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Erreichung dieser Ziele durch gegenseitige verständnisvolle Mitarbeit zum Wohle Polens und seiner Angehörigen;

Im Dokument Geschichte unserer Zeit (Seite 167-171)

Artikel 2: Die Hohen Vertragschließenden Parteien vereinbaren, daß die Beilegung oder Lösung aller Streitigkeiten und Konflikte, die, welcher Natur und welchen Ursprungs immer

2. Erreichung dieser Ziele durch gegenseitige verständnisvolle Mitarbeit zum Wohle Polens und seiner Angehörigen;

3. Wahrung des Ansehens Polens in jeder Hinsicht, auch im Auslande, und öffentliche Stellungnah-me gegen alle, die eine Untergrabung des Polnischen Staates im Auge haben. So glaubten die Polen durch den "Deutschen Kultur- und Wirtschaftsbund" die Deutschen, die sie seit vielen Jahren mit brutaler Gewalt gepeinigt hatten, auf ihre Seite zu ziehen. Auf dem ehemals deutschen Boden Ost-oberschlesiens spielte sich ein aufreibender Kampf zwischen zwei Völkern und Kulturen ab, der von beiden Seiten mit unerhörter Zähigkeit und Intensität geführt wurde. Aber weder Gewalt noch List vermochten den Polen Vorteile zu erringen.

"Deutscher Kultur- und Wirtschaftsbund"

Selbst innerhalb Deutschlands verfügten die Polen seit dem 27. August 1922 über einen planmäßig angelegten, über ganz Deutschland vorzüglich organisierten "Bund der Polen". Er hat einen Vollzugsausschuß in Berlin und

gliedert sich in Landesverbände und Ortsgruppen. Sein Ziel ist Stärkung oder Wiedererweckung des polnischen Nationalbewußtseins und Abwendung der Entnationalisierungsgefahr, die den in Deutschland lebenden Polen angeblich von seiten der deutschen Kirche drohe! Zugleich machte sich der Bund zum "Beschützer" der übrigen nationalen Minderheiten in Deutschland, der Litauer, Wenden, Dänen und Friesen, in deren Reihen er aktivistisch wirken wollte. Die innerdeutsche polni-sche Presse steht unter seinem Einfluß. Seit März 1927 hatte der Bund auch einen Arbeitskalender entworfen, der den einzelnen Monaten bestimmte Aufgaben zuwies, etwa Pflege der Sprache und Glaube der Väter, Pflege der polnischen Jugendvereine, des polnischen Turn- und Sportvereins-lebens, Wirtschaftsfragen, Verbreitung des polnischen Liedes, politische Erziehung, Erstrebung der Errichtung polnischer Kleinschulen, Wohlfahrt, Berufsfürsorge usw. Seine verdienten Spargelder solle der Pole in Deutschland nur bei den sogenannten polnischen Volksbanken einzahlen, die das Geld nach Polen weitergeben, auch solle er nur in polnischen Geschäften kaufen. Polnische Ein-kaufsvereine und Zeitungsverlage wurden zu einem einheitlichen Genossenschaftsverbande zusam-mengeschlossen. Schon 1922 war auf Anregung des Polenbundes ein "Verband der polnischen Schulvereine" gegründet worden, Ende 1927 folgte auf dieselbe Anregung hin die Gründung eines

"Verbandes der polnischen Berg- und Metallarbeiter" und eines "Vereines der polnischen Land-arbeiter". So bemühte sich der Polenbund, systematisch die in Deutschland lebenden, etwa 950 000 Köpfe zählenden Polen zu erfassen und als kulturelle Macht zu organisieren.

