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Nach § 1 dient das dUWG dem Schutz der Mitbewerber, der Verbraucher und der All-gemeinheit. Obwohl das öUWG keinen solchen Rechtssatz mit Generalzwecken ent-hält, gilt diese Schutzzwecktrias auch dort als gegeben.471 Man versteht sie als Ableh-nung anderer, nicht wettbewerbsspezifischer Zwecke.472 Fraglich erscheint allerdings, wie sich diese Trias auf den Umstand auswirkt, dass § 8 dUWG und § 14 öUWG, die jeweils berechtigte Stellen unterschiedlicher Provenienz nennen, nur auf bestimmte Tatbestände verweisen. Es wird dabei letztlich einschränkend auf die Schutzzweckthe-orie abgestellt,473 dh., eine Berechtigung der jeweiligen Entität ergibt sich sohin anhand des Zweckes der verletzten Norm. Ähnliches gilt im Speziellen für die Verbände: Sie sind nicht berechtigt, wenn ausschließlich Individualinteressen betroffen sind.474

Darüber hinaus wird diskutiert, inwiefern die Berechtigungen nach § 8 dUWG, § 14 öUWG, § 3 UKlaG und § 29 KSchG abschließend sind; mit anderen Worten: Es ist fraglich, ob auch unmittelbar betroffene Personen, die keiner Kategorie in den genann-ten Normen zugewiesen werden können, berechtigt sein können.475 Gegebenenfalls wird auch hier auf die Schutzzwecktheorie abgestellt.476

I. Die dogmatische Konstruktion hinsichtlich der Mitbewerber

Auch hinsichtlich der Mitbewerber stellt sich die Frage der dogmatischen Einordnung.

470 Siehe Halfmeier, Popularklagen 267 f., wonach die Abmahnung aus der Aufforderung zur Einhaltung des Rechts sowie iaR. aus dem Angebot zum Abschluss eines Unterlassungsvertrages besteht und daher nicht zwingend einen Anspruch voraussetzt; krit. Leipold in Gilles, Effektivität 57, 66.

471 Siehe nur Wiebe, JBl 2007, 69, 71; siehe auch Sosnitza in MüKo, Lauterkeitsrecht I3 § 1 UWG Rn. 12 mwN.;

OGH 4 Ob 113/08h ÖBl 2009/21 (Gamerith); RIS-Justiz RS0071831.

472 BT-Drs. 15/1487, 16.

473 Jestaedt in Ahrens, Wettbewerbsprozess8 Kap. 18 Rn. 6 f.; Kodek/Leupold in Wiebe/Kodek, UWG2 § 14 Rn. 70, 87.

474 Jestaedt in Ahrens, Wettbewerbsprozess8 Kap. 19 Rn. 1; Kodek/Leupold in Wiebe/Kodek, UWG2 § 14 Rn.

71.

475 Beachte auch Art. 11a RL 2005/29/EG, der durch RL (EU) 2019/2161 eingefügt wird; die RL ist bis 28.11.2021 umzusetzen und ab 28.5.2022 anzuwenden.

476 Jestaedt in Ahrens, Wettbewerbsprozess8 Kap. 18 Rn. 6; Kodek/Leupold in Wiebe/Kodek, UWG2 § 14 Rn.

69 f.

Nach § 8 Abs. 3 Nr. 1 dUWG nF. sind Mitbewerber, die Waren oder Dienstleistungen in nicht unerheblichem Maße und nicht nur gelegentlich vertreiben oder nachfragen, be-rechtigt. Nach § 2 Abs. 1 Nr. 3 dUWG ist Mitbewerber jeder Unternehmer, der mit einem oder mehreren Unternehmern als Anbieter oder Nachfrager von Waren oder Dienstleis-tungen in einem konkreten Wettbewerbsverhältnis steht.477 Dieses setzt wenn-gleich nach hM. keine hohen Anforderungen daran zu stellen sind478 –, voraus, dass eine Wechselbeziehung zwischen den Vorteilen des einen und den Nachteilen des an-deren besteht, die ihren spezifischen Grund in der Wettbewerbshandlung hat.479 Es ge-nügt daher nicht, dass das eigene Marktstreben in irgendeiner Art und Weise beein-trächtigt ist.480 Insofern muss eine unmittelbare Betroffenheit vorliegen (können).481 Mithin handelt es sich um einen Individualrechtsschutz.482 Die hM. geht von einem ge-nuinen Anspruch der Mitbewerber nach dUWG aus.483

