• Keine Ergebnisse gefunden

Zum Forschungsstand der Schulentwicklung

Im Dokument Schulentwicklung Silke Fischer (Seite 61-65)

2 Aktueller Forschungsstand – Lehrerweiterbildung und

2.2 Zum Forschungsstand der Schulentwicklung

2.4 Zusammenfassung der Studienresultate 2.3 Auswahl & Darstellung

der Studien

2.6 Zielsetzung der Arbeit 2.5 Schlussfolgerungen &

Forschungsdesiderate

2.6.1 Hypothesen

Abbildung 5: Übersicht Kapitel 2.

(Quelle: Eigene Darstellung).

2.1

Zum Forschungsstand der Lehrerweiterbildung

Im wissenschaftlichen Diskurs wird der gegenwärtige Forschungsstand zum Themenbereich der Lehrerbildung allgemein als unzureichend wahr-genommen (s. auch Terhart, 2000a, S. 25; Ortenburger, 2010, S. 49). Zu-dem nimmt die Lehrerweiterbildung gegenüber der Lehrerausbildung hier bisher eher eine untergeordnete und somit unbedeutende Stellung ein, was wohl auch darauf zurückzuführen ist, dass der Lehrberuf gene-rell von der Öffentlichkeit als „Beruf ohne Karriere“ erachtet wird (Ter-hart, 2000a, S. 141). So erklären etwa Müller et al. (2010)

„die wissenschaftlichen Analysen und die damit zusammenhängenden bildungspoliti-schen Forderungen richten ihr Hauptaugenmerk auf die Erstausbildung der Lehrkräfte und allenfalls auf das Referendariat“ (S. 9).

Weibel (1979) bescheinigt der Existenz der Lehrerweiterbildung neben derjenigen der Grundausbildung sogar ein „Aschenbrödeldasein“ (S. 29).

Auch Mohr (1975) bemerkt, dass der Ausbau der Lehrerweiterbildung

„noch in den Anfängen“ steckt, obwohl die Lehrerweiterbildung keines-wegs „erst heute begonnen hat […]“, sondern – in nicht institutionalisierter Form – „bereits eine lange und reiche Tradition aufzuweisen hat“ (S. 222).

Hingegen wurde der institutionalisierten Form der Lehrerweiterbil-dung, die sich in der Schweiz erst in den 60er Jahren etablierte37, von Seiten der internationalen Bildungsforschung seit Ende der 90er Jahre vermehrt Aufmerksamkeit entgegengebracht, was sich nicht zuletzt darin offenbart, dass diese zum Forschungsgegenstand zahlreicher Studien wur-de (s. Terhart, 2002; OECD, 2005 etc.). Dieser „Forschungstrend“ ist auch in der schweizerischen Bildungsforschung erkennbar, wie die Studien von Landert (1999) und Oser & Oelkers (2000) belegen, die als Pionierarbei-ten erstmalig DaPionierarbei-ten im Bereich der schweizerischen Lehrerweiterbildung erhoben haben (s. Kap. 2.3.1 Ausgewählte Studien zur Lehrerweiterbil-dung). Begründet liegt das erstmalig erwachte Interesse an diesem lange Zeit vernachlässigten Forschungsgegenstand wohl unter anderem darin, dass die Lehrerweiterbildung derzeit als „Hoffnungsträgerin“ für die Op-timierung des Bildungswesens angesehen wird (Müller et al., 2010, S. 9).

