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5. Zukünftige Entwicklung der Pflegestrukturen in Gera

5.1 Fachtag Pflege am 21.07.2021

Die Stadt Gera strebt eine enge vernetzte Zusammenarbeit mit Akteuren und Dienstleistern der Pflege vor Ort an, um künftig noch bedarfsgerechtere Pflegestrukturen zu planen und das Miteinander zwischen Pflege-Dienstleistern und Kommunalverwaltung zu fördern und zu stärken.

Ein erstes Forum für alle Beteiligten bildete der „Fachtag Pflege — Die Zukunft von Pflegestrukturen in der Stadt Gera", der am Mittwoch, den 21. Juli 2021, im Kultur- und Kongresszentrum stattfand. Eingeladen hatten das Dezernat Jugend und Soziales, das Amt für Gesundheit und Versorgung sowie das Sozialamt. Teilgenommen haben verschiedene Geraer Pflegedienstleister aus dem stationären und ambulanten Bereich, der Seniorenbeirat, der Service.Generationen, das Netzwerk Gesunde Kommune sowie Einrichtungen, die sich mit dem Thema Pflege befassen.

Im Fokus der Veranstaltung standen Fragestellungen zu den Herausforderungen der Stadt Gera, die für die Zukunft der Pflege bestehen, zum Bedarf der konkreten Pflegeangebote in den einzelnen Stadt- und Ortsteilen sowie den damit verbundenen Rückschlüssen auf eine alters- und pflegegerechte Stadtentwicklung. Gemeinsam sollen Antworten auf diese Fragen gefunden werden. Pflegebedürftigen sollte ein langes selbstbestimmtes Leben ermöglicht werden. Mit dem Wissen darüber, was gewollt und benötigt wird, kann die Stadt die Pflegestrukturen begleiten.

Mit Blick auf die derzeitige Bevölkerungsstruktur der Stadt Gera und die zunehmende Alterung der Bürgerinnen und Bürger, zeigt sich, dass der Bedarf an häuslicher, ambulanter oder stationärer Pflege weiter anwächst. Derzeit sind etwa 30 Prozent der Geraer Bevölkerung 65 Jahre und älter.

Die Erkenntnisse dieses Fachtages sollen an dieser Stelle dargestellt werden und fließen in die Planungsgrundlagen für die Stadt Gera ein.

34 Fachkräftemangel

Insbesondere die Personalsituation ist eine Herausforderung, welche durch den überwiegenden Teil der Teilnehmenden angebracht wurde. Für die Teilnehmenden stellt diese Thematik eine bereits bestehende Herausforderung dar, welche sich zukünftig noch ausweiten wird.

Als Gründe für diesen Umstand, wurden von den anwesenden Expertinnen und Experten unterschiedliche Aspekte genannt. Unter anderem leidet der Pflegeberuf unter einem schlechten Image und ist für viele potentielle Arbeitskräfte nicht attraktiv. Hier sollte mit einer Steigerung der Attraktivität und einer Imageverbesserung entgegengewirkt werden, um neue Arbeitskräfte zu gewinnen und die Mitarbeiterbindung zu erhöhen.

Neben einem besseren Marketing für das Berufsfeld, sollte vor allem eine höhere Wertschätzung durch Vorgesetzte erfolgen. Diese sollte sich etwa durch eine attraktive und gesunde Arbeitsplatzgestaltung sowie eine bessere Vereinbarkeit von Beruf und Familie kenntlich machen.

Die geringe Personaldecke führt zu einer angespannten Situation, welche bewirkt, dass die eingesetzten Arbeitskräfte in dem Maße überfordert sind, dass gleichermaßen die Attraktivität des Berufsstandes sinkt und potentielle Bewerberinnen und Bewerber abgeschreckt werden.

Dieser Trend wurde durch die Aussetzung des Zivildienstes verstärkt, welcher auch durch FSJ-Leistende nicht ausgeglichen werden kann. Ein Lösungsansatz besteht in der Verbesserung des Betreuungsschlüssels, um die Belastung der einzelnen Mitarbeiter zu verringern, eine Verbesserung in der Ausbildung zum Pflegehelfer und einer höheren Vergütung von ambulanten Pflegeleistungen.

