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2.2.1 Restriktive Fütterung von Sauen mit einem Alleinfutter

Der relativ geringe Energiebedarf tragender Sauen führt dazu, dass zwar durchaus ein energiereiches Futter eingesetzt werden kann, dies aber – um eine Energieüberversorgung zu vermeiden – restriktiv gefüttert werden muss.

Bei diesem Fütterungskonzept zeigen die Sauen zwar meist die gewünschte Körperkondition, jedoch hat dieses System auch einige nachteilige Effekte. Ein Nachteil bei der restriktiven Fütterung ist die mangelhafte Sättigung und ungenügende Beschäftigung der Tiere mit dem Futter (Langeweile). Wird ein relativ energiereiches Mischfutter nur in Mengen von etwa 2,5 kg pro Sau und Tag angeboten, ist kaum eine entsprechende Magen-Darm-Füllung – und daraus resultierend – eine Sättigung der Tiere zu erreichen.

Nach VESTERGAARD et al. (1998) kann diese Fütterungsmethode nur zu einer Sättigung für ein bis zwei Stunden führen. Auch für WEISS et al. (2000) ist es bei der Gabe relativ geringer Mengen an Kraftfutter (2-3 kg / Tier und Tag) fraglich, ob die Tiere tatsächlich gesättigt sind. Beide Faktoren, mangelnde Sättigung und Beschäftigungsmangel, können nach LAWRENCE und TERLOUW (1993) sowie WELDON et al. (1994) zu einer erhöhten Unruhe, eventuell sogar Agressivität der Tiere führen, die sich je nach Haltungsform in Stereotypien oder einer Verhaltensstörung äußern. Zudem kann eine restriktive Fütterung energiereicher Futtermittel die Tiere möglicherweise nicht in dem Maße auf die, in der Laktation notwendige Aufnahme großer Futtermengen vorbereiten, wie dies bei Einsatz von voluminösen, rohfaserreichen Futter der Fall wäre. Dies kann unter Umständen eine geringere Futteraufnahme in der Laktation zur Folge haben, was wiederum einen Energiemangel der Sau nach sich ziehen kann. In diesem Fall wären negative Auswirkungen auf die Entwicklung der Ferkel und den nachfolgenden Reproduktionszyklus möglich.

Tabelle 1: Empfehlungen zur täglichen Energie- und Nährstoffversorgung (Angaben/Tier/Tag) von tragenden und laktierenden Sauen bei unterschiedlicher Ferkelanzahl (Kamphues et al. 2004).

Reproduktions-Stadium ME (MJ) Rp (g) Lysin (g) Ca (g) P (g) Na (g)

niedertragend 25 - 29 250 11 14 9 3

hochtragend 29 - 33 300 13 20 13 4

laktierend; 10 Ferkel 72 900 52 43 30 10

laktierend; 12 Ferkel 86 1100 62 50 35 10

Da die Energieansprüche niedertragender Sauen am geringsten sind, eignet sich der Einsatz eines vergleichsweise energiearmen, rohfaserreichen Alleinfutters (AF) bzw.

wird ein Rohfaseranteil in der Ration von mindestens 7 % gefordert (Tabelle 2), die zugeteilte Menge entspricht in dieser Phase ca. 2,2-2,3 kg pro Tag und Tier. Um dem gesteigerten Energie- und Nährstoffbedarf am Ende der Trächtigkeit zu berücksichtigen, wird die Futtermenge üblicherweise auf ca. 2,5 – 3 kg pro Tier und Tag erhöht (KIRCHGESSNER 2004).

Tabelle 2: Richtwerte für Energie- und Nährstoffgehalte von Alleinfutter (Angaben/kg uS) für tragende Sauen (KAMPHUES et al. 2004).

ME (MJ) Rp (g) Rfa (g) Ca (g) P (g) vP (g)

10-11 120 min. 70 7 5 2-3

Der mengenmäßige Einsatz des Laktationsfutters richtet sich nach der Ferkelzahl und erfolgt bei Würfen mit mehr als neun Ferkeln im Allgemeinen sogar ad libitum (KAMPHUES et al. 2004).

Allerdings kann auch anstatt des Einsatzes verschiedener Alleinfuttermittel für die unterschiedlichen Reproduktionsphasen ein einziges, so genanntes Kombi-Futter (Einsatz bei tragenden und laktierenden Sauen) verwendet werden. Dieses AF ist in seiner Zusammensetzung eher dem Laktationsbedarf angepasst (KIRCHGESSNER

2004), womit man jedoch während der Trächtigkeit, vor allem niedertragend, eine Rohproteinversorgung über den Bedarf der Sau hinaus in Kauf nimmt. Diese Proteinüberversorgung stellt nicht nur eine unnötige Belastung des Stoffwechsels des Tieres sondern auch der Umwelt – über die höhere N-Ausscheidung – dar.

