• Keine Ergebnisse gefunden

3   Wafer‐Bonding: Charakterisierungsmethoden und experimentelle

3.6  Bestimmung der Bondfestigkeit

3.6.1 Maszara Klingentest

Die Bondfestigkeit der atomstrahlaktivierten Si/GaAs Bondproben wurde mit Hilfe des sogenannten Maszara Klingentests untersucht. Dieser wurde erstmals 1988 von Maszara et al. vorgeschlagen [115] und ist eine einfache und schnelle Charakterisierungsmethode.

Bei diesem Klingentest wird eine Rasierklinge mit Dicke d entlang der Bondgrenzfläche in das gebondete Waferpaar eingeführt. Wie in Abbildung 3‐6 gezeigt, entsteht dabei ein Spalt zwischen den Wafern und es stellt sich ein Gleichgewicht zwischen den elastischen Deformationsenergien der Wafer und der zur Trennung des Waferpaares nötigen Adhäsionsarbeit ein [69]. Die Spaltlänge wird mittels Ultraschallmikroskopie oder in Infrarot‐Transmission bestimmt. Unter der Annahme, dass keine plastische Verformung auftritt, kann für rechteckige Proben, deren Breite und Dicke kleiner als die Spaltlänge ist, aus letzterer die Bondenergie (siehe Abschnitt 2.3) berechnet werden [75, 115]. Für einen Bond aus Wafern mit unterschiedlichen Dicken (i = 1,2) und Elastizitätsmodulen berechnet sich die Bondenergie , die als Mittelwert der Oberflächenenergien definiert ist, als [69]:

2

3

16 .

Der Maszara Klingentest wurde in dieser Arbeit an atomstrahlaktivierten Si/GaAs Wafer‐

Bonds aus 300 µm dicken Si (100) und 450 µm dicken GaAs ((100), 6° fehlorientiert nach

<111>A) 4“ Substraten durchgeführt. Um zu gewährleisten, dass die Breite der Probe kleiner als die entstehende Spaltlänge ist (b < L), wurden die Waferpaare entlang der <110>

Kristallrichtungen in 6 mm breite Streifen gesägt7. Im Gegensatz dazu wurde der Klingentest in der Vergangenheit häufig an ganzen 4“ Waferpaaren durchgeführt. Jedoch haben Bagdahn et al. [116] und Turner et al. [117] experimentell bzw. durch Simulationen gezeigt, dass die an ganzen Si‐Waferpaaren bestimmten Bondenergien bis zu 30 % von den an gesägten Proben bestimmten Werten abweichen.

Nach dem Sägen wurde ein Teil der Si/GaAs Bondproben in Stickstoffatmosphäre mit einer Heizrampe von 2.2 K/sec für 10 Minuten bei einer Temperatur zwischen 90 °C und 200 °C ausgeheizt. Schließlich wurde eine 150 µm dicke Klinge mit Keillänge von xKeil = 0.5 mm schrittweise entlang der <110> Kristallrichtungen von Silicium und GaAs in die Proben eingeführt. Die Länge des so entstandenen Spalts wurde mittels IR‐Transmissionsaufnahmen (Wellenlänge = 940 nm) bestimmt. Aufgrund des inhomogenen Materialabtrags der beim Wafer‐Bonding‐Prozess verwendeten Atomstrahlen (siehe Abschnitt 4.1) wurden für den Klingentest nur die inneren 7 Streifen des 4“ Waferpaares verwendet und nur Messwerte ausgewertet, bei denen die Klinge mehr als 1.5 cm vom Waferrand entfernt war.

7 Die Waferpaare wurden von Alexander Dilger (Fraunhofer ISE) in Streifen gesägt.

(3.2)

Bestimmung der Bondfestigkeit 35

Abbildung 3‐6: Schematische Darstellung des Maszara Klingentests (modifiziert von Ref. [69]).