Die Gewinnung von Fachkräften aus dem Ausland wurde von den Teilnehmenden ebenfalls als ein Lösungsansatz für fehlendes Personal genannt. Es wurde jedoch anhand von unterschiedlichen Praxisbeispielen verdeutlicht, dass dies nicht immer einfach sei. So wurde von einer hohen Fluktuation ausländischer Fachkräfte und auftretenden Sprachbarrieren berichtet.

Pflegende Angehörige

Durch die Teilnehmenden wurde festgestellt, dass die Pflege durch Angehörige im eigenen Haushalt die häufigste Form der Pflege darstellt, die pflegenden Angehörigen jedoch häufig unvorbereitet und überfordert mit dieser Aufgabe sind. Die Teilnehmenden waren sich daher einig, dass diese Personengruppe stärker unterstützt, entlastet und auch präventiv auf einen eintretenden Pflegefall vorbereitet werden sollte. Eine höhere Beratung vor Ort und eine stärkere Informationstätigkeit seien hierfür der Schlüssel. Durch Schulungen und Informationen sollten die pflegenden Angehörigen professionalisiert werden. Dies könne auch unter Anleitung von ambulanten Pflegediensten erfolgen. Als begleitende Maßnahme ist auch ein Netzwerk für zu Pflegende und Angehörige denkbar.

Veränderung der Rahmenbedingungen

Auch in den grundlegenden Strukturen und Rahmenbedingungen in der Pflege sahen die Teilnehmenden Veränderungspotentiale. Es gilt neue Pflegekonzepte umzusetzen und die Veränderung der Pflegestrukturen (nach der Corona-Pandemie) in die Wege zu leiten. Dies sollte unter der Einbeziehung aller Pflegekassen und kommunaler Unterstützung erfolgen. Als Ziel eines solchen Prozesses gaben die Teilnehmenden eine Entbürokratisierung und eine

35 Verstetigung von Projektstrukturen an, welche nicht nur kurzfristig sondern auch langfristig wirken sollen. Die Schaffung von klaren und transparenten Strukturen, war den anwesenden Expertinnen und Experten wichtig. Gewünscht ist hierbei eine zentrale Stelle für die Lösung kommunaler Probleme, welche vor allem eine stärkere Kommunikation in den Vordergrund stellt.

Digitalisierung

Eine weitergehende Digitalisierung in der Pflege wurde von den Teilnehmenden noch nicht als entscheidende Lösung für die derzeitigen Herausforderungen angesehen. Die „wärmende Hand“ ist für die anwesenden Experten noch immer die entscheidende Komponente in der Pflege.

36 5.2 Pflege im Quartier/Kooperationen im Sozialraum

Eine entscheidende Rolle bei der zukünftigen Gestaltung von Pflegestrukturen wird der quartiersnahen und sozialraumorientierten Pflege zukommen. Hierbei steht das Ziel im Vordergrund, ein langes selbstbestimmtes Leben im gewohnten Umfeld bis ins hohe Alter zu ermöglichen.

Eine große Rolle hierbei spielen Wohnformen, welche ein alters- und alternsgerechtes Leben im gewohnten Sozialraum ermöglichen. So gibt es in der Stadt Gera etwa bereits Kooperationen für betreutes und pflegebetreutes Wohnen zwischen Wohnungsgenossenschaften und Pflegedienstleistenden (WG Neuer Weg in Kooperation mit Pflegediensten: Kai Vieregge", "Pflege mit Herz" und "Caritasverband Ostthüringen e.V.", Quelle: www.wg-neuerweg.de).

In Seniorenwohngemeinschaften können ältere Menschen ihre gegenseitigen Stärken und Schwächen ergänzen und dadurch ein selbstständiges Leben bis ins hohe Alter führen.

Unterschiedliche Wohnungsunternehmen bieten diese Form des Zusammenlebens für ältere Menschen bereits an. Darüber hinaus gibt es ein großes Angebot an barrierearmen- bzw.

freien Wohnungen.

