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3 Informationsverarbeitung bei Doppelaufgaben

3.2 Erklärungsansätze zur Doppelaufgabenverarbeitung

3.2.2 Einflüsse von Vorbereitung, Strategien und Antwortgruppierung

Die typischen Leistungseinbußen und sonstigen Ergebnisse in Doppelaufgabensituatio-nen sind auf verschiedene Ursachen zurückzuführen, wie z.B. begrenzte Kapazität und struk-turelle Interferenz bei ähnlichen Aufgaben. Daneben gibt es noch eine Reihe weiterer, ver-gleichsweise unspezifischer Faktoren, die die Leistung in Doppelaufgaben maßgeblich beein-flussen können, nämlich eine bestimmte Erwartungs- oder Vorbereitungshaltung der Person oder besondere Verarbeitungsstrategien. Einflüsse dieser Art können – weitgehend

unabhän-gig vom Grad der Aufgabenähnlichkeit oder der Überlappung auf zentraler Verarbeitungs-stufe – in nahezu jeder Aufgabensituation beobachtet werden.

Unterschiede in der Vorbereitung

Die Durchführung einer Aufgabe setzt stets eine bestimmte Vorbereitungsstruktur vor-aus. Eine entsprechende Intention zur Aufgabenbearbeitung und eine Bereitschaft zum Ant-worten müssen vorhanden sein. Im PRP-Paradigma ist eine Vorbereitung sowohl auf die erste als auch auf die zweite Aufgabe erforderlich. Die Aufgabenvorbereitung scheint dabei ein Vorgang zu sein, der in hohem Maß kognitive Kontrolle erfordert (siehe z.B. De Jong, 1995).

Dazu gehört vor allem, dass die Anforderungen für beide Aufgaben im Arbeitsgedächtnis aktiv gehalten werden. Auch bei Doppelaufgaben mit Aufgabenwiederholung spielt dies eine Rolle, da selbst scheinbar geringe Abweichungen in der Aufgabenstellung (z.B. Antworten auf die erste Aufgabe mit der linken Hand, auf die zweite Aufgabe mit der rechten Hand) eine distinkte Bearbeitung erforderlich machen. Darüber hinaus ist in der Regel eine bestimmte Antwortreihenfolge einzuhalten und der Wechsel zwischen erster und zweiter Aufgabe zu planen.

Das Arbeiten wird umso effizienter, je weniger Aufgaben zur gleichen Zeit vorzuberei-ten sind. Der Vorbereitungsaufwand ist bei Doppelaufgaben im Vergleich zu Einfachaufga-ben erhöht: Kosten in Zusammenhang mit der Vorbereitung sind vermutlich ausschlaggeEinfachaufga-bend dafür, dass RT2 in Doppelaufgaben selbst bei sehr langem SOA (d.h. ohne zeitliche Überlap-pung der Aufgaben) durchschnittlich höher ausfällt als die entsprechende Reaktionszeit in Einfachaufgaben (Gottsdanker, 1980). Die Aufgabenleistung fällt gewöhnlich schlechter aus, wenn die Reihenfolge der Reize bzw. der Aufgaben unbekannt ist und die Vorbereitung daher im Vorfeld nicht vollständig erfolgen kann (De Jong, 1995; Pashler, 1990). Es besteht Evi-denz für die Annahme, dass in Doppelaufgaben die Vorbereitung auf die zweite Aufgabe nicht erst nach R1 beginnt, sondern bereits vor bzw. während der Verarbeitung der ersten Aufgabe erfolgt (De Jong, 1995).

Levy und Pashler (2001) untersuchten in einer Reihe von Experimenten den Einfluss von Aufgabenvorbereitung. Der Grad der Vorbereitung wurde variiert, indem drei verschie-dene Arten von Aufgabenblöcken dargeboten wurden, nämlich zwei unterschiedliche Arten von Einfachaufgaben- sowie eine weitere Art mit Doppelaufgabenblöcken. Bei dem einen Typ von Einfachaufgabenblöcken war stets nur eine von zwei verschiedenen Aufgaben zu

