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1.1 Die P-Homöostase adulter Wiederkäuer

1.1.1 P-Homöostase bei adäquater P-Versorgung

Die wichtige Rolle, die Phosphor (P) für den Wiederkäuer spielt, ist schon seit langem be-kannt: zum einen ist P, wie beim monogastrischen Tier, u.a. am Knochenaufbau und Energie-Stoffwechsel beteiligt, ist Bestandteil von Zellmembranen und Nukleinsäuren und nimmt im Säuren-Basen-Haushalt eine wichtige Funktion als Puffer ein. Zum anderen ist P essentiell für Wachstums- und Syntheseleistungen der Vormagenmikroben (KOMISARCZUK et al. 1978).

Der P-Haushalt beim Wiederkäuer ist, verglichen mit monogastrischen Spezies, durch verschiedene Besonderheiten gekennzeichnet. Es werden täglich große Mengen an anorgani-schem Phosphat (Pi) mit dem Speichel in die Vormägen sezerniert (POTTHAST et al. 1987, BREVES 1991). Dies beruht auf den hohen Flussraten eines Pi-reichen Speichels bei adulten Wiederkäuern (KAY 1960, TOMAS 1973). Die Konzentrationen an Pi im Speichel erreichten bis zu 40 mmol·l-1 (WRIGHT et al. 1984, GONZALES und GROVUM 1994, WIDIYONO 1995). Diese lagen deutlich über den Plasma-Pi-Konzentrationen, welche bei adäquater P-Versorgung Werte zwischen 1,4 bis 2,3 mmol·l-1 aufwiesen (MAÑAS-ALMENDROS et al.

1982, SCHRÖDER et al. 1995, SCHRÖDER und BREVES 1996). Das verdeutlicht die enorme Konzentrierungsfähigkeit der Speicheldrüsen und unterstreicht die wichtige Rolle, die diese beim endogenen Phosphat-Kreislauf des adulten Wiederkäuers spielen. Vom endogenen Phosphat-Kreislauf wird aufgrund der Tatsache gesprochen, dass der größte Teil des mit dem Speichel sezernierten Phosphats im Dünndarm resorbiert und - ebenso wie das in der Niere resorbierte Pi - auf dem Blutweg wieder den Speicheldrüsen zugeführt wird.

Während beim monogastrischen Tier der Hauptanteil des überschüssig aufgenommenen Phosphors über die Niere ausgeschieden wird, spielte dieses Organ beim Wiederkäuer bei physiologischen Plasma-Pi-Konzentrationen quantitativ keine bedeutende Rolle in der P-Ausscheidung (BREVES 1991, BREVES und SCHRÖDER 1991, WIDIYONO 1995, WALTER 1999). Bei diesen Tieren wurde unter adäquater P-Versorgung nahezu der gesamte

überschüssige P über die Faeces exkretiert. Es wurden jedoch vereinzelt Individuen beschrieben, bei denen die renale P-Ausscheidung im gleichen Größenbereich wie bei monogastrischen Tieren lag, sogenannte „Ausscheider“ (BOXEBELT et al. 1983, SCOTT et al. 1984). Die Ursachen für diese Ausnahmen sind bisher weitgehend ungeklärt.

1.1.2 P-Homöostase bei P-Überversorgung

In der Vergangenheit wurden viele Untersuchungen zum P-Haushalt adulter Wiederkäuer bei diätetischer Überversorgung durchgeführt. Es konnte sowohl hierbei als auch in P-Depletionsstudien gezeigt werden, dass der Plasma-Pi-Spiegel positiv mit der P-Aufnahme korreliert ist (LUEKER und LOFGREEN 1961, PRESTON und PFANDER 1964, BREVES 1985, CHALLA und BRAITHWAITE 1987). In Infusionsstudien führten Pi-Dauerinfusionen ebenfalls zu einer Erhöhung der Plasma-Pi-Konzentrationen, wobei die auch in Fütterungs-versuchen beobachtete direkte Abhängigkeit der Speichel-Pi-Konzentrationen von den Pi -Konzentrationen im Plasma nachgewiesen werden konnte (CLARK et al. 1973, SCOTT und BEASTALL 1977, MAÑAS-ALMENDROS et al. 1982, CHALLA und BRAITHWAITE 1988, WIDIYONO 1995).

