4.2 Formen und Determinanten des Wissens- und
4.2.2 Formen des Wissens- und Technologietransfers
• Management der unternehmensinternen Wissens- und Technologiebasis,
• Vision und Strategiebildung,
• Kreativitäts- und Ideenmanagement,
• Unternehmenskultur,
• Informationsbeschaffung und Benchmarking sowie
• Organisation und Prozesse
unterschieden werden können.179 Damit erlangt die Kompetenz zur Bewältigung des Innovationsprozesses eine ähnlich große Bedeutung wie die technologische Fach-kompetenz als gleichrangiger Erfolgsfaktor unternehmerischer Innovationstätigkeit.
Bei der Wahl des Transferpartners spielt in der Regel für „fertige“, d.h. Technolo-gien, für die eine Anwendung bestimmbar ist und die demonstrierbar sind, das Trans-ferobjekt die dominierende Rolle180. Bei noch zu entwickelnden Technologien sind die technologischen Fähigkeiten des Technologiegebers sowie Erfahrungen der Transferpartner aus früheren gemeinsamen Arbeiten, insb. das Vertrauen zwischen den Partnern von besonderer Bedeutung.
Tabelle 4.2-1: Formen des Technologietransfers
Horizontal Vertikal
Richtung Austausch zwischen Personen und In-stitutionen auf der gleichen Ebene
Austausch zwischen verschiedenen Stufen (in der Wertschöpfungskette) Intraorganisational Interorganisational Organisation
Innerhalb einer Organisation Zwischen verschiedenen Organisationen
Interregional Intraregional
Region
Zwischen Regionen Innerhalb einer Region
Direkt Indirekt
Interaktion Unmittelbare Übertragung Einbeziehung eines Mittlers in den Transferprozess
Technologiegetrieben Bedarfsgetrieben Auslöser Transfer bereits vorhandenen
technolo-gischem Know-hows
Suche nach Lösungen aufgrund gegebe-ner Proble mstellung
Imitativ Adaptiv
Anpassung Direkte Übertragung ohne technische Anpassung
An anwenderspezifische Anforderungen angepasste Anwendung
Bezüglich der Richtung des Transfers kann zwischen einem horizontalen und verti-kalen Technologietransfer unterschieden werden. Der horizontale Transfer bezeich-net den Austausch von Transferobjekten zwischen Personen oder Institutionen in gleicher Ebene.181 Vertikaler Wissens- und Technologietransfer findet im wesentli-chen in verschiedenen Phasen des Innovationsprozesses statt, d.h. zwiswesentli-chen Anbie-tern (Wissenschaftlern, Universitäten, Forschungseinrichtungen, u.a.) und Nachfr a-gern (z.B. Unternehmen, gesellschaftlichen Institutionen). Es ist jedoch möglich, daß einzelne Phasen das Innovationsprozesses übersprungen werden.182 Diese ist insbe-sondere für kleine und mittlere Unternehmen (KMU) relevant, bei denen FuE
181 Vgl. Reinhard, Schmalholz 1996; Schroeder, Fuhrmann, Heering 1991, S. 5; Poser 1990, S.13
182 Poser 1990, S.13
grund von Beschränkungen der verfügbaren Ressourcen nur begrenzt möglich ist.
Der Wissens- und Technologietransfer lässt sich aber nicht nur auf der Grundlage der Transferfunktionen, sondern auch auf der Grundlage der Transferrichtung unterglie-dern.
