O3-Schichtdicke infolge einer Oxidation des aufgedampften Alu-miniums mit dem in der Schicht vorhandenen Sauerstoff erklärbar. Abb. 3.34 zeigt das Prozessflussdiagramm für die im Ausgangszustand bereits beidseitig mit getemperten Al2O3-Schichten passivierten Substrate. „B“ und „T“ bezeichnen die zum vorigen Expe-riment gleichen Beleuchtungs- und Temperschritte. Die Temperzeit pro Schritt beträgt hier vier Stunden, sodass das vollständige Abklingen der Lebensdauer gewährleistet werden kann (vgl. Abb. 3.33). Im Prozessschritt „Charakterisierung + Metallisierung“

werden erst die effektiven Ladungsträgerlebensdauern bestimmt, anschließend an diesen Proben MIS-Strukturen präpariert und CV-Messungen durchgeführt, um die Ladung zu bestimmen. Pro Parametersatz werden zwei Proben prozessiert. Abbildungen 3.35(a) und 3.35(b) zeigen die effektiven Ladungsträgerlebensdauern bei einem Injektionslevel von 1×1015cm-3 und die Dichte fester Ladungen, berechnet aus der Verschiebung der

3.3. LADUNGSEINFANG DURCH LICHT 85

Abbildung 3.35– Nach alternierenden Beleuchtungs- und Tempervorgängen (vgl. Abb. 3.34) bestimmten effektiven Ladungsträgerlebensdauern bei einem Injektionslevel von 1×1015cm-3 (a) sowie Dichten fester Ladungen in der Al2O3-Schicht (b). Die Farben bezeichnen die Mess-reihen mit und ohne Beleuchtung. Die jeweils beiden Proben identischer Präparation sind durch geschlossene und offene Symbole dargestellt. Es ist eine Korrelation zwischen dem Ver-halten der Lebensdauern und der Dichte fester Ladungen erkennbar. Die Linien dienen der Veranschaulichung.

CV-Kurven auf der Spannungsachse nach Gl. (2.41). Die Farben der einzelnen Fälle entsprechen denen aus Abb. 3.33. Die jeweils identisch prozessierten Proben sind durch geschlossene und offene Symbole gleicher Farbe codiert. Bei Betrachtung der Lebens-dauern wird ersichtlich, dass die vorher dargestellten Ergebnisse reproduziert werden können. Die festen Ladungen zeigen korrelierend mit den Lebensdauern ein ansteigendes bzw. abfallendes Verhalten nach Beleuchtung bzw. Tempern. Daher ist gezeigt, dass ein Tempervorgang bei 300°C zu einer Verringerung der durch Licht in die Al2O3-Schicht induzierten Ladungen und dadurch zu einer Abnahme der Passivierung führt. Weite-re Experimente mit verschiedenen TemperatuWeite-ren zeigen, dass ein signifikanter Abfall der durch Beleuchtung erhöhten Ladungsträgerlebensdauer erst bei Temperaturen über 200°C stattfindet. Der Abfall ist umso schneller, je höher die Temperatur ist. Bei 350°C ist er durch Temperschrittdauern von 30 Minuten zeitlich nicht mehr auflösbar.

Die in der Literatur beschriebenen Experimente zu dem Abklingverhalten der gefange-nen Ladungen im Dunkeln wurden meist bei Raumtemperatur durchgeführt. Sie zeigen, ähnlich den Ergebnissen dieser Arbeit, bei Dielektrika mit hohen relativen Permitti-vitäten (z.B. Al2O3 oder HfO2) ein – im Vergleich zu SiO2 – stabiles Verhalten. Der Mechanismus des Abklingens wird dem Tunneln der Elektronen aus der Al2O3-Schicht zurück in das Substrat zugeschrieben, welches aufgrund der geringen Leckströme in diesen Isolatoren stark unterdrückt ist [150]. Sowohl direktes Tunneln als auch Fowler-Nordheim Tunneln sind jedoch Transportmechanismen von Ladungen durch Isolatoren, die temperaturunabhängig sind [49]. Daher sind sie als Prozess des in dieser Arbeit be-richteten Ladungsausgleichs infolge der erhöhten Temperatur auszuschließen. Ein tem-peraturabhängiger Transportmechanismus in Isolatoren ist zum einen der Frenkel-Poole

86 KAPITEL 3. AL2O3-EINZELSCHICHTEN Effekt [151]. Bei Vorhandensein eines elektrischen Feldes kann ein eingefangenes Elek-tron durch thermische Anregung in das Leitungsband des Isolators emittiert werden.

Das elektrische Feld wird im Falle ohne externes Feld durch weitere gefangene Elek-tronen im Isolator und der zugehörigen positiven Ladung im Silizium verursacht und sorgt für einen Elektronentransport in das Substrat. Zum anderen können sich thermisch angeregte Elektronen durch „Hüpfen“ zwischen einzeln isolierten Zuständen durch den Isolator bewegen [152, 153]. Dieser Mechanismus ist ebenfalls temperaturabhängig. Bei-de Mechanismen werBei-den mit zunehmenBei-der Temperatur stärker und treten sowohl bei Al2O3- als auch SiNy-Filmen auf [121, 152]. Daher ist es möglich, dass die durch Beleuch-tung in die Al2O3-Schicht injizierten Elektronen infolge erhöhter Temperaturen durch die oben beschriebenen Mechanismen in das Siliziumsubstrat zurück transportiert wer-den. Anschließend können die entleerten Störstellen durch weitere Beleuchtung erneut mit Elektronen aus dem Substrat gefüllt werden.

Wichtige Ergebnisse dieses Kapitels

In dieser Arbeit wurde erstmalig das Passivierverhalten von Plasma-ALD Al2O3 auf kristallinem Silizium unter wellenlängenabhängiger Beleuchtung mit LEDs untersucht.

Es konnte eine Erhöhung der effektiven Ladungsträgerlebensdauer mit einer Erhöhung der Dichte fester negativer Ladungen korreliert werden. Dieses Verhalten hing von der Photonenenergie ab und ist mit hoher Wahrscheinlichkeit das Ergebnis einer Emission von Elektronen aus dem Valenzband des Siliziumsubstrates in das Leitungsband des Al2O3-Filmes, wo sie vermutlich in Störstellenniveaus gefangen werden. Diese Untersu-chungen knüpfen an die Experimente von Hezel et al. an, die pyrolytisch gewachsene Al2O3-Filme mit einem kontinuierlichen Spektrum einer Xe-Lampe beleuchtet und eine Erhöhung der Dichte fester Ladungen festgestellt haben [147]. Erste wellenlängenab-hängige Untersuchungen an ALD-Al2O3-Schichten wurden von Gielis et al. mit einem fs-Ti:sapphire Laser im Energiebereich von 1,25 bis 1,75 eV durchgeführt [145]. Dort wurden die Elektronen durch Mehrphotonenabsorption in das Leitungsband des Al2O3 gehoben.

Weiterhin wurde in dieser Arbeit, nach Kenntnisstand des Autors, erstmalig der Ein-fluss eines Temperschrittes auf die durch UV-Licht emittierten Ladungen in die Schicht untersucht. Es konnte gezeigt werden, dass diese Ladungen infolge eines thermisch ak-tivierten Prozesses aus der Schicht gelöst werden. Durch weiteres Beleuchten werden erneut Ladungen in die Schicht emittiert.

3.3. HOCHTEMPERATURSCHRITTE BEI EINZELSCHICHTEN 87

3.4 Einfluss von Hochtemperaturschritten auf Al

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