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2.3 Kapazität-Spannungs-Messungen

2.3.3 Einfluss von Ladungen auf die CV-Kurven

In Isolatoren wie SiO2, SiNy:H und Al2O3 können ortsfeste Ladungen vorhanden sein, welche deren Passiviereigenschaften ändern. Feste Ladungen im Volumen eines Isolators

2.3. KAPAZITÄT-SPANNUNGS-MESSUNGEN 35 entstehen z.B. durch Strahlung oder Lawineninjektion von Ladungen [49]. Feste Ladun-gen an Grenzflächen zu Substraten oder Metallen können durch ionisierte Störstellenni-veaus infolge unabgesättigter Bindungen in Regionen nahe der Grenzfläche entstehen.

Die festen Ladungen im Isolator führen auch bei nicht vorhandener Vorspannung, je nach Polarität und Halbleiterdotierung, zu Akkumulations-, Verarmungs- oder Inversi-onsbedingung im Halbleiter. Um auch im Falle von festen Ladungen flache Bänder zu erzwingen, kann der Einfluss der Ladungen durch die von außen angelegte Spannung, welche dann als Flachbandspannung bezeichnet wird, kompensiert werden. Feste Ladun-gen im Isolator führen daher zu einer Verschiebung der CV-Kurve auf der Spannungs-achse. Der Zusammenhang zwischen FlachbandspannungVFB und Volumendichte fester Ladungen im Isolator ρox kann durch Lösen der eindimensionalen Poisson-Gleichung ermittelt werden:

d2

dx2V(x) =− 1 0r,ox

ρox(x). (2.37)

Dabei beschreibt V(x) das Potential im Isolator. Wird diese Gleichung mit der Randbe-dingung eines verschwindenden elektrischen Feldes an der Isolator/Halbleiter-Grenzfläche (Flachbandfall) gelöst, kann die Potentialdifferenz zwischen beiden Seiten des Isolators ausgedrückt werden durch:

Dabei beschreibenx= 0 undx=doxdie Orte der Metall/Isolator- und Isolator/Halbleiter-Grenzflächen. Die Beziehung ∆V = VFB gilt als gegeben, da im Flachbandfall die ge-samte, von außen angelegte Spannung über dem Isolator abfällt.

In realen MIS-Strukturen muss die metallische Austrittsarbeit zusätzlich berücksichtigt werden, da sie ebenfalls zu einer Verschiebung der CV-Kurve führt. Dann gilt allgemei-ner:

Dabei ist ϕM,HL die Differenz der Fermienergien von Metall und Halbleiter. Für ein p-Typ Substrat kann sie berechnet werden mit (vgl. Abb. 2.16(a)):

ϕM,HL =WMHLEg Um die Größe der Ladung aus einer einzelnen CV-Messung zu extrahieren, muss da-her sowohl ihre räumliche Verteilung als auch ϕM,HL bekannt sein. Untersuchungen an SiO2, SiNy:H und Al2O3 auf Silizium-Substraten haben gezeigt, dass sich ein Großteil der Ladungen in der Nähe der Isolator/Silizium-Grenzfläche befindet [31]. Daher ist der Spezialfall einer sich auf dieser Grenzfläche befindenden (Flächen-)Ladung QI/HL rele-vant. Wird ρox(x) = QI/HLδ(xdox) in Gl. (2.39) eingesetzt, kann für diesen speziellen

36 KAPITEL 2. CHARAKTERISIERUNGSMETHODEN

Abbildung 2.19– Bei 100 kHz gemessene hochfrequente CV-Kurven an MIS-Strukturen mit:

(a) 100 nm dickem thermischem SiO2; (b) 120 nm dickem Al2O3 im Vergleich zu theoreti-schen hochfrequenten Kurven. Die Pfeile indizieren die Verschiebung der Flachbandspannung aufgrund fester Ladungen in beiden Isolatoren.

Fall die Beziehung:

erhalten werden. Gl. (2.41) zeigt, dass positive bzw. negative feste Ladungen eine Ver-schiebung der CV-Kurve in negativer bzw. positiver Richtung hervorrufen. Um die Flä-chendichte der festen Ladungen zu bestimmen, muss die gemessene CV-Kurve mit einer theoretischen Kurve verglichen werden. Die Flachbandspannung der gemessenen Kur-ve kann über die Bedingung C(VFB,m) = C(VFB,th) bestimmt werden. Abb. 2.19 zeigt bei 100 kHz gemessene, hochfrequente CV-Kurven an MIS-Strukturen mit (a) 100 nm dickem thermischem SiO2 und (b) 120 nm dickem Al2O3 sowie die theoretischen hoch-frequenten Kurven. Hierbei ist die Verschiebung aufgrund der Austrittsarbeit von ver-wendetem Aluminium als Metall bereits berücksichtigt1. Die Pfeile indizieren daher die Verschiebung der Flachbandspannung infolge von festen Ladungen in den Oxiden. Bei SiO2 in Abb. 2.19(a) ist eine Verschiebung in negativer Spannungsrichtung aufgrund po-sitiver fester Ladungen zu erkennen. Im Gegensatz dazu ist die Verschiebung bei Al2O3 in Abb. 2.19(b) positiv gerichtet und zeigt negative feste Ladungen in der Schicht. Un-ter der Annahme, dass sich die Ladungen an der Grenzfläche zu dem Siliziumsubstrat befinden, kann nach Gl. (2.41) der Betrag der Ladung zu +3,2×1011cm-2 für SiO2 und -3,6×1012cm-2 für Al2O3 bestimmt werden. Sowohl für thermisches SiO2 als auch ALD-Al2O3 auf p-Typ Silizium-Substraten stimmen diese Werte mit typischen Werten aus der Literatur überein [69, 70].

