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Es wurden zahlreiche Strategien entwickelt, um Proteine für die heterologe Expression in E. coli bzw. für biophysikalische Untersuchungen wie z.B. die Röntgenkristallographie zu optimieren. Neben der Modifikation der Versuchsbedingungen oder des Aufbaus des zu untersuchenden Proteinkonstrukts („extrinsische“ Optimierung, 1.2.1) kann dies auch durch Mutagenese bestimmter Aminosäuren erfolgen („intrinsische“ Optimierung, 1.2.2).

1.3.1 Extrinsische Optimierung der heterologen Expression und der Kristallisation von Proteinen

Um die Ausbeute an löslichem Protein bei heterologer Expression in E. coli extrinsisch zu erhöhen kann man Chaperone koexprimieren (Goloubinoff et al., 1989; Roman et al., 1995), die Expressionsrate erniedrigen (Hockney, 1994), stabilisierende Verbindungen wie Sorbitol oder Betain zugeben (Blackwell & Horgan, 1991), osmotischen Schock durch NaCl induzieren um die intrazelluläre Menge an Chaperonen und Osmoprotektanten zu erhöhen (Chopra et al., 1994), die Expression bei niedrigeren Temperaturen (Georgiou & Valax, 1996) und in Anwesenheit von stabilisierenden Liganden (Bledsoe et al., 2002) durchführen, die Proteine in das Periplasma der Zellen sekretieren lassen um Disulfidbindungen zu ermöglichen (Becker & Hsiung, 1986; Humphreys et al., 2004) oder die Zielproteine an extrem lösliche Fusionsproteine wie z.B. das Maltose-Bindeprotein (Sachdev & Chirgwin;

1998), Thioredoxin (LaVallie et al., 2000) oder die Glutathion-S-Tranferase (Smith, 2000) koppeln.

Mit Hilfe solcher unterstützender Proteine konnte auch die Röntgenkristallstrukturanalyse einiger an sie fusionierter Proteine erleichtert werden (Kobe et al., 1999; Liu et al., 2001;

Ke & Wolfberger, 2003), wobei die Heterogenität von Fusionsproteinen die Kristallisation im allgemeinen eher hemmt (Smyth et al., 2003). Eine andere Strategie zur Erleichterung der Kristallisation schwieriger Zielproteine mit hoher Flexibilität oder stark hydrophoben Oberflächen (z.B. bei Membranproteinen) stellt die Stabilisierung durch spezifische Bindeproteine dar. So führte die Bindung von Antikörper-Fragmenten (Ostermeier et al., 1995; Hunte et al., 2000; Zhou et al., 2001; Jiang et al., 2003; Day et al., 2007; Rasmussen et al., 2007), „Affibodies“ (Wahlberg et al., 2003), „Monobodies“ (Koide et al., 2007) oder designter Ankyrin-Repeat-Proteine (DARPins) (Binz et al., 2004; Kohl et al., 2005;

Schweizer et al., 2007; Sennhauser et al., 2007; Bandeiras et al., 2008) zur erfolgreichen Strukturaufklärung von Proteinen. Die Erhöhung lokaler Rigidität zur Erhöhung der Kristallisationswahrscheinlichkeit kann auch noch durch andere Vorgehensweisen erreicht werden. So gelang die Kristallisation des K+-Kanals Kir3.1 der Maus nach Einführung einiger Stellen aus dem homologen Protein von B. xenovorans (Nishida et al., 2007), während die Struktur des humanen 1-adrenergen G-Protein-gekoppelten Rezeptors nach Einführung stabilisierender Punktmutationen gelöst werden konnte (Serrano-Vega et al., 2008; Warne et al., 2008). Die Kristallisation des humanen 2-adrenergen G-Protein-gekoppelten Rezeptors erforderte die Insertion von T4-Lysozym in einen flexiblen Bereich (Cherezov et al., 2007;

Rosenbaum et al., 2007). Letztere Strategien fallen in den Bereich der intrinsischen Optimierung, die im nächsten Abschnitt genauer besprochen wird.