beantworten. Bei den Einfachaufgaben des anderen Typs musste zwar pro Durchgang auch jeweils nur eine Aufgabe beantwortet werden, es wurden aber beide Aufgaben in zufälliger Reihenfolge dargeboten. Aus dieser Anordnung folgt, dass in den ersten Einfachaufgaben-blöcken jeweils nur eine Aufgabe, in den zweiten jedoch beide Aufgaben vorbereitet werden mussten. Zum Vergleich wurden Doppelaufgabenblöcke bearbeitet, in denen die Reize beider Aufgaben gleichzeitig erschienen und beantwortet werden mussten. Insgesamt ergab sich eine deutliche Verlangsamung der Reaktionszeit in den Einfachaufgabenblöcken, in denen sich die Versuchsteilnehmer auf beide Aufgaben vorbereiten mussten, was bei den Einfachaufgaben-blöcken mit der Vorbereitung auf jeweils nur eine Aufgabe nicht der Fall war. Der erhöhte Vorbereitungsbedarf bei den gemischten Einfachaufgabenblöcken ging also mit einer Erhö-hung der Reaktionszeit einher. Im Vergleich dazu fielen die Reaktionszeiten in den Doppel-aufgabenblöcken jedoch noch wesentlich höher aus. Ein ähnliches Resultat beim Vergleich gemischter Einfachaufgaben mit Doppelaufgaben erzielten auch Ruthruff und Mitarbeiter (2001a). Das bedeutet, dass nur ein Teil der Kosten bei Doppelaufgaben auf einen erhöhten Vorbereitungsaufwand zurückgeführt werden kann.

Strategische Verschiebung

Personen sind bekanntermaßen dazu in der Lage, die Aufgabenbearbeitung auf ver-schiedene Weise strategisch zu steuern, indem z.B. Verarbeitungsprioritäten über eine bestimmte Aufmerksamkeitsgewichtung gesetzt werden. Die charakteristischen Ergebnisse in Doppelaufgaben, insbesondere der PRP-Effekt, könnten also auch aufgrund einer bestimmten Bearbeitungsstrategie zustande kommen. Eine solche Strategie wäre, sich zunächst nur auf die erste Aufgabe zu konzentrieren und die Verarbeitung der zweiten bewusst hinauszuschieben.

Insbesondere in älteren PRP-Studien wurde die Priorität per Instruktion zumeist auf die erste Aufgabe gelegt, was einer solchen Strategie Vorschub geleistet haben mag. Aber auch andere Bedingungen, wie z.B. die SOA-verzögerte Darbietung von S2 oder die Notwendigkeit, eine bestimmte Antwortreihenfolge einzuhalten, könnten die Verarbeitung von S1 vorrangig erscheinen lassen und so eine serielle Bearbeitungsstrategie fördern.

Eine extreme theoretische Position in diesem Zusammenhang geht von der Annahme aus, dass unter optimalen Bedingungen „perfekte“ Parallelverarbeitung bei Doppelaufgaben möglich sei; das heißt, es sollte keine Interferenz entstehen bzw. keine Kosten im Vergleich zur Verarbeitung von Einfachaufgaben mehr nachweisbar sein (Greenwald & Shulman, 1973;

Meyer & Kieras, 1997a). Eine entscheidende Voraussetzung hierfür ist diesen Autoren zufolge, dass beiden Aufgaben die gleiche Priorität eingeräumt wird. Darüber hinaus müssten unterschiedliche Grade an Vorbereitung sowie das Auftreten peripherer Interferenz vermieden werden. Schließlich sei auch ein gewisses Maß an Übung Voraussetzung für eine perfekte Pa-rallelverarbeitung zweier Aufgaben. Nach dieser Vorstellung beruhen also der PRP-Effekt und weitere typische Befunde in Doppelaufgaben im Wesentlichen auf einer bestimmten Be-arbeitungsstrategie. Dieser theoretische Ansatz wird auch als Strategic Response Deferment (SRD) Modell bezeichnet. SRD geht zurück auf komplexe Modellierungen mit der Executive-Process Interactive Control (EPIC) Architektur nach Meyer und Kieras (1997a). Dort wird u.a. davon ausgegangen, dass die menschlichen Verarbeitungskapazitäten wesentlich größer und flexibler seien als von den meisten Theorien angenommen. Auch auf einer zentralen Ver-arbeitungsstufe existiert demnach kein strukturell bedingter Engpass. Vielmehr kontrollieren exekutive Funktionen gemäß bestimmter Regeln, Intentionen und Aufgabenanforderungen, inwieweit und auf welcher Stufe zwei oder mehr Aufgaben gleichzeitig ablaufen. Das SRD Modell, das sich der EPIC-Architektur bedient, ist dabei speziell auf das PRP-Paradigma zu-geschnitten. Nach diesem Modell ist eine strategisch bedingte Aufschiebung der zweiten Auf-gabe entweder vor Beginn der Antwortauswahl oder vor der Antwortausführung möglich. Es wird angenommen, dass ohne eine solche Strategie zwei Aufgaben prinzipiell gleichzeitig und ohne Interferenz bearbeitet werden können.

