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Vor Beginn des Messbetriebs mit Gasrecycling muss sichergestellt werden, dass sich mög-lichst keine unerwünschten Stoffe mehr im Vakuumsystem befinden, da diese andernfalls über die gesamte Messdauer im System verbleiben und damit auch permanent ungewoll-te Effekungewoll-te auf das Spektrum ausüben können. In größeren Mengen erwartbare Verun-reinigungen sind insbesondere Analytsubstanzen aus vorangegangenen Messungen und eingedrungene Luftbestandteile wie Stickstoff oder Wasser. Da in der Regel wasserstoff-brückengebundene Systeme untersucht werden und deshalb der OH-Streckschwingungs-bereich im Spektrum von besonderem Interesse ist, stellt insbesondere das Vorhandensein von Wasser ein Problem für die Jet-FTIR-Spektroskopie dar.

3.3.1 Feinevakuieren

Um das Vakuumsystem vor Beginn der Messung möglichst gründlich zu evakuieren, ste-hen ein Turbomolekularpumpstand und eine Heizanlage zur Verfügung. Der Turbomole-kularpumpstand besteht aus einer Pfeiffer HiPace 2300 C Turbomolekularpumpe (sicht-bar auf S. 37 in Abb. 3.2, mittig) und einer mehrstufigen Wälzkolbenpumpe (Pfeiffer Adixen ACP 40G) als Vorpumpe. Die Turbomolekularpumpe weist mit einer Flanschgrö-ße von 250 mm und einer Nenndrehzahl von 525 Hz ein Saugvermögen von 1900 L/s für N2 bzw. 2000 L/s für He auf und ist in horizontaler Bauweise am Pufferbehälter ange-bracht. Über einen Vakuumschieber (VAT Series 121) mit einem Öffnungsdurchmesser von 250 mm kann die Turbomolekularpumpe vom Pufferbehälter abgetrennt werden. Für die Druckmessung stehen zwei Drucksonden Pfeiffer PCR 280 und für den Hochvaku-umbereich (2 ⋅ 10−9–1 ⋅ 10−2mbar) zusätzlich ein Kaltkathoden-Druckmesskopf (Pfeiffer IKR 251) zur Verfügung.

Im alltäglichen Messbetrieb erfolgt das Evakuieren des Vakuumsystems in der Regel über Nacht. Dazu wird das Vakuumsystem mit dem Wälzkolbenpumpstand oder der Vor-pumpe des Turbomolekularpumpstands auf zunächst<1 ⋅ 10−1mbar vorevakuiert, bevor die Turbomolekularpumpe zugeschaltet wird. Anschließend wird für mindestens 12–16 h, bei Substanzwechseln auch mehrere Tage, evakuiert, wobei ein Druck von<5 ⋅ 10−7mbar

3.3 Evakuieren und Heizen erreicht werden kann. Wie bereits erwähnt (Kap. 3.1), kann die Schraubenpumpe nicht mit der Turbomolekularpumpe evakuiert werden und muss stattdessen gespült werden.

3.3.2 (Aus-)Heizen

Insbesondere nach einer (Teil-)Belüftung des Vakuumsystems muss – vor allem aufgrund der eingedrungenen Luftfeuchtigkeit – über einen längeren Zeitraum evakuiert werden, bis adsorbierte Substanzen wieder in ausreichendem Maß von den Behälterwänden des-orbiert sind. Dieser Prozess kann durch den Einsatz der Heizanlage unterstützt werden.