Im Fall des externen Bezugs oder der externen Verwertung von technologischem Wissen wird von interorganisationalem Wissens- und Technologietransfer gespro-chen. Dieser ist eine Teilmenge des Technologiemanagements. Die Überführung der im Rahmen der FuE–Aktivitäten generierten Inventionen in Innovationen innerhalb einer Organisation ist Gegenstand des intraorganisatorischen Wissens- und Techno-logietransfers, welcher Teil des Innovationsmanagements ist.183 Des weiteren spielen die innerhalb des Innovationsprozesses strukturierten hierarchischen Ebenen, zwi-schen denen transferiert wird, eine bedeutende Rolle. Der Wissens- und Technolo-gietransferdefinition folgend sind bei beiden Formen mindestens zwei Akteure betei-ligt, die eine mindestens bilaterale Beziehung eingehen. Ziel des interorganisatori-schen Transfers ist entweder die Beschaffung benötigten oder die Verwertung nicht benötigten technologischen Wissens. Beim intraorganisatorischen Wissens- und Technologietransfer sind mindestens zwei aus verschiedenen Organisationen stam-mende Akteure beteiligt.184 Ziel hier ist die Übertragung technologischen Wissens in - der Erstellung diese Wissens - nachgelagerte Stufen der Wertschöpfungskette. Von einer Beschaffungs– oder Verwertungsfunktion wie beim intraorganisatorischen Wissens- und Technologietransfer kann dabei nur eingeschränkt gesprochen werden.
Transferprozesse können direkt oder indirekt ablaufen.185 Beim direkten Transfer wird das Know-how direkt vom Technologieproduzenten an den Technologieanwen-der transferiert, wobei die Kontaktaufnahme auf eigener Initiative beruht und Technologieanwen-der Technologiefluss ohne Unterstützung durch Technologiemittler erfolgt. Der indirekte Transfer ist dadurch gekennzeichnet, daß in dieser Kommunikationskette
183 Vgl. Geschka, H. 1996, S. 2012
184 Vgl. Betz 1997, S. 37f.; Geschka, H. 1996, S. 2012
185 Vgl. Rupp 1976, S.32
giemittler zwischengeschaltet werden.186 Die Transfermittler können in drei Grund-typen unterschieden werden:187
• „Forschungsnahe“ Transfereinrichtungen im Bereich der Wissenschaft, wie z. B.
Transferstellen an den Universitäten, Hochschulen und außeruniversitären Forschungseinrichtungen. Sie sind vor allem für die umfassende Information der Öffentlichkeit über die erbrachten Forschungsleistungen ihrer Investitio-nen und deren praktischer Nutzbarkeit, für die Anbahnung von Erstkontakten im Transfer sowie für die Moderation multilateraler Austauschbeziehungen verantwortlich. Eine besondere Bedeutung kommt den Patentinformations-zentren an einigen Hochschulen sowie den DemonstrationsPatentinformations-zentren und den Kompetenzzentren für bestimmte Technologiefelder zu. Mit diesen Einrich-tungen kann die Breitenanwendung neuester Technologien sehr wirksam un-terstützt werden.
• „Wirtschaftsnahe“ Einrichtungen mit Transferaufgaben, wie z. B. Industrie- und Handelskammern, Handwerkskammern und Industrieverbände. Diese Institu-tionen haben für die Unterstützung und Beratung kleiner und mittelständ i-scher Unternehmen große Bedeutung.
• Eigenständige, intermediäre Transfereinrichtungen, die zwischen den Anbietern und Nachfragern von Technologien angesiedelt sind. Dazu zählen insbeson-dere: Technologie- und Gründerzentren, Transferagenturen und Informati-onsze ntren.
Nach REINHARDT / SCHMALHOLZ haben Mittlerorganisationen haben eine Reihe von Funktionen, um den Transferprozess zu stimulieren:188
• Information: Hier geht es insbesondere um Informationen über neue technologi-sche Entwicklungen und Ergebnisse, über deren Produzenten sowie
186 Vgl. Reinhard 1996, S. 19
187 Vgl. Reinhard, Schmalholz 1996, S. 19; Sabisch, Meißner 2000
188 Vgl. Reinhard, Schmalholz 1996, S. 15 ff
dungsmöglichkeiten.
• Beratung: Beratungsleistungen gehen über die reine Bereitstellung von Informa-tionen hinaus und beinhalten auch die Bewertung von InformaInforma-tionen und Al-ternativen im Hinblick auf die Ziele und Strategien des Ratsuchenden.
• Unterstützung: Bei der Unterstützung geht es um die Übernahme flankierender Teilaufgaben im Transferprozess, wie z.B. Assistenz bei Patentanmeldung o-der Verhandlungen mit einem Lizenznehmer.
