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2 Schrifttum

2.2 Primär nicht-infektiöse Gesundheitsstörungen in der Putenmast

2.2.4 Pododermatitis

2.2.4.4 Einflussfaktoren auf die Entstehung

Im Folgenden sollen mögliche Einflussfaktoren auf die Entstehung der Pododermatitis aufgeführt werden.

- Einstreu

Die große Bedeutung der Einstreu liegt darin begründet, dass die Fußballen von Tieren in Bodenhaltung ständig mit ihr in Kontakt stehen. Die Qualität der Einstreu hat deshalb entscheidenden Einfluss auf die Tiergesundheit. Aufgabe der Einstreu ist es, einerseits die Tiere gegenüber dem Untergrund zu isolieren und andererseits Faeces und Feuchtigkeit aufzunehmen. Dabei soll die Einstreu Feuchtigkeit gut absorbieren und verteilen, gleichzeitig aber auch gut trocknen können. Weitere Anforderungen an das Einstreumaterial sind, dass es weder toxisch noch reizend, aber kostengünstig ist und als Dünger genutzt werden kann (JODAS u. HAFEZ 2000; GRIMMES 2005).

Einstreumaterial:

Die gebräuchlichsten Einstreumaterialien sind Hobelspäne oder Stroh. Daneben werden aber auch Reisspelzen, Erdnussschalen, zerkleinerte Maisspindeln und verarbeitetes Papier als Einstreu verwendet (JODAS u. HAFEZ 2000; GRIMMES 2005).

HAFEZ et al. (2005) stellten fest, dass Putenhennen und -hähne, die auf Hobelspänen gehalten wurden, weniger Fußballenveränderungen entwickelten als auf Stroh gehaltene Puten. MARTRENCHAR et al. (2002) konnten diesen Vorteil von Hobelspänen bei einer prospektiven Kohortenstudie in Praxisbetrieben nicht feststellen. HESTER et al. (1997) stallten Puten auf Hobelspänen und groben Holzschnitzeln auf und beobachteten bei den auf feinen Holzspänen gehaltenen Tieren weniger Fußballenveränderungen. Sie führten diesen Effekt auf die raue Oberfläche der Holzschnitzel zurück.

EKSTRAND et al. (1997), SU et al. (2000) und MARTRENCHAR et al. (2002) beschreiben für Broiler einen positiven Effekt von Hobelspänen gegenüber Stroh als Einstreu. Sie fanden bei Broilern, die auf Hobelspänen gehalten wurden, weniger Fußballenveränderungen als bei Broilern auf einer Stroheinstreu. GREENE et al. (1985) konnten keinen Einfluss der Einstreumaterialien Stroh und Hobelspäne auf die Inzidenz der Pododermatitis erkennen.

Einstreufeuchte:

Puten auf feuchter Einstreu zeigen stärkere Veränderungen an den Fußballen im Vergleich zu Puten auf trockener Einstreu (ABBOT et al. 1969; HARMS u. SIMSON 1977;

MARTLAND 1984; MAYNE et al. 2004). JODAS und HAFEZ (2000) geben einen Bereich von 70 bis 75 % Trockensubstanz in der Einstreu als optimal an. Höhere Werte führen zu erhöhter Staubbildung. Von feuchter Einstreu sprechen die Autoren, wenn der Trockensubstanzgehalt unter 60 % fällt.

Um eine erhöhte Feuchte zu vermeiden, wird empfohlen, wöchentlich frisches Einstreumaterial aufzubringen (GERAEDTS 1983). Da Puten im Vergleich zu Hühnern weniger scharren und dadurch das Einstreumaterial weniger bearbeitet und gelüftet wird, kann auch regelmäßiges Wenden dazu beitragen, die Einstreuqualität zu verbessern (JODAS u. HAFEZ 2000).