Besonderen Eifer entfaltete der Bund der Polen im deutschen Ober-schlesien. Hier war in Beuthen am 18. Februar 1923 der Polenbund in Deutschoberschlesien als Teilverband I des Polenbundes gegründet

worden. Die Führer dieser Organisation waren keine Oberschlesier, sondern aus Westfalen und Posen zugewanderte Polen. Der Bund verlegte seine Zentrale alsbald nach Oppeln und gründete in Groß-Strehlitz, Beuthen, Gleiwitz, Cosel und Ratibor Kreisgeschäftsstellen. Seine Haupttätigkeit bestand darin, die Errichtung polnischer Minderheitsschulen zu betreiben und wirtschaftliche und kulturelle Vereine zu gründen. Innerhalb zweier Jahre, vom 1. Mai 1923 bis 1. Mai 1925, entstanden dann auch 53 polnische Minderheitenschulen, von denen allerdings 13 wegen Mangels an Kindern ruhten. Da die polnischen Schulen bei der oberschlesischen Bevölkerung keine Sympathien besa-ßen, sank auch die Kinderzahl von 1438 (1923) auf 1268 (1925). Dieser Rückgang war um so be-schämender, da ja der Polenbund in der Tat eine eifrige Propaganda betrieb: Kinderfeste, Besche-rungen, polnische Lieder- und Tanzstunden, Schreib- und Lesekurse, ja sogar Massenausflüge nach Warschau und Krakau (1924/25) wurden veranstaltet.

Um die nationalpolnische Propaganda im deutschen Schlesien zu unterstützen, wurde am 19. Okto-ber 1923 in Beuthen der "Polnisch-katholische Schulverein für das Oppelner Schlesien" ge-gründet, der über umfangreiche Propagandamittel verfügte. Eine polnische Akademikervereinigung

"Silesia Superior" folgte im August 1924 in Oppeln, doch brachte sie es im ersten Jahre ihres Bestehens nicht über 20 Mitglieder. Auch Jugendvereine entstanden: Verein der oberschlesischen Jugend, Polnisch-Katholischer Jünglingsverein in Oppeln, Polnische Pfadfinderorganisation, die 1924 zehn Ortsgruppen umfaßte und der sich 1925 die in Berlin stehende Polnische Pfadfinderorga-nisation anschloß, so daß die Vereinigung von nun an den Namen: "Polnischer Pfadfinderverband in Deutschland" trägt.

Polnische Kreditinstitute und Banken, etwa zehn, dienen dem Zwecke, städtischen und ländli-chen Grundbesitz in polnische Hände zu bringen. Diese Institute verfügen über reiche Mittel, die zum Teil aus Polen fließen. Ein- und Verkaufsgenossenschaften sollen die ländliche Bevölkerung erfassen, ja, Ende August 1924 wurde sogar ein Polnischer Bauernbund gegründet. Arbeiter wer-den in polnischen Gewerkschaften zusammengefaßt. Natürlich wurde auch eine

polnische Presse gegründet. So erschienen in Oppeln die Nowiny Codzienne (Auflage etwa 2000) und in Beuthen die Katolik Codzienny (Auflage etwa 3000).

Polenbund in Deutschland

Polnische Umtriebe in Deutschoberschlesien

Polnischer Deutschenhaß

Welcher Art die Propaganda ist, die der "Katolik"-Verlag in Beuthen, in dem die letztgenannte Zeitung erscheint, betreibt, mag durch einige Beispiele erläutert werden. Der Verlag brachte ein polnisches Volksliederbuch heraus, in dem Schlesien als polnisches Land besungen und gegen die Deutschen gehetzt wird.

Unter anderem findet sich da ein Lied von der polnischen Schriftstellerin Maria Konopnicka, das dem Schlesier zuruft:

"Nicht wird uns der Deutsche ins Gesicht speien, Nicht die Kinder uns germanisieren.

In Waffen steht unser Fähnlein da, Der Geist wird uns führen."

Das ist das Lied Nr. 59. Ebenso eindeutig ist Volkslied Nr. 34, die sogenannte "Schlesische Hymne". Sie lautet:

"Hei, Schlesier, Brüder an die Arbeit!

Die Morgenröte der Freiheit begrüßt uns.

Die Hüttenleute verlassen ihre Hütten.

Zur Tat, für Polen ist die Zeit da!"

Aber das alles ist noch zahm gegen das Gedicht, das der Katolik Codzienny in Beuthen in seiner Nr. 194 vom 22. August 1929 wiedergeben durfte:

Wohin der Deutsche seinen Fuß stellt, dort blutet die Erde hundert Jahre.