Die Bedeutsamkeit der Lehrerweiterbildung, als letzte Phase der Leh-rerbildung, wurde demnach von Seiten der wissenschaftlichen „Commu-nity“ allseitig erkannt. Positiv formuliert ist die Lehrerweiterbildung somit auf dem besten Weg, dem ihr von Weibel (1979) bescheinigten „Aschen-brödeldasein“ (s.o.; S. 29), zu entfliehen. Entgegen der Erstausbildung ist die Entwicklung bzw. Erforschung der Lehrerweiterbildung durch die oben genannten wissenschaftlichen Beiträge allerdings erst angestossen worden. Aufgrund dessen kann trotz der gewonnen empirischen Erkennt-nisse, der heutige Informationsstand auf dem Gebiet der Lehrerweiterbil-dung immer noch als relativ dürftig bezeichnet werden. So kritisiert auch Daschner (2004), dass die Lehrerweiterbildung in der

„fachlichen und bildungspolitischen Diskussion längst nicht den Stellenwert erreicht“

hat, „der ihrer Bedeutung für den Erhalt und die Weiterentwicklung der im Lehrberuf notwendigen Kompetenzen angemessen wäre“ (S. 292; s. auch Terhart, 2000a, S. 23).

37 Aufgrund dessen, dass sich die institutionalisierte Lehrerweiterbildung in ihrer heuti-gen Form erst relativ spät in der Schweiz etablierte, erklärt Weibel (1979) eine solche Form der traditionellen Lehrerweiterbildung als nicht existent (S. 29).

2.2

Zum Forschungsstand der Schulentwicklung

Rolff betitelte eine seiner Publikation zum Thema Schulentwicklung schon 1998a mit: „Viel Praxis, wenig Theorie und kaum Forschung“ (o.S.; vgl.

auch Buchmann, 2009, S. 75). Seither hat sich an diesem Zustand in der empirischen (Schweizer) Bildungsforschung nur relativ wenig verändert (vgl. Kap. 3.1 Zur theoretischen Fundierung von Schulentwicklung). Es gibt zwar eigens Journale (s. Journal für Schulentwicklung, Lernende Schu-le – Für die Praxis pädagogischer SchuSchu-lentwicklung) wie auch Handbücher (s. Handbuch Schulentwicklung, 1998; 2010; 2012), Manuals (s. Manual Schulentwicklung, 1998b; 2006) und sogar ganze Jahrbücher (s. Jahrbuch der Schulentwicklung, 2006; 2008; 2010; 2013), die sich dieser Domäne widmen, jedoch ist die veröffentlichte Substanz bisher – zumindest aus wis-senschaftlicher Sicht – wenig ergiebig.

Ursächlich hierfür ist die verifizierte Annahme, dass „die Einzel-schule […] Fokus und Handlungseinheit für die Qualitätsentwicklung im Bildungswesen“ ist (Klieme, Baumert, Schwippert, 2000, S. 387; s. auch Kap. 3.3 Schulentwicklung heute). Infolgedessen fokussieren sich heute (fast) alle Studien/Publikationen auf diese als Untersuchungsobjekt und beschreiben im Sinne einer praxisorientierten Handlungsanleitung die jeweiligen Schulentwicklungsbemühungen. Oftmals erfolgt dies deskrip-tiv in Form von Fallstudien, die lediglich Teilbereiche, primär Schulpro-gramme und Evaluationen (s. Kap. 3.5.1 Das Schulprogramm als Instru-ment der Schulentwicklung), dokuInstru-mentieren (s. Hagen-Döver, Hoffmann, Mischke, Wollenweber et al., 1998; Strittmatter, 1998; Buchmann, 2009).

Klieme und Steinert (2006) bemängeln auch die vorwiegende Exis-tenz von Querschnittsstudien und das Fehlen von aussagefähigen Längs-schnittstudien mit allgemeingültigen Kriteriumsmassen und repräsenta-tiver Stichprobengrösse, anhand welcher sich valide Erfolgsfaktoren für die Entwicklung einer Schulinstitution darlegen lassen (S. 222ff.). Die Basistheorien von Schulentwicklung (s. Kap. 3.3 Schulentwicklung heu-te, 3.4 Schulentwicklung nach Rolff), also Konzeptionen darüber wie, warum und mit welchen Konsequenzen sich Schulen in eine bestimm-te Richtung verändern, wurden bislang empirisch nie auf den Prüfstand gestellt und kritiklos nach anglo-amerikanischem respektive skandinavi-schem Vorbild vom deutschsprachigen Bildungssystem adaptiert (Klie-me & Steinert, 2006, S. 223f.). Die sich daraus ergebende Problematik