JENSEN et al. (1970) vermuten, dass eine feuchte Einstreu dazu führt, dass Faeces und Einstreumaterial mit der Haut der Fußungsfläche verkleben und dadurch eine Pododermatitis hervorrufen. Durch eine Umstallung auf feuchte oder feuchte und verkotete Einstreu konnten innerhalb von 2 Tagen bei 6 Wochen alten Putenhähnen erste Anzeichen einer Pododermatitis hervorgerufen werden. Deutliche makroskopische Läsionen zeigten sich nach 5 Tagen, wobei histologisch zu diesem Zeitpunkt die Tiere, die auf feuchter und verkoteter Einstreu gehalten wurden, die stärksten Veränderungen aufwiesen. Bei Tieren, die auf einer trockenen Einstreu verblieben waren, wurden nur milde Reaktionen beobachtet (MAYNE et al. 2004).

Verschiedene Faktoren wie unausgewogene Futterzusammensetzung, Managementfehler, Infektionserreger und Stress können direkt oder indirekt die Einstreufeuchte beeinflussen. Sie werden als wet litter syndrome zusammengefasst (JODAS u. HAFEZ 2000; KAMPHUES 2005). Das Verbot von Futtermitteln tierischer Herkunft in der Geflügelproduktion hat zu einem vermehrten Einsatz von pflanzlichen Eiweißquellen wie Sojabohnen geführt. Durch den hohen Kaliumgehalt der Sojabohnen kommt es zu einer Verkürzung der Darmpassagezeit (flushing) und zu einem höheren Wassergehalt der Exkremente (LEESON u. SUMMERS 2005). LEESON und SUMMERS (2005) beschreiben flushing als feuchten, flüssigen Kot, der hauptsächlich in der 8. bis 13.

Lebenswoche auftritt, und führen an, dass dieses Syndrom unter anderem

ernährungsbedingt sein kann. Da das Auftreten aber häufig mit dem Absetzen der Kokzidiostatika zusammenfällt, wird von den Autoren vermutet, dass auch eine Änderung in der intestinalen Mikroflora an der Entstehung beteiligt ist. Nach dem Verbot von antibiotischen Leistungsförderern ist die Häufigkeit von Darminfektionen, die durch Clostridium perfringens bedingt sind, in der Mastgeflügelhaltung stark angestiegen (VAN IMMERSEEL et al. 2004). Diese und andere Erreger führen häufig in der Zeit von der 9.

bis 10. und der 15. bis 16. Lebenswoche zu Durchfallerkrankungen bei Puten (FERKET 1994).

Neben einer durch die Tiere hervorgerufenen feuchten Einstreu können auch andere Faktoren den Trockensubstanzgehalt der Einstreu beeinflussen. Ein enger Zusammenhang wird zwischen hoher Luftfeuchtigkeit und dem Auftreten der Pododermatitis gesehen (BRUCE et al. 1990). Dem entspricht die Beobachtung, dass während der Sommermonate Puten- wie Broilerherden generell eine bessere Fußballenbeschaffenheit zeigen als in nasskalten Wintermonaten (GREENE et al. 1985;

MARTRENCHAR et al. 2002). Gute Lüftungssysteme mit einer gleichmäßigen und ausreichenden Luftzufuhr sowie Heizungsmöglichkeiten sind deshalb notwendig, um die Gesundheit der Tiere zu erhalten (JODAS u. HAFEZ 2000). Wasserverluste über die Tränken als weiterer Managementfehler führen direkt zu einer feuchteren Einstreu. Hierbei weisen Glockentränken einen höheren Wasserverlust in die Einstreu auf als kleine Schalentränken und werden deshalb als Risikofaktor angesehen (EKSTRAND et al. 1997).

