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Direktes Wafer‐Bonding von Si und GaAs

2   Theoretische Grundlagen zum Wafer‐Bonding

2.2  Direktes Wafer‐Bonding von Si und GaAs

2.2.1 Auswahl eines geeigneten Wafer‐Bonding‐Verfahrens

Ein entscheidendes Kriterium für die Auswahl eines geeigneten direkten Wafer‐Bonding‐

Verfahrens ist die elektrische Leitfähigkeit über die Si/GaAs Bondgrenzfläche. Strom‐

Spannungs‐Kennlinien von unterschiedlichen n‐Si/n‐GaAs Bondgrenzflächen wurden 1998 von Zhou et al. [45] untersucht. Für das Bonding wurden die Wafer zunächst mittels Flusssäure (HF) deoxidiert bzw. in einer RCA2‐Lösung (HCL:H2O2:H2O = 1:1:5) präpariert.

Danach wurden die hydrophoben bzw. hydrophilen Oberflächen in Kontakt gebracht und anschließend bei 725°C ausgeheizt. Die Analyse der Strom‐Spannungs‐Kennlinien zeigte, dass die hydrophil gebondeten Si/GaAs Proben im Vergleich zu den hydrophob gebondeten Proben eine geringere elektrische Leitfähigkeit besaßen. Als Ursache dafür wurde eine wenige nm dicke Oxidschicht diskutiert, die nur an der hydrophil gebondeten Grenzfläche existiert [45]. Bei einer Stromdichte von 10 A/cm² verursachte die oxidreiche Grenzfläche einen Spannungsabfall von 1.0 V. Im Vergleich dazu ergab die hydrophob gebondete oxidfreie Si/GaAs Grenzfläche einen kleineren Spannungsabfall von 0.5 V. Dieser ist für die Anwendung in der GaInP/GaAs/Si‐Dreifachsolarzelle jedoch zu hoch. Die geringe Leitfähigkeit der hydrophob gebondeten Proben wurde von Zhou et al. auf eine Diskontinuität im Leitungsband am Si/GaAs‐Heteroübergang zurückgeführt [45].

Experimentelle Ergebnisse von n‐Si/n‐GaAs Wafer‐Bonds mit höherer elektrischer Leitfähigkeit waren zu Beginn dieser Dissertation nicht bekannt.

Ein Nachteil des Wafer‐Bondings nach nasschemischer Oxidentfernung ist, dass bei Raumtemperatur nur geringe Bondfestigkeiten erzielt werden [42, 46], die sich auch nach langen Lagerzeiten nicht erhöhen [40]. Die Ursache der geringen Bindungsenergien wurde insbesondere an hydrophob gebondeten Waferpaaren aus Si untersucht [39, 47]. Nach der Oxidentfernung mit Flusssäure (HF) und anschließendem Spülen mit H2O sind die freien Bindungen der Siliciumoberflächen größtenteils mit Wasserstoff‐ und teilweise mit Fluoratomen abgesättigt [48]. Die Verbindung der Oberflächen bei Raumtemperatur entsteht vor allem durch Van‐der‐Waals‐Bindungen und Wasserstoffbrückenbindungen zur Si‐F Gruppe [37, 47]. Um hohe Bondfestigkeiten zu erzielen, müssen hydrophob gebondete Halbleiterschichten erst längere Zeit bei Temperaturen von über 300 °C [39] (bis 850 °C für Si/GaAs [49]) getempert werden. Dabei desorbiert der Wasserstoff von den Oberflächen und es bilden sich kovalente Bindungen zwischen den Halbleiterkristallen aus [39, 42]. Da Silicium und GaAs unterschiedliche thermische Ausdehnungskoeffizienten besitzen (αGaAs= 5.7 × 10‐6 K‐1, αSi = 2.6 ×10‐6 K‐1 [8]), entstehen beim Ausheizen thermische Spannungen. Diese können zur Rissbildung führen und Kristalldefekte im Halbleiter erzeugen, welche die elektrischen Eigenschaften von optoelektronischen Bauteilen beeinträchtigen [42]. Zusammenfassend können nach nasschemischer Vorbehandlung zwar

Direktes Wafer‐Bonding von Si und GaAs 9 oxidfreie leitfähige Bondgrenzflächen realisiert werden, jedoch ist diese Wafer‐Bonding‐

Methode aufgrund des benötigten Ausheizschritts bei Temperaturen über 600 °C für die Herstellung der GaInP/GaAs/Si‐Mehrfachsolarzelle wenig geeignet.