Ein stärkerer Fokus auf Pflege im Quartier wurde durch die Teilnehmenden des Fachtags Pflege gelegt. Es wurde betont, dass es bereits unterschiedliche sozialraumbezogene Angebote gibt. So wurde das Sozialmanagement von Vermietergesellschaften, die die Sozialdienste der Kliniken (hier wurde angemerkt, dass das Entlassungsmanagement verbessert werden müsse) und die Arbeit der Stadtteilbüros hervorgehoben. Auch der Service.Generationen spielt eine wichtige Rolle für ältere Menschen, muss jedoch noch bekannter gemacht werden.

Quartiersbezogene Entwicklungspotentiale sahen die anwesenden Expertinnen und Experten im Ausbau der Barrierefreiheit. So muss Barrierefreiheit als eine Selbstverständlichkeit gelten und mehr bezahlbarer barrierefreier Wohnraum und Versorgungseinrichtungen zur Verfügung stehen. Auch sollten Stützpunkte im Quartier entstehen, welche alle Dienstleistungen vor Ort bündeln und kompetente Ansprechpartner vorhanden sind. Für die Umsetzung von alters- und alternsgerechten Quartieren sollten alle Wohnungsanbieter einbezogen werden und auch Generationenwohnen befördert werden.

Smart-City Pilotprojekt „BeHome Gera“

Eine Verbindung von quartiersnaher Pflege und Digitalisierung wurde in Form des Projektes

„BeHome Gera“ vorgestellt. Das erste Smart-City-Pilotprojekt in Gera hat sich zum Ziel gesetzt, ein selbstbestimmtes Leben, in der eigenen vertrauten Wohnung bis ins hohe Alter zu ermöglichen. Es handelt sich dabei um eine Kooperation zwischen der TAG Wohnen & Service GmbH und der Better@Home Service GmbH.

Ziel des Projekts ist die Ausstattung von 300 Wohneinheiten der TAG Wohnen & Service GmbH in Gera mit der BeHome-Lösung, welche aus einer digitalen Plattform sowie technischen Assistenzsystemen besteht. Die Wohnungen der Projektteilnehmer werden mit einem definierten BeHome-Basispaket ausgestattet Die in der BeHome-Lösung integrierte

37 Plattform wird zur Vernetzung mit regionalen Produkt- und Dienstleistungsanbietern genutzt, um eine bessere Versorgung der Bürger zuhause zu ermöglichen.5

5.3 Vernetzungen der Pflegestrukturen

Eine weitere Vernetzung und zukünftige Zusammenarbeit zwischen den beteiligten Akteuren, wurde durch alle anwesenden Personen begrüßt. Gewünscht werden Veranstaltungen zu aktuellen Themen der Altenhilfe und Altenpflege, in denen es die Möglichkeit zum gegenseitigen Austausch gibt. Denkbar sind regelmäßige Treffen zum Erfahrungsaustausch und sachlichen Unterstützung, welche durch eine neutrale kommunale Stelle koordiniert werden. Auch sollte darüber nachgedacht werden, ob die Gesundheitstage wieder reaktiviert werden können.

Eine städtische Begleitung von Vernetzungsaktivitäten sahen die Beteiligten positiv an. So wurden eine Verstetigung von Formaten, eine Zusammenarbeit auf Augenhöhe und ein regelmäßiger Austausch zwischen allen Schnittstellen gefordert. Es sollte die Stelle eines kommunalen Pflegebeauftragten eingerichtet werden, wie es diesen bereits auf Bundesebene gibt.

Die Teilnehmenden sehen eine stärkere Öffentlichkeitsarbeit als eine zentrale Herausforderung an. Einzelne Initiativen und Aktivitäten sollen bekannt gemacht werden und Medien mehr einbezogen werden, etwa Labor 14 oder die Mieterzeitschriften. Die Verbreitung sollte gleichermaßen analog und digital erfolgen, um unterschiedlichen Altersgruppen gerecht werden zu können.

