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4   Entwicklung des Si/GaAs Wafer‐Bonds

4.6  Elektrische Leitfähigkeit

4.6.3  Elektrische Schädigung von GaAs

Die geringe Leitfähigkeit des Argon‐FAB aktivierten GaAs/GaAs Wafer‐Bonds aus Abschnitt 4.6.2 weist darauf hin, dass der Ladungsträgertransport über die Bondgrenzfläche durch geladene Defektzustände beeinträchtigt wird. Diese Defekte wurden höchstwahrscheinlich durch die FAB Behandlung verursacht. Aus der Literatur ist bekannt, dass der Beschuss mit hochenergetischen Neutronen bzw. Ionen die Elektronen‐Mobilität und die aktive Ladungsträgerkonzentration von n‐GaAs reduziert [149, 150]. Diese Effekte werden sehr wahrscheinlich auch durch die FAB Aktivierung beim Wafer‐Bonding verursacht. Um dies zu prüfen, wurden n‐GaAs‐Schichten mit zweierlei Orientierungen ((100) 6° fehlorientiert nach

<111> A oder <1‐11> B) unterschiedlich lange mit den Argon‐FAB (Vacc = (0.64 ± 0.01) kV, IAnode = 100 mA) behandelt und danach mittels Hall‐Messungen nach der Van‐der‐Pauw Methode charakterisiert. Die ermittelten Hall‐Mobilitäten und Schichtladungsträger‐

konzentrationen werden in Abbildung 4‐19 in Abhängigkeit von der FAB Behandlungszeit gezeigt.

Die mittlere Hall‐Mobilität der n‐GaAs‐Schichten (Abbildung 4‐19a) nimmt mit steigender FAB Behandlungszeit deutlich ab. Offenbar werden die Leitungselektronen an Defekten gestreut, die durch die FAB Behandlung verursacht werden. Da die Hall‐Mobilitäten in Abbildung 4‐19 Mittelwerte der gesamten n‐GaAs‐Schicht sind und die Defektanzahl mit der Kristalltiefe abnimmt, fällt für dünne Schichten schneller ab.

Die Differenz zwischen der ursprünglichen Schichtladungsträgerkonzentration und der nach FAB Behandlung ist in Abbildung 4‐19b gezeigt und wird im Folgenden experimenteller Ladungsträgerverlust genannt. Durch die FAB Behandlung werden einige Nanometer der homogen dotierten n‐GaAs‐Schicht bzw. des Oberflächenoxids abgetragen. Die Schichtladungsträgerkonzentration wird deshalb auch ohne das Einbringen von Defekten

0.6 0.4 0.2 0.0 -0.2 -0.4 -0.6

Elektrische Leitfähigkeit 73 durch den reinen Materialabtrag reduziert. Mit Hilfe der bekannten GaAs‐Zerstäubungsrate von 3.09 nm/min (Abschnitt 4.1) wurde dieser maximal zu erwartende Ladungsträgerverlust abgeschätzt und als gestrichelte Linie in Abbildung 4‐19b eingezeichnet. Der Vergleich mit den experimentellen Werten zeigt, dass in allen untersuchten n‐GaAs‐Schichten der tatsächliche Ladungsträgerverlust etwa einen Faktor 3 größer als der erwartete ist (siehe Abbildung 4‐19b).

(a)

(b)

Abbildung 4‐19: (a) Hall‐Mobilität und (b) Ladungsträgerverlust von n‐GaAs‐

Schichten mit Dotierung von (8.3±0.6)×1018 cm‐3 in Abhängigkeit von der FAB Behandlungszeit. Die experimentellen Daten wurden mit Hilfe von Hall‐Messungen nach der Van‐der‐Pauw Methode ermittelt. Die (100) Oberflächen besaßen eine Fehlorientierung von 6° in Richtung <111>A oder <1‐11>B. Es wurde eine FAB Beschleunigungsspannung von Vacc=(0.64 ± 0.01) kV und ein Anodenstrom von IAnode = 100 mA verwendet. Die gestrichelte Linie in (b) ist der maximal zu erwartende Ladungsträgerverlust, welcher aus der bekannten GaAs‐Zerstäubungsrate von 3.09 nm/min (Abschnitt 4.1) abgeschätzt wurde.

0 100 200 300 400 500 600

erwarteter Ladungsträgerverlust durch reinen Materialabtrag

Ladungsträgerverlust [1/cm²]

FAB Behandlungszeit [sec]

400°C 290°C

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In einer weiteren Versuchsreihe wurde die Schichtladungsträgerkonzentration einer p‐GaAs‐Schicht, die vor der FAB Behandlung eine ähnlich hohe Ladungsträgerkonzentration wie die n‐GaAs‐Schichten besaß, in Abhängigkeit von der FAB Behandlungszeit untersucht.

Wie in Abbildung 4‐20 gezeigt, ist der experimentelle Ladungsträgerverlust in der p‐GaAs‐

Schicht auch um etwa einen Faktor 3 größer als der erwartete und ist vergleichbar zu dem in n‐GaAs. Deshalb wird ausgeschlossen, dass während der FAB Behandlung eine Konversion von n‐ in p‐typ Dotierung stattfindet, wie sie in Ref. [151] nach Ionenbeschuss in n‐GaAs beobachtet wurde.