Direkte Halbleiterbonds mit hoher Bondfestigkeit bei Raumtemperatur können dagegen durch oberflächenaktiviertes Wafer‐Bonding realisiert werden [43, 50‐52]. Besonders vielversprechend ist die Oberflächenaktivierung mittels hochenergetischen Atomstrahlen.

Mit diesem Verfahren konnten bereits erfolgreich oxidfreie stabile Wafer‐Bonds zwischen Si und GaAs hergestellt werden [50, 52]. Das Funktionsprinzip des atomstrahlaktivierten Wafer‐Bondings ist in Abbildung 2‐1 skizziert. Zunächst werden Oxide und Verunreinigungen von den Waferoberflächen mittels Atomstrahlzerstäubung entfernt.

Danach werden die Wafer im Vakuum miteinander verpresst. Beim Beschuss der Halbleiteroberflächen mit den hochenergetischen Atomen entstehen verschiedene Kristalldefekte, die sich zu einer amorphen Schicht an der Si/GaAs Grenzfläche akkumulieren [52]. Laut Takagi et al. [53] erhöht die amorphe Schicht die atomare Diffusion an der Oberfläche und setzt die Aktivierungsenergie des Wafer‐Bonds herab. Jedoch hat die Analyse von Diodenkennlinien, welche an atomstrahlaktivierten p‐Si/n‐GaAs Wafer‐Bonds [52, 54]

gemessen wurden, gezeigt, dass der Ladungstransport durch die amorphe Schicht an der Grenzfläche gestört wird. Literaturergebnisse zur elektrischen Leitfähigkeit atomstrahlaktivierter n‐Si/n‐GaAs Wafer‐Bonds waren zu Beginn dieser Dissertation nicht vorhanden.

Da für atomstrahlaktivierte Si/GaAs Bondgrenzflächen eine hohe mechanische Stabilität bei niedrigen Temperaturen zu erwarten war, wurde das atomstrahlaktivierte Wafer‐Bonding‐

Verfahren in dieser Arbeit eingehend untersucht und seine Eignung für die Herstellung von GaInP/GaAs/Si‐Mehrfachsolarzellen geprüft. Im folgenden Abschnitt wird deshalb das atomstrahlaktivierte Wafer‐Bonding Verfahren genauer erklärt, der Stand der Forschung zusammengefasst und die Verwendung von sowohl Argon‐ als auch Heliumatomstrahlen in dieser Arbeit motiviert.

Abbildung 2‐1: Funktionsprinzip des atomstrahlaktivierten Wafer‐Bondings. Verunreinigungen und Oxide auf den Halbleiterkristallen werden in einer Vakuumkammer mittels Atomstrahlzerstäubung entfernt. Danach werden die gereinigten Halbleiteroberflächen im Vakuum miteinander verpresst.

Theoretische Grundlagen zum Wafer‐Bonding 10

2.2.2 Atomstrahlaktiviertes Wafer‐Bonding

Oberflächen nach Atomstrahlaktivierung dauerhaft miteinander zu verbinden wurde erstmals 1992 von Suga et al. [55] anhand von Al/Al und Al/Si3N4 Bonds demonstriert.

Sugas Idee dabei war, dass die Oberflächen nach der Reinigung mit einem hochenergetischen Atomstrahl (englisch: fast atom beam, FAB) besonders reaktiv sind [55]. Seitdem wurden erfolgreich FAB aktivierte Wafer‐Bonds aus verschiedenen Halbleitern wie zum Beispiel Si/Si [53, 56], Si/GaAs [50, 52], InP/Si [50] und GaP/GaAs [57] mit hohen Bondfestigkeiten bei Raumtemperatur hergestellt. Die Atomstrahlen bestehen üblicherweise aus Argonatomen, die kinetische Energien im Bereich von 0.5 keV [53] bis 1.5 keV [52, 53]

