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Fazit: Bandbreite kommunaler Handlungsmöglichkeiten

Im Dokument Public Space - Public Relations (Seite 115-119)

Exkurs 2: Wechselnde Bedeutungen des Begriffes »öffentlich«

7.9 Fazit: Bandbreite kommunaler Handlungsmöglichkeiten

Auch bei der vertieften Auseinandersetzung mit der Situa-tion in einzelnen Städten im Rahmen der Fallstudie wird – wie bei den Befragungen – deutlich, dass beim Umgang mit großformatiger Werbung weiter gehende Überlegun-gen, wie sie im Rahmen dieser Arbeit in den Kapiteln 4 und 5 erarbeitet wurden, kaum eine Rolle spielen. Die Ein-ordnung großformatiger Werbung in allgemeine Tendenzen des Branding in der Gesellschaft (vgl. Kapitel 5.1) wird in keiner der untersuchten Städte thematisiert. Auch die Fragen der Dauerhaftigkeit oder dessen, was wahrnehmbar ist im öffentlichen Raum (vgl. Kapitel 4.3), oder der

Simula-tionen im öffentlichen Raum (vgl. Kapitel 4.3 und 5.3) prägen den Umgang mit großformatiger Werbung kaum.

Auf der Ebene des konzeptionellen Umgangs mit öffent-lichen Räumen gibt es in den einzelnen Städten in unter-schiedlichem Maße Denkansätze, die in diese Richtungen gehen. Im Umgang mit großformatiger Werbung lassen sich nur punktuelle Beziehungen zu den konzeptionellen Über-legungen herstellen (u. a. die Abneigung gegen dauerhafte Werbeanlagen in München oder die besondere Betonung der Gestaltung der Werbefläche in Frankfurt). Insgesamt wird großformatige Werbung überwiegend unter

stadtge-stalterischen Gesichtspunkten diskutiert. Als Bestandteil der Kommerzialisierung öffentlicher Räume wird sie kaum the-matisiert, zumindest fließen entsprechende Überlegungen so gut wie gar nicht in Verwaltungshandeln und Genehmi-gungspraxis ein. 7.9 Fazit: Bandbreite kommunaler Handlungsmöglichkeiten

Im Umgang mit großformatiger Werbung verfolgen die drei untersuchten deutschen Städte deutlich unter-schiedliche Strategien mit einigen Gemeinsamkeiten(vgl.

Kapitel 7.6). Die vorhandenen rechtlichen Steuerungsinstru-mente ermöglichen offensichtlich eine Bandbreite von kommunalen Handlungsmöglichkeiten, nicht zuletzt auch durch die Ausgestaltung der landesrechtlichen Regelungen.

Hierbei sind Entwicklungen, diese rechtlichen Steuerungs-möglichkeiten aus der Hand zu geben (Beispiel: Landes-bauordnung in Berlin) skeptisch zu beurteilen. Bei einer Weiterverfolgung dieses Weges wird es langfristig immer schwerer werden, auch eine offensive Strategie noch aktiv mitgestalten zu können.

Die jeweils gewählte Strategie wird u. a. mit der jeweiligen wirtschaftlichen Lage der Stadt begründet.Die Stimmigkeit und Wirksamkeit der Strategien ist nur im Kon-text der jeweiligen Stadt zu beurteilen. Hierbei leistet sich die wirtschaftlich immer noch relativ starke Stadt München gegenüber der Werbewirtschaft und den Werbetreibenden etwas mehr Selbstbewusstsein als Berlin. Erstaunlich ist, dass München für die Werbetreibenden kein so abschre-ckendes Gebiet ist, wie man im Angesicht der verfolgten restriktiven Strategie denken könnte. Hierbei spielt mit Sicherheit eine Rolle, dass man in München den Antrag-stellenden im Rahmen des Möglichen – u. a. bei den Bear-beitungszeiten – deutlich entgegenkommt.