5 Vgl.https://unser.gera.de/thueringenhome-eine-digitale-plattform-fuer-angebote-und-dienstleistungen-aus-dem-quartier-stadtteil/, aufgerufen am 02.08.2021

38 5.4 Familienbefragung der Stadt Gera

Im Rahmen des Landesprogramms „Solidarisches Zusammenleben der Generationen (LSZ)“

befragte die Stadt Gera mit dem Organisationsberatungsinstitut Thüringen (ORBIT e.V.) im Herbst 2020 ihre Bürgerinnen und Bürger. Mit der repräsentativen Personenbefragung zu den Meinungen, Weiterentwicklungsideen und Wünschen der Bürgerschaft wurden zahlreiche Daten erhoben. (Vgl. hierzu: Ergebnisse der Geraer Familienbefragung 2020) Die 2.261 Personen, welche an der Befragung teilgenommen haben, hatten auch die Möglichkeit, auf ihre Erfahrungen und Wünsche zum Thema Pflege einzugehen. Die relevanten Ergebnisse dieser Befragung sollen an dieser Stelle vorgestellt werden.

5.4.1 Erfahrung mit Pflege

Die Frage „Haben Sie Erfahrung mit Pflege im Alter in den vergangenen zwei Jahren gemacht?“ wurde von 34,2 Prozent bejaht. 5,2 Prozent der Befragten als zu pflegende Person und 29 Prozent als Angehöriger.

Abbildung 17 Erfahrung mit Pflege

Quelle: Familienbefragung in der Stadt Gera 2020.

5,2 %

29,0 % 65,9 %

Haben Sie Erfahrung mit Pflege im Alter in den vergangenen zwei Jahren gemacht?

Ja, als zu pflegende Person. Ja, als Angehörige/r. Nein.

39 5.4.2 Erfahrung mit Pflege nach Pflegearten

Knapp zwei Drittel der Befragten geben an, Erfahrung mit häuslicher Pflege durch eigene Angehörige gemacht zu haben. 44,5 % haben Erfahrung mit ambulanter Pflege im häuslichen Umfeld durch Dritte gemacht. Erfahrung mit betreuten Wohnen haben 18,5 % gemacht. Knapp ein Drittel der Befragten hat Erfahrung mit stationärer Pflege in einer Pflegeeinrichtung gemacht.

Abbildung 18 Erfahrung mit Pflege nach Pflegearten

Quelle: Familienbefragung in der Stadt Gera 2020.

5.4.3 Beratung zur Pflege

Die meisten Befragten haben sich zum Thema Pflege bei der Pflegeberatung der Kranken- und Pflegekassen beraten lassen. Gefolgt von der Beratung bei Pflegediensten, den Angeboten im Internet und sozialen Medien. Weniger häufig wurde die Beratung der Träger der freien Wohlfahrtspflege und am wenigsten die Zentrale Anlauf- und Beratungsstelle für Altenhilfe und Pflege der Stadt Gera angegeben.

Abbildung 19 Beratung zur Pflege

Quelle: Familienbefragung in der Stadt Gera 2020.

0 20 40 60 80 100

Erfahrung mit häuslicher Pflege durch eigene Angehörige (Selbst) Erfahrung mit ambulanter Pflege im

häuslichen Umfeld durch Dritte (Selbst)

Erfahrung mit betreutem Wohnen (Selbst)

Erfahrung mit stationärer Pflege in einer Pflegeeinrichtung (Selbst)

Pflegeberatung der Kranken- und Pflegekassen Pflegedienste Internet, soziale Medien Träger der freien Wohlfahrtspflege (z.B. DRK, AWO, Diakonie,

ASB usw.)

Zentrale Anlauf- und Beratungsstelle für Altenhilfe und Pflege der Stadt Gera

40 Weitere Unterstützung/Beratung

140 Befragte äußern Unterstützungs-/Beratungswünsche zum Thema Pflege im Alter und machen insgesamt fast 200 Angaben dazu. Insbesondere die Verbesserung sowohl der Pflegequalität als auch der Pflegekapazität sowie die finanzielle Unterstützung bzw. die bezahlbare Pflege werden genannt, gefolgt vom Wunsch der Verminderung des bürokratischen Aufwandes und der Verbesserung der Beratung in spezifischen Aspekten.

Tabelle 7 Beratung zur Pflege – weitere Unterstützung/Beratung

Wobei würden Sie sich weitere Unterstützung/Beratung zum Thema Pflege im Alter wünschen?