besitzen. Diese Projektilatome fliegen in der Prozesskammer in Richtung der Halbleiteroberflächen (Target) und geben dort ihre Energie durch Stöße mit den Halbleiteratomen ab. Dabei kann so viel Energie an die Targetatome übertragen an werden, dass diese ihre Gitterplätze verlassen und durch Stöße mit weiteren Gitteratomen Defektkaskaden auslösen [58]. Nimmt ein Atom an der Oberfläche einen nach außen gerichteten Impuls und genügend Energie auf, um die Bindungsenergien zu überwinden, wird es vom Festkörper gelöst, also zerstäubt [58] (siehe Abbildung 2‐2). Auf diese Weise können Verunreinigungen und Oxide von den Halbleiteroberflächen entfernt werden. Für weitere Details zur Atomstrahl‐ bzw. Ionenstrahlzerstäubung und den beteiligten Wechselwirkungsprozessen wird auf das Lehrbuch von Nastasi et al. [59] und die Referenzen [60‐63] verwiesen.

Da bei der Atomstrahlbehandlung eine Vielzahl von Kristalldefekten entsteht, kann dabei auch eine Transformation der Halbleiteroberfläche vom kristallinen in den amorphen Zustand stattfinden [58]. Entsprechend wurden in Transmissionselektronenaufnahmen von FAB aktivierten Si/Si [53, 64] und Si/GaAs [50, 54] Wafer‐Bonds amorphe Grenzflächenschichten gefunden. Die Dicke dieser Schichten nimmt mit steigender kinetischer Energie und damit steigender Eindringtiefe der Argonprojektile zu [53]. Durch Ausheizen kann die amorphe Schichtdicke reduziert werden [54]. Jedoch werden für die vollständige Rekristallisation hohe Temperaturen von 600 °C [54, 64] bis 700 °C [53]

benötigt. Die FAB Behandlung amorphisiert nicht nur den Halbleiterkristall, sondern kann auch die Oberflächenrauheiten von GaAs [52] und Si erhöhen [51], was eine Abnahme der Bondfestigkeit für lange FAB Behandlungszeiten verursacht [51]. Die Bedeutung der Oberflächenrauheit für das Wafer‐Bonding wird in den Abschnitten 2.3 und 4.2 genauer diskutiert.

Abbildung 2‐2: Schematische Darstellung eines Zerstäubungsprozesses. (Grafik aus Ref. [60], Beschriftung wurde hinzugefügt, Farbschema verändert.)

Direktes Wafer‐Bonding von Si und GaAs 11 Mögliche Einflussfaktoren auf die Bondfestigkeit wurden besonders intensiv in der Gruppe von Prof. Tadatomo Suga an der University of Tokyo untersucht [51, 56, 65]. Laut Tagaki et al. können in der Zeitspanne zwischen der FAB Behandlung und dem Kontakt der Waferoberflächen Atome aus dem Restgas der Vakuumkammer an den Oberflächen adsorbiert werden. Diese stören die Ausbildung kovalenter Bindungen zwischen den Halbleitern und reduzieren die Bondfestigkeit [56]. Deshalb muss die Bondkammer schon vor der FAB Behandlung auf einen niedrigen Druck im Bereich von 10‐6 Pa evakuiert werden und die gereinigten bzw. deoxidierten Oberflächen dürfen nur kurz (< 120 sec) der Vakuumatmosphäre ausgesetzt werden [56]. Der Argondruck während der FAB Behandlung beeinflusst die Bondfestigkeit dagegen nicht, da die neutralen Argonatome als Edelgas keine chemische Bindung mit den Oberflächenatomen eingehen [56]. Beim Bonding‐Prozess werden die Waferoberflächen nach der Aktivierung nicht nur miteinander in Kontakt gebracht, sondern meist vollflächig mit einer Kraft bis zu 10 kN [65] bei Raumtemperatur verpresst. An Al/Al Bonds wurde demonstriert, dass sich die Wafer durch die äußere Kraft verformen und dadurch die gebondete Fläche zunimmt [66]. Für Si/Si Wafer‐Bonds wurde jedoch gezeigt, dass die Bondfestigkeit unabhängig von der angelegten Bondkraft [51] und der Dauer des Verpressens ist [65].