- Genetische Faktoren

Die heute hauptsächlich verwendeten schweren Linien scheinen empfindlicher an den Fußballen zu sein als die älteren, weniger fleischreichen Rassen. So zeigten sich weiße Puten empfänglicher für die Pododermatitis als Bronzeputen, wenn beide Rassen auf Draht gehalten wurden (CHAVEZ u. KRATZER 1972). Auch zwischen den schweren und mittelschweren Mastrassen konnten Unterschiede in der Ausprägung der Pododermatitis zugunsten der mittelschweren Linien gezeigt werden (HAFEZ et al. 2004). In derselben Studie zeigte die leichte Kelley Bronze Linie, die häufig in alternativen Haltungssystemen aufgezogen wird, die wenigsten Veränderungen an den Fußballen. PLATT (2004) schließt

eine vom Gewicht der Tiere unabhängige Prädisposition für die Ausbildung der Pododermatitis nicht aus.

- Körpermasse und mechanischer Druck

Bei stehenden Puten tragen die Metatarsalballen die gesamte Körpermasse. Es ist davon auszugehen, dass sich bei schweren Tieren der Druck auf die Metatarsalballen erhöht (MAYNE 2005). Die Tatsache, dass die leichteren Putenhennen seltener eine Pododermatitis entwickeln als die schwereren Hähne (BUFFINGTON et al. 1975; HARMS u. SIMSON 1975; McILROY et al. 1987), wird als Indiz dafür gesehen, dass die Pododermatitis durch einen starken mechanischen Druck auf die Metatarsalballen hervorgerufen wird, der auf die hohe Körpermasse zurückzuführen ist. Andere Autoren konnten einen Einfluss der Körpermasse nicht nachweisen (BUFFINGTON et al. 1975;

ELLERBROCK 2000; PLATT 2004).

BREUER (2005) sieht die Pododermatitis als Folge der schnellen Körpermassenzunahme bei schweren Putenhähnen. Dabei kann die Reifung der Fußballen nicht mit dem zunehmenden mechanischen Druck Schritt halten, so dass es zu den beschriebenen Hautveränderungen kommt. Die Beobachtung, dass ab der 18. bis 21. Lebenswoche ein erhöhtes Heilungspotential der Sohlenballenhaut besteht (SCHALLER et al. 1998; PLATT 2004), stützt diese Annahme, da sich in dieser Zeit das Wachstum bei Putenhähnen verlangsamt.

- Besatzdichte

Eine Erhöhung der Besatzdichte hat in der Putenhaltung eine stärkere Feuchtigkeit der Einstreu zur Folge (COLEMAN u. LEIGHTON 1969; KORTHAS 1977; NOLL et al. 1991).

Die Einstreufeuchte wird als wichtige Ursache für die Entstehung der Pododermatitis angesehen (s.o.). Einen direkten Zusammenhang zwischen der Besatzdichte und der Häufigkeit der Pododermatitis konnten MARTRENCHAR et al. (1999) nachweisen. In ihrer Untersuchung konnten sie zeigen, dass zwischen den Besatzdichten von 4 und 2,5 Tieren pro m² für 16 Wochen alte Putenhähne und von 10 und 6,25 Tieren pro m² für 12 Wochen alte Putenhennen ein signifikanter Unterschied zugunsten einer besseren Fußballengesundheit bei geringerer Besatzdichte bestand. In anderen Untersuchungen

wurde dieser Effekt allerdings nicht beschrieben (EKSTRAND u. ALGERS 1997;

ELLERBROCK 2000; MARTRENCHAR et al. 2002). Zu berücksichtigen ist dabei jedoch, dass es sich bei den Untersuchungen von EKSTRAND und ALGERS (1997) und MARTRENCHAR et al. (2002) um vergleichende Feldstudien gehandelt hat, bei denen die Unterschiede in den Besatzdichten nicht so groß waren wie bei MARTRENCHAR et al.

(1999). Außerdem waren bei den Feldstudien auch andere Einflussfaktoren wie Einstreumaterial, Tränkesystem usw. vorhanden, die sich nicht standardisieren ließen. In der von ELLERBROCK (2000) durchgeführten Studie wurde versucht, die Einstreuqualität zwischen den unterschiedlichen Besatzdichten vergleichbar zu halten, indem bei Bedarf nachgestreut wurde. Ein Effekt der Besatzdichte über eine verschlechterte Einstreu auf die Fußballengesundheit war deshalb in dieser Studie nicht zu erwarten.

