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Die Grundlage für die Berechnung der zukünftigen Pflegebedarfe ist die demografische Entwicklung. Im Folgenden sollen daher die wichtigsten Trends in der Bevölkerungsentwicklung der Geraer Bevölkerung aufgezeigt werden, um somit die Basis für eine Pflegevorausberechnung zu schaffen.

1.1. Einwohnerentwicklung

Während die Bevölkerungsentwicklung Geras in den Jahren 2016 und 2017 eine kurze Wachstumsphase erlebte, welche in erster Linie auf Fluchtmigration rückführbar ist, geht die Bevölkerung der Stadt Gera seit dem Jahr 2018 wieder um ca. 1000 Personen jährlich zurück und setzt dadurch einen Trend des Bevölkerungsrückgangs fort, welcher bereits seit einem längeren Zeitraum die Bevölkerungsentwicklung der Stadt prägt. (Vgl. Abb. 1)

Abbildung 1: Entwicklung der wohnberechtigten Bevölkerung der Stadt Gera 2010-2020

Quelle: Stadtverwaltung Gera, Team Statistik und GIS, eigene Darstellung.

Der Großteil dieses Bevölkerungsrückgangs lässt sich auf ein hohes Geburtendefizit zurückführen (Vgl. Abb. 2). So wurden in der Stadt Gera in den vergangenen Jahren etwa zwischen 700 und 800 Kinder pro Jahr geboren, während die Zahl der Sterbefälle nahezu doppelt so hoch war. Im Jahr 2020 standen dadurch 1.443 Sterbefälle nur 721 Geburten gegenüber, was zu einem Negativsaldo in der natürlichen Bevölkerungsentwicklung von -722 Personen führte.

Abbildung 2 Natürliche Bevölkerungsbewegung der Hauptwohnsitzbevölkerung in Gera 2010-2020

Quelle: Stadtverwaltung Gera, Team Statistik und GIS, eigene Darstellung.

103.214

2010 2011 2012 2013 2014 2015 2016 2017 2018 2019 2020 wohnberechtigte Bevölkerung

davon Hauptwohnungen

2015 2016 2017 2018 2019 2020

Geburten 706 782 804 805 805 721

Sterbefälle 1382 1347 1437 1453 1470 1443

Saldo -676 -565 -633 -648 -665 -722

-1000

6 Auch die im Vergleich zum Freistaat Thüringen und der Bundesrepublik Deutschland relativ hohe zusammengefasste Geburtenziffer2 (Vgl. Abb.3), welche im Jahr 2020 in der Stadt Gera 1,77 betrug, während diese im selben Jahr bei 1,54 in Thüringen und 1,53 im Bundesdurchschnitt lag, konnte diesem Trend nicht spürbar entgegenwirken.

Abbildung 3 Entwicklung der zusammengefassten Geburtenziffer in Gera im Vergleich 2010-2018

Quelle: Stadtverwaltung Gera, Team Statistik und GIS/ Thüringer Landesamt für Statistik/ Statistisches Bundesamt, eigene Darstellung.

Dieser negative Trend in der natürlichen Bevölkerungsbewegung wird durch die Entwicklung in der räumlichen Bevölkerungsbewegung noch verstärkt (Vgl. Abb. 4). Durch den Zuzug von Migranten mit Fluchthintergrund gab es hier in den Jahren 2015-2017 zwar eine positive Wanderungsbilanz, seit dem Jahr 2018 hat sich diese jedoch wieder ins Negative verkehrt. In den Jahren 2019 und 2020 verließen jeweils mehr als 300 Personen die Stadt Gera, als dass Menschen von außerhalb hinzuzogen.

Abbildung 4 Räumliche Bevölkerungsbewegung der wohnberechtigten Bevölkerung in Gera 2015-2020

Quelle: Stadtverwaltung Gera, Team Statistik und GIS, eigene Darstellung.

Anmerkung: 2015-2017 ohne Landeserstaufnahmeeinrichtung für Asylbewerber.

