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Fallbeispiel: Nationalpark Donauauen

kalkuliert INV

Beispiel 4: Vergleich Wasserkraftwerk mit thermischem Kraftwerk: Bei einem Wasserkraftwerk sind die Investitionskosten viel höher als bei einem thermischen Kraftwerk. Dafür sind

2.10 Fallbeispiel: Nationalpark Donauauen

Für die Gestaltung des Donauabschnitts zwischen Wien und der österreichisch-slowakischen Staatsgrenze bei Wolfsthal/Berg wurde eine Kosten-Nutzen-Analyse (Schönbäck et al., 1997) durchgeführt. Das Ziel war, den absoluten und relativen (d.h. auf die Kosten der Varianten bezogenen) gesellschaftlichen Wohlfahrtseffekt der Gestaltungsvarianten zu berechnen.

2.10.1 Variantenentwicklung

Für die Kosten-Nutzen-Analyse werden folgende Varianten als maßgeblich festgelegt:

Variante I: Nationalpark - Verfügbarkeit Variante II: Nationalpark - Maximalvariante Variante 3.1: Kraftwerk Wolfsthal-Bratislava II Variante 3.2: Kraftwerk Wildungsmauer Variante I: Nationalpark - Verfügbarkeit

Es werden vorerst nur Flächen, die sich in Besitz der öffentlichen Hand befinden, in das Nationalparkgebiet einbezogen. Dieses Gebiet umfasst eine Fläche von 9.550 ha. Die freie Fließstrecke bleibt auf der gesamten Länge erhalten, und es werden nur geringfügige wasserbauliche Maßnahmen durchgeführt. Eine Stabilisierung der Stromsohle durch permanente Geschiebezugabe erfolgt nur auf 11 Kilometern unterhalb des Kraftwerks Freudenau. Die Absenkung der Wasserspiegellagen im Strom führt in weiterer Folge zu einem Absinken des Grundwasserspiegels und einer Verlandung bzw. Austrocknung von Nebengewässern.

Durch die Wasserspiegelabsenkungen kommt es zu Veränderungen der Flächenanteile der Auwaldgesellschaften und zur Verringerung bzw. zum Verlust von auwaldtypischen Standorten und periodisch wasserführenden Gerinnen und Tümpeln. Eine Abnahme der feuchten Wiesen als Standorte seltener und gefährdeter Rote-Liste-Arten ist zu erwarten.

Durch die Errichtung eines Nationalparks werden die derzeit forstwirtschaftlich genutzten Gebiete außer Nutzung gestellt. Standortfremde Arten werden mittel- bis langfristig durch waldbauliche Renaturierungsmaßnahmen entfernt. Der Besuchernutzen der Landschaft wird einerseits durch Nationalparkeinrichtungen erhöht, andererseits durch naturschutzbedingte Schutz- und Ruhebereiche eingeschränkt.

Bei dieser Variante gibt es keine energetische Nutzung des Wasserkraftpotentials. Grund- und Trinkwasser werden in ihrer Qualität und Quantität vorerst nicht beeinträchtigt, langfristig muss jedoch mit Problemen durch die Wasserspiegelabsenkung gerechnet werden.

Baukosten

verbleibender Schaden Ausbaudurchfluss Gesamtkosten

Bei dieser Variante ist eine Fahrwassertiefe in der Schifffahrtsrinne von 2,25 m vorgesehen, die völkerrechtlich verpflichtende Verbesserung durch eine Fahrwassertiefe von 2,5 m wird also wie im Planungsnullfall nicht gewährleistet.

Variante II: Nationalpark - Maximalvariante

Der wesentliche Unterschied der Gestaltungsvariante II gegenüber Variante I liegt in der Umsetzung des flussbaulichen Gesamtkonzeptes und in der Einbeziehung aller Flächen des Planungsgebietes in den Nationalpark (Gesamtfläche: 11.500 ha). Bei dieser Variante wird eine Aufhöhung und Stabilisierung der Wasserspiegellagen durch Sohlerollierung und eine Renaturierung der Donauauen durch teilweisen Rückbau der 1. Donauregulierung angestrebt.

Das flussbauliche Gesamtkonzept sieht vier Maßnahmenbereiche vor:

• Sohlstabilisierung mittels Grobgeschiebezugabe zur Deckschichtbildung

• Uferstrukturierungen im Hauptstrom

• Vernetzung von Strom und Nebengewässern

• Niederwasserregulierung auf mindestens 2,7 m Fahrwassertiefe

Das Niveau der Wasserspiegellagen wird angehoben, die Schwankungsbreiten bleiben etwa gleich. Die Dauer der Wasserführung in den Nebenarmen wird erhöht.

