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Environmental Justice - Ein Themenfeld der Public Health Disziplin

1. E INLEITUNG

1.3. Environmental Justice - Ein Themenfeld der Public Health Disziplin

notwendig, da sich qualitativ hochwertige Grünflächen positiv auf die Gesundheit der Menschen auswirken (vgl. Waschewsky 2008: 200). Darüber hinaus ist die Umweltgerechtigkeit stark mit der Public-Health Disziplin verknüpft (vgl. Waschewsky 2008: 203).

1.3.1. Was bedeutet Gesundheit?

Zu Beginn gilt zu klären, was überhaupt unter „Gesundheit“ zu verstehen ist. Schon 1948 erläuterte die Weltgesundheitsorganisation, dass nicht bloß die körperliche, sondern auch die soziale und psychische Gesundheit eines Individuums von größter Bedeutung ist (vgl.

Schlipfenbacher/ Jacobi 2013: 1).

Eine ausschließliche Auseinandersetzung mit der Mortalität der Bevölkerung sowie mit der pathologischen Gesundheit eines Individuums, gilt weitgehend als überholt. Diese Betrachtungsweise resultiert unter anderem aus dem medizinischen Fortschritt, der zu einer Steigerung der Lebenserwartung führte (vgl. Breslow 1972: 347-348).

Die Auffassung, dass Menschen nicht nur dann gesund sind, wenn sie frei von pathologischen Krankheiten sind, sondern sich auch psychisch und mental wohlfühlen, setzte sich immer deutlicher durch (vgl. ebd.: 347-348).

Vulnerable Bevölkerungsgruppen, die sozial und ökonomisch benachteiligt sind, leiden häufig unter gesundheitlichen Problemen (vgl. Braveman 2014: 6). Die Armutsgefährdung, die Zugehörigkeit zu einer sozial benachteiligten Gruppierung sowie das Leben in benachteiligten Wohnregionen zählen u.a. zu den sogenannten Gesundheitsrisiken.

Braveman fordert eine Maximierung gesundheits- und umweltpolitischer Interventionen mit dem Fokus auf vulnerable Personengruppen. Darüber hinaus kritisiert sie, dass gesundheitsfördernde Interventionen als Luxusgüter gehandhabt werden (vgl. ebd.: 6).

Laut Braveman ist die Verbesserung des sozioökonomischen Status und der Wohnortswechsel nur dann möglich, wenn Menschen psychisch und physisch „gesund“

sind. Somit bedingt der sozioökonomische Status die Gesundheit eines Menschen und umgekehrt. Aus sozial-, umwelt- und gesundheitspolitischer Betrachtung ist die Schaffung gesundheitsfördernder Rahmenbedingungen, wie beispielsweise der Ausbau von öffentlich zugänglichen Grünflächen, dringend notwendig (vgl. Braveman 2014: 7).

1.3.2. Öffentliche Parkanlagen als Reduktion gesundheitsschädigender Einflüsse

Laut Braubach reduzieren grüne Parkanlagen in Wohnquartieren gesundheitsschädigende Umweltrisiken (vgl. Braubach 2012: 151-152). Als gesundheitsschädigende Einflüsse gelten beispielsweise die schlechte Luftqualität in verkehrsstarken Wohnquartieren, das erhöhte Unfallrisiko aufgrund des starken Verkehrs im Wohngebiet, oder auch die Auswirkungen des Klimawandels auf die Bewohner*innen in besonders gefährdeten Wohnregionen (vgl. ebd.: 151-152).

Zwischen der ländlichen und der städtischen Region sind Temperaturunterschiede, vor allem im Sommer, feststellbar (vgl. Brandenburg et al. 2015: 7). Sogenannte Hitze- oder Wärmeinseln befinden sich überwiegend in dicht bebauten Stadtteilgebieten. Grund dafür ist vor allem die hohe Bodenversiegelung in Städten. Die Autor*innen des „Urban Heat Island Bericht“ beschreiben die Entstehung von Wärmeinseln folgendermaßen: „Als Hauptursache für die Entstehung städtischer Wärmeinseln wird die Ver- und Überbauung natürlicher permeabler Oberflächen gesehen (Kuttler 2011).“ (Kuttler 2011, zit.n.