Mit der zunehmenden Plasma-Pi-Konzentration steigt auch die renale und faecale P-Ausscheidung an. CLARK et al. (1973) zeigten bei Pi-Infusionsstudien an adulten Schafen, dass, verglichen mit der erhöhten Ausscheidung über die Faeces, deren renale P-Ausscheidung nur geringfügig anstieg. 12 Stunden nach der Pi-Infusion war die P-Exkretion mit dem Harn wieder vernachlässigbar und der größte Anteil des überschüssigen Phosphors wurde in den folgenden Tagen faecal ausgeschieden. Die faecale P-Exkretion scheint eng mit der Menge der endogenen Pi-Sekretion korreliert zu sein. Die intestinale P-Ausscheidung überwiegt die renale offensichtlich so lange, bis die Höhe der Speichelflussrate und die Konzentrierungsfähigkeit der Speicheldrüsen für Pi erschöpft sind. Zu diesem Zeitpunkt beginnt die renale P-Ausscheidung quantitativ an Bedeutung zu gewinnen. Die Plasma-Pi -Konzentration, bei der überschüssiges Pi zunehmend über die Nieren ausgeschieden wird, wird als die Nierenschwelle für Pi bezeichnet. Sie wurde von SCOTT et al. (1984) für adulte Schafe, denen eine Gras-Diät verabreicht wurde, auf ca. 2 mmol·l-1 geschätzt und sollte bei raufutterernährten Schafen höher liegen. WIDIYONO (1995) ermittelte in Clearance-Studien

1.2 Die P-Homöostase präruminierender Wiederkäuer

1.2.1 P-Homöostase bei adäquater P-Versorgung

Der junge, milchernährte Wiederkäuer wird als funktionell monogastrisches Tier bezeichnet, weil er sich von den Speichel-Pi-Konzentrationen und dem P-Ausscheidungsverhalten her wie ein Tier mit einhöhligem Magen verhält. Das bedeutet, dass präruminierende Wiederkäuer nur wenig Speichel mit geringen Pi-Konzentrationen sezernierten (KAY 1958, 1960b, WILSON und TRIBE 1961) und überschüssigen P nahezu ausschließlich renal ausschieden (CHALLA und BRAITHWAITE 1989). Als präruminierend werden Tiere bezeichnet, die im Gegensatz zum adulten Wiederkäuer ihre Energie noch nicht aus den Endprodukten des ruminalen Mikrobenstoffwechsels beziehen.

Bei Milchernährung wurden durch den Schlundrinnenreflex die Vormägen umgangen, so dass deren Entwicklung und Besiedlung mit Mikroorganismen erst mit der Aufnahme von festem Futter erfolgte (SWAN und GROENEWALD 2000). Diese Entwicklungsphase erstreckte sich physiologischerweise über den Zeitraum zwischen der 3. und der 8. Lebenswoche (WARDROP und COOMBE 1961). Nahezu zeitgleich entwickelte sich die Pi -Sekretionskapazität der Speicheldrüsen, die bei grasenden Schaflämmern zwischen der 7. und der 10. LW die adulter Schafe erreichte (WILSON und TRIBE 1961) und entscheidend durch die mechanische Stimulation bei der Festfutteraufnahme beeinflusst wurde (WILSON 1963).

So konnte folglich die Entwicklung vom präruminierenden zum ruminierenden Wiederkäuer durch ausschließliche Milchernährung verzögert werden (BOEHNCKE 1975, SHIRAZI-BEECHEY et al. 1989).