2.2.2 Ad Libitum Fütterung tragender Sauen 2.2.2.1 Fütterung mit einem Alleinfutter

Bei der ad libitum Fütterung tragender Sauen besteht wie beim Alleinfütterungskonzept die Möglichkeit ein einziges, sehr energiereduziertes Mischfutter über eine transpondergesteuerte Fütterungsanlage oder spezielle Futterautomaten zu verfüttern. Diese Automaten ermöglichen, dass die Tiere mehrmals am Tag kleinere Portionen Futter aufnehmen können. Neben einer Beschäftigung der Tiere dient dieses Konzept zudem einer kontinuierlicheren Füllung des Magen-Darm-Traktes und kann daher das Hungergefühl der Tiere verringern.

Das hierbei eingesetzte Alleinfutter muss jedoch einen deutlich reduzierten Energiegehalt aufweisen, denn würde man ein herkömmliches, nicht energie- und nährstoffreduziertes Mischfutter ad libitum verfüttern, wären Überversorgungen nicht zu vermeiden (MEYER u. HÖRÜGEL 2001). Um diese gewünschte Reduktion des Energie- und Nährstoffangebotes des Mischfutters zu erreichen, ist es nützlich, dies mit Rohfaserträgern zu versetzen bzw. faserreiche und voluminöse Komponenten einzusetzen. Aufgrund der geringeren Verdaulichkeit der Rohfaser bleibt die Füllung des Magen-Darm-Traktes länger erhalten und es stellt sich ein anhaltendes Gefühl der Sättigung ein (TABELING 2001). Als rohfaserreiche Ergänzung bieten sich Kleie oder Rübentrockenschnitzel (RTS) an, wobei diese den zusätzlichen Vorteil eines starken Quellungsvermögens besitzen, wodurch ein „mechanisches Sättigungsgefühl“ hervorgerufen wird (BERTIN et al. 1988; BROUNS et al. 1995).

Allerdings besitzen einige üblicherweise in diesem Fütterungssystem eingesetzte rohfaserreiche Futtermittel Nachteile, wie z.B. die mögliche Belastung von Stroh- und Strohprodukten oder Kleien mit Mykotoxinen (MISCHOK 2003). Bei Einsatz von RTS müssen zudem Imbalancen in der Mineralstoffversorgung berücksichtigt werden

(HOY 2001). Um solche nachteiligen Effekte zu vermeiden empfehlen VESTERGAARD und DANIELSEN (1998) eine Kombination von verschiedenen Rohfaserträgern in der ad libitum Fütterung. Inzwischen sind auch im Handel erhältliche, so genannte „Welfare-Futter“ auf dem Markt, die den Ansprüchen eines energiereduzierten Futters genügen (SCHADE 2000) und eine ad libitum Fütterung ermöglichen sollen.

2.2.2.2 Fütterung mit einer „kombinierten Fütterung“

Die Effekte der zuvor besprochenen ad libitum Fütterung tragender Sauen lassen sich auch mit dem Konzept einer „kombinierten Fütterung“ (Grundfutter plus Kraftfutter) erreichen (KAMPHUES et al. 2004). Das wesentliche Ziel der ad-libitum-Fütterung – ein Sättigungsgefühl der tragenden Sauen durch die Aufnahme hoher Futtervolumina zu erreichen (TABELING et al. 2002) – wird in diesem Fall durch die Kombination eines Grundfutters (z.B. Grass oder Silage) mit einem Ergänzungsfutter erzielt. Die wirtschaftseigenen Futtermittel sollten dabei Verdaulichkeiten von mindestens 60 % aufweisen (KIRCHGESSNER 2004). Neben einer stärkeren Füllung des Magen-Darm-Traktes durch voluminösere Futtermittel ist eine wesentlich längere Beschäftigung mit dem Futter möglich. Weiterhin sind rohfaserreiche und voluminöse Futtermittel geeignet, Sauen während der Gravidität auf die Aufnahme größerer Futtervolumina in der Laktation vorzubereiten und somit eine hohe Futteraufnahme in der Laktation zu erreichen (TABELING et al. 2002; KAMPHUES et al. 2004). Der Nachteil des insgesamt höheren Arbeitsaufwandes der kombinierten Fütterung wird im Allgemeinen durch die geringeren Kosten der wirtschaftseigenen Grundfuttermittel kompensiert. Hinzu kommt, dass die Fütterung von Grundfutter keiner kostenintensiven Fütterungstechnik bedarf. Allerdings sind strukturierte Futtermittel bei perforierten Stallböden nicht bzw. nur begrenzt oder nur nach spezieller Konfektionierung, z.B. Heu und Stroh in Pelletform, einsetzbar. Bezüglich des Aspektes der Sättigung bietet das System der kombinierten Fütterung wesentliche Vorteile, denn es können rohfaser- und volumenreiche, wirtschaftseigene Futtermittel wie Weidegras, Grassilage, Rüben,