Häufigkeiten

Verbesserung der Pflegequalität 23

Verbesserung der Pflegekapazität 22

Finanzielle Unterstützung/bezahlbare Pflege 21

Verminderung des bürokratischen Aufwands 19

Verbesserung der Beratung in spezifischen Aspekten 17 Wunsch nach spezifischen Pflege-/Unterstützungsleistungen 15

Allgemeine Beratung 13

Unterstützung bei der Suche nach einem passenden

Pflegeangebot/-einrichtung 10

Unterstützung von pflegenden Angehörigen 8

Barrierefreiheit 6

Positive Rückmeldung zu Unterstützung/Beratung zum Thema Pflege 5

aktuell kein Bedarf 5

Sonstiges 30

Gesamt 194

Quelle: Familienbefragung in der Stadt Gera 2020.

41 5.4.4 Zufriedenheit mit dem Pflegeangebot

Für die meisten Befragten entspricht das Pflegeangebot der Stadt Gera teilweise ihren Bedürfnissen/Ansprüchen (46,2 %). Für knapp 40 % trifft das voll/eher zu. Für etwa 14 % hingegen entspricht das Pflegeangebot eher oder gar nicht den Bedürfnissen/Ansprüchen.

Abbildung 20 Zufriedenheit mit dem Pflegeangebot

Quelle: Familienbefragung in der Stadt Gera 2020

5.4.5 Freie Wahl der Pflegeform

39,2 % der Befragten würden betreutes Wohnen bevorzugen, wenn sie die freie Wahl haben und die Pflegesituation es zulässt. 28,1 % der Befragten geben an, die häusliche Pflege durch eigene Angehörige zu bevorzugen. Für 26,4 % der Befragten ist dies die ambulante Pflege im häuslichen Umfeld durch Dritte. 6,3 % der Befragten geben an, die stationäre Pflege in einer Pflegeeinrichtung zu bevorzugen.

Abbildung 21 Freie Wahl der Pflegeform

Quelle: Familienbefragung in der Stadt Gera 2020

39,7 %

46,2 % 14,1 %

Entspricht das Pflegeangebot in der Stadt Gera Ihren Bedürfnissen/Ansprüchen?

trifft voll/eher zu teils/teils trifft eher/gar nicht zu

28,1 %

39,2 % 26,4 %

6,3 %

Welche der folgenden Pflegeformen würden Sie bevorzugen, wenn Sie die freie Wahl haben und die Pflegesituation es zulässt?

häusliche Pflege durch eigene Angehörige betreutes Wohnen

ambulante Pflege im häuslichen Umfeld durch Dritte stationäre Pflege in einer Pflegeeinrichtung

42

6. Exkurs: Demenz-Netzwerk Gera

6.1 Versorgung und Pflege von demenzerkrankten Menschen in Gera

Die Deutsche Alzheimergesellschaft e.V. zeigt auf aus, dass in Deutschland nach jüngsten epidemiologischen Schätzungen rund 1,6 Millionen Menschen mit Demenz leben. Die meisten von ihnen seien von der Alzheimer-Krankheit betroffen. Sie weist darauf hin, dass sofern kein Durchbruch in Prävention und Therapie gelingt, sich nach unterschiedlichen Vorausberechnungen der Bevölkerungsentwicklung die Krankenzahl bis zum Jahr 2050 auf 2,4 bis 2,8 Millionen erhöhen wird (Deutsche Alzheimergesellschaft e.V. 2020).

Die Erkrankungen der Demenz sind für die Betroffenen, die Angehörigen und der Gesellschaft eine Herausforderung für die nächsten Jahre, in Bezug auf Prävention, Aufklärung und Versorgung. Die Kommunen und Landkreise sind aufgefordert Bedingungen zu schaffen, die Menschen mit Demenz und pflegende Angehörige nicht ausgrenzt. Im 7. Altenbericht der Bundesregierung wird daher u.a. empfohlen „Notwendig ist eine integrierte und intergenerative Stadtentwicklungsplanung, die in den Quartieren und Gemeinden die unterschiedlichen Handlungsfelder, zum Beispiel Wohnen, Mobilität, Nahversorgung, Gesundheit, Pflege, Sport, Freizeit und Kultur und soziale Teilhabe für alle Generationen und für Menschen mit und ohne Beeinträchtigungen zusammenführt“ (BMFSFJ 2018, S. 6).