Wo der Deutsche Wasser schöpft und trinkt, dort fault die Quelle hundert Jahre.

Dort, wo der Deutsche Atem holt, dort wütet hundert Jahre die Pest.

Wenn der Deutsche die Hand reicht, so geht der Friede in Trümmer.

Die Frösche quaken im Reiche, aber deutsch quaken wollen sie nicht.

Selbst der Vogel im Walde ärgert den Deutschen, da er deutsch nicht singen und zwitschern will.

Die Starken betrübt der Deutsche, die Schwachen beraubt und erstickt er.

Und führte ein direkter Weg zum Himmel, er würde sich nicht scheuen, Gott zu entthronen.

Und wir werden noch erleben,

daß der Deutsche die Sonne vom Himmel stiehlt.

Die Polen entfalteten im deutschen Oberschlesien in aller Öffentlichkeit eine rührige Propaganda.

Die zehnjährige Wiederkehr des polnischen Nationalfeiertags, des 3. Mai 1929, wurde in Oppeln und anderen Orten festlich begangen. Dabei gedachte der Redakteur der Nowiny Codzienne der oberschlesischen Kämpfe: Sczepanniak, der Führer des Oberschlesischen Polenbundes, ein aus dem Mansfelder Kreise in der Provinz Sachsen gebürtiger Pole, sprach über die polnische Verfassung vom 3. Mai. Seine Rede trug stark deutschfeindlichen Charakter, und dann trug er ein selbstverfaß-tes Gedicht vor, in dem es u. a. heißt:

"Uns vermag nichts zu germanisieren. Wir sind ein polnisches Volk. Uns ist die Frucht, die heimatliche Musik und der heimatliche Gesang verboten, und der Feind läßt uns seinen Zorn in unerhörter Weise fühlen. Doch das entmutigt uns nicht. Wir werden, um uns aufzu-muntern, wieder hingehen und den heimischen Worten lauschen. Unsere Hütten werden mit feindlichen Zeitungen bestürmt, um die Herzen mit Lügen zu vergiften und uns zum gemei-nen Verrat zu zwingen. Doch der Verrat wird uns nicht schänden, und in der dunkelsten

Nacht werden unsere Leiden uns die erforderliche Kraft erflehen."

Dies Gedicht erschien dann in der Nowiny Codzienne, derselben Zeitung, die am 23. Juli 1929 schreiben konnte: "Heuchelei und Falschheit verblieben den Preußen als Eigenart", nachdem sie bereits am 9. Mai erklärt hatte: "Die Deutschen sind in Oppeln so zahlreich wie das Unkraut im Korn."

Am 19. Juli 1929 versammelte der Polenbund seine Scharen und wallfahrtete mit ihnen nach Czenstochau, um dort offiziell zu erklären, daß man mit Sehnsucht den Tag der Befreiung und die Vereinigung mit Polen herbeisehne und nach Czenstochau gekommen sei, um die Mutter Gottes da-rum zu bitten. Wenn es sein müsse, wolle man die Freiheit auch mit dem Leben erkämpfen. Darauf wurde den Wallfahrern in Lublinitz geantwortet, daß ihre Befreiung von der Knechtschaft bald kommen werde.

All dies spielte sich im deutschen Oberschlesien ab, gleichsam offen und ungestraft unter den Augen der Behörden und der deutschen Regierung. Polen war weit entfernt, seine annexionistischen Absichten auf ganz Oberschlesien aufzugeben, und innerhalb des Reichsgebietes wurden deutsche Männer und Frauen von den Treibereien der polnischen Nationalisten beunruhigt. Aber die ober-schlesische Bevölkerung wollte nichts von den Polen wissen, sie stand ihnen verschlossen, ja feind-selig gegenüber. Die Polen führten diese Haltung auf den Terror der deutschen Behörden, der Lehrer usw. zurück. Das war nicht der Fall. Die Abneigung der Oberschlesier wurzelte im Herzen, sie stieg empor aus dem Gemüte. Das zeigte sich, als zu Ehren des polnischen Nationalfeiertags in Oppeln 1929 eine polnische Schauspielergesellschaft ein polnisches Theaterstück aufführte. Viele Hunderte empörte deutsche Männer und Frauen hatten sich vor dem Theater angesammelt und protestierten dagegen, daß in der deutschen Stadt Oppeln polnische Schauspiele aufgeführt würden.

