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Befragung von Unternehmen der Werbewirtschaft

Im Dokument Public Space - Public Relations (Seite 80-83)

Exkurs 2: Wechselnde Bedeutungen des Begriffes »öffentlich«

6.3 Befragung von Unternehmen der Werbewirtschaft

Wirkungszusammenhänge zwischen Werbung und öffentlichem Raum, wie sie in Kapitel 4 aufgezeigt werden, spielen i. d. R. keine Rolle. Weder das Thema der Beeinträchtigung von Dauerhaftigkeit im öffentlichen Raum noch der Zeichendichte oder der simulative Charakter der Werbung werden als Argumente für

Ein-schränkungen großformatiger Werbeflächen benannt.

Allerdings hängt die Haltung der Städte gegenüber groß-formatigen Werbeanlagen mit grundlegenden Positionen zu Werbung und zu Funktionen und Bedeutung von öffentlichen Räumen zusammen. 6.3 Befragung von Unternehmen der Werbewirtschaft

Tab. 6.2: Konzeptionelle Überlegungen der Städte

postitiv – fördernd akzeptierend ablehnend

Zielsetzung positive Beispiele großformativer Werbung

Bedeutung der wirtschaftlichen Seite vermitteln

Erleichterung der Konsensfindung zwischen Werbewirtschaft und Stadtplanung

Einschränkung und Steuerung der Werbeflächen zur Verhinderung von »Wildwuchs«

Öffentlicher Raum

»Der öffentliche oder urbane Raum ist der für den Menschen prädesti-nierte Bereich für Kommunikation außerhalb seiner Privatsphäre.«1

»Der öffentliche Raum soll für Bürger und Besucher der Stadt attraktiv sein bzw. attraktiver werden.«4

»Öffentliche Flächen sind für den Gemeingebrauch bestimmt … da sie ein Raum sind, in dem jeder Bürger sich frei bewegen und sich auch frei entfalten können soll.«6 Werbung »Werbung im Allgemeinen ist Basis

unseres menschlichen Sozialverhal-tens und somit integraler Bestand-teil unserer Gesellschaft.«2

»Außenwerbung ist ein wichtiges Medium der Kommunikation mit einer öffentlichen Präsenz«3

»Die verschiedenen Werbeträger sind raumwirksame Elemente, die unterschiedliche Aufgaben im städ-tischen Gefüge übernehmen.«5

»… dass Wirtschaftswerbung eine private Nutzung darstellt, die dem Gemeingebrauch der öffentlichen Flächen widerspricht.«7

1 Crayen, Volker (1999), S. 4

2 Oberste Denkmalschutzbehörde der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung (2002), CD 3 Crayen, Volker (1999), S. 4

4 Stadt Frankfurt am Main, Der Magistrat, Bauaufsicht (2002), S. 1 5 DKS Städtebau Stadtentwicklung Projektentwicklung (2002), S. 10 6 Stadt München (1997), S. 6

7 Stadt München (1997), S. 6

6.3.1 Ziele, Form und Rücklauf der Befragung

Die Befragung einiger VertreterInnen der Werbewirtschaft diente der Erfassung ihrer Interessenslagen, Erfahrungen und Einschätzungen. Im Vergleich mit den Ergebnissen der Befragung der Kommunen können daraufhin Konsens- und Konfliktlinien zwischen Werbewirtschaft und Stadtplanung benannt werden.

Die schriftliche Befragung umfasste 8 Fragen zu fol-genden Themenblöcken:

– Standorte großformatiger Werbeflächen: Einschätzung der quantitativen Entwicklung, von geeigneten und ungeeigneten Standorten,

– gute und schlechte Erfahrungen mit Anträgen und Ge-nehmigungen,

– Interesse an einem interdisziplinären Expertenge-spräch.

Die Fragen des teilstandardisierten Bogens wurden soweit möglich analog zu denen der Befragung der Städte formuliert, so dass eine Vergleichbarkeit gegeben war.

Die befragten Unternehmen repräsentieren einen Großteil der großformatigen Werbeflächen in Deutsch-land. Da jedoch nur acht Untenehmen befragt werden konnten, können die Ergebnisse als Eindruck der Interes-senslage interpretiert werden, erheben aber nicht den Anspruch, umfassend zu sein. Darüber hinaus wies einer der Befragten darauf hin, dass es in einzelnen Punkten sein kann, dass seine wiedergegebenen persönlichen Mei-nungen von der seines Unternehmens abweichen. Alle befragten Werbeunternehmen beantworteten den Frage-bogen. Außerdem liegen Antworten des Fachverbandes Außenwerbung und des Zentralverbandes der Deutschen Werbewirtschaft vor.

