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2.1 Theoretische Methoden

2.1.2 DLPNO-CCSD(T)

Das CCSD(T)-Verfahren[26](„coupled clusters with singles, doubles and perturbative triples“, Coupled-Cluster-Verfahren mit Einfach-, Zweifach- und störungstheoretischen Drei-fachanregungen) wird gern als „Goldstandard“ der Quantenchemie bezeichnet.[24,25,114]

Mit einer Skalierung 𝒪 (𝑁7) zur siebten Potenz der Zahl der Basisfunktionen 𝑁 ist die CCSD(T)-Methode etwas weniger rechenintensiv als CCSDT mit voller iterativer Be-rechnung der Dreifachanregungen, das mit𝒪 (𝑁8)skaliert.[68] Dennoch wird aufgrund von Fehlerkompensation oftmals eine vergleichbare Genauigkeit erreicht.[115–117]

DieCoupled-Cluster-(CC-)Methoden nutzen einen auf den Arbeiten von Coester und Kümmel[118,119] basierenden exponentiellen Ansatz, um die Elektronenkorrelation im Mehrelektronensystem zu beschreiben:

ΨCC = 𝑒𝑻Φ0 (2.1)

ΨCCbezeichnet darin die CC-Wellenfunktion,𝑻einen Anregungsoperator undΦ0die Re-ferenzwellenfunktion, z. B. aus einer Hartree-Fock-Rechnung. Der Exponentialterm𝑒𝑻 kann über eine Taylorreihe folgendermaßen ausgedrückt werden:

𝑒𝑻 =1+ 𝑻 + 1

2𝑻2+ ⋯ =

𝑘=0

1

𝑘!𝑻𝑘 (2.2)

Die Summierung bis∞ verdeutlicht, dass die Ordnung der berücksichtigten Korrektur-terme in der CC-Methodik im Gegensatz zum störungstheoretischen Ansatz nicht be-grenzt ist. Während in der Störungstheorie allerdings alle Arten von Anregungen (Ein-fach-, Zwei(Ein-fach-, Drei(Ein-fach-, usw. -anregungen) bis zur betrachteten Ordnung einbezogen werden, werden in der CC-Theorie nur bestimmte Anregungen berücksichtigt. Dies soll im Folgenden erläutert werden.

Der Anregungsoperator𝑻ist eine Summe aus Operatoren𝑻𝑖, die jeweils alle𝑖-fach an-geregten Slater-Determinanten erzeugen:

𝑻 = 𝑻1+ 𝑻2+ ⋯ + 𝑻𝑁elec (2.3)

Werden alle Anregungen einbezogen, ergibt sich das vollständige CC (Full CC), das äqui-valent zur vollständigen „configuration interaction“ (Full CI) ist. Aufgrund der immensen Rechenanforderungen wird für alle bis auf die kleinsten Systeme jedoch nur eine begrenz-te Zahl von Anregungsarbegrenz-ten betrachbegrenz-tet. In der CCSD-Methode[120] werden z. B. nur die

Einfach- („Singles“) und Zweifach-Anregungen („Doubles“) berücksichtigt. Wenn die Ter-me gleicher Ordnung jeweils in KlamTer-mern zusamTer-mengefasst werden, ergibt sich damit:

𝑒𝑻=1+ 𝑻1+ (𝑻2+1 Hier kann in verknüpfte (gleichzeitig interagierende Elektronen, hier 𝑻2) und nicht-verknüpfte Mehrfachanregungen (mehrere nicht-interagierende Gruppen interagieren-der Elektronen, z. B. 𝑻22) unterschieden werden.[68] Durch die Berücksichtigung der nicht-verknüpften Terme sind die CC- im Gegensatz zu den CI-Methoden, die auch zur Berechnung der Elektronenkorrelation eingesetzt werden können, größenextensiv. Dies kann an einem einfachen Beispiel, dem Dimer aus zwei H2-Molekülen mit minimalem Basissatz, anhand des Vergleichs zwischen CID („CI with doubles“) und CCD („CC with doubles“) verdeutlicht werden. In zwei voneinander isolierten H2-Molekülen erlauben beide Methoden jeweils die Zweifachanregung beider Elektronen in das antibindende Orbital. Im interagierenden Dimer aus zwei Molekülen entspricht diese Anregung nun aber einer Anregung von vier Elektronen und ist deshalb im Rahmen der CID nicht mehr möglich. Bei CCD bleibt die Anregung durch den Term 𝑻22 hingegen erlaubt. CCD ist damit größenextensiv, CID nicht. Gleiches gilt für die weiteren Varianten (CISD, CISDT, CCSD, CCSD(T) usw.) dieser Methoden.[121]

Für die beliebte CCSD(T)-Methode wird „coupled clusters with singles and doubles“

(CCSD) mit Dreifachanregungen kombiniert, die störungstheoretisch berechnet werden.