Zusammen mit den Vakuumbehältern und Pumpständen wurde von der Firma Pfeiffer eine Heizanlage der Firma Horst GmbH installiert. Diese besteht aus maßangefertigten Heizmanschetten, die das Reservoir, den Pufferbehälter, die Zuleitung vom Pufferbehäl-ter zum Wälzkolbenpumpstand und die Gasrückführungsleitung umschließen, und einer Steuereinheit, mit der die Manschetten in 8 individuellen Heizkreisen geregelt bis 100 ℃ geheizt werden können. Der ebenfalls von der Firma Horst GmbH angefertigte Bypass-schlauch zwischen Reservoir und Puffervolumen kann gleichermaßen geregelt auf bis zu 100 ℃ erwärmt werden. Neben der Unterstützung des Evakuiervorgangs durch ein mildes Ausheizen ermöglichen diese Heizungen auch einen Betrieb der Apparatur bei erhöhter Temperatur. So können beispielsweise schwerer flüchtige Substanzen, die bei Raumtem-peratur keinen ausreichenden Dampfdruck aufweisen, für den Messbetrieb genutzt wer-den. Dabei muss jedoch beachtet werden, dass diese an jeder kälteren Oberfläche mit Kontakt zum Gaskreislauf auskondensieren können. Hinsichtlich der geplanten Anwen-dungen ist das Ziel deshalb, dass die kälteste, mit dem Kreislaufsystem in Kontakt stehen-de Oberfläche eine Temperatur von minstehen-destens 60 ℃ und damit etwa 35–40 K mehr als Raumtemperatur erreicht.

Von den oben genannten Heizmanschetten sind jeweils nur die Behälterwände bedeckt, nicht jedoch die Rohransätze zu den Flanschen bzw. die Flansche selbst. Insbesondere an den größeren Flanschen am Pufferbehälter (Düsenflansch, Turbomolekularpumpen-flansch, seitliche 250-mm-Flansche) führt dies zu größeren ungeheizten Flächen. Am Dü-senflansch wird dies durch die Heizung der Düse (s. unten) wieder aufgefangen, die rest-lichen Flansche sind mit Armaflex-Dämmmaterial zumindest isoliert.

Mit einer Wärmebildkamera (Flir i60) wurden einige innenliegende Oberflächen im belüfteten Zustand untersucht. In Abbildung 3.6(a) ist ein Wärmebild der inneren Ober-fläche der Seitenwand des Pufferbehälters gezeigt, das im belüfteten Zustand durch einen der beiden seitlichen DN250-ISO-K-Flansche aufgenommen wurde. Auch wenn die dar-gestellten absoluten Temperaturwerte nicht kalibriert sind und damit von den Realwer-ten abweichen können, zeigt sich, dass die relative Abweichung zwischen wärmster und kältester Stelle eine Größenordnung von 10 K aufweist. Werden die dargestellten Tempe-raturwerte als näherungsweise zutreffend angesehen, zeigt sich außerdem, dass die Werte allesamt oberhalb der eingestellten Zieltemperatur von 80 ℃ liegen. Die Stichprobe zeigt also, dass die Heizung an den aktiv geheizten Stellen die gewünschte Mindesttemperatur von 60 ℃ bereits bei einer Regeltemperatur von 80 ℃ deutlich überschreitet und dabei eine

(a) (b)

Abbildung 3.6:Zwei exemplarische Wärmebilder der Innenoberflächen des Pufferbehälters des Gratin-Jets (s. Abb. 3.2 auf S. 37): (a) Seitenwand, vollständig von Heizmanschetten bedeckt;

(b) DN250-ISO-K-Flanschdeckel, nur passiv gedämmt. Die runde, kalte Fläche auf dem Bild des Flanschdeckels ist die Reflexion des geöffneten gegenüberliegenden Flansches, durch den das Wär-mebild aufgenommen wurde.

recht gleichmäßige Oberflächentemperatur erzeugt.