Die Voraussetzungen für interferenzfreie Parallelverarbeitung erwiesen sich jedoch als schwer realisierbar (siehe z.B. Pashler, 1994b; Ruthruff et al., 2001a). Entscheidend ist offen-sichtlich weniger eine bestimmte Strategie, sondern vielmehr das Ausmaß an Übung. Bei extremer Übung hoch S-R kompatibler Aufgaben lässt sich eine Verringerung oder Eliminie-rung des PRP-Effekts beobachten (z.B. Schumacher & Lauber, 1999; Schumacher, Seymour, Glass, Fencsik, Lauber, Kieras, & Meyer, 2001). Bei derart extensivem Training einfachster Aufgaben kann man jedoch davon ausgehen, dass nicht eine optimale Teilung von Verarbei-tungskapazität, sondern vielmehr automatisierte Verarbeitung ohne Kapazitätsbedarf gelernt wurde (siehe z.B. Levy & Pashler, 2001). In anderen Untersuchungen vergleichbarer Art, jedoch mit weniger Übung, konnte folglich keine perfekte Parallelverarbeitung beobachtet werden (Ruthruff, Johnston, van Selst, Whitsell, & Remington, 2003a; Ruthruff et al., 2001a;

Tombu & Jolicoeur, 2004; siehe jedoch Hazeltine et al., 2002 für einen gegenteiligen Befund).

Strategische Gewichtung hat dennoch einen Einfluss auf die Leistung in Doppelaufga-ben, wenngleich wohl weniger extrem als im SRD Modell angenommen. In einer Untersu-chung von Pashler (1994b) wurden die Versuchsteilnehmer instruiert, in einem PRP-Para-digma gleiche Priorität auf beide Aufgaben zu legen, um ein strategisches Aufschieben der zweiten Aufgabe zu verhindern. Zudem wurden die Aufgaben in randomisierter Abfolge prä-sentiert, um eine gleichmäßige Vorbereitung auf beide Aufgaben zu gewährleisten. Die Ant-wortreihenfolge war frei gestellt. Auch unter diesen Bedingungen wurde ein PRP-Effekt auf RT2 gefunden, was die Annahme eines Verarbeitungsengpasses über strategische Einflüsse hinaus unterstützt. Gleichzeitig sprach ein signifikanter SOA-Effekt auf RT1 dennoch für ver-stärkte Parallelverarbeitung unter diesen Bedingungen.

In ähnlicher Weise sollte in der bereits erwähnten Studie von Levy und Pashler (2001) Parallelverarbeitung durch eine gleichzeitige Präsentation von Reizen und gleicher Priorität für beide Aufgaben erzielt werden. Schnelles und richtiges Antworten auf beide Aufgaben wurde zudem belohnt. Deutliche Doppelaufgabenkosten, wie der PRP-Effekt, blieben den-noch bestehen, obwohl Vorbereitung, periphere Interferenz und strategische Verschiebung so gut wie ausgeschlossen werden konnten. Ähnlich wie bei Pashler (1994b) zeigte sich unter diesen Bedingungen jedoch auch eine erhöhte Interferenz auf RT1. Offensichtlich wurde aufgrund verstärkter Parallelverarbeitung der Aufgaben die Leistung in der ersten Aufgabe deutlicher beeinträchtigt.