Brandenburg et al. 2015: 7) Die durch den Klimawandel zunehmenden Hitzeinseln befinden sich in jenen Stadtteilgebieten, die besonders grünflächenarm sind (vgl. Kabisch/

Annerstedt van den Bosch 2017: 209). Laut Hansen reduzieren grüne Parkanlagen die

Kabisch und Annerstedt van den Bosch machen deutlich, dass Umweltrisiken, welche gesundheitsgefährdend sind, vermehrt in sozioökonomisch armen Wohnregionen vorhanden sind (vgl. Kabisch/ Annerstedt van den Bosch 2017: 210).

“Many of the mentioned environmentally related health threats are unequally distributed in a city with a higher exposure to vulnerable populations in deprived areas, often living in very dense areas with high share of imperviousness, living closer to traffic, industrial sites, contaminated soil and poor accessibility to high-quality green spaces (Su et al. 2011).” (Su et al. 2011, zit.n. Kabisch/ Annerstedt van den Bosch 2017:

210)

Die Zeitschrift CityLab führt als Beispiel ein sozial und ökonomisch benachteiligtes Viertel in London an, in dem Parkanlagen einen besonders niedrigen Qualitätsstandard haben.

Die schlechte Qualität bezieht sich vor allem auf die hohe Schadstoffbelastung im Viertel, die sich auch stark auf die Luftqualität in den Parkanlagen und folglich negativ auf die Gesundheit der Parknutzer*innen auswirkt. „The low-income borough of Tower Hamlets, home of Victoria Park (which was first built as a public health measure against disease), has one of the worst air qualities in London, and its parks fall victim to this pollution.”

(Surico 2020: o.A.)

Massey betont, dass die Häufigkeit von Asthma Erkrankungen in sozioökonomisch schwachen Wohnregionen in den USA deutlich höher ist als in der Gesamtgesellschaft.

Dabei sieht Massey Umweltrisiken als potenzielle Ursachen für Asthma Erkrankungen (vgl.

Massey 2004: 4). Laut Massey sind Mülldeponien häufig in Wohnregionen angesiedelt, in denen ethnische Minderheiten leben (vgl. Massey 2004: 5).

Massey illustriert, dass Umweltrisiken die Gesundheit aller Menschen gefährden, am meisten davon betroffen sind allerdings ärmere Bewohner*innen und- oder ethnische Minderheiten (vgl. Massey 2004: 18). Chronische Krankheiten werden, laut Massey, durch Umweltrisiken deutlich verstärkt. Massey beschreibt den Zusammenhang zwischen chronischen Krankheiten und Umweltrisiken folgendermaßen:

„Environmental pollution is linked to a range of disabilities and chronic illnesses including cancer, asthma, and certain learning disabilities. Rising rates of these problems affect everyone, but in many cases, poor and minority communities are disproportionately affected.”

(Massey 2004: 18)

1.3.3. Parkanlagen als gesundheitsfördernder Bewegungsraum für unterschiedliche Altersgruppen

Laut Geuter ist das Bewegungsausmaß vieler Menschen in den westlichen Industrieregionen zu gering. Als Ursachen dafür nennt Geuter beispielsweise den Ausbau von Automobilverkehr, den digitalen Konsum, aber auch fehlende Bewegungsräume in größeren Städten (vgl. Geuter 2010: 25). Öffentlich zugängliche Parkanlagen könnten als Bewegungsräume in größeren Städten dienen (vgl. Geuter 2010: 28). Die Steigerung der Mobilität sowie der sportlichen Aktivität führen zur Reduktion u.a. von Herz-Kreislauf Problemen, Adipositas sowie Bluthochdruck und wirken sich positiv auf die pathologische Gesundheit der Menschen aus (vgl. Geuter 2010: 21-22).

