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Originäre Eigenmittel und Zentralbankgewinn

Im Dokument Welchen Finanzausgleich braucht Europa? (Seite 194-197)

B. Redistribution auf nationaler Ebene

2. Originäre Eigenmittel und Zentralbankgewinn

Diese Einnahmen entstehen im direkten Verantwortungskreis der EU und sollten ihr deshalb alleine zustehen. Sie stellen somit den Grundstock der gemein-schaftlichen Finanzierung dar.

a) Originäre Eigenmittel

Die originären Eigenmittel, das heißt die Agrarabgaben, Zuckerabgaben und Zölle sollten auch weiterhin gemäß dem Konnexitätsprinzip der EU zustehen. 18 Diese Einnahmen entstehen aufgrund von Entscheidungen in Politikbereichen, deren Kompetenz der zentralen Ebene zugeordnet wurde. Auch weiterhin sollte den Mitgliedstaaten eine Erhebungskostenpauschale zugestanden werden, um ihnen die Aufwendungen für die Verwaltung dieser Einnahmen zu erstatten. Die Höhe dieser Pauschale wird auf fünf Prozent der in einem Land erzielten Ein-nahmen festgelegt.

b) Zentralbankgewinn

Neben den originären Eigenmitteln entsteht auch der Gewinn des Europäischen Systems der Zentralbanken (ESZB) prinzipiell in der Sphäre der EU und außer-halb des Einflussbereiches der Mitgliedstaaten. Mit der Zuordnung der geldpoli-tischen Kompetenzen an das ESZB haben die Mitgliedstaaten der Währungsuni-on ihre diesbezügliche Souveränität abgegeben. Der Gewinn des ESZB als ei-nem Zusammenschluss einzelner nationaler Zentralbanken ist dennoch differen-ziert zu behandeln.19 Er entsteht zum einen direkt bei der EZB, zum anderen bei den Zentralbanken der Mitgliedsländer, die ihrerseits Teil des ESZB sind. Der Gewinn dieser nationalen Zentralbanken kann in einen ESZB-abhängigen und einen ESZB-unabhängigen unterteilt werden. Der EU-Vertrag klassifiziert nur jene Gewinne als abhängig von der ESZB, die aus Vermögenswerten erzielt werden, welche als Gegenwert zum Bargeldumlauf und Verbindlichkeiten aus

18 Zur genaueren Begründung siehe im 4. Kapitel dieser Arbeit den Abschnitt A. Originäre Eigenmittel.

19 Vgl. RösL/ SCHÄFER (2000).

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7. Kapitel: Primärer aktiver Finanzausgleich 193

Einlagen von Kreditinstituten (z.B. Mindestreserven) gehaltenen werden.20 Ein-nahmen aus Transaktionen mit darüber hinausgehenden Vermögen, beispiels-weise aus öffentlichen oder privaten Einlagen, sind demnach als von dem ESZB unabhängig zu bezeichnen. Es können deshalb nur die Gewinne der EZB und die von dem ESZB abhängigen Gewinne der nationalen Zentralbanken der EU als eigene Mittel zugerechnet werden.

Für die Ausschüttung dieses Gewinns bestehen nun zwei prinzipielle Möglich-keiten: Erstens könnte dieser an die Mitglieder des ESZB anteilig ausgeschüttet werden.21 Zweitens könnte der zentrale EU-Haushalt der Begünstigte dieser Zahlungen sein.22 Diese zweite Möglichkeit wäre der logisch sinnvollere und systematisch sauberere Weg. So würde der Eigenschaft des europäischen Zent-ralbankgewinns als Resultat einer europäischen Politik Ausdruck verliehen. In-direkt würde auch diese Art der Ausschüttung den Mitgliedstaaten zugute kom-men, denn bei gegebenem Finanzierungsbedarf der EU würde sich durch Verbleib des ESZB-Gewinns bei der EU die Summe der Beiträge aller Mit-gliedsländer zusammen um eben diesen Betrag verringern. Durch die unter-schiedlichen Anteile der Mitgliedstaaten an den Finanzierungslasten einerseits und am Zentralbankgewinn andererseits ergeben sich daraus jedoch Vertei-lungseffekte im Vergleich mit dem Status quo. Tendenziell ist der Zentralbank-gewinn in Ländern mit umfangreichem Bargeldbestand und hoher Inflation ver-gleichsweise groß.23 Die Inflationsraten haben sich aber für die Teilnehmer an der Währungsunion auf niedrigem Niveau einander angepasst. Die Verteilungs-effekte sind nur dann als unsystematisch anzusehen, wenn man den Status quo als unverzerrt ansieht. Der Zustand der Neutralität ist aber eher für die nach der beschriebenen Neuregelung erreichten Situation zu begründen, da sie das Er-gebnis des Markmechanismus ist, ohne Anwendung irgendwelcher künstlicher Verteilungsschlüssel.

