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EXTREMISMUS IN HESSEN – EIN ÜBERBLICK

Im Dokument Rechts extremismus (Seite 23-29)

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rechtsextremismus | Die Nationalde-mokratische Partei Deutschlands (NPD) war in Hessen – wie auch in den Vorjah-ren – kaum handlungsfähig. Das Aktivi-tätsniveau erreichte nicht das ohnehin schon niedrige Niveau früherer Jahre.

Von den elf Kreis- und zwei Unterbe-zirksverbänden waren nur wenige aktiv, öffentlich traten sie selten in Erschei-nung. Nach dem Rücktritt des letzten gewählten Landesvorsitzenden im Ok-tober 2013 führte dessen Stellvertreter den Landesverband kommissarisch.

Obwohl die NPD die EU ablehnt, kämpfte sie um den Einzug in das Euro-päische Parlament. Zwar erhielt die Partei nur einen geringen Zuspruch, es gelang ihr dennoch, nach dem Wegfall der Drei-Prozent-Sperrklausel ihr Minimalziel zu erreichen und mit dem ehemaligen NPD-Bundesvorsitzenden Udo Voigt erstmals einen Abgeordneten in das Eu-ropäische Parlament zu entsenden. Die Wahlkampfaktivitäten in Hessen waren gering. Nur wenige Kreisverbände wa-ren mit Infoständen oder Verteilaktionen in der Öffentlichkeit präsent.

Auf ihrem Bundesparteitag im Novem-ber wurde Frank Franz (Saarland) zum neuen Vorsitzenden der NPD gewählt.

Der hessische Landesverband ist im Bundesvorstand nicht vertreten.

Die neonazistische Szene in Hessen war von anlassbezogenen und kurzzeitig agierenden sowie lose miteinander ver-bundenen Gruppierungen geprägt.

Hauptakteur im neonazistischen Spek-trum war die überregionale Vernet-zungsplattform Freies Netz Hessen

(FNH). Sie versuchte, das neonazistische, aber auch das rechtsextremistische Par-teienspektrum weiter zu vernetzen und dadurch handlungsfähiger zu machen.

Hauptkampagnenthema war „Israel mordet!“ im Zusammenhang mit dem Gaza-Konflikt. Regionale neonazistische Gruppierungen waren vor allem in Süd-hessen und SüdostSüd-hessen aktiv. Im Ver-gleich zum Berichtsjahr 2013 gingen die neonazistischen Aktivitäten in der Re-gion Lumdatal (Landkreis Gießen) deut-lich zurück. Aufgrund ihrer Anziehungs-kraft für manche junge Menschen und ihrer Gewaltorientierung birgt die hessi-sche Neonazi-Szene insgesamt ein ho-hes Gefahrenpotenzial.

Mit ihrer Gründung begann die Partei Der Dritte Weg ein Netz von Stützpunk-ten − zunächst überwiegend in Bayern, Rheinland-Pfalz und Hessen − aufzu-bauen und neue Mitglieder zu gewin-nen. Der bundes- und landesweite Auf-und Ausbau von Stützpunkten dürfte auch künftig einen Schwerpunkt der Parteiarbeit darstellen. Einen inhaltli-chen Schwerpunkt der Aktivitäten der Partei bildet das Thema „Asyl“. Dies ge-schah in Form von entsprechenden Ver-anstaltungen, Beiträgen auf der Inter-netseite der Partei sowie Flugblattver-teilungen im Umfeld von Asylunterkünf-ten. Mit ihren Flugblättern, auch in Hessen, richtete sich die Partei gegen den angeblich ungebremsten Zustrom von Ausländern und die Asylpolitik der Bundesregierung. Mit weiteren Aktio-nen der Partei Der Dritte Weg in Zu-sammenhang mit dem Thema „Asyl“

bzw. der Unterbringung von Asylbe-werbern ist zu rechnen.

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extremismus in Hessen . Die freiheitliche demokratische Grundordnun die freiheitliche demokratische Grundordnung . In ihr sind tragende grUn

güter anerkannt sind. Extremismus in Hessen. Resultierend aus den furchtbaren Erfahru heutige Demokratie

Hessischer Verfassungsschutzbericht 2014

in Deutsch land streitbar und ABWEHRBEREIT . Sie ist willen

Das Thema „Anti-Asyl“ löste bei Rechts-extremisten bereits im Bundestagswahl-kampf 2013 das über mehrere Jahre zentrale Thema „Islamisierung“ zuneh-mend ab und stand im Berichtsjahr im Fokus ihrer Agitation. Dies galt sowohl für den Bereich der rechtsextremisti-schen Parteien als auch für das Neonazi-Spektrum.