Verstärkte Erosions- und Sedimentationsprozesse fördern die Entstehung von Pionier- und Anfangsgesellschaften. Eine Zunahme der feuchten Auwaldtypen ist durch längere Grundwasseranschlussdauer zu erwarten. Die Zunahme von aquatischen Flächen lässt Verbesserungen im Habitatangebot für Vogelfauna und aquatische Fauna erwarten.

Die stufenweise Außernutzungsstellung von Flächen im Nationalparkgebiet sowie die Ausweisung von Schutz und Ruhezonen erfolgt wie in Variante I, wird jedoch auch auf in Privateigentum befindliche Flächen ausgedehnt. Ebenfalls unterbleibt wie in der Variante I eine energetische Nutzung der Wasserkraft. Bezüglich Trinkwasser gilt das für Variante I gesagte.

Variante 3.1: Kraftwerk Wolfsthal-Bratislava II

Bei dieser Variante wird die Staustufe Wolfsthal-Bratislava II in Kooperation mit der Slowakischen Republik realisiert. Jene Flächen, die durch diese Stauhaltung direkt beeinflusst sind, werden nicht in den Nationalpark einbezogen. Die Nationalparkfläche beträgt in bei dieser Variante 9.700 ha. Auf einer Länge von 30 km bleibt die freie Fließstrecke erhalten. Auf dieser Strecke werden analog zu Variante 2 entsprechende Maßnahmen zur Sohlstabilisierung und Gewässervernetzung getroffen. Als problematische Konsequenzen bei dieser Variante sind der Einstau der March und die mögliche Gefährdung der Trinkwasserversorgung des Raums Bratislava.

Das Kraftwerk Wolfsthal-Bratislava II ist bei Stromkilometer 1872,8 vorgesehen.

Rückstaudämme sind aufgrund der geringen Fallhöhe rechtsufrig nur im Bereich des Hauptbauwerkes und der Schifffahrtswarteländen sowie linksufrig bis zur Marchmündung vorgesehen. Der Aufstau der Donau bei der Marchmündung beträgt rund 2,5 m, sodass der Rückstau der March über 20 km reicht. Die Verschmutzung der March erfordert bei der Realisierung sofort umfassende Sanierungsmaßnahmen bei der Realisierung von Wolfsthal-Bratislava II. Auf der verbleibenden Fließstrecke zwischen der Staustufe Freudenau und der Stauwurzel wird das flussbauliche Gesamtkonzept wie in Variante 2 beschrieben, realisiert.

Die Verkürzung der freien Fließstrecke führt zu einer weiteren Einengung des Lebensraumes für rheophile Fischarten. Die veränderte Strömungsgeschwindigkeit im Stauraum führt zu verringerter Schleppkraft und zu geänderten Substratbedingungen, die eine Verschiebung des Artenspektrums zu stagnophilen Arten erwarten lässt. Das regionale Aussterben von gefährdeten Arten ist zu befürchten. Durch Überstauung und Errichtung von Dammbauten gehen bestehende ufergliedernde Biotope verloren oder werden verändert. Dynamische Uferstrukturen sind vor allem im mittleren und unteren Staubereich des Kraftwerkes kaum mehr möglich. Der Landschaftscharakter wird wesentlich durch die Niveauveränderungen im Gelände und die Umwandlung von Fließgewässerabschnitten in Abschnitte mit träge

Institut für Wasserwirtschaft Hydrologie und

konstruktiven Wasserbau

Wasserwirtschaftliche Planung

fließendem Gewässer verändert. Die Auswirkungen auf das Ökosystem des verbleibenden Nationalparkgebietes sind entsprechend denen der Variante 2.

Rund 58 % der gesamten jährlichen Stromerzeugung des Kraftwerks (das sind ca. 523 GWh) werden von Österreich genutzt. Die Qualität und Quantität des Grund- und Trinkwassers werden im Bereich der freien Fließstrecke nicht beeinträchtigt. Im Stauraumbereich können Maßnahmen zur Sicherung der Grundwasserqualität notwendig werden. Im Stauraum des Kraftwerkes wird eine Fahrwassertiefe von 3,5m garantiert, für die verbleibende Fließstrecke ist eine Fahrwassertiefe von 2,7 m vorgesehen.

Variante 3.2: Kraftwerk Wildungsmauer

Bei Realisierung der Staustufe Wildungsmauer bleiben die Grund- und Hochwasserdynamik nur auf rund einem Viertel de Gesamtfläche der Maximalvariante technisch unbeeinflusst. Bei dieser Variante beträgt die Nationalparkfläche 2.700 ha. Die freie Fließstrecke wird auf rund 20 km erhalten, wo analog zu Variante 2 Maßnahmen zur Gewässervernetzung und Sohlstabilisierung gesetzt werden.

