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Das Ziel der vorliegenden Arbeit war die Erstellung einer kompletten Genkarte der MHC-Klasse-I-Region des Microcebus murinus und der evolutionäre Vergleich mit anderen Spezies. Als Grundlage für die Erstellung einer physikalischen Karte diente die BAC-Bank „CHORI-257“. Mit Hilfe spezifischer Sonden sollten die Klasse-I-Gen-tragenden Klone identifiziert und eine physikalische Karte der MHC-Klasse-I-Region erstellt werden.

Über den homologen MHC-Klasse-I-Genkomplex des Microcebus murinus ist im Vergleich zum MHC des Menschen, der Ratte, der Maus und des Rhesusaffen (AMADOU et al. 1999, THE MHC SEQUENCING CONSORTIUM 1999, DAZA-VAMENTA et al. 2004, HURT et al. 2004) bisher sehr wenig bekannt. Für das Verständnis des Multigensystems ist die Aufklärung der genomischen Organisation des MHC von Microcebus murinus, die Anzahl der Klasse-I-Gene sowie deren Anordnung und Funktion von großer Bedeutung. Weiterhin ist sowohl die Entdeckung und Kartierung der in der Evolution konservierten Gene der Klasse-I-Regionen wichtig, um im Vergleich mit bereits bekannten Daten einen Einblick in die Evolution als auch in die Dynamik dieses Gensystems zu gewinnen. Die Kenntnis der genomischen Struktur des MHC von Microcebus murinus kann eine weitere Möglichkeit bieten, Primaten als Tiermodell bei der Erforschung von MHC-assoziierten Erkrankungen zu nutzen. Bisher werden z.B. Schimpansen und Rhesusaffen in der AIDS- sowie in der Hepatitis B- Forschung eingesetzt (BONTROP et al. 1996, MUCHMORE 2001, SAUERMANN 2001). Auch Callithrix jacchus wird häufig als Modell für die Erforschung der Multiplen Sklerose (MASSACESI et al. 1995, GENAIN u. HAUSER 1997) verwendet.

Im Verlauf der Arbeit konnte ein wesentlicher Teil der MHC-Klasse-I-Region strukturell analysiert und damit ein großer Schritt zur Entschlüsselung des Microcebus murinus-MHC erzielt werden.

Der analysierte Bereich des Microcebus murinus-MHC wurde in vier Contigs aus sich überlappenden BAC-Klonen physikalisch kartiert und ist im Anhang synoptisch dargestellt.

Die zur Konstruktion der physikalischen Karte benötigten BAC-Klone konnten mit Hilfe eines mehrfachen Screenings der BAC-Bank identifiziert und beim BACPAC Resources Center angefordert werden. Die BAC-Bank besteht aus dem kompletten Genom eines weiblichen Microcebus murinus, das mit dem Restriktionsenzym EcoRI und einer EcoRI-Methylase geschnitten und anschließend in den Vektor pTARBAC2.1 kloniert wurde. Nach den Angaben des Herstellers sollte die durchschnittliche Länge der Inserts 220 kb betragen, wobei jeder Klon in

Duplikation auf eine Nylon-Membranen aufgetragen wurde. Da es sich hierbei um eine genomische Bank handelte, wurde davon ausgegangen, dass mit Hilfe der spezifischen Klasse-I-Sonde alle Klasse-I-Gen-tragenden Klone identifiziert werden konnten, die durch zusätzliches Screening mit verschiedenen Framework-Genen einem Contig zugeordnet werden konnten.