Insbesondere aufgrund des Bürger-kriegs in Syrien stiegen die Asylbewer-berzahlen in Deutschland deutlich an, sodass vielerorts entsprechende Unter-künfte eingerichtet wurden und werden.

Rechtsextremistische Parteien und Gruppierungen griffen die bis in das bürgerliche Spektrum hineinreichenden Proteste von Anwohnern gegen Asylbe-werberunterkünfte auf und instrumenta-lisierten diese.

Im Bereich der subkulturell orientierten Rechtsextremisten/Skinheads stagnier-ten sowohl das Personenpostagnier-tenzial als auch das Aktivitätsniveau.

linksextremismus | Im bundesweit agierenden linksextremistisch beein-flussten Blockupy-Bündnis waren unter anderem linksextremistische Gruppie-rungen wie die Interventionistische Linke (IL), das kommunistische, antina-tionale …umsGanze!-Bündnis, die Deutsche Kommunistische Partei (DKP), die Sozialistische Deutsche Arbeiterju-gend (SDAJ) und die LinksjuArbeiterju-gend [‘so-lid] vertreten. In Hessen war Blockupy insbesondere durch den ebenfalls links-extremistisch beeinflussten regionalen Ableger NoTroika Rhein-Main präsent.

Als „Warm-up“ für die im Herbst ge-plante Eröffnung der Europäischen Zen-tralbank (EZB) veranstaltete das Blo-ckupy-Bündnis unter dem Motto „Gren-zenlos solidarisch − für eine Demokratie von unten!“ vom 15. bis 25. Mai europa-weite dezentrale Aktionstage. Als Höhe-punkt des „Blockupy-Festivals“ im No-vember wurde eine Demonstration zum EZB-Neubau durchgeführt. Mit etwa 2.000 Teilnehmern erfuhr die Demons-tration einen hohen Zuspruch.

Darüber hinaus waren die Themen- und Aktionsfelder „Umstrukturierung“ (Anti-gentrifizierung) und die Erhaltung

„selbstverwalteter Freiräume“ weiterhin elementare Handlungsschwerpunkte der autonomen Szene in Hessen. Insbe-sondere in Frankfurt am Main beteiligten sich Linksextremisten, darunter Auto-nome, an Hausbesetzungen, Demons-trationen und Sachbeschädigungen.

Im Rahmen des Aktionsfelds „Antifa-schismus“ kam es in Mittelhessen zu Auseinandersetzungen zwischen der links- und der rechtsextremistischen Szene. Insbesondere führten Linksextre-misten, in der Mehrzahl Autonome, wie auch im vergangenen Jahr Outings ge-gen Rechtsextremisten und von ihnen als rechtsextremistisch angesehene Bur-schenschaften durch.

Vor dem Hintergrund der öffentlichen Debatte über die Flüchtlingspolitik der Bundesrepublik Deutschland und der EU stand − wie im Vorjahr − weiterhin das Themen- und Aktionsfeld „Antirassismus“

im Fokus linksextremistischer Agitation.

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Das LfV stellte die Beobachtung der Par-tei DIE LINKE. als GesamtparPar-tei ein. Wei-terhin werden jedoch verschiedene of-fen linksextremistische Personenzusam-menschlüsse in und bei der Partei DIE LINKE. beobachtet. Zu den offen links-extremistischen Personenzusammen-schlüssen in und bei der Partei DIE LINKE. zählen die Kommunistische Platt-form der Partei DIE LINKE. (KPF), Antika-pitalistische Linke (AKL), Sozialistische Linke (SL), Arbeitsgemeinschaft Cuba Si (Cuba Si), Linksjugend [‘solid], DIE LINKE.Sozialistisch-Demokratischer Stu-dierendenverband (DIE LINKE.SDS).