Etwas diffiziler ist die Situation nach öUWG. Mitbewerber nach § 14 Abs. 1 ist jeder Unternehmer, der Waren oder Leistungen gleicher oder verwandter Art herstellt oder in den geschäftlichen Verkehr bringt. Es wird an dieser Stelle jedoch ein bloß abstraktes Wettbewerbsverhältnis gefordert,484 das auf eine abstrakte Gefährdung hinaus-läuft.485 Der Mitbewerber muss durch die Wettbewerbshandlung des anderen – anders als im Falle des konkreten Wettbewerbsverhältnisses – gerade nicht zwingend tatsäch-lich oder potentiell unmittelbar betroffen sein,486 sondern es genügt, dass die Handlung

477 Krit. zu dieser Voraussetzung: Köhler in Köhler/Bornkamm/Feddersen, UWG39 § 2 Rn. 96.

478 BGH I ZR 43/13 GRUR 2014, 1114; Schmitz-Fohrmann/Schwab in Götting/Nordemann, UWG3 § 8 Rn. 126.

479 BT-Drs. 15/1487, 16; Bähr in MüKo, Lauterkeitsrecht I3 § 2 UWG Rn. 234; Jestaedt in Ahrens, Wettbe-werbsprozess8 Kap. 18 Rn. 20.

480 BGH I ZR 173/12 GRUR 2014, 573; Jestaedt in Ahrens, Wettbewerbsprozess8 Kap. 18 Rn. 20.

481 BGH I ZR 43/13 GRUR 2014, 1114; Schmitz-Fohrmann/Schwab in Götting/Nordemann, UWG3 § 8 Rn. 125;

Ottofülling in MüKo, Lauterkeitsrecht II2 § 8 UWG Rn. 348.

482 Jestaedt in Ahrens, Wettbewerbsprozess8 Kap. 18 Rn. 20.

483 Siehe nur Köhler/Feddersen in Köhler/Bornkamm/Feddersen, UWG39 § 8 Rn. 3.8a mwN. und Jestaedt in Ahrens, Wettbewerbsprozess8 Kap. 18 Rn. 9.

484 OGH 4 Ob 26/04h RdW 2004, 539; RIS-Justiz RS0077678; siehe dazu Görg in Görg, UWG § 14 Rn. 309.

485 Kajaba, ÖBl 1991, 5 (Anm. zu OGH 4 Ob 88/90); Kodek/Leupold in Wiebe/Kodek, UWG2 § 14 Rn. 86.

486 Kajaba, ÖBl 1991, 5 (Anm. zu OGH 4 Ob 88/90) mwN.; Kodek/Leupold in Wiebe/Kodek, UWG2 § 14 Rn. 96 mwN.; Kraft/Steinmair in Kraft/Steinmair, UWG2 § 14 Rn. 28.