Die einzelnen Versuche zeigen, dass die aus dem Menschen, der Ratte, der Maus und aus dem Rhesusaffen bekannten Framework-Gene (AMADOU et al. 1999; THE MHC SEQUENCING CONSORTIUM 1999; DAZA-VAMENTA et al. 2004; HURT et al. 2004) auch bei Microcebus murinus in der NFKBIL1-STG-Region an den entsprechenden Positionen und in der gleichen Reihenfolge vorhanden sind (Abb. 35). Die Lage weiterer Klasse-I-Gencluster konnte ebenfalls anhand bereits bekannter Daten zwischen den Framework-Genen CAT56 und TRIM26 (Contig 2) sowie PPP1R11 und MOG (Contig 3) festgelegt werden. Die Lagebestimmung des Contigs 4 stellte sich als schwierig heraus, da die entsprechenden BAC-Klone ausschließlich das Framework-Gen TRIM26 und MHC-Klasse-I-Gene tragen. Die Ergebnisse der Hybridisierungen mit den Framework-Gen-Sonden sprechen für ein hohes Maß an Konserviertheit und unterstützen die Framework-Hypothese von AMADOU (1999), nach der die Klasse-I-Gene in Clustern angeordnet sind und zwischen den orthologen Framework-Genen liegen. Weitere Klasse-I-Regionen wie die in der erweiterten Klasse-II-Region gelegene Klasse-I-Region bei der Ratte (LAMBRACHT-WASHINGTON et al. 2000, GÜNTHER u. WALTER 2001) und der Maus (HANSON u.

TROWSDALE 1991), konnten bei Microcebus murinus nicht gefunden werden (Abb. 32-34). Da diese Region anscheinend ausschließlich bei den Nagern vorhanden ist, unterstützten die Hybridisierungsergebnisse diese Annahme und reihen sich in die bekannten Daten anderer Säugetiere wie z.B. des Rhesusaffen (DAZA-VAMENTA et al. 2004) und des Menschen (THE MHC SEQUENCING CONSORTIUM 1999) ein. Anhand der BAC-Klone der Contigs 1 bis 3 lässt sich ein Minimalcontig der Klasse-I-Region erstellen, das mindestens 900 kb umfasst. Wird zusätzlich das Contig 4 berücksichtigt und dass die Contigs untereinander nicht überlappen, kann für die MHC-Klasse-I-Region des Microcebus murinus mit einer Gesamtlänge von mehr als 1,5 Mb gerechnet werden. Aus den einzelnen Contigs gehen die anwesenden Gene und deren Reihenfolge hervor. Eine detaillierte Größenangabe der einzelnen Contigs sowie Größenangabe der Abstände zwischen den einzelnen Genen ist bis auf das Contig 1 nicht dokumentiert, da die Bestimmungen umfangreiche Sequenzierungsarbeiten erfordern, die im Rahmen dieses Projekts nicht durchgeführt werden konnten.

Die Untersuchung der Klasse-I-Regionen auf die Anwesenheit von MIC-Genen war ein weiterer Aspekt der Arbeit. Es ist bekannt, dass die Expression der MIC-Gene auf epitheliale Gewebe wie z.B. das Darmepithel sowie in epithelialen Tumoren beschränkt ist. Sie stellen Liganden für die NKG2D-Rezeptoren der NK-Zellen dar (BAUER et al. 1999) und ihre Expression wird u.a. durch Stress induziert (GROH et al. 1996). Im Gegensatz zum Menschen fehlen die MIC-Gene bei den Nagern (BAHRAM et al. 1994, IOANNIDU et al. 2001). Vorausgegangene Untersuchungen haben gezeigt, dass MIC-Gene im Genom des Rhesusaffen (Macaca mulatta) vorhanden sind und auch exprimiert werden (SEO et al. 1999, 2001, FLÜGGE 2003). Wie auch beim Menschen besitzen die Rhesusaffen nicht immer alle MIC-Gene, jedoch mindestens ein MIC-Gen. Mit Hilfe einer Sonde für das MIC-Gen wurde ein Screening der BAC-Bank sowie der hergestellten Southernblots durchgeführt. Von den bereits vorhandenen BAC-Klonen der Klasse-I-Gen-Untersuchungen konnten sechs Klone in der Southernblot-Analyse detektiert werden. Die BAC-Klone 487C11, 570O05, 575D18, 456N07, 556H07 gehören in das Contig 1, während der BAC-Klon 498E13 in das Contig 3 gehört. Im Vergleich mit bisher publizierten Daten des Menschen (THE MHC SEQUENCING CONSORTIUM 1999), des Rhesusaffen (SEO et al. 1999, 2001, FLÜGGE 2003) und des Schimpansen (ANZAI et al. 2003) wird ersichtlich, dass auch bei Microcebus murinus MIC-Gene vohanden sind, sie dennoch nicht in jeder MHC-Klasse-I-Region vorkommen. Auch sind die detektierten MIC-Gene nicht unbedingt funktionelle Gene, sondern können als Pseudogene ohne weitere Funktion auftreten.