Rübentrockenschnitzel, Heu oder Stroh mit einem Ergänzungsfuttermittel kombiniert werden. Die Nutzung von Stroh ist zudem ein Beispiel für die Interaktion zwischen Fütterung und Haltung, denn Stroh als vorrangig zur Einstreu genutztes Material dient hier zusätzlich der Beschäftigung und Sättigung der Tiere.

Da die Energiedichten der in der kombinierten Fütterung verwendeten Grundfuttermittel, wie z.B. Grassilage, für laktierende Sauen jedoch allgemein zu niedrig sind, müssen dann entweder energiereichere Futtermittel (z.B. CCM) eingesetzt werden – oder einfacher – ausschließlich Konzentrate zum Einsatz kommen (KAMPHUES et al. 2004; KIRCHGESSNER 2004).

2.2.3 Einfluss der Fütterung auf das Wohlbefinden von Sauen

Aufgrund des relativ geringen Energiebedarfs der Sauen in der Phase der Trächtigkeit (Tabelle 1) erfolgt im Allgemeinen eine restriktive Fütterung. Um trotzdem den Aspekt der Sättigung zu berücksichtigen, sieht die EU-Richtlinie 2001/88/EG vor, dass alle tragenden Sauen genügend Grundfutter bzw. Futter mit hohem Rohfaseranteil sowie Kraftfutter bekommen müssen, damit ihr „Hunger und Kaubedürfnis“ gestillt werden kann. Eine mangelhafte Sättigung der Tiere hat nicht selten ein gestörtes Wohlbefinden zur Folge, welches sich wiederum in Stereotypien äußert (LAWRENCE u. TERLOUW 1993). Kommen im Falle einer dynamischen Gruppenhaltung zusätzlich Rangkämpfe vor, äußert sich dieser Stress in vermehrter Unruhe und Agression gegenüber Gruppenmitgliedern. Um dem „Hungergefühl“ und dem damit verbundenem Stress entgegen zu wirken, eignen sich faserreiche und voluminöse Futtermittel. BROUNS und EDWARDS (1994) konnten in ihren Untersuchungen durch Einsatz verschiedener Rohfaserträger im Verhalten gravider Sauen weniger Agression gegenüber Gruppengenossen und ruhigeres Verhalten beobachten, was auf eine Steigerung des Wohlbefindens hinweist. Durch die vermehrte Füllung des Magen-Darm-Trakts mit voluminösem Futter wurden die Tiere satt und ruhig, teilweise sogar träge. Auch BERNER (1988) beobachtete günstigere Effekte wie geringere Verletzungen der Schamgegend und Reduktion von Lahmheiten bei Fütterung von Rationen mit hohem Rohfaseranteil. Neben dem

Aspekt der mechanischen Sättigung wird auch der Effekt einer „chemostatischen bzw. metabolischen Sättigung“ diskutiert, die einen längerfristigen Sättigungseffekt erzeugen soll. Von der Dickdarmflora fermentierbare Rohfaser wird hauptsächlich zu kurzkettigen Fettsäuren abgebaut (BECKER et al. 2003). Die Fettsäuren stehen dem Körper nach Absorption über die Darmschleimhaut als Energiequelle zu Verfügung.

Dies konnten VESTERGAARD und DANIELSEN (1998) in ihren Untersuchungen bei Fütterung von RTS bestätigen: In der postprandialen Phase konnten länger anhaltende Acetatgehalte im Blut von Sauen beobachtet werden. Weil die Dickdarmfermentation verzögert und langsamer abläuft als die praecaecale Verdauung kommt es zu einem anhaltenden Sättigungsgefühl (BECKER et al. 2003).

Gleichzeitig bieten die Futtermittel selbst bzw. in Kombination mit der verwendeten Fütterungstechnik, wie z.B. einem Futterautomat, eine länger andauernde Beschäftigungsmöglichkeit, welche Langeweile, Agression gegen Artgenossen und Stereotypien in den Hintergrund drängt, und somit das Wohlbefinden der Tiere steigern kann.

2.3 Einfluss von Fütterung und Haltung auf Puerperalstörungen,