2 Die zusammengefasste Geburtenziffer oder auch Fertilitätsrate ist eine hypothetische Kennziffer und gibt an, wie viele Kinder je Frau geboren würden, wenn für deren ganzes Leben die altersspezifischen Geburtenziffern des jeweils betrachteten Kalenderjahres gelten würden. (Vgl. Bundesinstitut für Bevölkerungsforschung, online unter : https://www.destatis.de/DE/Themen/Gesellschaft-

Umwelt/Bevoelkerung/Bevoelkerungsvorausberechnung/Glossar/zusammengefasste-geburtenziffer.html, abgerufen am 02.08.2021)

2015 2016 2017 2018 2019 2020

Gera 1,47 1,66 1,72 1,79 1,86 1,77

Thüringen 1,56 1,63 1,63 1,59 1,55 1,54

Deutschland 1,5 1,59 1,57 1,57 1,54 1,53

1,47

2015* 2016* 2017* 2018 2019 2020

Zuzüge 4 560 4803 4701 4.051 3906 3862

Wegzüge 3 997 3974 3979 4.176 4238 4245

Saldo 563 829 722 -125 -332 -383

- 500

7 1.2. Veränderung der Altersstruktur

Während die gesamtstädtische Bevölkerung immer kleiner wird, wird sie zur gleichen Zeit auch immer älter. Lag das Durchschnittsalter der Geraer Bevölkerung im Jahr 2010 noch bei 46,77 Jahren, stieg es im Jahr 2020 auf 48,17 Jahre an (Vgl. Abb. 5). Während in erster Linie jüngere Menschen die Stadt verlassen, steigt auch gleichzeitig die Lebenserwartung der Menschen.

Zwischen 2010 und 2019 erhöhte sich das durchschnittliche Sterbealter um 3 Jahre, von 76,4 im Jahr 2010 auf 79,5 im Jahr 2019 (Vgl. Abb. 6).

Abbildung 5 Durchschnittsalter der wohnberechtigten Bevölkerung der Stadt Gera

Quelle: Stadtverwaltung Gera, Team Statistik und GIS, eigene Darstellung.

Abbildung 6 Durchschnittliches Sterbealter Hauptwohnsitzbevölkerung Stadt Gera

Quelle: Thüringer Landesamt für Statistik, eigene Darstellung.

A priori lässt sich auch vermuten, dass das Bewegungsverhalten im Alter nicht mehr so stark ausfällt, wie es bei jüngeren Personen der Fall ist. Dies lässt sich auch mit einem Blick auf die Alterswanderung bestätigen. So fielen die Zu- bzw. Wegzüge bei den Personen von 60 Jahren und älter im Verhältnis zur jüngeren Bevölkerung deutlich geringer aus (Vgl. Abb. 7).

Abbildung 7 Wanderung Personen über 60 Jahre (Hauptwohnsitze)

Quelle: Stadtverwaltung Gera, Team Statistik und GIS, eigene Darstellung.

2010 2011 2012 2013 2014 2015 2016 2017 2018 2019 2020 Durschnittsalter in Jahren 46,77 47,15 47,56 47,53 47,77 47,34 47,73 47,63 47,8 47,96 48,17

46,5 47,0 47,5 48,0 48,5

2010 2011 2012 2013 2014 2015 2016 2017 2018 2019 Durchschnittliches Sterbealter

in Jahren 76,4 78 77,4 77,7 77,9 77,9 78,1 78,7 79,1 79,5 75

Zuzüge 408 376 378 360

Wegzüge 371 323 389 404

Saldo 37 53 - 11 - 44

8 Die Auswirkungen auf die Entwicklung der Altersstruktur in der Stadt Gera lassen sich bereits sehr deutlich für die vergangenen Jahre nachzeichnen (Vgl. Abb. 8). Während der Anteil der Personen zwischen 18 und 65 Jahre an der Gesamtbevölkerung im Jahr 2010 noch bei 65 Prozent lag, sank dieser im Jahr 2020 auf 57 Prozent, während der Anteil der Personen über 65 Jahre von 25 auf 29 Prozent stieg. Nach der Bevölkerungs- und Haushaltsprognose Stadt Gera aus dem Jahr 2018 (Stadt Gera 2018), wird dieser Trend weiter fortgesetzt. Hiernach wird der Anteil der Bevölkerungsgruppe der 18 bis 65 Jährigen im Jahr 2030 54 Prozent und im Jahr 2040 53 Prozent betragen. Der Anteil der älteren Bevölkerung beträgt dabei in den Vergleichsjahren konstant 31 Prozent. Gleichzeitig zeigt sich auch ein leicht steigender Anteil von Menschen unter 18 Jahren, welcher zwischen 2010 und 2020 um 3 Prozentpunkte auf 14 Prozent gestiegen ist und bis zum Jahr 2040 auf einen Anteil von 16 Prozent steigen soll.

Abbildung 8 Altersstruktur der wohnberechtigten Bevölkerung der Stadt Gera 2010, 2018, 2030 und 2040

Quelle: Stadtverwaltung Gera, Team Statistik und GIS, eigene Darstellung.

