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4. Diskussion 169

4.2. Notwendigkeit neuer Methoden

4.2.4. Eignung der Brutherdmethoden

Zur Untersuchung allgemein vorliegender Baumstrukturen wurde ebenso wie zur Ermittlung besiedelter, zusammengehöriger Baum-gruppen eine Abstandsmethode angewandt (Abschnitt 2.7). Die Ab-grenzung der gefundenen Baumgruppen wurde über die Bildung konvexer Hüllen durchgeführt. Die Dynamik der raumzeitlichen Verlagerungen konnte über Schwerpunkte ermittelt und beschrie-ben werden (Abschnitt 2.8).

Abstandsmethode und Randeffekte

Sobald für die Individuen einer Population genaue Standortanga-ben vorliegen, lassen sich die ihnen zugrunde liegenden

räumli-chen Strukturen über Abstandsmethoden untersuräumli-chen (KREBS1998, S. 191f). Speziell für Waldgebiete sieht RIPLEY(1981, S. 130) Vortei-le in der Verwendung von Abstandsmethoden gegenüber Quadrat-und Rastermethoden. Nach Vermessung der Lage der Bruchberger Fichten wurde über eine N ä c h s t e - N a c h b a r n - M e t h o d e, die zu den Abstandsmethoden gezählt wird, Entfernung und Rich-tung eines jeden Baumes zu seinem nächsten Nachbarn ermittelt.

Auf der Grundlage dieser nachbarschaftlichen Beziehungen aufbau-end können weitreichaufbau-ende raum-statistische Analysen erfolgen (z. B.

CRESSIE1991).

BYERS (1984) verwendet Nächste-Nachbarn-Methoden auf der Ebene von Einzelbäumen vonPicea abiesKARST., indem er anhand der Lage der Einbohrlöcher vonIps typographus(L.) die Verteilung der Besiedlung am Einzelstamm analysiert. Dabei stellt er auch ein Simulationsmodell auf, mit dem er nachweisen kann, dass diese Besiedlungen dichteabhängig vorhersagbare Verteilungsmuster der Einbohrlöcher erzeugen.

Im Rahmen dieser Arbeit wurden die nachbarschaftlichen Bezie-hungen der Fichten zunächst dazu verwendet, die vorgefundenen Strukturen des Fichtenbestandes zu analysieren. Vor allem dienten sie jedoch dazu, Baumgruppen zu isolieren, deren Besiedlungen un-abhängiger voneinander verliefen als dies innerhalb der Gruppen der Fall war.

Die Gruppen wurden über einen selbstentwickelten Suchalgo-rithmus zusammengestellt, indem einem besiedelten Baum alle be-nachbarten besiedelten Fichten zugeordnet wurden, die sich innerhalb eines bestimmten Abstandes befanden. Dieser als S u c h r a -d i u s bezeichnete Abstan-d konnte nach zahlreichen Berechnungs-durchläufen auf 30m eingegrenzt werden. Bei dieser Entfernung stellte der Algorithmus Baumgruppen zusammen, die den im Frei-land beobachteten besiedelten Gruppen am ähnlichsten waren.

Inwieweit der Suchradius von 30m in Zusammenhang mit einem von den Brutherden ausgehenden e f f e k t i v e n L o c k r a -d i u s steht, konnte nicht geklärt wer-den. Es -darf je-doch angenom-men werden, dass die Lockwirkung umfangreicher, frisch

besiedel-ter Brutherde bei günstiger Wetbesiedel-terlage in Windrichtung noch be-deutend weiter als 30mreicht. Mit großer Wahrscheinlichkeit ist die Lockwirkung schlagartig besiedelter Brutbäume derjenigen künstli-cher Pheromonquellen weit überlegen.

Versuche, den effektiven Lockradius künstlicher Lockstoffe für Ips typographus herauszufinden, brachten bei BYERS ET AL. (1989) keine abschließenden Ergebnisse. Eine nachweisbare Wirkung auf die Käfer war zumindest bis 12mEntfernung vorhanden. Dieser Abstand entspricht weitgehend den Einschätzungen zur Lockwir-kung PheroPrax®-beköderter Schlitzfallen. Beim Aufstellen dieses Fallentyps am Rande der Fichtenbestände wird ein ›Sicherheitsab-stand‹ von 10–15mangegeben (NIEDERSÄCHSISCHE FORSTLICHE

VERSUCHSANSTALT 1990). Bei SCHLYTER(1992) zeigen sich Fänge an passiven, unbeköderten Fallen in bis zu 35m Entfernung von Pheromonfallen.

