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Ergebnisse der Simulation (Stufenzone, LES)

6.2 Strömungssimulation

6.2.4 Ergebnisse der Simulation (Stufenzone, LES)

Die Wirbelablösung im Nachlauf der Stufe wurde durch Stromlinien in der Fluidsimulation sicht-bar gemacht. Abbildung 6.11 stellt die dreidimensionalen Profilverläufe der Stromlinien in der 𝑥-𝑧-Durchsicht für alle Volumenströme𝑉 ={20,50,80,120,150} mL min1dar. In der Durchsicht werden damit alle Stromlinien über die Breite der Stufenkammer in die𝑥-𝑧-Ebene projiziert. Bei der Überströmung der Stufe kam es bei allen Volumenströmen zur Ausbildung der primären Ablö-seblase mit rückströmendem Medium hinter der Stufe (dunkelblauin Abbildung 6.11). Mit steigen-dem Durchflussvolumenstrom𝑉 nahm die Längsausdehnung des Rückstromgebiets – und damit die Wiederanlegelänge – bis zu 80 mL min1zu. Ab 120 mL min1stieg der Grad der Turbulenz im Nachlauf der Rückflusszone an, was durch die gekrümmten, unregelmäßigeren Stromlinien hinter der Ablöseblase sichtbar wird. Mit steigendem Volumenstrom erschien der Primärwirbel weniger scharf begrenzt, was auf verstärkte Aufscherung der Strömung und stärkeres Entrainment hin-deutet. Die Wiederanlegelänge wanderte bei weiterer Erhöhung des Volumenstroms stromauf und

𝑢𝑖/m s1

0.026 0.031 0.089 0.147 0.205 0.262

−0.078 0.071 0.220 0.370 0.519 0.668

0.148 0.097 0.342 0.588 0.833 1.079

−0.369 0.046 0.461 0.877 1.292 1.707

0.521 0.013 0.546 1.080 1.614 2.147

0 5 10 15

𝑥/𝑠 20minmL

50minmL

80minmL

120minmL

150minmL 𝑧

𝑥

Abbildung 6.11:Ergebnis der LES:𝑥-𝑧-Durchsicht der instantane Stromlinienverläufe für die si-mulierten Volumenströme𝑉 = {20, . . . ,150}mL min1mit𝑥-Komponente der Geschwindigkeit, 𝑢𝑖. Im laminaren Bereich der Volumenströme mit 20≤ 𝑉 ≤80 mL min1wächst der Primärwirbel (dunkelblau) hinter der rückwärts-gewandten Stufe an. Gleichzeitig nimmt der Turbulenzgrad im Stufennachlauf zu und destabilisiert ab𝑉 ≥80 mL min1zunehmend das primäre Rezirkulations-gebiet. Dies hat wiederum eine Verringerung der Wiederanlegezone zur Folge.

6.2 Strömungssimulation

Abbildung 6.12: Instantaner Verlauf der Stromlinien entlang der Oberseite des unteren Deckglases der Stufenkammer hinter der rückwärts-gewandten Stufe (in 𝑥/𝑠 = 0) für 𝑉 ={20,50,80,120,150} mL min1(v. o. n. u.) in der Draufsicht. Die Kanalbreite (hier als𝑦-Achse dargestellt) wurde konventionsgemäß ebenfalls auf die Stufenhöhe𝑠normiert und zentriert.

trug zur weiteren Destabilisierung des Primärwirbels hinter der Stufe bei.

Abbildung 6.12 stellt die instantanen, auf die Oberseite des unteren Deckglases der Stufenkam-mer begrenzten Stromlinien zu beliebigen Zeitpunkten für𝑉 ={20,50,80,120,150} mL min1in der Draufsicht dar. In dieser Darstellung werden die Mediumsflüsse in unmittelbarer Nähe des ad-härenten Pilzes sichtbar. Für diese wurde die Funktionconstrained streamlinein StarCCM+

genutzt, um das Geschwindigkeitsfeld nahe der Unterseite zu integrieren und den entstehenden Pfad in die Ebene zu projizieren. Von den Ausgangspunkten der Stromlinien (jeweils 375schwarze Punktein Abbildung 6.12) ausgehend wurde jeweils vorwärts und rückwärts in der Zeit integriert.