Als die Schauspieler das Gebäude verließen, entspann sich ein Handgemenge, wobei einige Polen leicht verletzt wurden.

-Die Ereignisse des deutschen Ostens zeigen einen starken Parallelismus zu den separatistischen Bestrebungen im Rheinlande. Während aber hier die Gefahr gebannt wurde, hatte sie sich in Ober-schlesien in unverminderter Stärke erhalten, ja verstärkt, und noch zehn Jahre nach Beendigung des Krieges war dieses deutsche Land eines der am meisten gefährdeten Reichsgebiete.

Dieser heftige deutsch-polnische Kulturkampf erhielt seine besondere Note durch die politischen Ausbreitungsbestrebungen Polens. Dabei war es zunächst auf die Freistadt Danzig abgesehen. Polen bewies, daß es

unbe-dingt den Danziger Hafen besitzen müsse. Seit ihrer Trennung vom Reiche lebte die Freistadt in ständiger Gefahr, von Polen annektiert zu werden. Die polnische Hoffnung auf den Versailler Frie-den, Danzig zu erhalten, war fehlgeschlagen, wohl aber war den Polen unter anderem das Recht ein-geräumt worden, für ihren überseeischen Postverkehr in Danzig einen eigenen Postdienst zwischen dem Hafen und Polen einzurichten. Die Pariser Konvention vom November 1920 und das War-schauer Abkommen vom Oktober 1921 regelten das Verhältnis zwischen den beiden Staaten. Dan - zig selbst unterstand dem Schutze des Völkerbundes, und ein Kommissar dieses Bundes hatte hier seinen Wohnsitz. Aus seiner Postverbindung mit dem Hafen leitete Polen das Recht her, ganz Danzig in seinen Postdienst einzubeziehen. In einer stillen Nacht wurden Anfang 1925 plötzlich in Danzigs Hauptstraßen Briefkästen in den polnischen Farben und mit dem polnischen Wappen auf-gehängt, und polnische Briefträger versahen den Dienst. Der Völkerbundskommissar erklärte, Polen habe nicht das Recht hierzu und verlangte Beseitigung dieser Übergriffe, dennoch kümmerte sich Polen nicht im mindesten um die Proteste. Die Bevölkerung der rein deutschen Stadt übermalte in großer Erregung die polnischen Briefkästen mit schwarzweißroter Farbe. Ein überaus scharfer Notenwechsel war die Folge. Eine Warschauer Zeitung schrieb sogar: "Heute konnte man das noch eine Episode nennen, morgen aber gibt es schon einen Waffenkrieg mit Danzig. Wir müssen im Auge behalten, daß wir starke Verbündete haben, die eine Beleidigung Polens nicht dulden."

Monatelang dauerte es, bis endlich nach einer Entscheidung des Haager Gerichtshofes und des Völ-kerbundes der alte Zustand wiederhergestellt wurde. Polen kompensierte sich für seine Schlappe,

Danziger Briefkastenstreit

indem es zu seiner Polizei und Eisenbahndirektion in Danzig Ende 1925 noch ein Munitionslager auf der Westerplatte hinzufügte und dort Militär stationierte.

Aber Polen war nicht gewillt, seine Beziehungen zu Danzig mit dem soge-nannten Briefkastenstreit zu erschöpfen: es verlangte mehr, ganz Danzig

wollte es haben. Anfang 1929 kursierte beim Völkerbund eine polnische Denkschrift, in der von Polen der Satz vertreten wird, die ehemals reichsdeutsche Stadt hauptsächlich durch wirtschaftliche Maßnahmen immer enger an Polen zu ketten. In dieser Denkschrift wird ein äußerst verschlagenes System entwickelt, das in zwölf Leitsätzen gipfelt:

1. Mit der wachsenden Macht Deutschlands wird der Druck der deutschen Politik auf Polen zwecks

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