Schädlich für jedwede gewählte Strategie ist es offen-bar, wenn in der Stadt keineeinheitliche Linieverfolgt wird, wenn die Situation für die Antragstellenden schwer kalkulierbar wird. Konflikte treten dabei nicht nur innerhalb der Verwaltung, sondern auch zwischen Verwaltung und Politik auf. Dieses Problem ist in Berlin besonders stark, noch verschärft durch »traditionelle« Konflikte zwischen Bezirks- und Senatsebene. Andererseits wird am Beispiel von Berlin auch deutlich, dass es – zumindest bei großen Städten – sinnvoll sein kann, in unterschiedlichen Bezirken unterschiedliche Prioritäten in Bezug auf Werbung zu setzen. Wünschenswerter und klarer für alle Beteiligten wäre es jedoch, wenn dies im Rahmen eines insgesamt konzeptionellen Vorgehens erfolgen könnte.

In den meisten Städten fehlen Überblicke darüber,

wie viele und welche Standorte großformatiger Werbeanla-gen es gibt, oder zumindest haben nicht alle, die Entschei-dungen darüber treffen, diesen Überblick. Dies gilt nicht nur für die drei Städte der Fallstudien, sondern bestätigte sich auch bei den anderen befragten Städten (vgl. Kapi-tel 6.2). Darüber hinaus fehlen Übersichten, wie vor allem besonders »begehrte« Bereiche insgesamt von Werbung bereits geprägt sind. Die Auseinandersetzungen darüber, wie viel großformatige Werbung noch »verträglich« ist, bewegen sich also auf einem Boden mitschlechter Infor-mationslageund werden letztendlich nach Eindrücken und individuellen Einschätzungen getroffen. Insbesondere bei Entscheidungen durch die Politik wird häufig der Einzelfall entschieden. Hierbei bleiben i. d. R. sowohl die Gesamtsi-tuation als auch die möglichen Folgen (weitere Standorte, die aufgrund der erteilten Einzelfallgenehmigung nicht mehr abgelehnt werden können) unberücksichtigt. Die Ein-zelfallentscheidung als solche soll hier nicht infrage gestellt werden, jedoch müsste sie sich sowohl aus der konkreten Situation vor Ort als auch aus dem Gesamtzusammenhang ergeben und begründen lassen.

Um den losgelösten, wechselnden Einzelfallentschei-dungen entgegenzuwirken, wäre ein konzeptioneller Ansatz notwendig. Von den drei untersuchten Städten ist die Stadt Frankfurt am weitesten (doch fehlt auch hier ein Gesamt-überblick über den tatsächlichen Umfang der Werbung in der Stadt). Da aus rechtlichen Gründen kein verbindliches Konzept über Werbung für die Gesamtstadt möglich ist, wird an dieser Stelle deutlich, welches Gewicht informelle Instrumente haben. Die Wirksamkeit der gewählten Strate-gie hängt mit davon ab, ob es gelingt, zwischen allen Beteiligten in Verwaltung, Politik und bei der Werbewirt-schaft und den Antragstellenden eine konstruktive Atmo-sphäre herzustellen. Voraussetzung hierfür ist, dass durch formelle Instrumente – also rechtliche Bestimmungen – überhaupt die Notwendigkeit zu Einigungen aufrechter-halten wird. In entsprechendem Rahmen lassen sich dann offenbar auch Abstimmungen mit der Werbewirtschaft erreichen, die in einzelnen Punkten über das rechtlich Vor-geschriebene hinausreichen.

