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4   Entwicklung des Si/GaAs Wafer‐Bonds

4.5  Bondfestigkeit

4.5.1 Bondenergie bei Raumtemperatur

Die Bondenergie bei Raumtemperatur wurde an jeweils zwei gesägten Streifen der atomstrahlaktivierten Si/GaAs Wafer‐Bonds mit Hilfe des Maszara Klingentests bestimmt (siehe Abschnitt 3.6.1). Wie in Abbildung 4‐14 gezeigt, weichen die Bondenergien (siehe Abschnitt 2.3) der zwei Streifen jedes Si/GaAs Bonds nur geringfügig voneinander ab und lagen im Bereich von 0.7 bis 0.9 J/m². Die Si‐ und GaAs‐Wafer der Bonds #040 und #043 wurden durch den exakt gleichen Wafer‐Bonding‐Prozess initiiert und besitzen eine vergleichbare Bondenergie, was die Reproduzierbarkeit der Ergebnisse demonstriert. Die Bondfestigkeit des atomstrahlaktivierten Si/GaAs Wafer‐Bonds #037 war sogar so hoch, dass das Einführen der Klinge bei 5 von 7 Streifen zum Bruch des GaAs‐Wafers führte. Dieser Effekt wurde auch von Kopperschmidt et al. für hydrophobe Si/GaAs Wafer‐Bonds, die zuvor bei 850 °C ausgeheizt wurden, beobachtet und ist ein Hinweis darauf, dass Bindungsenergien ähnlich denen im GaAs‐Kristall erzielt wurden [49]. In der Literatur werden für GaAs Kristalle mit (100) Orientierung im Vergleich berechnete Oberflächenenergien von 0.91 J/m² bis 2.20 J/m² [70‐72] diskutiert.

Abbildung 4‐14: Mit Hilfe des Maszara Klingentests bestimmte Bondenergien von jeweils 2 Streifen der Si/GaAs Wafer‐Bonds #037, #090, #040, #043 und #076 bei Raumtemperatur. Während des Wafer‐

Bondings wurden die Silicium‐ und GaAs‐Oberflächen zwischen 5 und 9 Minuten mit Argonatomstrahlen unterschiedlicher Beschleunigungsspannung Vaccvon (0.81 ± 0.03) kV bzw. (0.63 ± 0.02) kV und einem konstanten Anodenstrom von IAnode = 100 mA behandelt. (Weitere Details zum Wafer‐Bonding‐Prozess sind in Tabelle 7‐1 im Anhang zu finden.)

0.0 0.2 0.4 0.6 0.8 1.0

Si/GaAs Bondnummer

Bondenergie [J/m²]

#076

#043

#040

#090

#037

Vacc = (0.63 ± 0.02) kV Vacc = (0.81 ± 0.03) kV

Bondfestigkeit 65 Ohne Ausheizen besaß Kopperschmidts hydrophober Si/GaAs Bond, dessen Waferoberflächen beim Bonding‐Prozess mit Wasserstoffatomen abgesättigt waren, eine vergleichsweise geringe Bondenergie von nur 0.05 J/m² [49]. Die hohen Bondenergien der in dieser Arbeit realisierten atomstrahlaktivierten Wafer‐Bonds lassen sich auf kovalente Bindungen zwischen den Kristallatomen zurückführen, die sich laut Howlader et al. [78]

spontan beim Zusammenführen der gereinigten Waferoberflächen im Vakuum ausbilden.

Die Si‐ und GaAs‐Oberflächen der Bondproben aus Abbildung 4‐14 wurden für mindestens 5 Minuten mit den Argon‐FAB behandelt und innerhalb von 50 Sekunden miteinander in Kontakt gebracht. Laut Takagi et al. können zwischen der Atomstrahlbehandlung und dem Verbinden der Wafer Fremdatome aus dem Restgas der Vakuumkammer (Restdruck 2×10‐6 Pa) von den Oberflächen adsorbiert werden, wodurch die Bondfestigkeit reduziert wird [56]. Um diesen Effekt zu prüfen, wurden beim Wafer‐Bonding der Proben #090 und

#076 die Argonatomstrahlen erst ausgeschaltet als die Oberflächen miteinander in Kontakt waren. Die Wafer der Bonds #037, #040, und #043 waren hingegen nach der FAB Behandlung für 50 Sekunden dem Restgas in der Bondkammer ausgesetzt. Dennoch besaßen die fünf Si/GaAs Wafer‐Bonds vergleichbare Bondenergien (siehe Abbildung 4‐14). Unter den verwendeten Versuchsbedingungen (Restdruck von 1.6×10‐6 Pa, Annäherungszeit von 50 Sekunden) werden folglich nur sehr wenige Atome aus dem Restgas auf den Oberflächen adsorbiert, bzw. beeinträchtigen diese die Bondfestigkeit nicht.

In den Experimenten von Takagi et al. führte außerdem eine Verlängerung der FAB Behandlungszeit zur Abnahme der Bondfestigkeit von Si/Si Bonds [51]. Dies wurde mit der Zunahme der Oberflächenrauheit durch den Beschuss mit hochenergetischen Argonatomen erklärt [51]. Im Gegensatz dazu, veränderte sich die Oberflächenrauheit der Si‐ und GaAs‐Wafer durch die hier verwendete Argon‐FAB Aktivierung nicht (siehe Abschnitt 4.2.1).