6.1 Physikalische Kartierung des

BAT1 – TCF19 – Intervalls (Contig 1)

Das ca. 250 kb große Contig 1 schließt an die MHC-Klasse-III-Region an. Die Klasse-I-Region wird von den in der Evolution konservierten Framework-Genen BAT1 und POU5F1 begrenzt und hat eine Größe von ca. 120 kb. Die orthologen Regionen haben beim Menschen eine Länge von ca.

350 kb (THE MHC SEQUENCING CONSORTIUM 1999), beim Rhesusaffen ca. 1300 kb (DAZA-VAMENTA et al. 2004) und bei der Ratte ca. 360 kb (HURT et al. 2004).

Mit Hilfe des Screening der BAC-Bank wurden 5 Klone identifiziert, die zu einem singulären Contig (Contig 1) zusammengesetzt wurden. Die Ergebnisse der MHC-Klasse-I-Hybridisierung zeigten, dass dieses Contig nur ein MHC-Klasse-I-Gen enthält, das in zwei verschiedene Allelen

vorkommt und so auf ein an diesem Genort heterozygotes Tier schließen lässt. Die Sequenzierung des Klones 487C11 und der Vergleich der erhaltenen Sequenz mit vorhandenen Daten des Menschen zeigten, dass von den insgesamt sequenzierten 250 kb ca. 120 kb die Klasse-I-Region umfasst. Die Klasse-I-Region des Microcebus murinus hat demnach nur ein Drittel der Größe der Klasse-I-Region des Menschen, die die Klasse-I-Gene HLA-B und HLA-C sowie die beiden MIC-Gene, MICA und MICB beinhaltet. Die Untersuchung dieser Region war von besonderem Interesse, da diese Klasse-I-Region den ausgeprägtesten Polymorphismus bei den einzelnen Spezies zeigt. Der Rhesusaffe besitzt hier z.B. 19 Mamu-B-Gene, die Ratte 16 RT1-Gene und das Schwein 3 Klasse-I-Gene (CHARDON et al. 2000), so dass der Microcebus murinus mit einem Klasse-I-Pseudogen anscheinend eine Sonderstellung einnimmt.

Der Vergleich der Sequenz von Microcebus murinus und der des Menschen zeigen, dass die Abfolge der Framework-Gene und deren Orientierung untereinander identisch sind, die Größe der Framework-Gene dagegen gering abweichen. Ein eindeutiger Unterschied liegt in der Anordnung und Größe der MHC-Klasse-I-Gene und der MIC-Gene sowie im Abstand der einzelnen Gene zueinander vor. Die Sequenzen der Framework-Gene weisen eine hohe Homologie (Tab. 14) zu den bekannten Sequenzen des Menschen auf. Dagegen konnten die Sequenzen des MHC-Klasse-I-Gens sowie des MIC-Gens von Microcebus murinus nicht eindeutig einem homologen Klasse-I- bzw.