6.3.2 Ergebnisse der Befragung der Werbeunternehmen

Die quantitative Entwicklung großformatiger Werbeanlagen wird von den befragten VertreterInnen der Werbewirtschaft anders eingeschätzt als von den Kommunen: Nur eine Ant-wort geht von einer zunehmenden Anzahl aus, alle ande-ren von einer gleich bleibenden oder sogar (in zwei Fällen) von einer abnehmenden.

Standorteignung

Interessant ist ein Vergleich der Aussagen der Städte und der Werbewirtschaft zu geeigneten und ungeeigneten Standor-ten. Aus ihrer Interessenslage heraus benennt die Werbewirt-schaft ehergut geeignete Standorteals ungeeignete Stand-orte. Hierbei sind mit Frequenz und Sichtbarkeit zwei Krite-rien wichtig, die aus Sicht der Stadtplanung keine Rolle spielen. Dies sind die Hauptkriterien des Bewertungssystems OSCAR, nach dem in Deutschland Standorte großformatiger Werbeflächen bewertet werden.67Besonders gut geeignet sind Standorte mit hoher Passanten-/Verkehrsfrequenz und guter Einsehbarkeit. Darüber hinaus werden Verfügbarkeit und Genehmigungsfähigkeit als Kriterien für gut geeignete Standorte genannt. Nur ein Standort, dessen zeitliche und formale Verfügbarkeit geklärt ist, lässt sich vermarkten.

Im Bereich der Standorttypen gibt es einige Überein-stimmungen zwischen Städten und Werbewirtschaft. Als Übereinstimmung wird hierbei auch angesehen, wenn die Werbewirtschaft von »gut geeignet« spricht und die Städte von »nicht störend«. Von beiden als geeignet bzw. nicht störend werden folgende Standorte angesehen:

– Hauptverkehrsstraßen,

– Fußgängerzonen (mit hoher Frequenz).

Aus Sicht der Werbewirtschaft sind darüber hinaus weitere Standorte geeignet, die von einigen Städten explizit als ungeeignet genannt wurden:

– Namhafte Plätze, repräsentative Umgebung, »land-marks« mit emotionalem Mehrwert,

– innerstädtische Lagen/Zentrum, – lange Sichtachsen.

6.3 Befragung von Unternehmen der Werbewirtschaft

66 Befragt wurden folgende Werbeunternehmen: Complac Medienservice Berlin GmbH, DSM Megaposter GmbH, Fubac Media Solutions AG, Plakativ GmbH, PosterNetwork AG.

Darüber hinaus folgende Interessensverbände: Fachverband Außenwerbung FAW e. V., Gesamtverband Kommunikations-agenturen GWA e. V., Zentralverband der deutschen Werbe-wirtschaft ZAW.

67 OSCAR (Outdoor Site Classification and Audience Research) ist ein aus England übernommenes System zur Bewertung von Außenwerbemedien – in erster Linie Großflächen, aber auch übertragen auf Megaposter. Bewertungsfaktoren sind die Anzahl der Personen, die die Werbefläche passieren, und die Sichtbarkeit der Fläche. Daraus wird die gewichtete tägliche Kontaktchance (GTKC) jedes Standortes ermittelt.

Nur von VertreterInnen der Werbewirtschaft als geeig-net genannt und von den Städten nicht erwähnt sind fol-gende Standorte:

– Gepflegtes Umfeld mit wenig Ablenkung, – Szene-Viertel/Viertel mit Nachtleben, – Bahnhöfe,

– Zufahrtsstraßen zu großen Einkaufszentren, – extrem große Standorte.

Auch ein Vergleich der von den Städten und der Werbewirtschaft alsungeeignetgenannten Standorte ver-deutlicht Konsens- und Konfliktlinien. Weitgehende Einig-keit besteht darüber, dass Wohngebiete und kleinteilig strukturierte Gebiete ungeeignet für großformatige Werbe-flächen sind. Gewerbegebiete werden hingegen sehr unter-schiedlich eingeschätzt: Während die Städte sie häufig in die Gruppe der nicht störenden Standorte einordnen, bezeichnen VertreterInnen der Werbewirtschaft sie i. d. R.

als ungeeignet, zumindest dann, wenn es keine hohe Pkw-Frequenz gibt. Analog zu den geeigneten Standorten werden geringe Frequenz, schlechte Einsehbarkeit und zu geringer Betrachtungsabstand als Kriterien für ungeeignete Standorte genannt. Auch im Bereich des Denkmalschutzes gibt es völlig unterschiedliche Einschätzungen: Viele Städte nennen den Denkmalschutz an erster Stelle unter den Ver-sagungsgründen von Genehmigungen. Demgegenüber spricht sich ein Vertreter der Werbewirtschaft dafür aus, dass der Denkmalschutz nicht das »Ob« sondern das »Wie«

der Werbefläche bestimmen sollte.