Entsprechend ergab eine Verlängerung der FAB Behandlungszeit von 5 Minuten (Bond #040,

#043) auf 9 Minuten (Bond #090) in dieser Arbeit auch keine Abnahme der Bondenergie.

4.5.2 Bondenergie nach Ausheizen

Die Bondfestigkeiten der Si/GaAs Wafer‐Bonds #040, #090 und #076 wurden außerdem nach Ausheizen bei Temperaturen bis zu 290 °C untersucht. Die experimentelle Vorgehensweise wird in Abschnitt 3.6 beschrieben. Wie in Abbildung 4‐15 gezeigt, steigt die Bondenergie für ein 10‐minütiges Ausheizen mit der Temperatur an und erreicht für 200 °C maximale Werte von bis zu (1.0 ± 0.1) J/m² (#040, #076). Wurden die Proben für 1 Minute auf 290 °C erhitzt, konnte die Bondenergie nicht mehr bestimmt werden, da das Einführen der Klinge stets zum Bruch des GaAs‐Wafers führte, was darauf hinweist, dass an der Grenzfläche Bindungsenergien ähnlich denen im GaAs Kristall erzielt wurden (siehe voriger Abschnitt). Im Gegensatz zu diesen Experimenten, konnten Yu et al. mittels Zugtests an atomstrahlaktivierten n‐Si/p‐GaAs Wafer‐Bonds keine signifikante Veränderung der Bondfestigkeit nach Ausheizen bei 200 °C, 400 °C und 600 °C finden [54].

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Abbildung 4‐15: Bondenergie von atomstrahlaktivierten Si/GaAs Wafer‐Bonds #090,

#040, #076 in Abhängigkeit von der Ausheiztemperatur. Die Ausheiztemperatur wurde mit einer Rampe von 2.2 K/sec erreicht und für 10 Minuten gehalten. (Details zum Wafer‐Bonding‐Prozess sind in Tabelle 7‐1 im Anhang zu finden.)

0 50 100 150 200

0.6 0.7 0.8 0.9 1.0 1.1

#076, 9 Min. FAB, Vacc = (0.63 ± 0.02) kV

Bondenergie [J/ m ²]

Temperatur [°C]

0.6 0.7 0.8 0.9 1.0 1.1

#090, 5 Min. FAB, Vacc = (0.81 ± 0.02) kV

Bondenergie [J/m²]

0.6 0.7 0.8 0.9 1.0 1.1

#040, 5 Min. FAB, Vacc = (0.63 ± 0.01) kV

Bondenergie [J/m²]

Bondfestigkeit 67 Sehr wahrscheinlich hängt die hier beobachtete Zunahme der Bondenergie mit einer thermisch angeregten Neuordnung an der Si/GaAs Grenzfläche zusammen. HRTEM‐

Aufnahmen des Si/GaAs Bonds #086 in Abschnitt 3.5 haben gezeigt, dass an der Bondgrenzfläche eine amorphe Schicht existiert, deren Dicke bereits durch ein kurzes Ausheizen bei niedrigen Temperaturen von 200 °C reduziert wird. Außerdem wurden nach dem Ausheizen nanokristalline Bereiche gefunden.

Im Vergleich zu kristallinen Festkörpern besitzen die Atome in amorphen Festkörpern auch eine Nahordnung, jedoch keine Fernordnung, und haben deshalb niedrigere Bindungsenergien [88]. Beispielsweise besitzt amorphes Silicium niedrigere theoretische Oberflächenenergien von 1.0‐1.1 J/m² [148] und kristallines Silicium abhängig von der Krstiallrichtung theoretische Energien von über 1.2 J/m² [148]. Da die amorphe Schicht nicht komplett rekristallisiert, lässt sich der beobachtete Anstieg der Bondfestigkeit nur zum Teil durch die Ausbildung einer Fernordnung an der Grenzfläche erklären. Beim Ausheizen können durch die thermisch angeregte Grenzflächendiffusion auch Unebenheiten an den Halbleiteroberflächen geglättet werden [97]. Dadurch werden nanoskopische Hohlräume an der Grenzfläche geschlossen und es werden zusätzliche kovalente Bindungen zwischen den Si‐ und GaAs‐Kristallen gebildet. Diese zusätzlichen Bindungen erhöhen die Bondenergien der Proben.

Zusammenfassend wurden für die atomstrahlaktivierten Si/GaAs Wafer‐Bonds bei Raumtemperatur sehr hohe Bondfestigkeiten im Bereich von 0.7 bis 0.9 J/m² gefunden.

Diese ist ausreichend, um die Waferpaare zu prozessieren und zu sägen. Leichte Variationen der Bondenergie für die unterschiedlichen Proben entstehen sehr wahrscheinlich durch Schwankungen in der Oberflächenrauheit und damit der realen Kontaktfläche der Waferoberflächen. Durch Ausheizen bei niedrigen Temperaturen (≤ 290 °C) konnte die Bondenergie weiter erhöht werden und erzielte für alle Si/GaAs Proben Werte im Bereich der Bindungsenergie von GaAs.

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