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Entwicklung des Konzeptes nationaler Innovationssysteme

2.3 Forschung und Entwicklung

3.1.1 Entwicklung des Konzeptes nationaler Innovationssysteme

Die zunehmende Anzahl der an Innovationen beteiligten Akteure und insbesondere die Bedeutung unternehmensexterner Informations- und Technologiequellen für In-novationen ist Auslöser und zentraler Gegenstand der verstärkt systemischen Be-trachtung aller am Innovationsprozess beteiligten Akteure und deren Interaktionen untereinander. In der Folge wird den Akteuren und insb. den Interaktionen zwischen ihnen verstärkte Aufmerksamkeit geschenkt und die Entstehung von Innovationen auf nationaler Ebene mit Hilfe von Systemen erklärt.85 Seit Beginn der 90er Jahre

83 Soziale und organisatorische Innovationen beziehen sich stärker auf eine Änderung des Verhaltens von Individuen und ihren Interaktionen untereinander und werden im Rah-men dieser Arbeit nicht näher betrachtet.

84 Diese können durchaus einer Gruppe von Akteuren angehören, bspw. im Falle reiner Unternehmenskooperationen.

85 Vgl. Lundvall 1999, S. 60ff.

stehen daher unter dem Begriff "Nationales Innovationssystem" diese Akteure und ihre Interaktionen untereinander sowie ihre Beziehungen mit anderen staatlichen, wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Institutionen verstärkt im Mittelpunkt des wissenschaftlichen Interesses.86 Wie auch Innovationsprozesse in den Unternehmen sind nationale Innovationssysteme durch eine zunehmende Vernetzung der verschie-denen Akteure gekennzeichnet.

In Theorie und Praxis herrscht Übereinstimmung, daß die Wirksamkeit dieser Sys-tembeziehungen in hohem Maße die Innovationskraft einer Volkswirtschaft be-stimmt. Gleichermaßen übt auch die Verflechtung eines nationalen Innovationssys-tems mit den Innovationssystemen anderer Länder einen starken Einfluß auf das Wirtschaftswachstum aus. Innerhalb eines Landes wiederum kommt der Leistungs-fähigkeit und dem Zusammenwirken regionaler Innovationspotentiale eine wachsen-de Bewachsen-deutung zu. Regionale Innovationspotentiale entstehen aus wachsen-dem regionalen

„Wechselspiel innovationsrelevanter Aktivitäten von Unternehmen, Forschungs-, Ausbildungs- und Beratungseinrichtungen sowie der Generierung und dem Aus-tausch von Wissen, Fähigkeiten und Informationen“ 87 und können durch die räumli-che Nähe der Akteure erheblich zur Beschleunigung des Wissens- und Technologie-transfers und zur Verringerung des Innovationsrisikos beitragen.

Nationale Innovationssysteme bilden den Ordnungsrahmen für das Zusammenwirken unterschiedlicher Akteure und Institutionen im Innovationsprozess. Die Wirksamkeit eines Innovationssystems wird maßgeblich durch die Interaktion der Akteure im System bestimmt, die an der Erstellung, Diffusion und Nutzung neuen Wissens be-teiligt sind.88 In der Literatur zu nationalen Innovationssystemen lassen sich drei Sichtweisen unterscheiden:

• FREEMAN betrachtet Innovationssysteme als Netzwerke

“ .. the network of institutions in the public and private sectors whose

86 Einen Überblick über Charakteristika und Konzeptionen von Innovationssystemen ge-ben: Edquist 1997; Lundvall 1995; Nelson 1993; OECD 1999a.

87 Koschatzky 1999, S. 30

88 Vgl. Lundvall 1995, S. 2

ties and interactions initiate, import, modify and diffuse new technologies."89

• LUNDVALL stellt eher die Austauschbeziehungen zwischen den Elementen des Systems in den Mittelpunkt der Überlegungen

" .. the elements and relationships which interact in the production, diffusion and use of new, and economically useful, knowledge ... and are either located within or rooted inside the borders of a nation state."90

• PATEL und PAVITT, NELSON sowie auch METCALFE fokussieren stark auf die institutionellen Strukturen von Innovationssystemen:

- “ .. the national institutions, their incentive structures and their competencies, that determine the rate and direction of technological learning (or the volu-me and composition of change generating activities) in a country."91 - . “... a set of institutions whose interactions determine the innovative

perfor-mance ... of national firms."92

- “.. that set of distinct institutions which jointly and individually contribute to the development and diffusion of new technologies and which provides the framework within which governments form and implement policies to fluence the innovation process. As such it is a system of interconnected in-stitutions to create, store and transfer the knowledge, skills and artefacts which define new technologies."93

Auf diesen drei Sichtweisen aufbauend werden Innovationssysteme im folgenden definiert als

89 Freeman 1987

90 Lundvall, 1992

91 Patel, Pavitt, 1994

92 Nelson, 1993

93 Metcalfe 1995

die Gesamtheit aller in einer Volkswirtschaft in den verschiedenen Stufen des Inno-vationsprozesses wirkenden Akteure – sowohl der „Technologieanbieter“ (Entwick-ler neuer technologischer Lösungen) als auch der „Technologienachfrager“ (An-wender, Nutzer dieser neuen Lösungen) und der Mittler im Transferprozess zwischen Anbietern und Nachfragern, der zwischen ihnen bestehenden Beziehungen und der ihre Leistungsfähigkeit beeinflussenden Rahmenbedingungen bildet das nationale Innovationssystem eines Landes.