MIC-Gen zugeordnet werden (Tab. 14), wodurch das Vorhandensein eines MHC-Klasse-I-Pseudogens und eines MIC-MHC-Klasse-I-Pseudogens unterstrichen wird. Ein zusätzlich interessanter Aspekt ist, dass im Gegensatz zur HLA-B/C-Region des Menschen das Klasse-I-Gen sowie das MIC-Gen des Microcebus murinus in umgekehrter Reihenfolge auftreten. In diesem Fall liegt das Klasse-I-Gen vor dem MIC-Gen. Daraus wird ersichtlich, dass in diesem Bereich entscheidende evolutionäre Veränderungen in Bezug auf die Lage und Funktion der Klasse-I- sowie der MIC-Gene stattgefunden haben. Als Resultat ist zusammenzufassen, dass Microcebus murinus zwar ein Klasse-I-Gen in der HLA-B/C entsprechenden Region besitzt, jedoch das MHC-Klasse-I-Gen sowie das MIC-Gen als Pseudogen auftritt. Es sind demnach keine funktionellen Klasse-I-Gene im Contig 1 vorhanden, wodurch sich der Microcebus murinus von allen bisher untersuchten Säugetieren abhebt. Aus evolutionärer Sicht ergibt sich daraus, dass das Klasse-I-Gencluster im Vergleich zum Menschen an identischer Position im MHC vorkommt und dass das Klasse-I-Gen paralog zum MIC-Gen ist.

Anhand der Sequenz des BAC-Klons 487C11 wurde in einer Stammbaumanalyse die phylogenetische Beziehung des Klasse-I-Gens näher untersucht. Das gefundene MHC-Klasse-I-Gen wurde mit bekannten M. murinus-Klasse-I-Genen (FLÜGGE et al. 2002) und Klasse-I-Genen weiterer Spezies aus der NCBI-Datenbank verglichen. Im Genbaum konnten sowohl paraloge als auch orthologe Beziehungen festgestellt werden. Die neue Microcebus murinus-Sequenz besitzt keine hohe Homologie zu den bisher bekannten Microcebus murinus-Sequenzen (FLÜGGE et al.

2002), sondern stellt einen eigenen Ast des Microcebus murinus-Clusters dar (Abb. 36). Die Homologie der Sequenzen dieser Lemuren-Gruppe ist dennoch ausreichend, um die Klasse-I-Gene überhaupt den Primaten zuordnen zu können. Des weiteren scheint die Orthologie zu den Klasse-I-Genen der Alt- und Neuweltaffen nach der Trennung der Strepsirrhini und Haplorrhini vor ca. 70 Mio. Jahren verloren gegangen zu sein. Im Gegensatz zu den Altweltaffen und den Neuweltaffen, deren Klasse-I-Gene den humanen HLA-A-, HLA-B-, HLA-E-, HLA-F- und HLA-G-Genen bzw. nur den HLA-G-Genen zugeordnet werden, ist eine direkte Zuordnung der Klasse-I-Gene des Microcebus murinus nicht möglich. Der Grund für die paraloge Beziehung der Klasse-I-Gene zueinander sind Duplikationen und Deletionen von Mitgliedern der MHC-Klasse-I-Genfamilien im Laufe der Evolution (HUGHES u. NEI 1989, NEI et al. 1997), durch die sich die Gene speziesspezifisch gruppieren.

6.2 Physikalische Kartierung des

CAT56 – TRIM26 – Intervalls (Contig 2)

Entsprechend der in der Literatur beschriebenen Klasse-I-Regionen des Menschen, des Rhesusaffen und der Nager (THE MHC SEQUENCING CONSORTIUM 1999, DAZA-VAMENTA et al. 2004, HURT et al. 2004), wurden die Klasse-I-positiven BAC-Klone, die positiv mit einem oder mehreren der Famework-Gene FLJ13158, CAT56, GNL1, TRIM39 und TRIM26 hybridisierten in das Contig 2 eingeordnet.