Hinweis: Prognosewerte nach Bevölkerungs- und Haushaltsprognose Stadt Gera 2018, untere Variante.

11%

64%

25%

Altersstruktur 2010

0-18 18-65 über 65

14%

57%

29%

Altersstruktur 2020

0-18 18-65 über 65

15%

54%

31%

Altersstruktur 2030 (Prognose)

0-18 18-65 über 65

16%

53%

31%

Altersstruktur 2040 (Prognose)

0-18 18-65 über 65

9 1.3. Entwicklung von Personen im pflegerelevanten Alter

Auch wenn ein erhöhtes Alter nicht gleichbedeutend mit Pflegebedürftigkeit ist, so nimmt die Wahrscheinlichkeit pflegebedürftig zu sein mit steigendem Alter deutlich zu. Empirisch nachweisbar steigt das Risiko der Pflegebedürftigkeit ab dem 60. Lebensjahr, so dass Personen in diesem Alter in einem erhöhten Maß betroffen sind, wobei diese Wahrscheinlichkeit etwa ab dem 80. Lebensjahr signifikant zunimmt, es hier jedoch Unterschiede zwischen den Geschlechtern gibt (Vgl. Statistisches Bundesamt 2020, S. 11).

Auch wenn die Wahrscheinlichkeit, in jungen Jahren pflegebedürftig zu werden sehr gering ist, können auch Menschen unter 60 Jahren durch Erkrankungen oder Unfälle kurz- oder langfristig pflegebedürftig sein.

Der Begriff der Pflegebedürftigkeit wird dabei im elften Sozialgesetzbuch (SGB XI) definiert.

Nach § 14 SGB XI sind Personen pflegebedürftig, „die gesundheitlich bedingte Beeinträchtigungen der Selbständigkeit oder der Fähigkeiten aufweisen und deshalb Hilfe durch andere bedürfen. […] Die Pflegebedürftigkeit muss auf Dauer, voraussichtlich für mindestens sechs Monate, und mit mindestens der in § 15 festgelegten Schwere bestehen.“

Um das zukünftige Potential des Pflegebedarfs darzustellen, soll an dieser Stelle die Entwicklung der Bevölkerung in den entsprechenden Altersgruppen veranschaulicht werden, während eine konkrete Pflegebedarfsberechnung, unter Berücksichtigung der ermittelten Pflegequoten, in Kapitel 3. „Pflegevorausberechnung“, erfolgen soll.

Die absolute Anzahl der Personen im pflegerelevanten Alter von 60 Jahren und älter, wird in den kommenden Jahren deutlich steigen (Vgl. Abb. 9). Nach der Bevölkerungs- und Haushaltsprognose Stadt Gera 2018 (Stadt Gera 2018) nimmt die Anzahl der Personen über 60 Jahre bis zum Jahr 2030 um ca. 1.000 Personen zu, von 35.653 im Jahr 2020 auf 36.567 Personen. Der Trend des absoluten Wachstums von Personen über 60 Jahre erreicht um das Jahr 2030 seinen Höhepunkt und dreht sich danach wieder um, sodass die Anzahl der Personen über 60 Jahre im Jahr 2040 mit 34.319 Personen deutlich unter dem Niveau von 2020 liegen soll.

Auffallend ist bereits eine Zunahme bei den Personen über 80 Jahre, welche im Jahr 2017 8.128 Personen betrug und im Jahr 2020 sprunghaft auf 9.166 Personen anstieg. Historisch lässt sich dies durch hohe Geburtenzahlen in den 1930er und 40er Jahren erläutern, welche in der direkten Nachkriegszeit wieder zurückgingen. Im Unterschied zur Gesamtgruppe der Personen über 60 Jahre, erreicht die Teilgruppe der Personen über 80 Jahre ihre Höchstzahl etwa um das Jahr 2026, woraufhin die Entwicklung wieder zurückgeht. Der Wert von 2020 wird jedoch erst wieder im Jahr 2031 unterschritten.

Abbildung 9 Bevölkerungsprognose der Einwohner über 60 Jahre (Hauptwohnsitze)

Quelle: Stadtverwaltung Gera, Team Statistik und GIS, eigene Darstellung.

Hinweis: Prognosewerte nach Bevölkerungs- und Haushaltsprognose Stadt Gera 2018, untere Variante.

2017 2020 2025 2030 2040

ab 60 35011 35653 36440 36567 34319

davon 60-80 26873 26487 26746 27234 25293

davon ü80 8138 9166 9694 9333 9026

0 10000 20000 30000

10