Für𝑉 ={20,50,80} mL min1wird deutlich, dass die Strömung im laminaren Regime in geordne-ten, parallelen Bahnen verlief. Der Primärwirbel führte die Stromlinien in überschneidungsfreien Bahnen zur Stufenkante zurück, während die Strömung hinter dem Primärwirbel schnell an der

Kammerunterseite anlegte und das Bauteil ebenso geordnet verließ. Ab𝑉 =120 mL min1bildeten sich lokale Wirbel hinter der Wiederanlegelinie, die sich bei𝑉 =150 mL min1über die wandna-hen Bereiche bis in den Primärwirbel hinter der rückwärts-gewandten Stufe hinein erstreckten.

Eine laminare, gleichmäßige Profilströmung wurde im transienten Bereich nicht erreicht, sodass sich die Stromlinien auch nach der Wiederanlegung kreuzten.

In diesem Abschnitt konnte zunächst ein allgemeiner Eindruck der Strömungsvorgänge hinter der Stufe gewonnen werden. Während die Stromlinen bis 80 mL min1durchgängig geordnet ver-liefen und sich Primärwirbel und Wiederanlegelinie scharf begrenzen ließen, wurden die Stromli-nienverläufe ab 120 mL min1komplexer. Durch die steigende Turbulenz hinter dem Primärwirbel wurde die Strömung zunehmend ungeordnet und der Verlauf der Wiederanlegelinie konnte nicht auf Basis dieser instantanen Stromlinien bestimmt werden. Im folgenden Absatz wird deshalb die Wiederanlegelinie𝑥r auf Grundlage zeitlich gemittelter Felder berechnet.

6.2 Strömungssimulation

Wiederanlegelinie

Die Verteilung des zeitlichen Mittelwerts der𝑥-Komponente der WSS, ¯𝜏w,𝑖(𝑥,𝑦), und die zeitli-che Varianz, ¯¯𝜏w,𝑖(𝑥,𝑦), auf der Unterseite der Nachlaufzone (𝑥/𝑠 > 0) wurden durch Mittelung der errechneten Geschwindigkeitsfelder über𝑁𝑡 simulierte Zeitschritte erhalten. Die Verläufe von 𝜏¯w,𝑖(𝑥,𝑦)sind in Abbildung 6.13 konturartig für alle Volumenströme aufgetragen. Die mittlere Wie-deranlegelinie mit ¯𝜏w,𝑖(𝑥,𝑦)=0 ist hierbei als weiße, gepunktete Linie sichtbar. Aus Abbildung 6.13 lassen sich verschiedene Trends zur Verteilung der zeitlichen gemittelten𝑥-Komponente der WSS – und damit der Wiederanlegelinie – ablesen. Die Länge des negativwertigen ¯𝜏w,𝑖(𝑥,𝑦)-Gebiets stieg bis 𝑉 = 80 mL min1 an und wurde daraufhin stromauf zurückgedrängt. Diese

Beobach-20 mL min1

Abbildung 6.13:Darstellung der𝑥-Komponente der Wandschubspannung in der Zone hinter der Stufenkante (in𝑥/𝑠 =0) für𝑉 = {20,50,80,120,150} mL min1(v. o. n. u.). Die Kanalbreite (hier als𝑦-Achse dargestellt) wurde konventionsgemäß ebenfalls auf die Stufenhöhe𝑠 normiert und zentriert.

tung bestätigt den bereits in Abschnitt 6.1.2 beschriebenen Verlauf der Wiederanlegelänge aus der Literatur. Ab𝑉 = 80 mL min1 bildete sich ein positivwertiges Maximum von𝜏w,𝑖(𝑥,𝑦) hinter der mittleren Wiederanlegelänge aus. Von 120 bis 150 mL min1entstand außerdem ein mittiges, punktförmiges Rückstromgebiet bei 10 ≤ 𝑥/𝑠 ≤ 17. Laut Armaly et al. [4], welche dieses Gebiet erstmalig erwähnen, ist dieses typisch für das beginnende, transiente Strömungsregime.