Das Kraftwerk Wildungsmauer ist bei Stromkilometer 1891,8 vorgesehen. Die Rückstaudämme sind beiderseits ca. 14 km lang, und die Dammdichtungen reichen bis zum undurchlässigen Untergrund. Ein flächiges Übertreten der Hochwässer in diesem Bereich ist nicht möglich.

Durch Überstauung und Errichtung von Dammbauten gehen bestehende ufergliedernde Biotope verloren. Durch Gestaltungsmaßnahmen können zwar neue Biotope geschaffen werden, es handelt sich jedoch um flache Begleitteiche mit relativ konstanten Wasserspiegellagen und einer Vegetation, die bis zur Wasseranschlagslinie reicht. Im Uferbereich des Stauraums kommt es durch die reduzierte Strömungsgeschwindigkeit zu einer Sedimentation des Feinanteils. Der Hochwasserabfluss durch die Auen im mittleren und untern Staubereich erfolgt nicht mehr flächig entlang der Ufer, sondern technisch gesteuert über punktuelle Dotationswehre und Aubachsysteme. Reduzierte Erosions- und Sedimentationsprozesse lassen eine Abnahme von Pionier- und Anfangsgesellschaften erwarten.

Das Kraftwerk Wildungsmauer erbringt ein Regelarbeitsvermögen von rund 1.300 GWh. Wie bei der Variante 3.1 wird die Qualität und Quantität des Trinkwassers im Bereich der freien Fließstrecke nicht beeinträchtigt, im Stauraum können Maßnahmen zur Sicherung der Qualität notwenig werden.

2.10.2 Kosten-Nutzenanalyse

Kosten und Nutzeffekte in den einzelnen Funktionsbereichen der Gestaltungsvarianten:

Das flussbauliche Gesamtkonzept auf Basis der Sohlerollierung

Eine höhenmäßig stabile Lage der Donausohle, d.h. eine Verhinderung der weiteren Eintiefung des Hauptstromes ist ein wichtiges Ziel für die zukünftige Gestaltung des Donauabschnitts zwischen Wien und der Staatsgrenze. Die Ziele der Sohlerollierung sind eine Aufhöhung und Stabilisierung der Wasserspiegellagen. In der Kosten-Nutzen-Analyse werden die Kosten der Sohlerollierung dem Nutzen aus einer erhöhten und stabilisierten Wasserspiegellage gegenübergestellt. Der Nutzen besteht in der Sicherung der Qualität und Quantität des Grund- und Trinkwasserdargebots, weiters in der Erhaltung und der teilweisen Verbesserung der ökologischen Wertigkeit der Auflächen und im Erhalt der Aulandschaft an einer freien Fleißstrecke. Ein weiteres wichtiges Nutzenelement stellt die Sicherstellung der Schifffahrtsbedingungen auf dieser Strecke dar. Als negative Effekte werden die Emissionen durch Transport und Einbau des Grobgeschiebes berücksichtigt.

Energiewirtschaftliche Nutzung der Donau durch ein Flusskraftwerk

Auf der Kostenseite fließen die anfallenden Investitions-, Betriebs-, Kapitalbeschaffungs- und externe Kosten, die durch Emissionen im Zuge der Errichtung hervorgerufen werden, bei der

Errichtung einer der beiden Varianten mit Kraftwerk ein. Die Nutzeffekte der Stromgewinnung in einem Flusskraftwerk werden auf drei Arten ermittelt:

• Investitions- und Betriebskosten sowie Luftschadstoffemissionen bei Erzeugung der entsprechenden Menge elektrischer Energie in einem kalorischen Kraftwerk

• Vermiedene Kosten der Maßnahmen zum Zwecke der Einsparung der erzeugten elektrischen Energie

• Vermiedene Kosten für den Import der erzeugten Energiemenge

Nutzungsmöglichkeiten und eventuelle Nutzungsbeschränkungen von Grund- und Trinkwasser Im Mittelpunkt steht die Frage des Grundwasserdargebots und der gegenwärtigen und für die Zukunft geplanten Nutzung des vorhandenen Grundwassers für die Trinkwassergewinnung.

Zuerst wird die derzeitige Trinkwasserentnahme der Gemeinden im Planungsgebiet abgeschätzt, und mögliche Entnahmekapazitäten unter Berücksichtigung des zukünftigen Bedarfs ermittelt.

Güterschifffahrt

Die untersuchten Projektvarianten haben unterschiedliche Auswirkungen auf die Donauschifffahrt. Durch Umsetzung des flussbaulichen Gesamtkonzeptes sollen die Wasserspiegellagen angehoben und eine durchgängige Fahrwassertiefe von 2,7 m gesichert werden. Auf der Kostenseite sind die Investitions- und Betriebskosten der Niederwasserregulierung zu erfassen. Diese fallen in allen Varianten in unterschiedlicher Höhe an. Auf der Nutzenseite schlägt vor allem die Verbesserung der Schiffbarkeit zu Buche.

