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5 ERGEBNISSE

5.7 Evolutionäre Analysen des Contig 1

Die ermittelte Klasse-I-Nukleotid-Sequenz des BAC-Klons 487C11 wurde mit den bisher bekannten Klasse-I-Genen von Microcebus murinus und anderer Spezies auf ihre orthologe Beziehungen untersucht (FLÜGGE et al. 2002, SHIINA et al. 1999, KULSKI et al. 2004).

5.7.1 Vergleich des

NFKBIL 1- STG - Intervalls bei Microcebus murinus und

beim Menschen

Der im Banken-Screening sowie in der Southernblot-Hybridisierung MHC-Klasse-I positive BAC-Klon 487C11, wurde von Herrn Dr. Takashi Shiina (Tokai University School of Medicine Isehara, Japan) sequenziert. Die von Dr. Shiina ermittelte Sequenz wurde zur Verfügung gestellt und anschließend ausgewertet.

Die sequenzierte Region umfasst insgesamt 250251 bp. Mit Hilfe des Programms „Blast 2 Sequences“ erfolgte die Analyse der ermittelten Sequenz. Es sollte herausgefunden werden, ob die Framework-Gene des Menschen ebenfalls bei Microcebus murinus vorkommen, ob diese in der gleichen Reihenfolge vorliegen und wie die Größenverhältnisse zueinander sind. Des weiteren sollte geklärt werden, ob die Orientierung der Gene auf dem Chromosom identisch sind, wie groß die Abstände zu den Nachbar-Genen sind und wie hoch die Sequenzhomologie (%) der einzelnen Gene ist.

Zunächst wurden bekannte Gensequenzen (NCBI-Genbank) der in der Region lokalisierten Framework-Gene mit der Microcebus murinus-Sequenz verglichen. Die beim Menschen vorkommenden Framework-Gene des NFKBIL1-STG-Intervalls NFKBIL1, ATP6V1G2, BAT1, POU5F1, TCF19, HCR, SPR1 und STG konnten beim Microcebus murinus lokalisiert werden.

Ebenfalls konnte eine identische Reihenfolge sowie die gleiche Orientierung dieser Gene zu den humanen Framework-Genen festgestellt werden (Abb. 35). Obwohl die Region zwischen den Genen BAT1 und POU5F1 beim Menschen ca. 236 kb größer als die des Microcebus murinus ist,

sind die Größen der Framework-Gene sowie die Abstände zu den jeweiligen Nachbar-Genen ähnlich. Die Homologien der Framework-Gene des Microcebus murinus zum Menschen wurden anhand der cDNA der einzelnen Gene ermittelt und lagen im Durchschnitt bei ca. 90 % (siehe Tab.

16). Der Vergleich der Microcebus murinus-Sequenz mit verschiedenen HLA- und MIC-Sequenzen zeigte, dass ein Klasse-I-Gen und ein MIC-Gen in dieser Region vorkommen, die jedoch beide nicht eindeutig einer HLA- (z.B. HLA-B oder HLA-C) bzw. MIC- (z.B. MICA oder MICB) Sequenz zuzuordnen sind. Die Homologie zu den humanen Klasse-I-Genen lag im Durchschnitt bei ca. 87

%. Die Ergebnisse bestätigen die Framework-Hypothese, nach der die Ankergene im Verlauf der Evolution hoch konserviert bleiben (AMADOU 1999), während die MHC-Klasse-I-Gene durch Deletionen und Duplikationen fortlaufenden Veränderungen unterliegen (PIONTKIVSKA u. NEI 2003). Hieraus erklärt sich dann auch der Größenunterschied der beiden NFKBIL1-STG-Intervalle.

Im humanen MHC liegen in dieser Region die beiden Gene HLA-B und HLA-C sowie die beiden MIC-Gene MICA und MICB vor. Zusätzlich sind noch ein Exon 1, ein Exon 3, ein Exon 7 und vier Exon 4 von HLA-B zu finden, während der Microcebus murinus ausschließlich ein MHC-Klasse-I-Pseudogen und ein MIC-MHC-Klasse-I-Pseudogen besitzt.

Tabelle 14: Sequenzierte Gene in der NFKBIL1-STG-Region bei Microcebus murinus und beim Menschen.

Exon 4 220 minus

Exon 7 42 plus

Exon 3 230 minus

Exon 4 229 minus

POU5F1 4432 6037 1416 92 plus

TCF19 1967 3286 1080 89 minus

HCR 10611 14352 2349 90 plus

SPR1 1041 1076 1491 88 plus

STG 1168 1174 978 81 plus

Abbildung 35: Vergleich der Sequenz des Contigs 1 von Microcebus murinus und vom Menschen. Bei Microcebus murinus ist die Orientierung des Contigs 1 bezüglich Centromer (Cen.) und Telomer (Tel.) noch nicht bekannt. Die Größe des NFKBIL-STG-Intervalls ist in kb dargestellt.