Abbildung 1 zeigt, dass sich städtische Parkanlagen nicht nur auf die körperliche-, sondern auch auf die soziale- und mentale Gesundheit positiv auswirken (vgl. Abbildung 1). Laut Claßen und Bunz unterstützen städtische Parkanlagen den Abbau von Stress und reduzieren Aufmerksamkeitsstörungen. Sie betonen zudem, dass Parkanlagen im nahen Wohnumfeld psychische Krankheiten minimieren. „In weiteren Studien konnte gezeigt werden, dass ein höheres Maß an Grün im Wohnumfeld mit geringerem Auftreten von Angststörungen, geringerem Stresserleben und weniger depressiven Symptomen assoziiert ist [9, 27, 28].“ (Claßen/ Bunz 2018: 723)

Claßen und Bunz stellen neben der mentalen- und der pathologischen Funktion städtischer Parkanlagen auch die besondere Bedeutung der sozialen Funktion in den Vordergrund (vgl. Abbildung 1). Laut den Autor*innen fördern städtische Parkanlagen ein friedliches Zusammentreffen unterschiedlicher Menschen. Somit besteht die Möglichkeit, Vorurteile und Stereotypen abzubauen sowie die Kommunikation zwischen unterschiedlichen Menschen zu fördern. Claßen und Bunz beschreiben die soziale Komponente städtischer Parkanlagen folgendermaßen:

„Insbesondere in Parks erfolgen eine Durchmischung sowie ein Nebeneinander unterschiedlichster sozialer Gruppen (z. B. in Bezug auf Alter, Geschlecht, ethnische Herkunft).

Damit besitzen städtische Naturräume ein nicht zu unterschätzendes Potenzial zur sozialen Integration, Inklusion und Akzeptanzsteigerung [50] und können im Wohnumfeld als unbelasteter Begegnungs- und Kommunikationsraum den sozialen Zusammenhalt der dort ansässigen Bevölkerung stärken [52].“ (Claßen/ Bunz 2018: 725)

Claßen und Bunz weisen in Abbildung 1 neben den vielzähligen positiven Effekten städtischer Parkanlagen auch auf mögliche Defizite der Grünflächen hin (vgl. Abbildung 1).

Manche Bewohner*innen leiden an Pflanzenallergien, die sich durch einen Aufenthalt in grünen Parkanlagen negativ auswirken können.

Ebenso meiden einige Bewohner*innen städtische Parkanlagen in der Nacht, da diese auf gewisse Personen bedrohlich wirken (vgl. Abbildung 1).

Abbildung 1: Positive gesundheitliche Auswirkungen der Parkflächen (Claßen/Bunz 2018: 723)

Unterschiedliche Altersgruppierungen profitieren von städtischen Parkanlagen. Durch die zunehmende Technologisierung verlieren Kinder, vor allem in Städten, häufig den Bezug zur Umwelt. Der Zugang zur Natur wird für Kinder, die in ärmeren und verkehrsstarken Wohnregionen leben, zusätzlich erschwert. Der Ausbau von grünen Parkanlagen ist für sie besonders wichtig, da sich Parkanlagen positiv auf die kognitive Entwicklung auswirken (vgl. Claßen/ Bunz 2018: 723, Kabisch/ Annerstedt van den Bosch 2017: 212).

Mit einer weiteren Studie belegen Kabisch und Annerstedt van den Bosch, dass auch Senior*innen von grünen Parkanlagen profitieren (vgl. Kabisch/ Annerstedt van den Bosch 2017: 212). Essenziell dabei ist, dass sich grüne Parkanlagen in deren umliegenden Wohngebieten befinden (vgl. Geuter 2010: 26). In grünen Parkanlagen gehen Senior*innen häufiger spazieren. Ihre sportliche Aktivität wird dadurch gesteigert, wie im folgenden Zitat deutlich wird:

„Sugiyama and Ward Thompson (2007) identified that neighbourhood environments are likely to contribute to older people’s health by providing places as opportunity spaces to be active.

They found that older people who live in a supportive environment including green spaces are likely to walk more and are equally likely to be in better health.” (Kabisch/ Annerstedt van den Bosch 2017: 212)

1.4. Environmental Justice - Zugang zu Urbanen Grünflächen wie