geeignet ist, „die Wettbewerbslage irgendwie zu beeinflussen, also den oder die Mitbe-werber in irgendeiner Weise berührt“.487 Das wird damit begründet, dass auch die ein-schlägige Mitbewerbertätigkeit als dem öffentlichen Interesse dienend gilt.488 Nur wenn geradezu jegliche Möglichkeit der Störung fehlt, mangelt es an einer solchen abstrakten Gefährdung.489 Das entspricht im Wesentlichen der alten Rechtslage im dUWG.490 Mei-nes Erachtens steht der Mitbewerber nach öUWG zwischen jenem des dUWG und der Verbandsklage: Auf der einen Seite geht es auch hier von vornherein um die Geltend-machung öffentlicher Interessen;491 dies spricht für eine Prozessstandschaft. Auf der anderen Seite wird tatbestandsmäßig – anders als bei den Verbänden – gefordert, dass zumindest ein abstraktes Wettbewerbsverhältnis bestehen muss. Die hM. stuft die Mit-bewerber jedenfalls als Gläubiger ein.492

Hinsichtlich der Berechtigungen der Mitbewerber wird jeweils die einschränkende An-sicht vertreten, dass es letztlich auf den Schutzzweck der Norm ankommt, ob ein Mit-bewerber gegen eine unlautere Wettbewerbshandlung vorgehen kann.493

II. Unmittelbar betroffene Personen

Grundsätzlich gilt, dass außerhalb der § 8 Abs. 3 dUWG und § 14 Abs. 1 öUWG jede Person Gläubiger sein kann, die durch die Handlung des Störers unmittelbar betroffen ist. Jedenfalls ist dem Grunde nach die Gläubigerschaft von unmittelbar betroffenen Unternehmern anerkannt.494 In Österreich wird darüber hinaus diskutiert, inwieweit auch

487 OGH 4 Ob 26/04h RdW 2004, 539 mwN.

488 OGH 4 Ob 113/08h ÖBl 2009/21 (Gamerith); RIS-Justiz RS0071831; Kajaba, ÖBl 1991, 5 (Anm. zu OGH 4 Ob 88/90); Kodek/Leupold in Wiebe/Kodek, UWG2 § 14 Rn. 86 mwN.

489 Kraft/Steinmair in Kraft/Steinmair, UWG2 § 14 Rn. 32.

490 Köhler in Köhler/Bornkamm/Feddersen, UWG39 § 2 Rn. 96; Jestaedt in Ahrens, Wettbewerbsprozess8 Kap.

18 Rn. 9.

491 Kraft/Steinmair in Kraft/Steinmair, UWG2 § 14 Rn. 27.

492 Kodek/Leupold in Wiebe/Kodek, UWG2 § 14 Rn. 98 ff.; Kraft/Steinmair in Kraft/Steinmair, UWG2 § 14 Rn.

53.

493 Teplitzky, Ansprüche10 Kap. 13 Rn. 5 mwN.; Kodek/Leupold in Wiebe/Kodek, UWG2 § 14 Rn. 87.

494 Jestaedt in Ahrens, Wettbewerbsprozess8 Kap. 18 Rn. 6, 8, 36; der OGH fordert hierbei ein konkretes Wett-bewerbsverhältnis: 4 Ob 118/93; siehe dazu auch Kajaba, ÖBl 1991, 5 ff. (Anm. zu OGH 4 Ob 88/90), der

§ 14 öUWG als nicht abschließende Regelung ansieht; wegen der breiten Definition des abstrakten Wett-bewerbsverhältnisses spielt dies im öUWG aber kaum eine Rolle: Kodek/Leupold in Wiebe/Kodek, UWG2

§ 14 Rn. 98 f.

unmittelbar betroffene Verbraucher Gläubiger nach öUWG sein können.495 In Deutsch-land steht man dem – trotz § 1 dUWG – abweisend gegenüber.496

Etwas anderes gilt hinsichtlich AGB. Es ist einhellig anerkannt, dass der jeweiligen un-mittelbar betroffenen Person ein Unterlassungsanspruch gegen den Störer zusteht.497 Das ergibt sich allerdings nicht aus dem UKlaG oder dem KSchG, sondern nach allge-meinen Regeln. Das Individualverfahren unterscheidet sich jedenfalls von dem Ver-bandsverfahren, weil hierbei der Prüfungsmaßstab ein anderer ist.498