Durch die Vergrößerung der Fahrwassertiefe können das Frachtaufkommen und somit auch die Frachterlöse gesteigert werden.

Der Nationalpark Donauauen

Mit der Einrichtung des Nationalparks sind im Wesentlichen drei Kostengruppen verbunden:

• Errichtungskosten diverser Anlagen des Nationalparks

• Kosten des Betriebs

• Kosten zur Flächensicherung (Wertschöpfungsverluste in der Land-, Forst-, Jagd- und Fischereiwirtschaft durch Nutzungsverbot)

Zuerst werden die Kosten zur Errichtung des Nationalparks für die Variante 2 geschätzt, und dann in einem weiteren Schritt auf die anderen Varianten entsprechend umgerechnet. Die Investitions- und Betriebskosten werden für eine Erst- und eine Zielausstattung geschätzt.

Als "Erlebniswert" des Nationalparks kann der Aufwand der Tagesbesucher bzw. der Touristen interpretiert werden, da bei einem geringeren Erlebniswert der Aufwand nicht getätigt worden wäre. Weiters wird eine repräsentative Befragung hinsichtlich der Zahlungsbereitschaft für einen (hypothetischen) Eintrittspreis zur Berechnung des Erlebniswertes herangezogen.

Die Einrichtung eines Nationalparks per se ist ein großer Anreiz, das Gebiet zu besuchen.

Nationalparks haben neben der Aufgabe des Naturschutzes und der Erholung auch pädagogische Aufgaben zu erfüllen. Aber nicht nur Nationalparks, sondern auch Kraftwerke sind ein Anziehungspunkt für Besucher. Sie können neben einem Naturerlebnis auch andere Freizeitmöglichkeiten bieten, z.B. einen Radweg entlang der aufgestauten Donau oder verschiedene Wassersportmöglichkeiten. Diese Freizeitgestaltung ermögliche ein Nationalpark den Besuchern nur in beschränktem Ausmaß. Es ist aber möglich, dass die Errichtung eines Kraftwerkes östlich von Wien zu keiner Steigerung der Besucheranzahl führt, weil es im Großraum Wien schon eine große Anzahl an ähnlichen Freizeitangeboten gibt (Donauinsel)

Institut für Wasserwirtschaft Hydrologie und

konstruktiven Wasserbau

Wasserwirtschaftliche Planung

Ergebnisse der KNA

Tab. 2.9: Ergebnis der KNA Nationalpark Donauauen

Grundannahme Sohlerollierung funktioniert Sohlerollierung funktioniert

nicht

Var. 1 Var. 2 Var. 3.1 Var. 3.2 Var. 2 Var. 3.1 Var. 3.2 Barwert [Mio S] -802 11.452 16.454 37.727 -1.000 1.578 20.933

Barwertrate -0,50 2,12 0,90 1,50 -0,56 0,11 1,01

Interner Zinssatz n.d. 7,76 % 5,60 % 7,45 % n.d 2,53 % 5,57 % Amortisationsdauer [Jahre] n.d. 222,1 25,8 21,5 n.d. 43,5 26,7

Unter der Annahme, dass die Sohlerollierung funktioniert, wäre der Variante 2 "Nationalpark - Maximalvariante" wegen ihres internen Zinssatzes von 7,76 % der Vorzug zu geben.

Allerdings ist der Vorsprung gegenüber der Variante "Kraftwerk Wildungsmauer" nur geringfügig, bei Berücksichtigung der Barwertrate ist das Ergebnis jedoch eindeutig für Variante 2.

Nachdem der Expertenstreit über das Funktionieren der Sohlerollierung auf Basis von Machbarkeitsstudien und Modellversuchen nicht entschieden werden konnte, wurden Naturversuche durchgeführt. Das Ergebnis dieser Versuche was negativ. Unter der Grundannahme, dass die Sohlerollierung nicht funktioniert, ergibt sich eine völlig andere Rangfolge mit unbestreitbarer Eindeutigkeit. Mit einem internen Zinssatz von 5,57 % überragt die Variante 3.2 die übrigen Varianten. Variante 2 käme einer teilweisen Vermögensvernichtung gleich.

Demnach ist die Variante 3.2 "Kraftwerk Wildungsmauer" unter Einbeziehung der nutzungsbedingten Eingangsvariablen nach den Kriterien der Barwertrate und des internen Zinssatzes die Gestaltungsvariante mit dem höchsten Nettowohlfahrtseffekt.