1Für die effektive Austrittsarbeit von Aluminium auf SiO2 wird ein Wert von 4,1 eV [68] und für Aluminium auf Al2O3 4,8 eV verwendet. Der Wert von 4,8 eV wird in Kapitel 3.2.3 genauer diskutiert.

2.3. KAPAZITÄT-SPANNUNGS-MESSUNGEN 37

Abbildung 2.20– Ladungseinfang einer 30 nm dünnen Al2O3-Schicht in einer MIS-Struktur durch von außen angelegte elektrische Felder: (a) Verschiebung von hochfrequenten CV-Kurven; (b) Flachbandspannung und feste Ladungen.

Messinstabilität durch Ladungseinfang

Um verlässliche Informationen über die gewachsenen Al2O3-Schichten mit CV-Messungen gewinnen zu können, muss gewährleistet sein, dass die Schicht durch die Messung nicht beeinflusst wird. Bei schleifenhaftem Durchfahren der Vorspannung1 zeigen die Messun-gen jedoch eine Hysterese, die sich bei mehrfacher Wiederholung der Messung auf der Spannungsachse verschiebt und dabei zusammenläuft. Dies deutet auf einen Einfang von Ladungen in Störstellen der Schicht infolge der während der Messung angelegten elektrischen Felder hin. Um dies zu verifizieren, wird eine MIS-Struktur mit etwa 30 nm dünnen Al2O3-Schichten abwechselnd bei +10 V am Gate-Kontakt für eine bestimmte Zeit vorgespannt und die CV-Kurve gemessen. Abb. 2.20(a) zeigt die hochfrequenten CV-Kurven vor sowie nach Anlegen von +10 V für 220 und 610 s am Gatekontakt. Die Schleifen, indiziert durch die Pfeile, sind erst in Richtung positiver, dann in Richtung ne-gativer Spannungen durchfahren worden. Es ist eine deutliche Verschiebung der Kurven in positiver Spannungsrichtung infolge der 10 V-Vorspannung erkennbar. Abb. 2.20(b) zeigt die aus den CV-Kurven bestimmte Flachbandspannung und die nach Gl.(2.41) berechnete Dichte fester Ladungen. Dort ist ein sättigendes Verhalten der eingefangen Ladungen mit der Vorspannzeit erkennbar. Dies kann mit einem größer werdenden elek-trischen Feld erklärt werden, welches der Vorspannung entgegenwirkt und dadurch die Ladungsträgerinjektion hemmt. Die anfänglich (in Abb. 2.20(a) dargestellt) auftretende Hysterese verschwindet durch Anlegen der Vorspannung. Dies kann damit erklärt wer-den, dass bereits bei der ersten Teilschleife Ladungen in die Schicht injiziert werwer-den, welche bei der zweiten Teilschleife detektiert werden. Da der Ladungseinfang pro Zeit mit zunehmender Vorspannzeit abnimmt, verschwindet auch die Hysterese, und beide Messrichtungen ergeben gleiche Werte für die Dichte fester Ladungen. Dies wird durch

1Das heißt, das die Spannung während der Messung sowohl in positiver als auch in negativer Richtung unmittelbar nacheinander durchgefahren wird.

38 KAPITEL 2. CHARAKTERISIERUNGSMETHODEN eine nicht vorhandene Hysterese bei zeitlich kurzen Messungen in hinreichend kleinen Spannungsintervallen um die Flachbandspannung unterstützt. Ladungseinfang infolge elektrischer Felder wird neben Al2O3 auch bei HfO2 und HfO2/Al2O3-Stapeln festge-stellt [71–73]. Anders als in diesen Dielektrika zeigen Versuche mit thermischem SiO2 auf gleichem Substratmaterial keine Ladungsinjektion.

Eine Verschiebung der Flachbandspannung infolge elektrischer Felder kann auch durch Drift mobiler Ladungen im Isolator, wie z.B. Natrium in thermischem SiO2, hervor-gerufen werden. Mobile Ladungen sind auch im Al2O3 bekannt [74], können bei den Messungen hier jedoch ausgeschlossen werden, da dann eine Verschiebung der Flach-bandspannung in Richtung negativem Spannungsbereich bei den hier angelegten positi-ven Spannungen zu erwarten wäre.

Um den Einfluss von Ladungsinjektion während der Messung zu minimieren, werden zum einen die Messungen zur Bestimmung der Dichte fester Ladungen in einem engen Spannungsintervall um die Flachbandspannung durchgeführt und zum anderen wird die Vorspannung sehr schnell durchgefahren. Dabei werden die MIS-Strukturen meist in tiefe Verarmung getrieben. Für die Bestimmung von GrenzflächenzuständenDit aus hochfre-quenter und quasistatischer Messung stellt die Injektion von Ladungen ein Problem dar, da die quasistatische Kurve sehr langsam durchfahren werden muss.