Dazu wird auf die Formeln der Møller-Plesset-Störungstheorie vierter und fünfter Ordnung zurückgegriffen.[26] Für die im Rahmen dieser Arbeit betrachteten Systeme wird jedoch die oben beschriebene Skalierung der Rechenanforderungen des kanoni-schen CCSD(T) von𝒪 (𝑁7)zum Problem, da solche Rechnungen mit den zur Verfügung stehenden Ressourcen nicht durchführbar sind.

Ein Ansatz zur Lösung dieses grundlegenden Problems basiert auf der Annahme, dass die zu erfassende dynamische Elektronenkorrelation prinzipbedingt lokal ist. Je weiter zwei Elektronen voneinander entfernt sind, desto weniger wechselwirken sie miteinander.

Der für dieCoupled-Cluster-Methodik nötige Rechenaufwand kann also verringert wer-den, wenn die aus der Referenz-Rechnung (z. B. Hartree-Fock) erhaltenen kanonischen Molekülorbitale lokalisiert werden. Hierdurch muss nur die Wechselwirkung räumlich naher Elektronen betrachtet werden.

Die DLPNO-CCSD(T)-Methode[122–125] stellt einen solchen lokalen CCSD(T)-Ansatz dar. In derGöbench-Leistungsüberprüfung (s. Kap. 4.1) wurde DLPNO-CCSD(T) in meh-reren Beiträgen zur Berechnung der elektronischen Energie eingesetzt und konnte im Vergleich mit den experimentellen Referenzdaten gute Ergebnisse erzielen,[75,80] weswe-gen es für die im Rahmen dieser Arbeit durchgeführten Einzelpunktrechnunweswe-gen in der 2016 vorgestellten Implementierung[125] verwendet werden soll.

Die Abkürzung „DLPNO“ steht für „domain based local pair natural orbitals“ und beschreibt das Lokalisierungskonzept der Methode. PNOs[126,127] werden mit lokalen Korrelationsdomänen[128–131] kombiniert,[108] um eine lineare Skalierung der

DLPNO-2.1 Theoretische Methoden CCSD(T)-Methode mit der Systemgröße zu erreichen.[125] Dazu werden zunächst die besetzten Molekülorbitale lokalisiert, wofür standardmäßig das Foster-Boys-[132] oder alternativ das Pipek-Mezey-Verfahren[133]verwendet werden kann. Für jedes lokalisierte Elektronenpaar wird anschließend eine Korrelationsdomäne aus virtuellen Orbitalen gebildet. Die Größe des dazu verwendeten virtuellen Raums kann durch den PNO-Ansatz relativ klein gehalten werden, sodass die Rechenanforderungen moderat bleiben.

DLPNO-CCSD(T) wird von den Autoren als „Black-box“-Methode beschrieben,[125]

also als Methode, die ohne tiefergehende Kenntnisse der dahinterliegenden Theorie vom Anwender einfach genutzt werden kann. Das Orca-Programmpaket stellt dabei drei Schlüsselwörter zur Verfügung, mit denen diverse Grenzwerte und Näherungsverfahren auf von den Autoren gewählte Voreinstellungen angepasst werden können. In der Reihenfolge LoosePNO, NormalPNO (Standard), TightPNO steigt dabei die Genauigkeit, aber auch die Rechenanforderungen nehmen zu. Für die Betrachtung schwach gebun-dener Systeme empfehlen die Autoren die Verwendung der strengsten Grenzwerte (TightPNO),[134] die deshalb auch für die hier durchgeführten Rechnungen eingesetzt werden sollen. Die Auswirkungen der Verwendung der DLPNO-Näherung bezogen auf das kanonische CCSD(T) werden in den Referenzen [124] und [135] ausführlich diskutiert. Ein Vergleich der Ergebnisse von DLPNO- mit kanonischem CCSD(T) für den GMTKN55-Datensatz[136–138] findet sich in Referenz [139]. Die Konvergenzkriterien für das SCF-Verfahren werden für alle DLPNO-CCSD(T)-Rechnungen mit dem Schlüsselwort TIGHTSCF gegenüber dem Standard etwas verschärft.