5.7.2 Vergleich der MHC-Klasse-I-Sequenz des BAC-Klone 487C11 von Microcebus murinus mit MHC-Klasse-I-Sequenzen anderer Spezies

Zur Feststellung, ob die ermittelte MHC-Klasse-I-Sequenz des Pseudogens von Microcebus murinus (siehe Kap. 5.7.1) Homologien zu bekannten Klasse-I-Genen anderer Spezies aufweist, wurde die Nukleotidsequenz des BAC-Klons 498C11 mit den Klasse-I-Sequenzen der bereits bekannten Microcebus murinus Sequenzen (FLÜGGE et al. 2002) sowie den Klasse-I-Sequenzen anderer, ausgewählter Primaten verglichen (siehe Abb. 36). Die ermittelte Sequenz des Pseudogens weist, mit einer durchschnittlichen Homologie von jeweils 86 %, eine hohe Ähnlichkeit zu den bisher bekannten Mausmaki-Klasse-I-Sequenzen auf. Die Ähnlichkeit der Sequenz im Vergleich zu den anderen Primatenarten lag ebenfalls zwischen 80 % und 86 %, so dass keine eindeutige Zuordnung der Pseudogen-Sequenz erfolgen konnte.

Zur weiteren Untersuchung, ob es überhaupt bekannte Sequenzen gibt, die eine hohe Ähnlichkeit zu der Pseudogen-Sequenz aufweisen, wurde ein Genbaum erstellt. Zunächst wurden alle Sequenzen mit Hilfe des Programms ClustalX untereinander verglichen (aligniert). Anhand der Daten konnten anschließend die phylogenetischen Distanzen mit der neighbor-joining-Methode berechnet werden.

Die berechneten Daten konnten abschließend mit Hilfe des Programms MEGA 2.0 in Form eines Genbaums dargestellt werden (siehe Abb. 36). Die statistische Analyse erfolgte bei der Darstellung des Genbaums durch den Internal-Branch-Test mit 500 Wiederholungen.

Anhand des Genbaums ist zu erkennen, dass die Microcebus murinus Sequenzen so viel Ähnlichkeit zu den Sequenzen der zum Vergleich herangezogenen Primaten haben, dass sie mit ihnen ein Cluster bilden, das von den Nicht-Primaten abgegrenzt ist. Bei den Primaten untereinander bilden die Halbaffen (Strepsirrhini) und die Altwelt- (Catarrhini) und Neuweltaffen (Platyrrhini) ein eigenes Cluster. Alle bisher bekannten Sequenzen von Microcebus murinus besitzen keine besondere Ähnlichkeit zu den humanen HLA-A, HLA-B, HLA-C, HLA-E, HLA-G oder HLA-F-Genen, so auch nicht das ermittelte Pseudogen (Mimu-class-I-Ψ; Abb. 37) des NFKBIL1-STG-Intervalls. Die größere phylogenetische Distanz zu den funktionellen Microcebus murinus-Klasse-I-Genen (Mimu-W01, Mimu-W02, Mimu-W03 und Mimu-W04) lässt in diesem Zusammenhang auf ein älteres Pseudogen schließen, da dass aus der Ansammlung von Mutationen hervorgegangen ist.

Zusammenzufassen ist, dass das Pseudogen wie die bekannten Microcebus murinus-Gene paralog zu den funktionellen humanen Klasse-I-Genen sowie zu den MHC-Klasse-I-Genen der höheren

Primaten ist und daher keine Orthologie der Klasse-I-Gene von Microcebus murinus, Catharrhini und Platyrrhini im NFKBIL1-STG-Intervall festgestellt werden konnte.

Abbildung 36: Genbaum der beim Microcebus murinus für den Bereich NFKBIL1-STG ermittelten Klasse-I-Sequenz und bekannter MHC-Klasse-I-Sequenzen verschiedener Primaten und Nichtprimaten. Die Sterne an den Ästen geben eine Signifikanz von p‹0,05 im Internal-Branch-Test an. Die für den Vergleich verwendeten Sequenzen stammen aus der NCBI Genbank. Die in dem Baum verglichenen Gene sind folgenden Tierarten zuzuordnen: H2-Kd: Mus musculus, RT1-Au: Rattus norvegicus, Bota: Bos taurus, Susc: Sus scrofa, Feca: Felis catus, Cafa:

Canis familiaris, Mimu: Microcebus murinus, Nypy: Nycticebus pygmanus, Mamu: Macaca mulatta, Hyla: Hylobates lar, Patr: Pan troglodytes, Gogo: Gorilla gorilla, Pipi: Pithecia pithecia, Atbe: Ateles belzebuth, Aotr: Aotus trivirgatus, Sasc: Saimiri sciureus, Lero: Leontopithecus rosalia, Saoe: Saguinus oedipus, Safu: Saguinus fuscicollis.