Aus vier Rechtsbereichen gibt es gesetzliche Rege-lungen, die einen Rahmen für verschiedene Strategien bieten können, allerdings in vielen Fällen auf großformati-ge Werbeflächen noch nicht ausgroßformati-gerichtet sind. Rechtlich nicht geregelt ist eine Mitsprache bei der Motivauswahl und Gestaltung über das allgemeine Verunstaltungsverbot

hinaus (es sei denn, die Stadt ist Eigentümerin der jewei-ligen Fläche bzw. des Gebäudes). Da die Frage, inwieweit eine (großformatige) Werbefläche verunstaltend und/oder störend ist, nicht nur vom geeigneten Standort, sondern auch von der jeweiligen Gestaltung abhängt, besteht hier eine Lücke bei den Steuerungsmöglichkeiten. Darüber hinaus ist der Begriff der Verunstaltung rechtlich schwer fassbar. Insgesamt wird vor diesem Hintergrund den Rege-lungen nach Planungsrecht zunehmende Bedeutung gegenüber den Regelungen nach Bauordnungsrecht einge-räumt.

Eine Bewertung, welche der drei vorgestellten

Strate-gien »besser« ist, wird an dieser Stelle bewusst nicht vorge-nommen. Allerdings werdenDeregulierungstendenzen, wie sie sich in der Berliner Bauordnung abzeichnen, skeptisch beurteilt, da ein Aus-der-Hand-Geben von Steuerungsmög-lichkeiten die konsequente Umsetzung jedweder Strategie erschwert. Das Bild, das die Umgebung des Bahnhofes Zoo in der Berliner Innenstadt im Herbst 2005 bietet, führt die Nachteile, die in einer Deregulierung liegen können – zumindest, wenn es sich um für die Werbewirtschaft attraktive Umgebungen handelt – deutlich vor Augen. Auf wenig Raum sind in einem Umkreis von etwa 100 m neben einer Fülle kleinerer Außenwerbung sieben großfor-7.9 Fazit: Bandbreite kommunaler Handlungsmöglichkeiten

Abb. 7.10: Hohe Dichte großformatiger Werbung in der Berliner Innenstadt 2005

matige Werbeflächen teilweise gleichzeitig zu sehen (vgl.

Abb. 7.10).

Die Strategien der drei untersuchten Städte zeigen vielmehr die Bandbreite möglichen Handelns sowie die jeweiligen Vor- und Nachteile einzelner Aspekte auf. Auch verschwimmen die Begriffe »offensiv« und »restriktiv«

etwas: München verfolgt eine restriktive Strategie, wirkt aber auf einzelne Vertreter aus der Werbewirtschaft nicht so; Zürich entwickelte ein Konzept mit dem Ziel der För-derung (und Steuerung) großformatiger Werbeanlagen, das

im Ergebnis restriktiv regelnd eingreift. Bereits an dieser Stelle wird deutlich, dass die Bewertung einer Strategie nicht primär davon abhängt, ob die Strategie offensiv oder restriktiv ist, sondern in welcher Art sie umgesetzt wird.

Insgesamt kann fehlende Steuerung im Bereich großforma-tiger Werbung (mit einigen Ausnahmen) nicht nur auf feh-lende Instrumente zurückgeführt werden, sondern auch auf fehlenden Willen oder fehlende Einigkeit hinsichtlich ihrer Anwendung, insbesondere angesichts schwierigerer ökono-mischer Situationen der Städte.

8 Steuerungsinstrumente

Für die Steuerung im Bereich großformatiger Werbeanlagen stehen sowohl formelle wie informelle Instrumente zur Ver-fügung. Aufgrund der Ergebnisse der empirischen Untersu-chungen kann davon ausgegangen werden, dass in der Kombination von formellen und informellen Instrumenten geeignete Instrumente zur Steuerung vorhanden sind (es sei denn, sie sind durch Deregulierungstendenzen insbesonde-re im Rahmen der Landesgesetzgebung aufgeweicht), deinsbesonde-ren

Anwendung und Ausgestaltung jedoch noch optimiert werden kann. Im Folgenden werden diese Instrumente und ihre Einsatzmöglichkeiten im Einzelnen und im Überblick dargestellt. Insbesondere im Bereich des Bauordnungsrech-tes wird auf die Unterschiede in den einzelnen Bundeslän-dern eingegangen, da sie ein anschauliches Bild der unter-schiedlichen Ausgestaltung und der damit verbundenen Handlungsoptionen der öffentlichen Hand darstellen.

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