einer unzureichenden Theoriebildung (vgl. Kap. 3.1 Zur theoretischen Fundierung von Schulentwicklung), erschwert es auch Studien/Publika-tionen eindeutig dem Forschungsbereich Schulentwicklung zuzuordnen und diesen hinreichend von benachbarten Disziplinen, nach Rahm (2005) der Organisationstheorie, der Soziobiologie, der Systemtheorie und des Radikalen Sozialkonstruktivismus (S. 17), abzugrenzen.

Schulentwicklungsforschung kann „als ein Beitrag zu einer Theorie der Schule“, in welcher die Entwicklungsperspektive vornehmlich ak-zentuiert wird, präzisiert werden (Rolff & Tillmann, 1980, S. 253). Sie hat dabei einen untersuchenden und einen unterstützenden Anspruch, in dem über Grundlagenforschung und empirische (Einzel-) Schulprojekte gegenwärtige „Forschungstrends“ im Bildungswesen erfasst und analy-siert werden. Aus bildungspolitischer Perspektive gehört es somit zu den Aufgaben der Schulentwicklungsforschung Auswirkungen von Reform-vorhaben samt wirksamer Implementierungsstrategie für das Bildungs-system zu generieren, um ressourcenintensive Steuerungsentscheide ent-sprechend zu legitimieren (vgl. auch Schubert, 2013, S. 41).

Seit ihrer Etablierung als wissenschaftliche Forschungsdisziplin An-fang der 70er Jahre hat sich die Schulentwicklungsforschung schwerpunkt-mässig laufend an die „Trends“ der Bildungspolitik assimiliert.38 Holtap-pels (2010) typisiert diese auch als sich teils überlagernde „Konjunkturen“

der Schulentwicklungsforschung, die in der folgenden Tabelle dargestellt sind (S. 27f.; vgl. Tab. 4).

Tabelle 4: „Konjunkturen“ der Schulentwicklungsforschung nach Holtappels (2010).

„Konjunkturen“ der Schulentwicklungsforschung nach Holtappels (2010) Zeitraum Forschungsschwerpunkt

I. SE als Systemreform (70er Jahre) & analytische Beobachtung struktureller Entwicklungen (seit Ende 80er Jahre)

II. Innere SE in pädagogischen Innovationen (Ende 70er bis Mitte 90er Jahre) III. SE im Zusammenhang mit Schulqualitätsstudien und

Schulentwicklungs-strategien (Mitte 90er bis Mitte 2000er Jahre)

IV. Schulleistungen & Integration von Schulentwicklung und Schuleffektivität (seit Ende 90er Jahre)

(Quelle: Eigene Darstellung in Anlehnung an Holtappels, 2010, S. 27f.).

38 Die Schulentwicklungsforschung entwickelte sich Mitte der 60er Jahre aus dem Scheitern vieler Curriculum-Reformen (Bonsen, Bos & Rolff, 2008, S. 20).

Angesichts der zunehmenden Realisierung von nationalen und interna-tionalen Schulleitungsvergleichsstudien (TIMSS, PISA)39 seit Ende der 90er Jahre, erfuhr die Schuleffektivitätsforschung („school effectiveness research“) in den letzten Jahren auch in Deutschland und der Schweiz vermehrt Beachtung. Während die Verknüpfung von Schuleffektivitäts- („Was macht eine gute Schule aus?“) und Schulentwicklungsforschung („Wie gelangt man zu einer guten Schule?“) international bereits als voll-zogen gilt, ist die deutschsprachige Forschungsgemeinschaft diesbezüg-lich gespalten (Kamski, 2011, S. 107; Bonsen, Bos & Rolff, 2008, S. 12).40 In den letzten Jahren hat sich aber eine Annektierung beider Forschungs-bereiche zueinander vollzogen.

Im Dokument Schulentwicklung Silke Fischer (Seite 61-65)