Menschen mit der Erkrankung Demenz bzw. kognitiven Einschränkungen sind somit in unserer Gesellschaft keine Seltenheit. 50 Prozent der Personen, die in Deutschland Leistungen aus der Pflegeversicherung beziehen, gelten als demenzkrank. Studien an Heimbewohnern zeigen, dass mittlerweile über 70 Prozent demenziell erkrankt sind und mehr als die Hälfte aller neu aufgenommenen Bewohner demenzielle Symptome aufzeigen (Kastner/Löbach 2014).

6.2 Möglichkeiten der Information und Unterstützung für Menschen mit Demenz in der Stadt Gera

Die in Gera vorhandenen Beratungsmöglichkeiten, Weiterbildungen, Unterstützungen bei der Pflege sowie Möglichkeiten des Wohnens wurden im Dezember 2020 erhoben und in einem Wegweiser zusammengefasst (siehe dazu www.demenz-hilfenetzwerk-gera.de) Die Auflistung erhebt nicht den Anspruch auf Vollständigkeit, da nicht von allen Angefragten ihre Rückmeldung zur Thematik weitergegeben werden konnte.

Angebote zur Information, Weiterbildung und Entlastung

Im ambulanten Bereich besteht eine Vielzahl von Möglichkeiten der Information und Unterstützung für an Demenz erkrankte Menschen, deren Angehörige, professionell Tätige und dem sozialen Umfeld. Neben den Angeboten vor Ort und Telefonberatungen sind insbesondere im Internet bundesweite Plattformen entstanden, die professionell zum Krankheitsbild Demenz informieren, aufklären und bei der Suche nach Unterstützungen zur Betreuung der Erkrankten helfen.

43 Informationsplattformen sind beispielsweise:

 www.demenzwegweiser.de;

 die Seite des Bundesgesundheitsministeriums: www.bmg.bund.de;

 die Seiten der Alzheimer Gesellschaft Thüringen: www.deutsche-alzheimer.de;

 Deutschen Alzheimer Gesellschaft e. V./ Selbsthilfe Demenz: www.alzheimer-thueringen.de;

Sowie das Angebot der Stadt Gera: www.demenz-hilfenetzwerk-gera.de.

Gesundheitsförderung, Prävention und Rehabilitation

Der Verbleib im eigenen zu Hause kann durch Gesundheitsförderung, Prävention sowie medizinische und geriatrische Rehabilitation unterstützt werden. Maßnahmen zur Gesundheitsförderung, Prävention und Rehabilitation werden von den Krankenkassen individuell gefördert. Ansprechpartner sind hier die Krankenkassen und die gemeinsamen Servicestellen für Rehabilitation.

Angebot Stadt Gera: jeweilige Krankenkasse und Deutsche Rentenversicherung Bund, Reichstraße 5, 07545 Gera.

Beratungsangebote für Menschen mit Demenz und pflegende Angehörige

Beratungsmöglichkeiten sind für die Inanspruchnahme von Hilfen von entscheidender Bedeutung. Professionelle Psychosoziale Beratung und Betreuung können im Pflegeprozess Stabilität geben und insbesondere Angehörige entlasten.

Angebot Stadt Gera: Trägerunabhängige Beratungen werden durch die Stadtverwaltung Gera im Sozialamt, der Beratungsstelle Service.Generation und dem Demenz-Pflegenetzwerk Gera durchgeführt. Qualifizierte Pflegeberatungen werden durch die Pflegeberater der Pflegekassen durchgeführt. Pflegedienste und Einrichtungen der Altenpflege sowie der Eingliederungshilfe bieten ebenso Beratungen an.

Gesetzliche Betreuungs- und Vorsorgevollmacht

Mit einer Vorsorgevollmacht können Demenzkranke, Personen ihres Vertrauens das Recht einräumen, in ihrem Namen zu entscheiden und zu handeln.

Angebot Stadt Gera: Betreuungs- und Vorsorgevollmachten können durch Notare sowie der Betreuungsstelle der Stadtverwaltung Gera erstellt und beglaubigt werden. Beratung führt zudem der Lebensbrücke e.V. (De-Smit-Str. 34, 07545 Gera) durch.