1.3.2 Intrinsische Optimierung der Stabilität und Löslichkeit von Proteinen durch Mutagenese

Zur Erhöhung der löslichen Expression in E. coli bzw. der Kristallisationswahrscheinlichkeit bietet sich zum einen rationales Proteindesign an (van den Burg & Eijsink, 2002; Eijsink et al., 2004). Dadurch wurde zum Beispiel die Rigidität von Proteinen durch Einführung von Gly→Ala oder Xxx→Pro Austauschen (Matthews et al., 1987) bzw. von Disulfidbrücken (Matsumura et al., 1989; Mansfeld et al., 1997; Tigerström et al., 2004; Hagihara et al., 2007;

Searens et al., 2008) erhöht, wodurch die Entropiebegünstigung des entfalteten Zustands geringer wird. Reste, die eingeführt wurden, um mit einem -Helix-Dipol zu interagieren (Nicholson et al., 1988; Nicholson et al., 1991), auf andere Weise -Helices (Serrano et al., 1992; Blaber et al., 1993) oder andere Sekundärstrukturbestandteile wie -turns (Simpson et al., 2005) optimieren, können ebenfalls zur Stabilisierung von Proteinen führen. Ähnlich

wirksam kann die Einführung von Interaktionen zwischen aromatischen Seitenketten (Serrano et al., 1991; Puchkaev et al., 2003), die Erhöhung des Anteils an Konsensus-Resten (Lehmann et al., 2002; Bledsoe et al., 2002) oder die Übertragung von Resten aus homologen Proteinen hyperthermophiler Organismen sein (Littlechild et al., 2007). Durch verbesserte Protomer-Interaktionen kann die Quartärstruktur bei oligomeren Proteinen stabilisiert werden (Kaneko et al., 2005). Die Einführung bzw. Optimierung von Salzbrücken-Netzwerken kann ebenfalls zu einer deutlichen Erhöhung der konformationellen Stabilität führen (Sun et al., 1991; Waldburger et al., 1995; Pace et al., 2000; Makhatadze et al., 2003; Schwehm et al., 2003; Höcker et al., 2004; Gribenko et al., 2009). In vielen Fällen führten bereits wenige Austausche zu einer deutlichen Stabilisierung eines Proteins (Mansfeld et al., 1997; Perl et al., 2000; Pedone et al., 2001). Das eindrucksvollste Beispiel stellt bis dato die Stabilisierung der Triosephosphat-Isomerase aus Leishmania mexicana um 26 °C durch eine einzige Punktmutation dar (Williams et al., 1999).

Neben rationalem Design, für das im idealen Fall eine 3D-Struktur vorhanden sein sollte, besteht auch die Möglichkeit, Proteine durch „gelenkte Evolution“ im Labor zu stabilisieren (Arnold, 1998; Eijsink et al., 2005; Roodveldt et al., 2005). Dabei wird das für das Protein kodierende Gen durch eine geeignete Technik zunächst global oder lokal randomisiert mittels error prone PCR (Leung et al., 1989), DNA-Shuffling (Stemmer et al., 1994a,b) oder einer PCR mit degenerierten Oligonukleotiden als Primer (Neylon, 2004; Reetz et al., 2008). Die dadurch erzeugten Genbanken können anschließend mittels geeigneter Selektions- oder Screening-Verfahren auf stabilisierte Varianten durchsucht werden.

Eine Methode zum Screening löslich exprimierter Proteine in E. coli ist der „Colony Filtration Blot“ (Cornvik et al., 2005; Dalroth et al., 2006). Hierbei kann nach Übertragung der auf Nährplatten gewachsenen E. coli - Kolonien auf eine Nitrocellulosemembran die lösliche Expression des Zielproteins durch einen spezifischen Antikörper nachgewiesen werden. Ein anderes System beruht darauf, die zelluläre Stressantwort auf falsch gefaltete Proteine zu analysieren. Durch Kopplung der Stressantwort an eine Farbreaktion können instabile Proteinvarianten erkannt und aussortiert werden (Lesley et al., 2002). Weiterhin besteht die Möglichkeit, die erhöhte Protease-Resistenz eines stabilisierten Proteins an die Infektiösität von Phagen zu koppeln („Proside“; Sieber et al., 1998; Martin et al., 2001, Martin et al., 2003; Kather et al., 2008). Eine andere Methode stabilisierte Proteinvarianten zu identifizieren stellt die Selektion in thermophilen Wirten dar. So wurden stabilisierte Varianten der 3-Isopropylmalat-Dehydrogenase aus der Leucin-Biosynthese von Hefe über ihre Fähigkeit zur Komplementation eines auxotrophen Thermus thermophilus Stammes bei