Ein Ende des Contigs 2 wird aus den konservierten Gene FLJ13158, CAT56 und GNL1 gebildet, an die sich eine Klasse-I-Region anschließt, die sich bis zum Framework-Gen TRIM39 erstreckt und eine zweite MHC-Klasse-I-Region, die sich zwischen den Framework-Genen TRIM39 und TRIM26 anschließt. Die Länge dieser Klasse-I-Regionen lassen sich bisher nur anhand der Insertgrößen vorhandener BAC-Klone, die das gesamte Contig umspannen, abschätzen. Beim Rhesusaffen sowie

Menschen umfasst die Region zwischen den Framework-Genen 200 kb bzw. 300 kb, während sie bei der Ratte mit ca. 800 kb fast die dreifache Länge ausmacht. Die zweite Klasse-I-Region hat dagegen beim Rhesusaffen (160 kb) und beim Menschen (140 kb) einen ähnlich großen Umfang, ist jedoch bei der Ratte mit 270 kb fast doppelt so groß. Abgeleitet von den Hybridisierungsergebnissen der Southernblots enthält das Contig 2 zwei I-Gene. Ein Klasse-I-Gen stellt sich, wie bereits das Klasse-Klasse-I-Gen des Contigs 1, in zwei Allelen dar und liegt zwischen den Framework-Genen CAT56 und TRIM39. Das andere Klasse-I-Gen liegt zwischen den Framework-Genen TRIM39 und TRIM26. Erstaunlich ist, dass auch in diesen beiden MHC-Genclustern nur jeweils ein Gen vorkommt. Man hätte vermuten können, dass Klasse-I-Gene des ersten Contigs durch Translokationen in das zweite Contig gelangt sind und hier die funktionellen Gene liegen, die im Contig 1 nicht gefunden werden konnten. Beim Menschen und beim Rhesusaffen liegt in diesem Bereich das relativ hoch konservierte Gen HLA-E bzw. Mamu-E, bei der Ratte kommen jedoch wesentlich mehr Klasse-I-Gene vor, so dass anhand der Sequenzierung dieser Region geklärt werden muss, ob diese beiden Klasse-I-Gene des Microcebus murinus funktionell sind und ob sie ebenfalls ortholog zum humanen HLA-E sind.

MIC-Gene konnten in dieser Region nicht gefunden werden. In der Literatur sind beim Menschen (THE MHC SEQUENCING CONSORTIUM 1999) und beim Schimpansen (ANZAI et al. 2003) MIC-Gene in der Klasse-I-Region zwischen den Framework-Genen GNL1 und TRIM39 beschrieben, während beim Rhesusaffen (DAZA-VAMENTA et al. 2004) in dieser Region keine MIC-Gene vorkommen. Es scheint, dass es in der evolutionären Entwicklung der MIC-Gene irgendwann einen Bruch gegeben haben muß und das MIC-Gen beim Rhesusaffen und beim Microcebus murinus weggefallen ist.

6.3 Physikalische Kartierung des

PPP1R11 – MOG – Intervalls (Contig 3)

Die Klasse-I-Region dieses Contigs liegt zwischen den Framework-Genen PPP1R11 und MOG.

Bei der Ratte fällt diese Region mit ca. 100 kb relativ klein aus, während sie beim Menschen ca.

400 kb und beim Rhesusaffen ca. 800 kb ausmacht. Gerade beim Rhesusaffen liegen hier viele Gene, während beim Menschen nur HLA-A, HLA-G und HLA-F-Gene sowie acht Klasse-I-Pseudogene und bei der Ratte nur vier Klasse-I-Gene vorkommen. Beim Microcebus murinus

wurden anhand der Southernblot-Analyse zwei Klasse-I-Genfragmente gefunden, woraus zu schließen ist, dass hier ein oder zwei Klasse-I-Gene vorkommen. Wie bereits im Contig 1 und Contig 2 wird beim Vergleich der beiden BAC-Klone des Contig 3 deutlich, dass die Klasse-I-Hybridisierung zwei verschiedene Allele aufweist. Die Klasse-I-Hybridisierung mit den Framework-Genen PPP1R11 und MOG zeigt jeweils zwei verschiedene Hybridisierungsmuster. Es ist davon auszugehen, dass hier eine Duplikation der Gene MOG und PPP1R11vorliegt, die haplotyp-spezifisch (498E13) ist, da der andere Haplotyp (392K18) die Duplikation nicht zeigt. Der Klon 498E13 besitzt zwei MIC-Genfragmente, bei denen es ebenfalls zu klären ist, ob es sich um ein oder zwei MIC-Gene handelt. Da der Klon 392K18 kein MIC-Gen besitzt ist davon auszugehen, dass an dieser Stelle ein An-/Abwesenheitspolymorphismus des MIC-Genes vorliegt, der durch den ebenfalls vorliegenden Polymorphismus der Klasse-I-Gene unterstützt wird.