Die Wiederanlegelinie hing außerdem von der Entfernung zu den Seitenwänden der Kammer ab: Im laminaren Regime wurde der Primärwirbel stromauf in der Nähe der Seitenwände verkürzt, während im transienten Bereich die Wiederanlegelinie nahe der Seiten stromab gezogen wurde bzw. zu verwischen schien. Ersteres Phänomen entstand, weil die Seitenwände die Kernströmung abbremsten. Für das Letztere ursächlich waren mehrere, überlagernde Effekte, darunter die erhöhte Geschwindigkeit der stationären Randwerte im Eingang, die in Abschnitt 6.2.3 erhalten wurden.

Da es sich bei der Wiederanlegelänge bzw. -linie um ein für die rückwärts-gewandte Stufe cha-rakteristisches Merkmal des auftretenden Strömungsphänomens handelt, und, weil der Umschlag der Strömungsrichtung einen erhöhten Belastungsreiz (im Sinne eines Richtungswechsels der an-greifenden Scherbelastung) bedeutet, soll die Variabilität von𝑥rebenfalls örtlich eingegrenzt wer-den.

Eine Zoneneingrenzung der Wiederanlegelinie ist in Abbildung 6.15, S. 112 vorgenommen wer-den. Der Verlauf der Wiederanlegelinie nach (Gleichung 6.1) ist hier erneut (schwarz) für alle simu-lierten Volumenströme aufgetragen. Durch Addition (blau) bzw. Subtraktion (rot) der dreifachen Standardabweichung von±3𝜏¯¯w,𝑖(𝑥,𝑦)1/2wurden verschobene Verläufe verschwindender WSS er-halten27. Diese begrenzen den±3|𝜏¯¯w,𝑖(𝑥,𝑦)|1/2-Bereich, in dem die Wiederanlegelinie in ihrem Vor-zeichen wechseln, die Strömungsrichtung also umkehren kann (grau). Die hierbei verwendete, zeitliche Varianz der gerichteten WSS, ¯¯𝜏w,𝑖(𝑥,𝑦), ist im Anhang in Abbildung M1 bis M5 bildlich hinterlegt. Diese Zoneneingrenzung über das zweite statistische Moment, ¯¯𝜏w,𝑖(𝑥,𝑦), war

zuläs-0 500 1000 1500 2000 2500

−20

Abbildung 6.14:Links: Änderung von𝜏w,𝑖 während der Simulation. Rechts: Histogramme über die Häufigkeit der Werten für den𝑥-Anteil der Wandschubspannung innerhalb der simulierten Zeitreihe; jeweils für drei Messpunkte hinter der rückwärts-gewandten Stufe für einen Volumen-strom von𝑉 = 150 mL min1. Die simulierten Werte für𝜏w,𝑖 waren annähernd normal um den entsprechenden Mittelwert, ¯𝜏w,𝑖 ,verteilt.

27Zu beachten ist an dieser Stelle, dass der Betrag der zeitlichen Varianz der𝑥-Komponente der WSS zur Berechnung des Wurzelterms herangezogen wurde.

6.2 Strömungssimulation

sig, da die𝑥-Komponente der Wandschubspannung im untersuchten Simulationszeitraum jeweils normalverteilt innerhalb der simulierten Zeitreihen auftrat und damit hinreichend über die ersten beiden Momente beschrieben werden konnte (beispielhaft als Histogramme für drei Ortspunkte einer Simulation mit𝑉 =150 mL min1in Abbildung 6.14 aufgetragen).

Die Größe der besagten Zone stieg mit zunehmendem Volumenstrom bis𝑉 = 150 mL min1 sichtbar an. Die stärkere Tendenz zur Wirbelbildung mit dem Beginn des transienten Regimes ab𝑉 = 120 mL min1 und deren Auswirkungen auf die Wiederanlegelänge werden in Abbil-dung 6.15, S. 112 erneut deutlich.

Damit wurden in diesem Abschnitt für alle Volumenströme Bereiche ausgewiesen, in denen die Strömungsrichtung im zeitlichen Mittel umkehren kann. Diese Bereiche werden bei den in Un-terkapitel 6.4 dargestellten Experimentalergebnissen hilfreich sein, um die Verteilung wachsenden Myzels in der Stufenkammer einzuordnen. Um die Ursachen für die erhöhte Varianz der WSS und der Wiederanlegelinie auszumachen, wird im folgenden Abschnitt genauer auf die Dreidimensio-nalität der Strömung eingegangen.