Neben der Bondfestigkeit ist für viele Anwendungen der Ladungsträgertransport über die Bondgrenzfläche entscheidend. Der Grenzflächenwiderstand von FAB aktivierten p‐Si/n‐GaAs Wafer‐Bonds nimmt laut Howlader et al. mit steigender Argonenergie und FAB Behandlungszeit zu, da mehr elektrisch aktive Defekte erzeugt werden [52]. Die Leitfähigkeit von p‐Si/n‐GaAs [54], p‐GaP/n‐GaAs [57] und p‐Si/p‐Si [64] Wafer‐Bonds konnte durch Ausheizen bei 200 °C bis 600 °C verbessert werden, da ein Teil der FAB induzierten Defekte an der Grenzfläche thermisch ausheilt [57, 64]. Der elektrische Widerstand von p‐Si/p‐Si Wafer‐Bonds nahm außerdem zu, je länger die Oberflächen nach der FAB Behandlung dem Vakuum in der Bondkammer ausgesetzt waren. Wie oben erläutert, werden in dieser Zeit Fremdatome aus dem Restgas an den Oberflächen adsorbiert, welche als Defektzustände den Ladungstransport über die Grenzfläche stören können [52].

Aus diesen Literaturergebnissen lässt sich ableiten, dass für die Herstellung einer stabilen und leitfähigen Si/GaAs Bondgrenzfläche möglichst kurze FAB Behandlungszeiten mit niedriger Atomstrahlenergie verwendet werden sollten und die Waferoberflächen direkt nach der FAB Behandlung miteinander in Kontakt gebracht werden müssen. Da bei der Wechselwirkung von hochenergetischen Ionen oder Atomen mit Festkörpern die Defektkonzentration im Allgemeinen mit der Masse des Projektils sinkt [67], wurde im Juni 2011 von Prof. Oussama Moutanabbir (École Polytechnique de Montréal) vorgeschlagen, anstatt Argonatomstrahlen, Heliumatomstrahlen für die Aktivierung zu verwenden. In Tabelle 2‐1 sind einige wichtige Unterschiede zwischen dem Helium‐ und Argonbeschuss eines Siliciumkristalls mit einer 2 nm dicken SiO2 Schicht zusammengefasst, die mit Hilfe der Simulationssoftware SRIM‐20112 (siehe Abschnitt 7.4) ermittelt wurden.

2 SRIM – „The Stopping and Range of Ions in Solids“ Version 2011.06: Eine Software zur Berechnung der Wechselwirkung hochenergetischer Ionen mit Festkörpern. Entwickelt von Ziegler et al. [68].

Theoretische Grundlagen zum Wafer‐Bonding 12

Tabelle 2‐1: Mit der Software SRIM‐20113 berechnete Zerstäubungsraten, Rückstreuraten und Eindringtiefen von Helium‐ bzw. Argonprojektilen in Silicium mit einer 2 nm dicken SiO2‐Schicht auf der Oberfläche. Es wurde ein Einfallswinkel von 45° und 5000 Projektile angenommen.

Projektil Energie [eV]

Zerstäubungsrate

[Atome/Projektil] Rückstreurate der Projektilatome [%]

Eindringtiefe der Projektilatome [nm]

Si O

Helium 1000 0.11 0.38 26.7 13.0

500 0.09 0.32 27.9 7.7

Argon 1000 0.57 2.17 2.2 2.9

500 0.35 1.42 2.3 2.1

Im Vergleich zu Argonprojektilen haben die leichteren Heliumprojektile mit kinetischen Energien von 500 eV bzw. 1000 eV um Faktor 4 bis 6 kleinere Zerstäubungsraten und gleichzeitig besitzen sie um über Faktor 12 größere Rückstreuraten. Eine Vielzahl der Argonprojektile wird beim Zerstäubungsprozess in den Siliciumkristall implantiert und ist aufgrund der geringen Eindringtiefe von unter 3 nm sehr nahe an der Oberfläche konzentriert. Im Gegensatz dazu sind Heliumprojektile und die von ihnen verursachten Kristalldefekte durch die größere Eindringtiefe breiter im Siliciumkristall verteilt. Ob diese Verteilung für die Eigenschaften der Bondgrenzfläche von Vorteil ist, wurde in dieser Dissertation geprüft. Literarturergebnisse zum Wafer‐Bonding nach Heliumatomstrahl‐

aktivierung waren zu diesem Zeitpunkt nicht bekannt.

3 SRIM – „The Stopping and Range of Ions in Solids“ Version 2011.06: Eine Software zur Berechnung der Wechselwirkung hochenergetischer Ionen mit Festkörpern. Entwickelt von Ziegler et al. [68]

(siehe auch Abschnitt 7.4).

Voraussetzungen für das erfolgreiche Wafer‐Bonding 13