Weiterhin ist interessant, ob hier funktionelle MIC-Gene oder Pseudogene lokalisiert sind.

Nach Sequenzierung der BAC-Klone des PPP1R11-MOG–Intervalls ist eine nähere Untersuchung der Region erstrebenswert, da das Framework-Gen MOG mit der Erkrankung der Multiplen Sklerose assoziiert ist und somit ein Beitrag zu Erforschung dieser Krankheit geleistet werden könnte.

6.4 Physikalische Kartierung der zusätzlichen TRIM26 – Region (Contig 4)

Neben den BAC-Klonen, die mit den Framework-Genen TRIM39 und TRIM26 positiv hybridisieren und in das Contig 2 eingeordnet wurden, gibt es 9 weitere BAC-Klone, die ausschließlich mit dem Framework-Gen TRIM26 hybridisieren und deren MHC-Klasse-I-Hybridisierungsmuster mit vier, fünf oder sieben positiven Banden stark von den anderen Klonen abweichen. Die aktuelle Literatur beschreibt beim Menschen ein zusätzliches Trim26-Pseudogen innerhalb dieser MHC-Klasse-I-Region (HORTON et al. 2004), so dass es möglich ist, dass auch Microcebus murinus ein zusätzliches TRIM26-Gen besitzt, in dessen Nähe die funktionellen Klasse-I-Gene liegen. Ungewöhnlich erscheint, dass bei allen bestellten BAC-Klonen kein Klon gefunden werden konnte, auf dem die beiden Framework-Gene TRIM26 und TRIM15 lokalisiert sind und somit eine Lücke zwischen dem zweiten und dem dritten Contig bestehen bleibt. Bei der Erstellung der Genkarte wurde davon ausgegangen, dass die Abfolge der einzelnen Framework-Gene und

somit der MHC-Klasse-I-Gencluster den bisher untersuchten Spezies ähnelt. Demnach könnte die Abfolge der einzelnen Contigs wie folgt sein: Contig 1 - Contig 2 - Contig 3, (Contig 4 ?). Unter Berücksichtigung, dass eine Zuordnung des Contigs 4 bisher nicht erfolgen konnte und bereits beim Menschen in der TRIM26-Region ein zusätzliches TRIM26-Gen gefunden wurde, ist es möglich, dass das Contig 4 in der Lücke zwischen Contig 2 und 3 lokalisiert ist. Die Enden der Contigs 2 und 3 würden dann vom TRIM26 bzw. TRIM15 gebildet werden. Beim Menschen, dem Rhesusaffen und der Ratte liegen diese beiden Gene nur 1 bis 23 kb auseinander. Es wäre also durchaus zu erwarten gewesen, dass bei Microcebus murinus auch Klone zu identifizieren wären, die beide Gene enthalten. Diese konnten unter den TRIM26-positiven BAC-Klonen nicht identifiziert werden. Dies ist ein überraschender Befund. Eine Erklärung dafür könnte sein, dass der Abstand zwischen TRIM26 und TRIM15 bei Microcebus murinus viel größer als beim Menschen (12 kb) oder beim Rhesusaffen (23 kb) ist. In diesem Fall wäre die Abfolge der Contigs wie folgt: Contig 1 – Contig 2 – Contig 4 – Contig 3. Eine weitere mögliche Schlussfolgerung wäre allerdings, dass die Contigs 2 und 3 auf unterschiedlichen Armen eines Chromosoms liegen, bzw. das Contig 3 auf ein anderes Chromosom transloziert wurde. In diesem Zusammenhang ist interessant, dass beim MHC der Hauskatze am TRIM26-Gen ein chromosomaler Bruchpunkt identifiziert wurde. Durch eine chromosomale Inversion ist das TRIM26-MOG-Intervall an das telomere Ende transloziert worden (BECK et al. 2005). Eine Klärung, ob eine derartige chromosomale Inversion auch bei Microcebus murinus vorliegt, wird zur Zeit mit Herrn Prof. Schempp (Universität Freiburg) angestrebt. Mit Hilfe der Fluoreszenz –in situ-Hybridisierung (FISH) soll eine chromosomale Kartierung des Contigs 4 erfolgen, die Aufschluss über die Lage des Contigs innerhalb des Genoms geben soll.