schrittweiser Erhöhung der Wachstumstemperatur von 50 – 70 °C isoliert (Tamakoshi et al., 2001).

Neben diesen Systemen gibt es noch andere Methoden der gelenkten Evolution, bei denen das Signal eines fusionierten Reporterproteins analysiert wird. Diese Verfahren beruhen darauf, dass die Stabilität des Zielproteins die Löslichkeit des Reporterproteins beeinflusst. So beeinflusst zum Beispiel ein an das -LacZ gekoppeltes Zielprotein dessen Fähigkeit zur strukturellen Komplementation von -LacZ (Wigley et al., 2001). Ein anderes Reporter-System basiert darauf, dass unlösliches Zielprotein zur Aggregation der fusionierten Chloramphenicol-Acetyltransferase (CAT) führt, wodurch die vermittelte Antibiotikum-Resistenz erniedrigt wird (Maxwell et al., 1999; Sieber et al., 2001; Sieber, 2003).

Das grün fluoreszierende Protein (GFP) aus Aequorea victoria (siehe 1.4) kann ebenfalls als Reporterprotein benutzt werden. Hierbei führt unlösliches Zielprotein zur Fehlfaltung des fusionierten GFP, wodurch dessen Fluoreszenz erniedrigt wird (Waldo et al., 1999; Drew et al., 2001; Waldo, 2003). Transformierte E. coli Zellen „leuchten“ damit umso intensiver, je löslicher das Zielprotein ist. Mit Hilfe von GFP als Reporterprotein konnte die Nucleosid-Diphosphat-Kinase aus Pyrobaculum aerophilum (Pedelacq et al., 2002) und das Genprodukt Rv2002 aus Mycobacetrium tuberculosis (Yang et al., 2002; Yang et al., 2003) stabilisiert werden, was die Röntgenstrukturanalyse dieser Proteine ermöglichte. Bei der Beurteilung der Löslichkeit des Zielproteins durch die GFP-Fluoreszenz kann es zu falsch positiven Artefakten kommen. So kann beispielsweise das Zielprotein durch intermolekulare Wechselwirkungen das GFP-Chromophor beeinflussen (Cabantous et al. 2005) oder es kann aufgrund von Proteolyse bzw. neu eingeführten ribosomalen Bindestellen zu einem stark verkürzten Zielprotein kommen, dessen Löslichkeit keinen Einfluss mehr auf die Faltung des fusionierten GFP hat (Cabantous et al., 2008). Um solche Artefakte während des Screenings zu vermeiden, wurde das GFP-Reportersystem in einigen Arbeiten abgewandelt. Hierbei wurde das Zielprotein nur an einen Teil eines modifizierten Superfolder-GFPs (Pedelacq et al., 2006) (AS 216-228) fusioniert und der Rest (AS 1-215) koexprimiert („Split-GFP“, Cabantous et al. 2005; Cabantous & Waldo, 2006) oder das Zielprotein in das Superfolder-GFP inseriert (Cabantous et al., 2008). Dadurch konnten intermolekulare Wechselwirkungen bzw. artifizielle Verkürzungen, welche zu einer falsch positiven Erhöhung des Fluoreszenz-Signals führen, ausgeschlossen werden. Mit Hilfe von Pipettierrobotern wurde das Split-GFP System soweit automatisiert, dass mit Hilfe von 96er-Well Platten bis zu 2304 Klone pro Woche analysiert werden konnten (Listwan et al., 2009). Da in dieser Arbeit vorwiegend GFP als Reporterprotein zur Anwendung kam, wird es im nächsten Kapitel näher vorgestellt.