Ruthruff und Mitarbeiter (2001a) kontrollierten in einem PRP-Paradigma ebenfalls den Vorbereitungszustand und schlossen periphere Interferenz durch die Verwendung unähnlicher Aufgaben weitgehend aus. Darüber hinaus wurde eine Aufgabe im Schwierigkeitsgrad mani-puliert. Es ergaben sich wiederum hohe Doppelaufgabenkosten für RT1 und RT2; ferner wirkte sich die Erhöhung der Aufgabenschwierigkeit hier – im Vergleich zu Einfachaufgaben – stärker aus.

Insgesamt scheinen die Ergebnisse zu belegen, dass es tatsächlich begrenzte Kapazität auf einer zentralen Verarbeitungsstufe gibt, aufgrund derer in Situationen wie dem PRP-Para-digma im Vergleich zu Einfachaufgaben Kosten entstehen. Erhöhte Anreize zur Parallelverar-beitung können diese Kosten nicht eliminieren, so dass eine rein strategische Ursache so gut wie ausgeschlossen werden kann. „Seriell“ und „parallel“ sollten folglich nicht als Aus-schlusskategorien, sondern als Pole eines Verarbeitungskontinuums betrachtet werden. Ein

verstärktes Maß an Parallelverarbeitung scheint möglich zu sein und mit Kosten für RT1 ein-herzugehen. Personen können offensichtlich den Grad der Parallelverarbeitung, z.B. gemäß einer bestimmten Aufgabeninstruktion, anpassen.

Gewichtung durch Aufmerksamkeit

Wie bereits dargestellt, kann bei Doppelaufgaben eine der beiden Aufgaben prioritär verarbeitet werden. Eine starke Priorität auf die erste Aufgabe kann serielle, gleiche Gewich-tung eher parallele VerarbeiGewich-tung zur Folge haben. Eine entscheidende Rolle spielt hierbei die Verteilung der visuell-räumlichen Aufmerksamkeit, deren Ausrichtung durch unterschiedliche Mechanismen beeinflusst wird (siehe Kapitel 2 der Einführung). Dabei kommt exogenen Faktoren wie bestimmten perzeptuellen Eigenschaften des Wahrnehmungsfeldes als auch endogenen Faktoren wie Intentionen und Strategien der Person eine zentrale Bedeutung zu.

Wie die Ausrichtung der visuellen Aufmerksamkeit die Leistung in Doppelaufgaben beeinflussen kann, wird in der Executive Control Theory of Visual Attention (ECTVA) von Logan und Gordon (2001; siehe auch Logan, 2002) dargelegt. In diesem Modell wird der visuellen Aufmerksamkeit eine entscheidende Kontrollfunktion zugeschrieben. Die Rolle der Aufmerksamkeit wird darüber hinaus mit weiteren Prozessen bei der Doppelaufgabenverar-beitung in Beziehung gesetzt, so dass die ECTVA in theoretischer Hinsicht einen stark inte-grativen Charakter besitzt. In der ECTVA wird Aufmerksamkeit als eine Art Wahlprozess definiert, wonach in top-down gesteuerter Weise Reize entsprechend bestimmter Merkmale, z.B. ihrer räumlichen Position, für die Verarbeitung ausgewählt werden (Stimulus Set; siehe Kapitel 2.1.2 der Einführung). Für Doppelaufgaben bedeutet dies Folgendes: Während der ersten Aufgabe wird im Rahmen der Inputgewichtung die visuell-räumliche Aufmerksamkeit auf den Ort von S1 hoch und auf die Position von S2 niedrig gesetzt (wobei für R2 die um-gekehrte Richtung gilt), um eine serielle Verarbeitung zu erzielen. Die visuell-räumliche Auf-merksamkeit könnte prinzipiell jedoch auch auf S1 und S2 gleichermäßig verteilt werden, was folglich zu paralleler Verarbeitung führen sollte. Die resultierende Aufgabenverarbeitung lässt sich – je nach Aufmerksamkeitsverteilung – auf einem Kontinuum zwischen seriell und parallel ansiedeln. Da ferner die visuelle Aufmerksamkeit von exekutiven Funktionen kontrolliert wird, gilt der Grad der Parallelverarbeitung in Doppelaufgaben in der ECTVA als im Wesentlichen strategisch bedingt.