Räumlich-mathematische Methoden haben große Schwierigkei-ten mit R a n d e f f e k t e n (LEGENDRE& LEGENDRE1998; RIPLEY

1981). So gilt insbesondere für mobile Individuen am Rande einer Untersuchsfläche, dass ihre Aufenthaltswahrscheinlichkeit in der Fläche oft deutlich geringer ist als für Individuen im inneren der-selben (KREBS1998, S. 168ff). Die effektive Größe der Aufnahmeflä-che gegenüber der physisch vorhandenen nimmt dann umso mehr zu, je größer der vom Individuum beanspruchte Lebensraum bzw.

seine Mobilität ist. Das hat zur Folge, dass Populationsgrößen ei-ner Aufnahmefläche noch relativ genau eingeschätzt werden kön-nen, nicht jedoch die Populationsdichten. Um diese Dichten zuver-lässiger ermitteln zu können, wird um die Aufnahmefläche herum ein zusätzlicher G r e n z s t r e i f e n (boundary strip) bestimmter Breite aufgenommen. Nach BONDRUP-NIELSEN(1983) lässt sich die Breite des Grenzstreifens und damit die effektive Größe der Auf-nahmefläche oftmals über die tatsächlichen Lebensräume der Indi-viduen (home range sizes) herleiten.

Bei der Analyse von Fichtenstrukturen stellt sich das Problem der Randeffekte für einzelne Fichten nicht in dem soeben bespro-chenen Maße, da zum einen Fichten immobil sind und zum anderen die Aufnahmefläche Bruchberg-Süd im Verhältnis zum Standraum

einer Fichte sehr groß gewählt wurde. Daher stehen nur relativ we-nige Fichten tatsächlich im Bereich der Aufnahmegrenze. Bezogen auf Brutherde treten Randeffekte schon deutlicher in Erscheinung.

Vom Algorithmus war nicht abschätzbar, ob sich ein vorgefunde-ner Brutherd außerhalb der Aufnahmefläche fortsetzte. Daher wur-de die kartierte Fläche im Untersuchungsgebiet so gewählt, dass im Süden (unterhalb des Clausthaler Flutgrabens) jüngere Bestände an-grenzten und im Osten auf mehr als 100mkein besiedelbarer Baum mehr vorhanden war. Im Westen wurde der Bestand durch große Freiflächen und Bestandeslücken unterbrochen. Oberhalb der Ver-suchsfläche war dagegen in größerer Entfernung potentieller, zum Teil auch genutzter Siedlungsraum vorhanden. Bei der Kartierung wurde darauf geachtet, dass alle Brutherdflächen vollständig erfasst wurden.

Die u n r e g e l m ä ß i g e F o r m der kartierten Fläche stell-te ein besonderes Problem für weistell-tere Auswertungen dar. Sie ließ sich bei der Datenerhebung jedoch nicht vermeiden. Während über die Auswahl eines relativ großen Untersuchungsgebietes versucht wurde, Randeffekte zu minimieren sowie die Anzahl beobachtbarer Brutherde zu vergrößern, konnten die Außengrenzen des Aufnah-mebereichs aus Zeitgründen nicht mehr arrondiert werden. Statt ei-nes idealerweise quadratischen Umfangs von 1.662mbei einer kar-tierten Fläche von 17,26halag ein tatsächlicher, unregelmäßiger Um-fang von 2.850mvor. Dieser Umfang war damit um 71,5 % länger als der ideale.

Die F l ä c h e n e r m i t t l u n g sowohl der Brutherdphasen als auch der Brutherde erfolgte über k o n v e x e H ü l l e n und war somit sehr grob. Häufig dürfte die Flächengröße zu hoch ermittelt worden sein, da der Algorithmus auch innerhalb der Hüllen gele-gene, nichtbesiedelte Bereiche einbezog. Außerdem wurden über konvexe Hüllen zwischen den Flächen der Brutherde (bzw. Brut-herdphasen) und der Umgebung künstliche, scharfe Grenzen her-gestellt. Sie stimmten mit ökologisch wirksamen Grenzen vermut-lich nur bedingt überein. Der tatsächvermut-liche Brutherdrand dürfte sich oft inner- bzw. außerhalb der sich durch die konvexe Hülle erge-benden Linie bewegt haben. Realistischere Brutherdgrenzen