Da in der Literatur teilweise eine unerwünschte Zunahme der Spaltlänge während des Klingentests, ein sogenanntes Risswachstum, beobachtet wurde [118], wurde die Spaltlänge in dieser Arbeit sowohl direkt nach dem Einführen der Klinge als auch nach einer Wartezeit von mindestens einer Minute bestimmt. Der Effekt des Risswachstums wird in Abschnitt 3.6.2 näher beschrieben. Für die Bestimmung der Bondenergie wurden nur Si/GaAs Bonds ausgewertet, an denen kein Risswachstum beobachtet wurde. Für diese Bonds wurde der Mittelwert ̅ aus den an unterschiedlichen Stellen eines Streifens gemessenen Spaltlängen berechnet und dazu die Keillänge xKeil der Klinge addiert. Aufgrund der begrenzten optischen Auflösung des IR‐Transmissionsaufbaus unterschätzt die Summe aus

̅ und xKeil jedoch die reale Spaltlänge. In IR‐Transmissionsaufnahmen ist der Spalt erst zu erkennen, wenn der Abstand der Waferstücke größer als ein Viertel der Wellenlänge λ des verwendeten Lichts ist [116]. Spaltlängen, die von Bagdahn et al. in IR‐Transmission an Si‐Waferpaaren gemessen wurden, ergaben deshalb um bis zu 40 % höhere Bondenergien als die mittels Ultraschallmikroskopie erhaltenen Werte [116]. Aus diesem Grund haben Bagdahn et al. eine Auswerteanalytik entwickelt, die es erlaubt mit Hilfe von IR‐

Transmissionsaufnahmen dennoch die korrekte Spaltlänge zu bestimmen. Dafür wird das Verschiebungsprofil f(x) eines einseitig eingespannten Balkens als Grundlage genommen [116]:

4 2 3

.

Der Funktionswert f der experimentell bestimmten Spaltlänge x = ̅ + xKeil entspricht dabei /8, der halben Auflösungsgrenze des Systems. Durch Einsetzen dieses Wertepaares in Gleichung 3.3 kann die reale Spaltlänge berechnet werden.

(3.3)

Wafer‐Bonding: Charakterisierungsmethoden und experimentelle Vorgehensweisen 36

Mit Hilfe dieser Methode wurden auch in dieser Arbeit die realen Spaltlängen der Si/GaAs Bondproben ermittelt. Aus , den Wafer‐ und Klingendicken und den materialspezifischen kristallrichtungsabhängigen Elastizitätsmodulen (ESi = 169 MPa, EGaAs = 121 MPa [74]) wurden mittels Gleichung 3.2 schließlich die Bondenergien der Si/GaAs Wafer‐Bonds berechnet. Die in Abschnitt 4.5 gezeigten Bondenergien enthalten den statistischen Fehler der Spaltlänge sowie einen systematischen Fehler von 0.1 mm, der beim Ausmessen der Spaltlänge in der IR Transmissionsaufnahme entstand.

3.6.2 Risswachstum bei der Durchführung des Maszara Klingentests

Während der Durchführung des Maszara Klingentests wurde an manchen atomstrahlaktivierten Si/GaAs Wafer‐Bonds ein Risswachstum beobachtet. Abbildung 3‐7 zeigt IR‐Transmissionsaufnahmen der in Streifen gesägten Wafer‐Bonds #072, #076 und

#090 direkt nach Einführen der Klinge und nach einer Wartezeit von 1 Minute (a,b,c) bzw.