Auch die für die Wärmebildmessung zugänglichen, mutmaßlich problematischen Stel-len im Pufferbehälter wurden mit der Wärmebildkamera untersucht. Als Beispiel ist in Ab-bildung 3.6(b) einer der beiden seitlichen DN250-ISO-K-Flanschdeckel gezeigt. Dieser ist nur durch eine Armaflex-Dämmschicht isoliert und wird nicht aktiv geheizt. Hier zeigen sich etwas deutlichere Temperaturunterschiede zur aktiv geheizten Behälterwand, wenn-gleich die im Bild sichtbare, kühle runde Fläche auf dem Flanschdeckel eine Reflexion des geöffneten gegenüberliegenden Flansches darstellt. Der im Wärmebild markierte Punkt auf dem Flanschdeckel weist eine um etwa 13 K niedrigere Temperatur als die umgeben-de Behälterwand auf und insbesonumgeben-dere die Randbereiche umgeben-des Flanschumgeben-deckels werumgeben-den von der Kamera mit noch niedrigeren Temperaturen wiedergegeben. Die Abweichungen zur umgebenden Behälterwand erreichen hier Werte von etwa 20–30 K, sodass die 60 ℃ Min-desttemperatur in einigen Bereichen des Flanschdeckels möglicherweise unterschritten werden. Die Regeltemperatur der umgebenden Heizmanschette muss also gegenüber den bei Bildaufnahme eingestellten 80 ℃ eventuell etwas erhöht werden, um über Wärmelei-tung auch den Flanschdeckel etwas stärker zu erwärmen.

Weitere ungeheizte Stellen finden sich z. B. an den zahlreichen Ventilen, die über die vorhandenen Kleinflansche mit dem Puffervolumen bzw. dem Reservoir verbunden sind.

Bis zu ihrer Dichtfläche haben diese Ventile Kontakt mit dem Kreislaufsystem. Die In-nentemperatur der Oberflächen kann nicht über die Wärmebildkamera ermittelt werden, da diese Flächen im eingebauten Zustand nicht für eine Messung zugänglich sind. Da

3.3 Evakuieren und Heizen die Außentemperaturen der Metallteile der Ventile allerdings nur wenige K über der Um-gebungstemperatur liegen, ist davon auszugehen, dass nicht alle innenliegenden Oberflä-chen mit Systemkontakt mindestens 60 ℃ beim Heizen von Reservoir bzw. Puffervolumen erreichen. Die Ventile müssten also von außen eventuell isoliert oder sogar aktiv geheizt werden, um „kalte“ Stellen mit Kreislaufsystemkontakt zu vermeiden.

Ein größerer problematischer Bereich befindet sich am Wälzkolbenpumpstand. Hier sind sämtliche Verrohrungen zwischen Gaseinlass und -auslass nicht isoliert oder geheizt.

Zwar erreichen die Pumpen im laufenden Betrieb erhöhte Temperaturen (z. B.>70 ℃ au-ßen an Okta 2000 M messbar), die Verrohrungen rund um die Schraubenpumpe werden jedoch an den Außenflächen nicht signifikant wärmer als Raumtemperatur. Hier wäre für einen Betrieb des Gratin-Jets bei erhöhten Temperaturen oder für ein Einbeziehen des Wälzkolbenpumpstands in den Ausheizbetrieb zumindest eine Isolierung, vermutlich aber sogar eine aktive Heizung nötig.

Im Gegensatz zu diesen problematischen Stellen wurden die von den Feinmechanik-und Elektronikwerkstätten der Fakultät für Chemie der Georg-August-Universität Göt-tingen gefertigten Bestandteile der Düseneinheit (Düsenkörper und Düsenkammer) mit einer Heizung versehen. Diese besteht aus in die Edelstahlkörper der Düseneinheit ein-gelassenen Heizpatronen (HS-Heizelemente Typ 1255), die eine Heizbarkeit auf bis zu

>250 ℃ ermöglichen. Mit zwei Eurotherm-Reglern (Eurotherm 2208) kann die Hei-zung von Düsenkörper und Düsenkammer in zwei getrennten Heizkreisen geregelt wer-den. Die Heizbarkeit der Düseneinheit verhindert nicht nur, dass anderswo desorbier-te Substanzen im Ausheizbetrieb in der Düseneinheit auskondensieren, sondern ermög-licht auch einen Forschungsbetrieb bei erhöhter Düsentemperatur. Hierzu ist insbeson-dere die getrennte Heizbarkeit von Düsenkammer und -körper von Vorteil, da so selektiv die Düse selbst geheizt werden kann. Bei Durchströmen der geheizten Düse können ener-getisch höherliegende Zustände untersuchter Analyt-Moleküle thermisch populiert und bei ausreichend hoher Umwandlungsbarriere in der folgenden Expansion unter Depo-pulierung angeregter Rotationszustände eingefroren werden. Ein entsprechendes Vorge-hen unter Verwendung von Jet-Raman-Spektroskopie ermöglichte beispielsweise kürz-lich die schwingungsspektroskopische Untersuchung des cis-Ameisensäurerotamers in der Gasphase.[34] In der Jet-FTIR-Spektroskopie finden geheizte Düsen ebenso Anwen-dung[225,229,239] und können z. B. dazu eingesetzt werden, das Konzentrationsverhältnis von Mono-, Di- und Oligomeren in der Expansion zu beeinflussen.[187] Der Gratin-Jet kombiniert nun erstmals Jet-FTIR-Spektroskopie mit einer heizbaren Düse von mehreren hundert Millimetern Länge.