Solange jedoch nicht alle Mitgliedsländer der EU gleichzeitig auch Teilnehmer an der Währungsunion sind, ergibt sich ein weiteres Problem für die Verteilung

20 Vgl. Protokoll über die Satzung des Europäischen Systems der Zentralbanken und der Europäischen Zentralbank, Art. 32.2.

21 Als Schlüssel bietet sich der Anteil eins jeden Mitgliedslandes am gezeichneten Kapital der EZB an. Dies ist auch das derzeit angewandte Verfahren. Vgl. Protokoll über die Sat-zung des Europäischen Systems der Zentralbanken und der Europäischen Zentralbank, Art. 32.5 und 33. Erläuterungen bei RösL / SCHÄFER (2000), S. 43 u. 47.

22 Vgl. DICKER1MANN (1999), S. 81.

23 Vgl. EUROPÄISCHE KOMMISSION (1998b), S. 66ff.

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194 Teil IV: Neuordnung der europäischen Finanzbeziehungen

des Zentralbankgewinns.24 Die Aussage, dass der Gewinn der EZB außerhalb des Kompetenzbereichs einzelner Mitgliedstaaten entsteht, gilt auch für die Mit-gliedstaaten, die nicht an der Währungsunion teilnehmen. Diese Länder verfü-gen aber über eiverfü-gene nationale Zentralbanken, die ihrerseits einen Gewinn er-zielen können. Daraus kann eine finanzielle Schieflage resultieren, wenn sie die-se Gewinne einbehalten. Auf der einen Seite profitieren sie von niedrigeren Beitragszahlungen als Ergebnis des bei der EU verbliebenen ESZB-Gewinns und auf der anderen Seite behalten sie ihren nationalen Zentralbankgewinn für sich. Somit existiert ein Anreiz, der Währungsunion fernzubleiben.

Dieser negative Anreiz kann grundsätzlich auf drei unterschiedliche Arten be-seitigt werden. Die erste und beste Möglichkeit besteht darin, auch die Mit-gliedsländer, die nicht an der Währungsunion teilnehmen, zur Abführung ihres Zentralbankgewinns an die EU zu veranlassen. Dies mag bei Ländern, die gerne Teilnehmer wären, dies aber wegen Verstoßes gegen die Stabilitätskriterien nicht sind, noch relativ leicht zu erreichen sein. Länder aber, die bewusst nicht der Währungsunion beitreten, weil sie ihre nationale Souveränität nicht einge-schränkt wissen wollen, werden einem solchen Vorhaben nicht zustimmen.

Zweitens könnte auf die Ausschüttung an das EU-Budget verzichtet werden.

Statt dessen würde der europäische Zentralbankgewinn (wie bereits oben er-wähnt) an die Mitglieder der Währungsunion fallen. Diese Lösung widerspricht aber der erwähnten Logik des europäischen Finanzausgleichs.

Darum wird im Rahmen dieser Arbeit ein dritter Weg beschritten. Dieser Weg besteht in der Berücksichtigung der von den Teilnehmerländern eingebrachten Mittel bei der Beitragsgestaltung. Den Teilnehmern an der Währungsunion wird auch bei diesem Vorschlag nicht der EZB-Gewinn ausgezahlt. Der Anteil, der jedoch bei einer fiktiven Ausschüttung auf sie entfiele, wird ihnen bei der

Be-rechnung ihrer Finanzierungsanteile gutgeschrieben.25 So wird dem Charakter des ESZB-Gewinns als gemeinschaftlichem Finanzmittel Rechnung getragen und zugleich eine Ungleichbehandlung von Teilnehmern und Nichtteilnehmern an der Währungsunion vermieden.26

24 Vgl. MALLOSSEK (1996), S. 297f.

25 Näheres zu dieser Berechnung steht in diesem Kapitel im Abschnitt D. 2. d) Korrektur-mechanismus des Zentralbankgewinns.

26 Dieses Verfahren ist aber im Vergleich zur Einbeziehung auch der Zentralbankgewinne der nicht teilnehmenden Länder nur ein zweitbester Vorschlag.

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7. Kapitel: Primärer aktiver Finanzausgleich 195

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