Im Gegensatz zum adulten Wiederkäuer schied der präruminierende Pi überwiegend mit dem Harn aus (WALKER 1972, HODGE 1973, BOEHNCKE et al. 1976, 1981), was sich mit den Ausscheidungsverhältnissen bei monogastrischen Tieren vergleichen ließ (WILKINSON 1976). Aus der Tatsache, dass die immaturen Speicheldrüsen junger Wiederkäuer nur sehr wenig Speichel mit niedrigen Pi-Konzentrationen produzierten (KAY 1958, 1960b, WILSON und TRIBE 1961), leiteten BOEHNCKE et al. (1981) die These ab, dass die Höhe der endogenen Pi-Sekretion darüber entscheidet, ob P vornehmlich über den Harn oder über die Faeces ausgeschieden wird.

1.2.2 P-Homöostase bei P-Überversorgung

P-Zulage-Versuche an präruminierenden Lämmern zeigten, dass trotz unveränderter Effizienz der intestinalen P-Absorption die Plasma-Pi-Konzentrationen signifikant erhöht waren (WAN ZAHARI et al. 1994). Die Absorption im Darm, die Retention im Körper und die P-Ausscheidung, sowohl renal als auch intestinal, waren ebenfalls deutlich erhöht. In Unter-suchungen von CHALLA und BRAITHWAITE (1989) an milchernährten Kälbern führte eine P-Zulage ebenfalls zu einer erhöhten P-Absorption im Darm und zu einer vermehrten renalen P-Ausscheidung, wobei allerdings unter hoher P-Versorgung keine Zunahme der P-Exkretion mit den Faeces beobachtet werden konnte. Auch kam es in dieser Studie trotz der hohen P-Aufnahme zu keiner signifikanten Veränderung der Plasma-Pi-Konzentrationen und die P-Retention im Körper war im Gegensatz zu der erstgenannten Studie sogar vermindert. Die Autoren versuchten, die verminderte Retention als Folge der erhöhten unvermeidlichen P-Verluste zu erklären, die die intestinale P-Absorption überschritten.

Bei P-Zulage-Versuchen an milchernährten Ziegenlämmern (ROESLER 2002) kam es zu einer signifikanten Reduktion der Transportkapazität (Vmax) des renalen und zu einer tendenziellen Verringerung der Vmax des jejunalen Na+-abhängigen Pi-Transportes. Die dadurch verminderte Pi-Absorption im proximalen Tubulus und Jejunum hatten erhöhte renale und intestinale P-Ausscheidungen zur Folge.

1.3 P

i

-Transportsysteme

Es ist bekannt, dass die geringe renale P-Ausscheidung beim adulten Wiederkäuer auf eine nahezu komplette tubuläre Pi-Resorption aus dem Ultrafiltrat zurückzuführen ist. WALTER (1999) wies mithilfe der Vesikeltechnik und mittels RT-PCR bei Schweinen, Schafen und Ziegen das Na+-abhängige Pi-Transportsystem NaPi IIa in der Niere nach. ROESLER (2002) gelang der funktionelle und strukturelle Nachweis dieses Transporters bei milchernährten Ziegenlämmern.

Für monogastrische Tiere wurde gezeigt, dass ein wichtiger Pi-Transport-Mechanismus im Darm Na+-abhängig ist und über den NaPi IIb-Kotransporter vermittelt wird (HILFIKER et al. 1998). Beim Wiederkäuer scheint sowohl ein Na+- als auch ein H+-abhängiges Pi -Transportsystem im Dünndarm zu existieren (SCHRÖDER et al. 1995, SCHRÖDER und BREVES 1996, SHIRAZI-BEECHEY et al. 1991, SHIRAZI-BEECHEY et al. 1996). HU-BER et al. (2002) wiesen ebenfalls mittels Vesikeltechnik den Na+-abhängigen Pi -Transporters im Jejunum von adulten Ziegen nach und konnten auch auf struktureller Ebene das NaPi IIb-Transporterprotein zeigen. ROESLER (2002) demonstrierte dies bei milcher-nährten Ziegenlämmern. Sowohl beim Kaninchen (TAUFIQ et al. 1997), als auch bei adulten und milchernährten Ziegen (HUBER et al. 2002, ROESLER 2002) konnte eine Korrelation zwischen der Transportermenge und der Transportkapazität nachgewiesen werden.