Beim Messbetrieb mit geheizter Düse muss allerdings auf eine möglichst konstante Düsentemperatur geachtet werden. Erste Testaufnahmen vonNOTCH-Leerspektrenbei geheiztem Düsenkörper und ebenfalls geheizter Düsenkammer zeigen eine sinusförmige

NOTCH: vom englischen „NoiseTestChallenge“, ein Programm zum Rauschvergleich zwischen ver-schiedenen Spektren, bei dem standardisiert für je 1 min erst Hintergrund- und anschließend Probe-spektren aufgenommen werden.[243]

4 0 0 0 3 5 0 0 3 0 0 0 2 5 0 0 - 1

012

/ c m 1

lg(I 0/I)103 ~

L N - I n S b - S W , 8 0 k H z ,

C a F 2+ W 5 0 , A p t . 3 . 5 m m , F 1 3 c

Abbildung 3.7:Ein NOTCH-Spektrum des Gratin-Jets bei ansteigender Düsentemperatur. Die Grundlinie ist von einer sinusförmigen Schwingung überlagert. Die wichtigsten Optikparameter sind in der Reihenfolge Detektor, Spiegelgeschwindigkeit, Strahlteiler/Fenster+Lichtquelle, Aper-tur, Filter im Spektrum angegeben.

Schwingung auf der Grundlinie (s. Abb. 3.7). Eine solche Schwingung im Absorbanzspek-trum weist auf eine scharfe Linie abseits des zentralen Maximums im Interferogramm hin, die sich zwischen Hintergrund- und Probeninterferogramm verschiebt oder in ihrer Inten-sität verändert. Phase und Periode der Schwingung sind bei mehrerenNOTCH -Messun-gen verschieden. Die Störung wurde bisher ausschließlich in Messun-Messun-gen durch die Düsen-kammer bei sich ändernder Düsentemperatur beobachtet, nicht aber bei Messungen mit einem intern im Spektrometer eingesetzten Detektor. Zudem scheint die Amplitude mit steigendem Düsentemperaturgradienten zuzunehmen, sodass die wahrscheinlichste Ur-sache Reflexionseffekte sind, die eine temperaturabhängige Wegdifferenz verschiedener am Detektor eintreffender Strahlen verursachen. Ändert sich die Wegdifferenz zwischen Hintergrund- und Probescan, tritt im Absorbanzspektrum die beschriebene Schwingung auf. Anhand der beobachteten SchwingungsperiodeΔ ̃𝜈von etwa 120–150 cm−1lässt sich die Wegdifferenz auf eine Größenordnung von mehreren 10𝜇m abschätzen.

Bei Messungen mit der Düse bei Raumtemperatur tritt die Schwingung nicht auf. Bei erhöhten Temperaturen können anscheinend selbst kleinere Temperaturschwankungen, die durch die Temperaturregelung der Heizung verursacht werden, zu den beobachteten Störungen führen, allerdings mit wesentlich geringerer Intensität als im Aufheizbetrieb.

Auch in Jet-Spektren ist die Schwingung deutlich geringer ausgeprägt, da im Jet-Mess-modus die Hintergrundspektren jeweils wenige Sekunden vor dem zugehörigen Probe-spektrum aufgenommen werden. Im Gegensatz dazu werden beim NOTCH-Programm zunächst eine Minute lang Hintergrund- und dann eine weitere Minute lang