Interessant ist darüber hinaus eine Äußerung, nach der verschiedene Produkte, für die geworben werden soll, unterschiedliche Standortkategorien benötigen. Vergleich-bar dem Ansatz einiger Städte, dass unterschiedliche Standorte unterschiedliche Werbeformen und -inhalte erfordern, wird auch aus Sicht der Werbewirtschaft for-muliert, dass differenziert nach Standorten gesucht werden muss – allerdings hier ausgehend vom Produkt, für das geworben wird, und nicht ausgehend von der stadträumlichen Lage.

Anträge und Genehmigungen

Bei bestimmten Standortbedingungen verlaufen Genehmi-gungsverfahren offenbar eher positiv:

– Baugerüste, die für bauliche Maßnahmen tatsächlich notwendig sind,

– zeitlich befristete Standorte,

– Mischgebiete,

– Gebäudeverhüllungen, wenn nur ein bestimmter Pro-zentsatz der Verhüllung als Werbefläche genutzt werden soll,

– denkmalgeschützte Objekte, wenn die Werbeeinnah-men zur Finanzierung der Sanierung beitragen.

Als weitere positive Rahmenbedingungen werden genannt:

– Positive Einstellung der administrativen und politi-schen EntscheiderInnen,

– kreative Werbeidee und hohe Umsetzungsqualität, – intensive, direkte Kommunikation mit den beteiligten

Behörden,

– »Goodwill« der BearbeiterInnen.

Eine Agentur gibt an, dass sie keine guten Erfahrun-gen hat, da die RahmenbedingunErfahrun-gen allgemein schlecht seien. Etwas differenzierter äußern sich die anderen Agen-turen, die vor allem darauf hinweisen, dass das Fehlen ein-heitlicher Rahmenbedingungen für alle Beteiligten schlecht sei. Offensichtlich haben verschiedene Agenturen Erfahrun-gen mit Gerichtsverfahren, die zu ihren Gunsten entschie-den wurentschie-den.

Als Standortbedingungen, unter denen Genehmigun-gen eher schwer zu bekommen sind, werden Genehmigun-genannt:

– Denkmalschutzgebiete,

– langfristige Nutzung von Hausfassaden/Giebelwänden, – zu starke Häufung von Werbung/Überangebot an

ge-nehmigten Werbeflächen.

Als negative Rahmenbedingungen werden genannt:

– Grundsätzlich ablehnende Haltung der Kommune gegenüber großflächiger Außenwerbung,

– schlechte Vorbereitung und Durchführung der geneh-migungstechnischen Voraussetzungen und Verfahren.

Das Vorhandensein geeigneter Standorte hängt aus Sicht der Werbewirtschaft demnach zum einen davon ab, ob günstige Standortbedingungen vorhanden sind, zum anderen aber davon, welche Haltung die zuständigen Stel-len in der Kommune gegenüber großformatigen Werbean-lagen haben und wie der Kontakt zu den Entscheidungsträ-gerInnen in Politik und Verwaltung ist. Der wiederholte Hinweis auf Gerichtsverfahren, in denen Werbeunterneh-men bestimmte Standorte durchsetzten, ist ein Indiz für fehlende Regelungen und damit Handlungsbedarf. Die empirischen Untersuchungen haben ergeben, dass die ungeklärten Rahmenbedingungen sowohl für die Werbe-wirtschaft als auch für die Städte unbefriedigend sind.

Das Interesse der Werbetreibenden an einem weiter gehenden Austausch auch mit den Kommunen drückt sich darin aus, dass fünf der Befragten Interesse an der Teilnah-me an einem interdisziplinären Expertenworkshop haben.

Man erwartet sich davon eine Verbesserung des gegenseiti-gen Verständnisses und das Finden einheitlicher Regeln. Als Grund für Desinteresse wird von dem Vertreter einer Agen-tur genannt, dass es sowieso nur zu einem Streitgespräch mit den kommunalen VertreterInnen kommen würde.

6.3.3 Fazit: Frequenz und Sichtbarkeit als Standortgunst Die zentralen Kriterien der Standortgunst aus Sicht der Werbewirtschaft sind Frequenz und Sichtbarkeit.

Demzufol-ge unterscheiden sich die von der Werbewirtschaft und den Städten als geeignet oder ungeeignet eingestuften Standorte im Einzelnen deutlich, insbesondere beim Umgang mit »landmarks« und denkmalgeschützten Gebäu-den. Allerdings gibt es auch einige Übereinstimmungen, u. a. bei der Eignung von Hauptverkehrsstraßen.

Etliche Genehmigungsverfahren enden vor den Gerichten – offensichtlich mit unterschiedlichen Aus-gängen. Diese Situation wird von allen Beteiligten als negativ eingeschätzt. Es besteht auch von Seiten der Wer-beunternehmen Interesse an verbindlichen Rahmenbedin-gungen, innerhalb derer eine größere Handlungsfähigkeit für die Werbeunternehmen bestünde. Das Interesse auch der Werbewirtschaft an einem weiteren Austausch ist groß.

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