Auch für die Art der für die Korrelationsrechnung zu berücksichtigenden Elektronen gibt es vordefinierte Einstellungen. Bei den Standardeinstellungen werden nur die Valenz-elektronen korreliert, während die kernnahen Elektronen „eingefroren“ werden. Über das NoFrozenCore-Schlüsselwort können die Kernelektronen jedoch in der Korrelationsrech-nung mit berücksichtigt werden. Mit letzterer Einstellung kann die DLPNO-CCSD(T)-Me-thode in der zweiten Runde derGöbench-Leistungsüberprüfung besonders gut abschnei-den (s. Kap. 4.1), weswegen diese Einstellung für einige der in Kapitel 5 dieser Arbeit durchgeführten Rechnungen testweise ebenfalls angewandt wird. Hierzu ist die Verwen-dung spezieller Basissätze nötig, die für die Berücksichtigung der Kernelektronenkorre-lation ausgelegt sind. Im Falle der in Kapitel 5 durchgeführten Rechnungen kommen der Dunning-Basissatz aug-cc-pwCVQZ[105,140] (kurz: awCVQZ) und der zugehörige Hilfs-basissatz für die RI-Näherung, aug-cc-pwCVQZ/C,[106,141]zum Einsatz. Für die H-Atome, bei denen es nur Valenz- aber keine Kernelektronen gibt, werden stattdessen die ent-sprechenden „herkömmlichen“ Dunning-Basissätze aug-cc-pVQZ[105,142,143]und aug-cc-pVQZ/C[106] verwendet. Letztere Basissätze werden bei DLPNO-CCSD(T)-Rechnungen mit eingefrorenen Kernelektronen für alle Atome genutzt. Die unterschiedliche Basissatz-verwendung zwischen H-Atomen und schwereren Atomsorten (C, O, F) bei Verwendung der awCVQZ-Basis und die Verwendung der Hilfsbasissätze für die RI-Näherung werden im Folgenden nicht mehr gesondert gekennzeichnet. Rechnungen unter Berücksichtigung der Kernelektronenkorrelation werden also nur mit DLPNO-CCSD(T)/awCVQZ bezeich-net, Rechnungen mit eingefrorenen Kernelektronen mit DLPNO-CCSD(T)/aVQZ.

Ebenso wie die Art der für die Korrelation zu berücksichtigenden Elektronen wird auch die für die DLPNO-Methodik genutzte Lokalisierungsmethode für einige Rechnun-gen testweise geändert. Dazu wird das standardmäßige Foster-Boys- durch das Pipek-Mezey-Verfahren ersetzt (%MDCI LocMet PM end, s. Kap. 5). Alle DLPNO-CCSD(T)-Rech-nungen werden mit Orca in den Versionen 4.0.1 (DLPNO-CCSD(T)/awCVQZ) bzw. 4.1.2 (DLPNO-CCSD(T)/awCVQZ, DLPNO-CCSD(T)/aVQZ) durchgeführt.

Im Rahmen des DLPNO-CCSD(T)-Konzepts steht mit der „local energy decomposition“

(LED, lokale Energiedekomposition)[20] ein Werkzeug zur Verfügung, mit dem die Wechselwirkung zwischen zwei Fragmenten in verschiedene Komponenten (Elektro-statik, Austausch, Dispersion) zerlegt werden kann.[22,23] Die von dieser oder anderen Methoden[16–19,21] bestimmten Werte stellen keine Observablen dar und können somit nicht experimentell verifiziert oder widerlegt werden. Dennoch wird erwartet, dass die LED-Methode zumindest Hinweise darauf liefern kann, welche Komponenten für die Gesamtwechselwirkungsenergie bedeutsam sind. Dies gilt insbesondere, wenn relative Effekte zwischen zwei ähnlichen Konformeren eines Waagensystems (s. Kap. 4 und 5) miteinander verglichen werden. Die LED-Analysen werden im Zusammenhang mit den DLPNO-CCSD(T)-Rechnungen mit Orca durchgeführt. Dazu werden Standardeinstel-lungen verwendet (Schlüsselwort LED). Lediglich die maximale Zahl der für die LED-Rechnung durchzuführenden Iterationen wird gegenüber dem Standard erhöht (%mdci LocMaxIterLed 999 end). Die Dispersionsbeiträge 𝐸disp zur Gesamtwechselwirkungs-energie, die im Rahmen dieser Arbeit betrachtet werden sollen, werden dann durch Addition der in der LED-Analyse erhaltenen Werte für „Dispersion (strong pairs)“ und

Dispersion (weak pairs)“ berechnet.