Auch für Broiler sind die Ergebnisse zum Einfluss der Besatzdichte auf die Fußballengesundheit nicht einheitlich. Während MARTRENCHAR et al. (1997) und SØRENSEN et al. (2000) einen signifikanten Einfluss der Besatzdichte auf die Fußballengesundheit beschreiben, konnten ELLWINGER (1995) und HASLAM et al.

(2006) dies nicht erkennen.

- Fütterung

Neben dem indirekten Einfluss, den die Fütterung über die Einstreuqualität auf die Fußballengesundheit ausüben kann (s.o.), gibt es auch direkte Einflüsse der Futterzusammensetzung. Verschiedene Aminosäuren und Vitamine wie Methionin, Lysin, Biotin, Pantothensäure und Riboflavin sind für den Aufbau und Erhalt einer intakten Haut erforderlich. Die Pododermatitis kann daher als Defizitsymptom eines dieser Nährstoffe auftreten (MAYNE 2005).

Biotin gehört zum Komplex der B-Vitamine und ist essentiell für den Protein-, Kohlenhydrat- und Fettstoffwechsel. Puten, die nicht ausreichend mit Biotin versorgt werden, zeigen die typischen Symptome einer Pododermatitis wie Hyperkeratose und Ulzera an den Metatarsalballen (MARUSICH et al. 1970; DOBSON 1979; JENSEN u.

MARTINSON 1969). Tiere, die mit einer protein- oder fettreichen Diät versorgt werden, zeigen einen erhöhten Biotinbedarf (WHITEHEAD u. BANISTER 1981). Bei einem Vergleich von Puten, deren Futter mit Biotin supplementiert wurde (2000 µg/kg Futter),

und Tieren, die auf praxisüblichem Niveau mit Biotin versorgt wurden (300 µg/kg Futter), wies die Versuchsgruppe histologisch an den Fußballen keine Veränderungen auf, wohingegen bei der Kontrollgruppe die Keratinisierung des Fußballenepithels gestört war (BUDA 2000). Daraus lässt sich schließen, dass durch eine unzureichende Biotinversorgung die Haut keinen ausreichenden Schutz mehr gegenüber Umwelteinflüssen hat (CLARK et al. 2002). Zuvor wurde schon gezeigt, dass sich eine Biotinsupplementierung bei guten Einstreubedingungen positiv auf die Fußballengesundheit auswirkt. Bei einer feuchten Einstreu konnte dieser Effekt aber nicht nachgewiesen werden (HARMS u. SIMPSON 1977). Diese Ergebnisse wurden von PLATT (2004) bestätigt: Sie konnte nachweisen, dass Biotin zwar einen günstigen Einfluss auf die Fußballengesundheit hat; bei schlechten Haltungsbedingungen traten allerdings in der Versuchsgruppe mit einem vierfach erhöhten Biotingehalt im Futter Fußballenveränderungen in gleicher Ausprägung wie in der Kontrollgruppe auf.

Auch wenn höhere Biotingehalte im Futter das Vorkommen von Pododermatitiden bei Puten nicht verhindern können, sollten alte Bedarfsnormen dennoch überdacht werden.

Da die Tiere heute viel höhere Leistungen zeigen als vor 35 Jahren, halten CLARK et al.

(2002) einen Biotingehalt von 250 µg/kg Futter zur Bedarfsdeckung (JENSEN u.

MARTINSON 1969) für nicht ausreichend.

BREUER (2005) stellte fest, dass auch eine fünffach höhere Dosierung von Biotin in der Legeperiode von Putenelterntieren (2000 µg zu 400 µg/kg Futter) sich nicht positiv auf die Fußballengesundheit der Nachkommen in den ersten Lebenswochen auswirkte.

2.2.5 Zusammenfassung der Faktoren für nicht-infektiöse Gesundheitsstörungen