Neben der Filterung von Reizen durch visuell-räumliche Aufmerksamkeit enthält die ECTVA die Möglichkeit, bestimmte Kategorien von Reizeigenschaften im Rahmen eines Response Set verstärkt zu gewichten (siehe Kapitel 2.1.2 der Einführung): In den geforderten Aufgaben sind jeweils bestimmte kategoriale Entscheidungsparameter relevant oder irrele-vant. Ein Beispiel wäre, dass bei der ersten Aufgabe Zahlen nach gerade/ungerade, und bei der zweiten Aufgabe nach kleiner/größer als 5 beurteilt werden sollen. Um eine effiziente Aufgabenbearbeitung zu gewährleisten, sollte daher zunächst die Priorität der Kategorien gerade/ungerade hoch und die der Kategorien kleiner/größer als 5 niedrig gesetzt werden. Für R2 ist dann ein Wechsel dieser Gewichtung erforderlich. Die Auswahl bestimmter Kategorien nach dem Response Set kann also auch als eine Ausrichtung der internen Aufmerksamkeit auf bestimmte Kategorien verstanden werden.

Die strategischen Mechanismen des Stimulus und des Response Set können prinzipiell unabhängig voneinander angepasst werden, haben aber gemeinsam einen Einfluss darauf, mit welcher Geschwindigkeit und Genauigkeit in Doppelaufgaben reagiert wird. Werden die ge-forderten Reizmerkmale und die relevanten Kategorien hoch gewichtet, so kann mit höherer Wahrscheinlichkeit schnell und korrekt geantwortet werden. Werden hingegen die aktuell ir-relevanten Merkmale und Kategorien aktiviert, so ist mit einem Anstieg von Reaktionszeit und Fehlerrate zu rechnen.

Die in der ECTVA beschriebene Rolle der Aufmerksamkeit weist Gemeinsamkeiten mit der in der FIT von Treisman und Gelade (1980) sowie der im Zwei-Stufen-Modell von Gratton und Mitarbeitern (1992) beschriebenen auf: Es wird im Sinne einer raumbasierten Theorie visueller Aufmerksamkeit angenommen, dass ohne räumlich fokussierte Aufmerk-samkeit keine Bindung von Merkmalen stattfindet (siehe auch Kapitel 2.1.1 der Einführung).

Eine Parallelverarbeitung auf Basis unverbundener Merkmale sollte sich demnach als sehr fehleranfällig erweisen. Für Doppelaufgaben bedeutet dies, dass hier zwar theoretisch Paral-lelverarbeitung möglich ist, praktisch jedoch nicht realisiert wird; denn ohne Bindung der Merkmale von S1 und S2 kann auch die Bedeutung der Reize nicht entschlüsselt und somit die richtige Abfolge der Reaktionen nicht gewährleistet werden. Der Grund hierfür ist, dass bei vollständiger Parallelverarbeitung auf der Stufe unverbundener Merkmale mit gleicher Wahr-scheinlichkeit zuerst auf S1 oder zuerst auf S2 reagiert wird. Aufgrund dessen sollte mit zu-nehmender Parallelverarbeitung in Doppelaufgaben die Fehlerrate stark ansteigen. Serielle Verarbeitung ist folglich zu bevorzugen, da diese schnelleres und genaueres Antworten

ermöglicht (Logan & Gordon, 2001). Serielle Inputgewichtung ist also nach dieser Vorstel-lung die Voraussetzung für die richtige Bindung von Merkmalen in Doppelaufgaben.

Antwortgruppierung

Eine spezielle Form des strategischen Einflusses bei Doppelaufgaben stellt die so ge-nannte Gruppierung von Antworten dar. Antwortgruppierung bedeutet, dass beide Aufgaben bzw. die Antworten auf beide Aufgaben aneinander gekoppelt werden. Dabei kann zwischen mehreren Arten einer Gruppierung differenziert werden. Zum einen können die Aufgaben insgesamt kombiniert werden, indem S1 und S2 bereits als ein „zusammengesetzter Reiz“ aus-gewählt und die Reaktionen gemeinsam als eine Antwort abgegeben werden (Sanders, 1967;