15 Stunden (d). Die Si/GaAs Bonds unterscheiden sich durch unterschiedlich lange FAB Behandlungszeiten mit Anodenspannungen Vacc von (0.63 ± 0.02) kV und (0.81 ± 0.02) kV (siehe Tabelle 7‐1). Die Spaltlängen der Streifen L und J von Bond #072, dessen Wafer nur 3 Minuten mit den Argonatomstrahlen (Vacc = 0.62 kV ± 0.01 kV) behandelt wurden, nehmen bereits nach 1 Minute um 0.6 mm bzw. 0.4 mm zu. Im Gegensatz dazu verändern sich die Spaltlängen der Proben #076‐K und #090‐H, die für 9 bzw. 5 Minuten mit den Argonatomstrahlen aktiviert wurden, nicht. Eine Zunahme der Spaltlänge wurde in der Literatur bereits an hydrophil gebondeten Si/Si Proben mit Grenzflächenoxid beobachtet [118, 119]. Es wird angenommen, dass Siloxanbindungen (Si‐O‐Si) an der Grenzfläche durch Reaktionen mit H2O aus der Raumluft in Silanolbindungen umgewandelt werden (Si‐O‐Si + H2O  Si‐OH + HO‐Si), welche sich durch die mechanische Spannung an der Spaltspitze lösen [118]. Dadurch kann sich der Spalt bzw. Riss an der Grenzfläche immer weiter fortsetzen. Dieses Risswachstum wurde an Wafer‐Bonds ohne Grenzflächenoxid jedoch noch nie beobachtet [118].

Deshalb liegt der Verdacht nahe, dass die Grenzfläche des Si/GaAs Wafer‐Bonds #072 nicht oxidfrei ist. Diese Hypothese wird durch die in Abschnitt 4.3 beobachtete Blasenbildung (Abbildung 4‐8b) und die in Abschnitt 4.6.5 gezeigten Leitfähigkeitsuntersuchungen untermauert. Drei Minuten Atomstrahlbehandlung mit Vacc = (0.62 ± 0.01) kV haben nicht ausgereicht, um die Si‐ und GaAs‐Oberflächen vollständig zu deoxidieren. An der Grenzfläche von Bond #072 existieren chemische Bindungen zwischen den Si‐ und GaAs‐Oxiden, die durch Reaktionen mit der Luftfeuchtigkeit gelöst bzw. umgewandelt werden. Da das Risswachstum die gemessenen Spaltlängen und die daraus berechneten Bondenergien verfälscht, werden in Abschnitt 4.5 nur Ergebnisse von Proben gezeigt, deren Spaltlängen konstant blieben.

Bestimmung der Bondfestigkeit 37

(a) #072‐L (c) #076‐ K

(b) #072‐J, ausgeheizt bei 200 °C (d) #090‐ H, ausgeheizt bei 170 °C

Abbildung 3‐7: IR‐Transmissionsaufnahmen des Maszara Klingentests an Si/GaAs Bonds, die in 6 mm breite Streifen gesägt und zum Teil für 10 Minuten bei 200 °C (b) bzw. 170 °C (d) ausgeheizt wurden. Die Rasierklinge (schwarz) wurde von rechts in die Proben eingeführt, der blaue Pfeil markiert jeweils die Spaltlänge. Die Spaltlänge wurde sofort nach Einführen der Klinge und nach einer Wartezeit von 1 Minute bzw. 15 Stunden gemessen. Die Spaltlängen der Streifen L und J von Bond #072, dessen Wafer beim Bonding‐Prozess nur 3 Minuten mit den FAB ( Vacc = 0.62 kV ± 0.01 kV) behandelt wurden, nehmen bereits nach einer Wartezeit von 1 Minute deutlich zu. Die Spaltlängen der Streifen #076‐K (c) und #090‐H (d), deren Wafer für 9 bzw. 5 Minuten mit den FAB ( Vacc= 0.63 kV ± 0.02 kV bzw. Vacc = 0.81 kV ± 0.02 kV) behandelt wurden, bleiben konstant. Weitere Details zum Wafer‐Bonding‐Prozess sind in Tabelle 7‐1 im Anhang zu finden.

Wafer‐Bonding: Charakterisierungsmethoden und experimentelle Vorgehensweisen 38

3.7 Untersuchung der elektrischen Leitfähigkeit von