Sowohl für die Transportkapazität des renalen als auch für die des jejunalen Na+-abhängigen Pi-Transportsystems konnte in den meisten bisherigen Untersuchungen eine Abhängigkeit von der diätetischen P-Versorgung gezeigt werden. So führte eine P-Depletion zu einer Steigerung der Vmax des renalen Na+-/Pi-Kotransportes bei adulten Schweinen, Schafen und Ziegen (WALTER 1999), eine P-Zulage bewirkte eine Reduktion der Transportkapazität dieses Sys-tems bei milchernährten Ziegenlämmern (ROESLER 2002).

Auch im Jejunum adulter Ziegen hatte eine P-Depletion eine signifikant erhöhte Transport-kapazität für Pi zur Folge (SCHRÖDER et al. 1995, HUBER 2002). Milchernährte Ziegen-lämmer reagierten hingegen nur mit einer tendenziellen Erhöhung der Vmax bei P-Depletion und entsprechend mit einer tendenziellen Reduktion derselben bei P-Zulage (ROESLER 2002).

1.4 Zielsetzungen dieser Arbeit

Im Rahmen eines gemeinsamen DFG-Projekts mit dem Institut für Tierernährung, Rheinische Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn, sollten die Einflüsse einer P-Zulage und der Futterauf-nahme auf die P-Homöostase frisch abgesetzter Ziegenlämmer untersucht werden.

Das Adaptationsvermögen der an der Homöostase beteiligten Organe an unterschiedliche P-Versorgungen bei milchernährten Lämmern und adulten Ziegen ist in der Vergangenheit Ge-genstand zahlreicher Untersuchungen gewesen. Daher richtete sich in der vorliegenden Arbeit das Interesse insbesondere auf den Zeitraum der Entwicklung vom milchernährten zum ruminierenden Wiederkäuer.

Durch zwei unterschiedliche „Absetzregimes“ und eine milchernährte Kontrollgruppe sollte der Einfluss der Festfutteraufnahme auf den endogenen Pi-Kreislauf und auf die Entwicklung der daran beteiligten Organe gezeigt werden. Deren Adaptationsvermögen sollte mithilfe der unterschiedlichen P-Versorgungen untersucht werden.

Aus unveröffentlichten Ergebnissen aus dem Institut für Tierernährung der Universität Bonn war bekannt, dass 6 Monate alte Ziegen unter doppelter P-Zufuhr nur durchschnittlich 5,5 % des gesamten ausgeschiedenen Phosphors mit dem Harn ausschieden. Man konnte folglich davon ausgehen, dass zu diesem Zeitpunkt die Vormagen- und Speicheldrüsenentwicklung der Tiere abgeschlossen war.

Ziel der vorliegenden Arbeit war es, die Veränderungen an den die P-Homöostase regulieren-den Organen während der Entwicklung vom funktionellen Monogastrier zum Wiederkäuer aufzuzeigen. Die vorrangigen Zielorgane waren dabei die Nieren, das Jejunum und die Speicheldrüsen, wobei nur bei den beiden erstgenannten Organen der Na+-abhängige Pi -Transport untersucht worden ist. Zur Untersuchung der Funktion der Speicheldrüsen wurden die Pi-Konzentrationen des Speichels erfasst.

In Clearance-Versuchen im zweiten Versuchsdurchgang sollte die Nierenschwelle für Pi bei frisch abgesetzten Ziegen ermittelt werden.