Während früher der Begriff „Innovationssystem“ im wesentlichen auf die öffentliche Forschungsinfrastruktur, geprägt durch die Universitäten, Hochschulen und außer-universitären Forschungseinrichtungen eines Landes, beschränkt war, kommt es un-ter den gegenwärtigen und künftigen Entwicklungsbedingungen auf die Beherr-schung der Wirkungsbeziehungen im gesamten Innovationsprozess an. Dieser be-ginnt bei der Wissensgenerierung und Ideenfindung für neue Problemlösungen und schließt die Produkt- bzw. Verfahrensentwicklung bis hin zur erfolgreichen Einfüh-rung der Entwicklungsergebnisse in die Produktion und den Markt ein.

Abbildung 3.1-1 visualisiert die Elemente und Teilsysteme von Innovationssystemen und ihr Zusammenwirken im Innovationsprozess in idealtypischer Weise. Der innere Kreis bildet darin das Wissens- und Technologiegewinnungssystem94 ab. Es wird deutlich, daß die einzelnen Akteure eine unterschiedliche Funktion und Verantwor-tung in den Stufen des Innovationsprozesses aufweisen.

94 Das Wissens- und Technologiegewinnungssystem wird auch als „Teilsystem Forschung und Entwicklung“, Forschungssystem oder Forschungsinfrastruktur eines Landes be-zeichnet.

Wirtschaftliche Entwicklung

Grund- lagen- for-schung

Ange-wandte For-schung

Entwick-lung

Produk-tions- und Markt- einfüh-rung

Anwendung neuer Techno-logien (neue Produkte/

Verfahren) Wiss.

Ent-wickl.

Innovationsprozeß

Technologie-Anbieter

Technologie-Nachfrager

• Universitäten/

Hochschulen

Forschungseinrich-tungen

• F & E-Dienstleister

• F & E betreibende Unternehmen

Mittler- Organi-sation

indirek-ter

Trans-fer direkter Transfer

Bedarf

Erkenntnis- und Erfahrungsgewinn aus Anwendung

Sozialsystem

Rechtssystem (insbesondere Schutzrechte)

Technologie-akzeptanz in der Öffentlichkeit

Internationale Verflechtung

Forschungs-, Technologie- und Innovationspolitik des Staates

Wirtschaftspolitik und andere Politikfelder

Anreizsystem für Innovation Finanzsystem Bildungssystem (einschließlich Berufsausbildung)

Wirtschaftsunter-nehmen - Großunternehmen - kleine und

mittelständische Unternehmen

Forschungseinrich-tungen

Abbildung 3.1-1: Akteure und Interdependenzen im Innovationssystem

Quelle: Sabisch / Meißner 2000

Von der Leistungsfähigkeit und Differenziertheit der als Technologieanbieter in Er-scheinung tretenden Institutionen sowie von ihrem Zusammenwirken untereinander und mit den Technologienachfragern hängt somit die Wirksamkeit nationaler Inno-vationssysteme entscheidend ab. Insbesondere kommt es darauf an, Forschungser-gebnisse möglichst umfassend, schnell und wirtschaftlich in marktfähige Leistungen der Unternehmen umzusetzen. Dazu bedarf es vor allem der Erfüllung folgender Voraussetzungen:

• Es muß eine hohe Innovationsfähigkeit (Technologie-Absorptionsfähigkeit) der Unternehmen gewährleistet werden, um ständig und effizient neue wissen-schaftliche Erkenntnisse und Ergebnisse in die unternehmerische Tätigkeit einfließen zu lassen. Hierauf haben unter anderem das Innovationsklima im Unternehmen, die Leistungsfähigkeit des eigenen Forschungs- und Entwick-lungsbereiches sowie das Niveau des Innovationsmanagements Einfluß.

• Es gilt für die Forschungseinrichtungen, ihre Leistungen auf hohem

wissen-schaftlichen, international wettbewerbsfähigem Niveau so anzubieten, daß ei-ne effiziente Nutzung durch die innovierenden Unterei-nehmen gewährleistet ist. Für die angewandte Forschung bedeutet dies bereits eine weitgehende Marktorientierung ihrer Ziele.

• Es bedarf neuer, effizienter Wege und Formen des Wissens- und Technologie-transfers zwischen den Anbietern und Nachfragern für neue technologische Lösungen. Obwohl sich in der Praxis die direkte Interaktion zwischen den Partnern als wirksamste Form des Transfers erwiesen hat, sind für eine Reihe von Aufgaben spezielle Transfereinrichtungen als Mittlerorganisationen un-erlässlich. Transfermittler stellen damit zugleich eine dritte Gruppe von Ak-teuren im Innovationssystem dar.

• Die Leistungsfähigkeit eines nationalen Innovationssystems wird entscheidend von einer Vielzahl volkswirtschaftlicher Rahmenbedingungen, wie insbeson-dere von der Forschungs- Technologie- und Innovationspolitik des Staates, vom Bildungssystem, vom Finanzsystem und weiteren Faktoren beeinflußt.

Auch auf diesem Gebiet ergeben sich vielfältige Gestaltungsmöglichkeiten im Innovationssystem.