Islamismus/Salafismus | Der jihadisti-sche Salafismus ist derzeit die größte Bedrohung für die Innere Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland, seine Be-kämpfung eine der größten Herausfor-derungen. Eine besondere Gefahr geht von Rückkehrern aus den Jihad-Kampf-gebieten Syrien und Irak aus. Der Isla-mische Staat (IS) dominiert weiterhin die Geschehnisse im globalen Jihad. Die Ausreisewilligkeit jihadistischer Salafis-ten aus Deutschland und Europa zur Un-terstützung des Kampfes des IS oder an-derer Terrorgruppen in Syrien und im Irak ist weiter gestiegen.

Am 29. Juni rief der IS ein „Kalifat“ in den von ihm besetzten Gebieten in Syrien und im Irak aus. Abu Bakr Al-Baghdadi ernannte sich zum Kalifen „Ibrahim“. Seit September geht eine von den USA an-geführte Allianz mit Luftschlägen gegen den IS auf syrischem und irakischem Staatsgebiet vor. Die Etablierung des

„Kalifats“ durch den IS hat trotz der

öf-fentlich sichtbaren Gräueltaten, zum Bei-spiel in Form von Enthauptungen, eine verstärkende Sogwirkung auf jihadis-tisch radikalisierte Personen. Aufgrund dessen muss mit weiteren Ausreisefällen auch aus Hessen gerechnet werden. Da-mit einhergehend wird auch die Zahl der Rückkehrer ansteigen. Am 12. Sep-tember erließ der Bundesminister des Innern ein vereinsrechtliches Verbot ge-gen die Vereinigung IS. Unter das Ver-bot fällt vor allem auch die Symbolik des IS, die in Deutschland nicht mehr zu Pro-pagandazwecken verwendet werden darf.

Das Spektrum des politischen Salafis-mus in Hessen setzte im Berichtszeit-raum seine Aktivitäten fort. Hessen zählt zu den bundesweiten Schwerpunkten der salafistischen Szene. Regional agie-rende salafistische Gruppierungen, ins-besondere im Rhein-Main-Gebiet, führ-ten Spendensammelaktionen mit dem angegebenen Ziel der Syrienhilfe durch oder richteten Freizeit- und Vortragsver-anstaltungen aus. Ziel dieser Veranstal-tungen ist stets auch die Indoktrination und Mobilisierung der salafistischen Szene. Anlass zur Sorge gibt vor allem die Tatsache, dass die Übergänge zwi-schen politischem Salafismus und jiha-distischem Salafismus zunehmend flie-ßend sind.

Der salafistische Prediger Pierre Vogel führte erneut einen öffentlichen Auftritt im Rhein-Main-Gebiet durch. Im Rah-men einer Veranstaltung in Offenbach wurden wieder öffentliche Konversionen zum Islam durchgeführt.

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extremismus in Hessen . Die freiheitliche demokratische Grundordnun die freiheitliche demokratische Grundordnung . In ihr sind tragende grUn

güter anerkannt sind. Extremismus in Hessen. Resultierend aus den furchtbaren Erfahru heutige Demokratie

Hessischer Verfassungsschutzbericht 2014

in Deutsch land streitbar und ABWEHRBEREIT . Sie ist willen

Die salafistische Koranverteilaktion

„LIES!“ wurde fortgesetzt. Seit Herbst 2011 verteilen vor allem salafistische Missionierungsnetzwerke insbesondere in Deutschland kostenlose Korane. Da-bei reagierten die Akteure auf ord-nungsbehördliches Vorgehen durch die vermehrte Nutzung sogenannter mobi-ler Koranverteilungen. Die Akteure um-gingen damit Anmeldepflichten und konnten zeitlich und örtlich flexibler auf-treten. Nach wie vor stellen diese Ko-ranverteilungen ein Gefährdungspoten-zial vor allem für Jugendliche dar. Sie sind in vielen Fällen der Einstiegskontakt in salafistisches Gedankengut.

Nach der Entmachtung der Muslimbru-derschaft (MB) in Ägypten und ihrer Ein-stufung als terroristische Vereinigung im Jahr 2013 geht die ägyptische Regie-rung repressiv gegen die Mitglieder vor.

Seitens der MB-Sympathisanten in Hes-sen wurde die Entwicklung in Ägypten kritisch zur Kenntnis genommen und zum Teil in Form von Kundgebungen thematisiert.

Das von der Ideologie der Muslimbrü-der getragene Europäische Institut Ver-ein für Humanwissenschaften in Deutschland e.V. (EIHW), dessen Haupt-sitz sich seit der Gründung im Oktober 2013 in Frankfurt am Main befindet, ver-fügt mittlerweile über Zweigstellen in Berlin und München.