Offenbar werden als Folge der FAB Behandlung sowohl die Konzentration an freien Elektronen, als auch Löchern durch eingebrachte Kristalldefekte reduziert. Diese Beobachtungen sind in Übereinstimmung mit den Ergebnissen von Yeh et al. [149], die einen Ladungsträgerverlust in n‐ und p‐dotierten GaAs‐Schichten nach Argonionenbeschuss mit ähnlichen Energien von 0.5 keV bis 3.0 keV gefunden haben. Laut Yeh et al. [149] wird dieser Effekt durch Defekte mit Energieniveaus in der Bandlücke von GaAs verursacht, die beim Argonionenbeschuss entstehen. In n‐dotiertem GaAs werden Elektronen in Akzeptorniveaus unterhalb des Ferminiveaus gefangen [149, 150] und dabei „deaktiviert“. An der großen Anzahl ionisierter Defektzustände werden die am Transport beteiligten Leitungselektronen gestreut, wodurch sich ihre Mobilität reduziert [150].

Bei der Wechselwirkung von hochenergetischen Ionen bzw. Atomen mit GaAs Gitteratomen kann eine Vielzahl unterschiedlicher Defekte entstehen (Leerstellen, Zwischengitteratome, Substitutionsatome, Defektkomplexe). Ein Großteil davon heilt sofort (in‐situ) wieder aus.

[152]. Für die Reduktion der aktiven Ladungsträgerkonzentration in GaAs sind laut De Souza et al. [152] die besonders stabilen Subsitutionsdefekte AsGa als Doppeldonator und GaAs als Doppelakzeptor verantwortlich.

Abbildung 4‐20: Ladungsträgerverlust von p‐GaAs:Zn (ursprüngliche Dotierung:

p=(8.8±0.4)×1018 cm‐3) in Abhängigkeit von der FAB Behandlungszeit. Dabei wurde eine FAB Beschleunigungsspannung von Vacc=(0.64±0.01) kV und ein Anodenstrom von 100 mA verwendet. Die experimentellen Daten wurden mit Hilfe von Hall‐

Messungen nach der Van‐der‐Pauw Methode ermittelt. Die gestrichelte Linie ist der maximal zu erwartende Ladungsträgerverlust, welcher aus der bekannten GaAs‐

Zerstäubungsrate von 3.09 nm/min (Abschnitt 4.1) abgeschätzt wurde.

0 100 200

0 1x1013 2x1013 3x1013 4x1013

5x1013 60 nm p-GaAs (B)

erwarteter Ladungsträgerverlust durch reinen Materialabtrag

Ladungsträgerverlust [1/cm²]

FAB Behandlungszeit [sec]

Elektrische Leitfähigkeit 75 Da beim Ionenbeschuss vergleichbare Konzentrationen von AsGa und GaAs Defekten erzeugt werden, ergibt sich in n‐ und p‐dotiertem GaAs eine ähnliche Reduktion der freien Ladungsträgerkonzentration [152]. Für lange FAB Behandlungszeiten (über 5 Minuten) steigt der experimentelle Ladungsträgerverlust in Abbildung 4‐19b linear mit der Zeit an. Die Verlustrate (Steigung) entspricht dann annähernd der erwarteten, welche durch die bekannte Zerstäubung von GaAs entsteht. Offenbar bleibt für die verwendete Argonbeschleunigungsspannung von Vacc = (0.64 ± 0.01) kV die laterale Defektverteilung von der Oberfläche in den Kristall konstant. Wurden die Hall‐Proben bei 290 °C bzw. 400 °C in Formiergasatmosphäre ausgeheizt, hat sich der experimentelle Ladungsträgerverlust reduziert und die Hall‐Mobilität verbessert (siehe Abbildung 4‐19). Folglich nimmt beim Ausheizen die Anzahl der FAB induzierten Defekte ab, was bereits aufgrund der Zunahme der elektrischen Leitfähigkeit der GaAs/GaAs‐Bonds in Abschnitt 4.6.2 vermutet wurde.

De Souza et al. haben diesen Effekt an Ionenstrahl behandeltem n‐GaAs beobachtet und vermuten, dass bei Temperaturen über 200 °C GaAs Substitutionsatome mit VGa Leerstellen rekombinieren [153]. Durch die Abnahme der Defektdichte bzw. Grenzflächenladungsdichte und Zunahme der aktiven Ladungsträgerkonzentration wird beim Ausheizen die Potentialbarriere des GaAs/GaAs Bonds #075 reduziert. Entsprechend wird experimentell eine Zunahme der elektrischen Leitfähigkeit beobachtet (siehe Abbildung 4‐17).

Zusammenfassend zeigen die Hallmessungen, dass als Folge der FAB Aktivierung akzeptorartige Defektzustände an den n‐GaAs‐Oberflächen existieren und die Mobilität der Leitungselektronen reduziert ist. Diese Ergebnisse bestätigen, dass an der GaAs/GaAs Bondgrenzfläche ionisierte Defektzustände existieren, die Verarmungszonen in den angrenzenden Halbleitern und dadurch eine signifikante Potentialbarriere an der Grenzfläche verursachen. Diese Potentialbarriere stört den Ladungsträgertransport über die Grenzfläche und ist für den diodenartigen Verlauf der Strom‐Spannungs‐Kennlinien von GaAs/GaAs (und Si/GaAs) Wafer‐Bonds verantwortlich. Von der reduzierten Ladungsträgermobilität nahe der Grenzfläche ist keine wesentliche Veränderung im Kennlinienverlauf zu erwarten.

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