6.5 Vergleich der MHC-Klasse-I-Regionen des Microcebus murinus mit verschiedenen Spezies

In Anlehnung an eine Hypothese, die sich auf die Evolution von MHC-Klasse-Regionen bezieht, wird ein sogenanntes framework durch konservierte Gene mit essentiellen Funktionen gebildet (AMADOU 1999). Diese Regionen blieben im Verlauf der Evolution in ihren ursprünglichen Strukturen erhalten, während die dazwischen liegenden, permissiven Regionen einer kontinuierlichen Veränderung unterliegen. Sie enthalten die Klasse-I-Gene sowie Duplikationen

oder Deletionen der Framework-Gene. Sowohl zwischen den einzelnen Spezies als auch innerhalb einer Spezies bestehen Unterschiede in der Länge der Klasse-I-Regionen, die als Expansion oder Deletion innerhalb eines framework bezeichnet werden.

Beim Menschen, Rhesusaffen, Schimpansen, Schwein, den Nagern und bei Microcebus murinus kommen sowohl die Framework-Gene als auch die Klasse-I-Regionen im untersuchten Bereich an orthologen Positionen vor (KULSKI et al. 2002). Eine Ausnahme bildet die Klasse-I-Region der Nager, die zusätzlich centromerwärts der Klasse-II-Region existiert und bisher bei keiner weiteren Spezies entdeckt wurde. Im Vergleich zueinander liegt dieser Bereich ( H2-K bzw. RT1-A) bei der Ratte und der Maus ebenfalls an orthologer Position zwischen zwei Blöcken aus konservierten Genen (WALTER u. GÜNTHER 2000). Allerdings sind nur die Positionen und die Framework-Gene ortholog zueinander, nicht aber die Klasse-I-Framework-Gene. Diese variieren erheblich in der Länge der Klasse-I-Regionen sowie in der Anzahl der Klasse-I-Gene.

6.6 Ausblick

Mit Hilfe der vorliegenden Ergebnisse konnte die strukturelle Organisation einer ca. 1,5 Mb großen MHC-Klasse-I-Region des Microcebus murinus aufgeklärt werden. Aus den Informationen der einzelnen Contigs und der Identifizierung einer großen Anzahl von Nicht-Klasse-I-Genen, die in der Evolution konserviert geblieben sind (Framework-Gene), kann eine Vorstellung der Anordnung der Gene in dieser Region gewonnen werden.

In einem nächsten Schritt sollen die genauen Abfolgen der Framework-Gene der Contigs 2, 3 und 4 sowie die Funktionalität der Klasse-I-Gene und der MIC-Gene mit Hilfe der kompletten Sequenzierungen ausgewählter BAC-Klone der jeweiligen Contigs festgestellt werden. Weitere

In einem nächsten Schritt sollen die genauen Abfolgen der Framework-Gene der Contigs 2, 3 und 4 sowie die Funktionalität der Klasse-I-Gene und der MIC-Gene mit Hilfe der kompletten Sequenzierungen ausgewählter BAC-Klone der jeweiligen Contigs festgestellt werden. Weitere