Im Spektrum der Millî-Görüş-Bewegung hat die Saadet Partisi (SP) ihre Strukturen in Hessen weiter ausgebaut. Sie ist auch ein Sammelbecken für strenge Anhän-ger der Millî-Görüş-Ideologie, die sich

von der Islamischen Gemeinschaft Millî Görüş (IGMG) lösen und der SP beitre-ten. Demgegenüber verändert sich die IGMG in Richtung Abkehr von der isla-mistischen Millî Görüş-Ideologie. Gleich-wohl bleiben Teilbereiche der IGMG weiterhin dieser Ideologie verhaftet und sind deshalb Teil dieser islamistischen Bestrebung. Die in dieselbe ideologi-sche Richtung agierende Ismail Aĝa Ce-maati (IAC) setzte ihre Predigtreihe un-verändert fort.

allgemeiner ausländerextremismus | Der Krieg gegen den IS bei Kobane (Sy-rien) und Sengal (Irak) war das alles überlagernde Ereignis für die Arbeiter-partei Kurdistans (Partiya Karkerên Kur-distan, PKK) im Jahr 2014. Der gemein-same Kampf von PKK-nahen Verbänden mit den westlichen Alliierten gegen den IS in Syrien und dem Irak trieb auch in Hessen tausende PKK-Sympathisanten auf die Straßen. Im Zuge des Kampfes um Kobane kam es auch zu Rekrutie-rungen kurdisch-stämmiger Jugendli-cher aus Hessen für den dortigen Kampf. In mehr als 100 Demonstratio-nen und Kundgebungen in Hessen seit August wurde der Ruf nach einer Auf-hebung des PKK-Betätigungsverbotes lauter. Die PKK ist seit dem 26. Novem-ber 1993 in Deutschland mit einem Be-tätigungsverbot belegt und steht seit 2002 auf der Terrorliste der Europäi-schen Union (EU). Die Verbotsgründe liegen bis heute vor. Die PKK unterstützt von Deutschland aus eine Terrororgani-sation im Ausland. Dazu werden weiter-hin jährlich Spenden gesammelt und Kurden aus Deutschland zum Kampf re-krutiert.

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Weitere Veranstaltungen − wie zum Bei-spiel die alljährlichen Feiern zum kurdi-schen Neujahrsfest Newroz − standen eindeutig im Schatten der Ereignisse im Nahen Osten oder instrumentalisierten diese, wie etwa das ebenfalls jährlich stattfindende Internationale Kurdische Kulturfestival.

Die türkischen Nationalisten (Graue Wölfe) bestätigten während der bun-desweiten jährlichen Hauptversamm-lung ihres Verbandes der Föderation der Türkisch-Demokratischen Idealistenver-eine in Deutschland (lmanya Demokra-tik Ülkücü Türk Dernekleri Federasyonu, ADÜTDF) Şentürk Doğruyol in seiner Funktion als Vorsitzenden. Wesentliche Aktivitäten des Vorstandes, etwa seine regelmäßigen Sitzungen, finden zumeist in der Zentrale der ADÜTDF in Frankfurt am Main statt. In den Ortsvereinen wur-den ideologische Schulungen für Ju-gendliche durchgeführt. Darüber hinaus bot die ADÜTDF ein breites

Veranstal-tungsprogramm, das neben ideologi-schen Themen auch kulturelle Aspekte umfasste. Neben der Verbandsstruktur der ADÜTDF etablierte sich in den letz-ten Jahren eine gewaltaffine Jugendbe-wegung.

Spionageabwehr | Das Ausspähungsin-teresse ausländischer Nachrichten-dienste an Deutschland blieb auf ho-hem Niveau. Erneut wurden auch Mit-glieder der Gruppe der 20 wichtigsten Industrie- und Schwellenländer (G20) Opfer nachrichtendienstlicher Angriffe.

Unverändert standen neue militärische Forschungserkenntnisse sowie zukunfts-orientierte Technologien im Zentrum von Spionageaktivitäten.

Die IT-gestützte Spionage gewann wei-ter an Bedeutung. Neben der Informati-onsbeschaffung fielen darunter auch Ak-tivitäten, die auf das Schädigen bzw. die Sabotage dieser Systeme zielen.

Rechtsextremismus lehnen die FREIHEITLICHE DEMOKRATISCHE GRUNDORDNUNG

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