20 mL min1

Abbildung 6.15: Schwarz: Mittlere Wiederanlegelänge ¯𝑥𝑟(𝑥,𝑦) nach der Stufe; blau/rot: Unte-re/Obere 3 ˆ𝜎-Grenze, d. h., es gilt jeweils ¯𝜏w,𝑖 ± 31

𝜏¯¯w,𝑖 = 0. Grau: 31

𝜏¯¯w,𝑖-Unsicherheitsbereich der Wiederanlegelänge, in dem die Wiederanlegelänge mit zu 99.73 %iger Sicherheit variiert. Di-rekt hinter der Stufe bilden sich achsensymmetrische Sekundärwirbel, deren Ausdehnungen in 𝑥-Richtung mit steigendem Volumenstrom zunehmen.

6.2 Strömungssimulation

Dreidimensionalität der Strömung

In Abschnitt 6.1.2 wurde festgestellt, dass erste dreidimensionale Effekte in Lateralrichtung hinter einer Stufe ab Re= 748 zu erwarten sind. Die Reynolds-Zahlen der durchgeführten Fluidsimula-tionen erstrecken sich von 286 bis 2384, was die dreidimensionale Fluidsimulation rechtfertigte.

Der Grad der Dreidimensionalität der Strömung soll durch den lateralen (d. h.𝑦-) Anteil der ge-mittelten WSS,𝜏w,𝑗, in Abbildung 6.16 illustriert werden. Die Abbildung wurde auf den Betrag der WSS normiert, um den Anteil der lateralen WSS sowie deren Wirkrichtung darzustellen. Nach Gl. 2.40, S. 17 folgt ein erhöhter Lateralanteil der WSS aus einem erhöhten Gradienten des late-ralen Anteils der Geschwindigkeit in axialen (d. h.𝑧-)Richtung,𝜕𝑢𝑗/𝜕𝑧, an der Wand. Er ist damit ebenfalls ein Resultat des fließenden Mediums oberhalb der Wandebene. In Abbildung 6.16 wird

0 10 20 30 40 50

Abbildung 6.16: Relativer Anteil der 𝑦-Komponente der WSS 𝜏¯w,𝑗/|𝜏¯w| hinter der rückwärts-gewandten Stufe für alle𝑉 ={20,50,80,120,150} mL min1(v. o. n. u.) in der Draufsicht. Im tran-sienten Strömungsbereich ab 80 mL min1nimmt der Anteil der Seitströmung – und damit ihre Dreidimensionalität zu.

deutlich, dass für alle Volumenströme der Lateralanteil besonders in der Wiederanlegezone er-höht, dagegen im Auslaufbereich der Strömung nur schwach ausgeprägt ist. Der relative Bereich, in dem der laterale Anteil der WSS erhöht ist, nimmt außerdem mit steigendem Volumenstrom zu.

Ab 80 mL min1kehrt sich die Wirkrichtung des Lateraltransports entlang der Wiederanlegelinie um. Das bedeutet, dass bis 50 mL min1bodennahes Medium nahe der Seitenwand (im Mittel) in die Kernströmung gespült wird, während ab 80 mL min1Medium in Richtung die Seitenwände fließt. Mit der Umkehr der Strömungsrichtung steigt die Varianz der WSS nahe der Seitenwände ab 80 mL min1an, was ebenfalls in Abbildung M1 bis M5 im Anhang sowie dem breiten Unsi-cherheitsbereich der Wiederanlegung, Abbildung 6.15 sichtbar wird. Die erhöhte Varianz ist damit Resultat dreidimensionaler Wirbelstrukturen.

In diesem Unterkapitel wurden die Ergebnisse der CFD-Simulationen im Hinblick auf die cha-rakteristische Wiederanlegelinie der Strömung über die Stufe und auf die resultierende WSS am Boden der Kammer ausgewertet. Die in diesem Unterkapitel gewonnenen Pseudomessdaten bilden die Grundlage für eine erste Versuchsreihe, bei derA. nigerunter Strömung kultiviert wurde. Der zeitliche Ablauf der Strömungsversuche sowie die präparativen Schritte zur Probenvorbereitung werden im folgenden Unterkapitel beschrieben.