• Umsetzung: Das technologische Wissen liegt häufig nicht in der Form vor, in der es beim Technologienehmer direkt umgesetzt werden kann. In diesen Fällen folgt eine Vorentwicklungsphase, um aus einem Labormuster einen Prototyp zu entwickeln. Anschließend wird dann entschieden, ob eine Entwicklung zur Serienreife sinnvoll ist.
Der Transfer kann weiterhin durch die Form des "Auslösers" beschrieben werden.
Von technologiegetriebenem Transfer wird bei der Übertragung bereits vorhandenen technischen Know-hows auf neue Bereiche gesprochen ("technology push").189 Wird andererseits aufgrund einer gegebenen Problemstellung nach möglichen Lösungen in Form von neuen Technologien aus anderen Bereichen gesucht, spricht man vom be-darfsgetriebenen Transfer ("demand pull").190
Die imitative Übertragung von Technologie ist durch eine direkte Übertragung ohne jegliche technische Anpassung seitens der absorbierenden Organisation gekenn-zeichnet, d.h. die Technologie wird eins zu eins übernommen, es handelt sich also lediglich um einen "Standortwechsel".191 Der adaptive Transfer beinhaltet die ange-passte Anwendung des neuen Wissens an die unternehmensspezifischen Anforde-rungen und Gegebenheiten.
189 Vgl. Geschka 1996, S. 2013
190 Vgl. Pausenberger 1982, S. 36
191 Vgl. Corsten 1982, S. 36; Geschka 1996, S. 2012
Die Unterscheidung der Formen des Wissens- und Technologietransfers beeinflußt die Eignung der anzuwendenden Transferinstrumente. Tabelle 4.2-2 zeigt die grund-sätzliche Eignung von Gruppen von Transferinstrumenten sowie die Bedeutung des impliziten Wissens als Bestandteil der Technologie für die beschriebenen Formen des Wissens- und Technologietransfers.
Tabelle 4.2-2: implizites Wissen, Formen und Instrumente des Wissens- und Tech-nologietransfers
Transferinstrumente Bedeutung
implizite Technolgiekomp
o-nente1
Aus-und Weiter-bildung
Wiss.
Ko m- muni-kation
Service U.-Grün-dung
Direkte Über-tragung
Schutz-rechte
Horizontal ü ü ü ü
Rich-tung Vertikal Wichtig ü ü ü ü ü
Intraorganisati-onal ü ü
Organi-sation
Interorganisati-onal Wichtig ü ü ü ü ü ü
Interregional Wichtig ü ü ü ü ü
Region
Intraregional Wichtig ü ü ü ü ü
Direkt ü ü ü ü ü ü
Inter-aktion Indirekt Wichtig ü
Technologie Wichtig ü ü ü ü ü
Auslö-ser Bedarf ü ü ü
Imitativ ü ü ü
Anpas-sung Adaptiv Wichtig ü ü ü ü ü
1 Die Bedeutung des impliziten Wissens ist angegeben im Vergleich der jeweiligen Ausprä-gung der Form des Wissens- und Technologietransfer.
ü bedeutet Instrument ist geeignet für die jeweilige Form des Wissens- und Technolo-gietransfers
Die Vermittlung und Übertragung impliziten Wissens als Technologiekomponente ist insbesondere beim vertikalen, interorganisationalen, indirekten, technologiebe-stimmten sowie adaptiven Transfer wichtig. Bei diesen Formen sind die Technolo-giegeber von den Technologienehmern vergleichsweise „weit entfernt“, d.h. entwe-der wird die Technologie in einer von entwe-der Anwendung verschiedenen Organisation
entwickelt oder aber die Anwender und die Entwickler haben verschiedene techni-sche Hintergründe, womit der Erklärungsbedarf zur Nutzung der Technologie steigt und somit die Bedeutung der Vermittlung impliziten Wissens zunimmt.
Der regionale Aspekt ist für die Wahl des Transferinstrumentes von untergeordneter Bedeutung, die Unterscheidung ob der Wissens- und Technologietransfer zwischen zwei verschiedenen Organisationen oder innerhalb einer Organisation stattfindet (or-ganisationaler Aspekt), schränkt die Anzahl der möglichen anwendbaren Transferin-strumente jedoch ein.192