(gerichtliche) Betreuung

Falls der Erkrankte gesundheitlich nicht mehr in der Lage ist, persönliche Angelegenheiten ganz oder teilweise selbst zu organisieren oder die entsprechende Tätigkeit zu organisieren, kann eine rechtliche Betreuung beim zuständigen Familiengericht beantragt werden.

44 Entlastung pflegender Angehöriger

Die meisten Demenzerkranken leben in privaten Haushalten und werden zumeist von nahen Angehörigen betreut und gepflegt. Eine Reihe von Entlastungsangeboten kann Angehörige bei der Pflege und Betreuung unterstützen: Pflegedienste, Betreuungsgruppen, Kurzeit- Urlaus- und Verhinderungspflege, betreuter Urlaub für Menschen mit Demenz und deren Angehörige.

Angebot Stadt Gera: Die Entlastungsleistungen werden über die jeweiligen Kranken- und Pflegekassen finanziert.

Qualifizierungsangebote

Zur Sensibilisierung der Gesellschaft und Entstigmatisierung der Erkrankten sind Qualifizierungsangebote wichtig, beispielsweise für pflegende Angehörige; Mitarbeiter der Wohnungsunternehmen, der Polizei oder anderer Dienstleistungsbereiche.

Angebote Stadt Gera: spezielle Qualifizierungsangebote werden perspektivisch vom Amt für Gesundheit und Versorgung und dem Demenz-Hilfenetzwerk Gera angeboten. Für pflegende Angehörige bestehen dafür Qualifizierungsmöglichkeiten bei der Volkshochschule Gera, welche seit Jahren stark angenommen werden.

Niedrigschwellige Entlastungsleistungen

Menschen, die auf Dauer eine Einschränkung in der allgemeinen Alltagskompetenz aufweisen, können je nach Umfang des Betreuungsbedarfs zusätzliche Betreuungsleistungen nach § 45 b SGB XI in Anspruch nehmen. Niedrigschwellige Betreuungsangebote sind fachlich anerkannte Angebote, in denen ehrenamtliche Helfer/Helferinnen unter pflegefachlicher Anleitung, die Betreuung (oder Fachpersonal) von Pflegebedürftigen in Gruppen oder im häuslichen Bereich übernehmen, sowie pflegende Angehörige entlasten und beratend unterstützen. Niedrigschwellig bedeutet, dass das Angebot ohne bürokratischen Aufwand zu erreichen ist, die Betreuung flexibel gestaltet werden kann und geringe bzw. keine Kosten entstehen. Diese Möglichkeit der Unterstützung wird beispielsweise von Pflegediensten, Ergotherapien oder Vereinen vorgehalten.

Angebote Stadt Gera: Pflegedienste; Ergotherapien Ergotherapie

Ergotherapie kann die Lebensqualität und den Stimmung von Demenzerkrankten verbessern.

Die Therapiemaßnahmen müssen an die jeweiligen Bedürfnisse des Patienten angepasst sein. Durch ergotherapeutischen Maßnahmen kann der medizinisch-pflegerische Aufwand reduziert werden.

Angebote Stadt Gera: Ergotherapien Betreuungsgruppen

Eine Betreuungsgruppe bietet stundenweise Betreuung für Menschen mit Demenz an. Im Gegensatz zu einer Einrichtung der Tagespflege handelt es sich bei einer Betreuungsgruppe um ein niedrigschwelliges Betreuungsangebot.

Angebote Stadt Gera: kein Angebot bekannt

45 Stärkung des bürgerschaftlichen Engagements und der Selbsthilfe

Die Familienstruktur hat sich in den letzten Jahren stark verändert. Familien leben oft räumlich getrennt oder erkrankte Menschen haben keine (näheren) Verwandten, welche im Pflegefall unterstützen könnten. Der Bedarf an Betreuung, Pflege steigt jedoch stetig.

Nachbarschaftshilfe und Bürgerliches Engagement gewinnen dadurch immer mehr an Bedeutung. Ein kommunales Angebot zur Unterstützung des Ehrenamtes sollte daher

Nachbarschaftshilfe und Bürgerliches Engagement gewinnen dadurch immer mehr an Bedeutung. Ein kommunales Angebot zur Unterstützung des Ehrenamtes sollte daher