Welford, 1952). In diesem Spezialfall von Aufgabenbearbeitung wird somit aus der Doppelaufgabe eine (komplexe) Einfachaufgabe. Werden einzelne Reize jedoch – wie üblicherweise im PRP-Paradigma – zeitlich verzögert dargeboten, kommt eher eine andere Strategie zur Anwendung: Im Sinne von Borger (1963) werden zwar beide Aufgaben distinkt behandelt und bearbeitet, die erste Antwort wird jedoch nicht sofort nach deren Auswahl aus-geführt, sondern so lange gespeichert, bis auch die zweite Antwort gewählt wurde. Erst dann werden beide Antworten zusammen in kurzer Aufeinanderfolge abgegeben.

Es ist offensichtlich, dass solche Strategien der Antwortgruppierung die Leistung beein-flussen. Eine Kopplung der Antworten im PRP-Paradigma führt in der Regel zum zeitweili-gen Zurückhalten von R1 und somit zu einer Erhöhung von RT1. Dies hat dann zur Folge, dass die eigentlichen Doppelaufgabenkosten auf RT1 überschätzt werden. Pashler (1989) unter-suchte das Auftreten von Antwortgruppierung in Doppelaufgaben etwas genauer. In einem ersten Experiment bearbeiteten die Versuchsteilnehmer die Aufgaben ohne spezielle Instruk-tion bezüglich Antwortkopplung. In einem zweiten Experiment wurden dieselben Aufgaben dargeboten, nun jedoch mit der Aufforderung, die Antworten möglichst gruppiert abzugeben.

Ein Vergleich der Ergebnisse zeigte, dass Antwortgruppierung offenbar zu erhöhten Kosten auf RT1 führte. Ansonsten war das Ergebnismuster, insbesondere in Bezug auf RT2, in den Exprimenten mit bzw. ohne Gruppierung vergleichbar. Darüber hinaus gaben die Ver-suchsteilnehmer, die zur Antwortgruppierung angehalten wurden, ihre Antworten insgesamt fast so schnell ab wie die Versuchsteilnehmer, die nicht gruppierten. Auch in einer Untersu-chung von Ruthruff und Mitarbeitern (Ruthruff et al., 2001a) wurde Aufgabendurchführung mit bzw. ohne verstärkte Antwortgruppierung verglichen. Durch die Gruppierung entstanden

Kosten auf RT1, während der PRP-Effekt auf RT2 konstant blieb. Doch selbst wenn die Ver-suchsteilnehmer nicht oder nur selten gruppierten, waren noch erhebliche Doppelaufgaben-kosten nachweisbar.

Die Strategie, Antworten zu gruppieren, scheint von vielen Personen während der Bear-beitung von Doppelaufgaben spontan angewandt zu werden, auch wenn keine Instruktion diesbezüglich erfolgt (Pashler, 1994a). Allerdings erweist es sich als schwierig, die Häufigkeit von Antwortgruppierung in einem Experiment zu bestimmen. Das vielfach genutzte Maß der Dauer des Zeitintervalls zwischen R1 und R2 kann nur einen groben Anhaltspunkt liefern.

Antwortgruppierung kann zu einer generellen Erhöhung von RT1 führen, und Manipulationen der zweiten Aufgabe können sich unter diesen Bedingungen stärker auf die Leistung in der ersten Aufgabe auswirken als ohne Gruppierung. Solche Resultate können jedoch auch durch eine verstärkte Parallelverarbeitung bedingt sein – nicht notwendigerweise durch Grup-pierung.

Überhaupt scheint Antwortgruppierung die typischen Ergebnismuster im PRP-Para-digma nicht wesentlich zu verändern. Selbst bei häufiger Gruppierung können die Kosten in Doppelaufgaben, im Vergleich zu Einfachaufgaben, nur teilweise mit einer solchen Strategie erklärt werden. Auch der Anstieg von RT1 in Doppelaufgaben lässt sich nie vollständig auf Gruppierungstendenzen zurückführen. Antwortgruppierung stellt zudem einen unspezifischen Einfluss bei der Verarbeitung in Doppelaufgaben dar, der mit nahezu allen theoretischen Modellen vereinbar ist.