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Diese Studie will die Frage beantwortet wissen, ob bei Patienten mit ein- und beidseitiger Lippen-Kiefer-Gaumenspalte Asymmetrien des Oberkiefers oder bestimmte Okklusionsano-malien bestehen und diese mit der Spaltart (ein- oder beidseitige Lippen-Kiefer-Gaumenspalte) und / oder dem Geschlecht korrelieren.

In Anbetracht der zwischen 1980 und 1993 durch die Operationsprotokolle erfassten 178 Pa-tienten mit ein- und beidseitiger Lippen-Kiefer-Gaumenspalte mag das Untersuchungsklientel von insgesamt 33 Patienten klein erscheinen. Der Nachteil einer vergleichsweise geringen Pa-tientenzahl wird aber durch den Vorteil einer großen Homogenität des Untersuchungsklientels bei weitem aufgewogen.

Patienten mit Lippen-Kieferspalte und isolierter Gaumenspalte können nicht in die Untersu-chung aufgenommen werden, da entweder von vornherein (Lippen-Kieferspalten) oder im Untersuchungsklientel (isolierte Gaumenspalten) eine repräsentative Gruppengröße - bezogen auf die Gesamtzahl der chirurgischen Primärrehabilitationen bzw. die Zahl der in der Medizi-nischen Hochschule Hannover kieferorthopädisch behandelten Patienten – nicht erreicht wer-den konnte.

Das Zahlenverhältnis zwischen den Patienten mit ein– und beidseitiger Lippen-Kiefer-Gaumenspalte beträgt im Gesamtklientel 2,1:1 und in der untersuchten Patientengruppe 2:1.

Dies entspricht den Angaben in der Literatur, die zwischen 1,8:1 und 2,3:1 schwanken (Keller 1974, Abyholm 1978, Pfeifer et al. 1981). Was die Lokalisation der einseitigen Lippen-Kiefer-Gaumenspalten angeht, ist im Untersuchungsklientel die linke Seite mit einem Ver-hältnis von 2,7:1 deutlich häufiger betroffen. Dieser Wert liegt höher als in anderen Studien angegeben, die von einer häufiger betroffenen linken Seite im Verhältnis 2:1 bzw. 1,9:1 be-richten (Opitz et al. 1982, Rebber 2001).

Bei den einseitigen Lippen-Kiefer-Gaumenspalten entspricht die Präferenz des männlichen Geschlechts im Gesamt- wie im Untersuchungsklientel mit einem Verhältnis von 2,1:1 dage-gen den aus der Literatur bekannten Angaben, die in der Größenordnung von 1,5:1 bis 2,3:1 liegen (Fogh-Andersen 1961, Neumann 1973, Rudzki-Janson et al. 1994).

Anders verhält es sich bei den Patienten mit einer beidseitigen Lippen-Kiefer-Gaumenspalte:

Hier überwiegt sowohl im Gesamtklientel wie in der Untersuchungsgruppe das männliche Geschlecht, und zwar in einem Verhältnis von 3:1 bzw. 2,7:1. Dies steht in deutlichem Wi-derspruch zu den Angaben der bereits oben genannten Autoren, denen zufolge auch bei den

beidseitigen Lippen-Kiefer-Gaumenspalten das männliche Geschlecht mit einem Verhältnis zwischen 1,3:1 bzw. 1,9:1 überwiegen soll.

Für die statistische Berechnung sind mit der Spaltart und dem Geschlecht eindeutige Grup-penmerkmale vorgegeben. Schwieriger gestaltet sich die Berücksichtigung des unterschiedli-chen Alters der Patienten. Es ist nämlich davon auszugehen, dass zumindest einige der denta-len und okklusadenta-len Messwerte bzw. Variabdenta-len nicht unabhängig vom Alter der Patienten bzw.

der Dauer einer kieferorthopädischen Behandlung betrachtet werden können.

Im Gegensatz zu Spaltart und Geschlecht ist das Alter aber kein dichotomer, sondern ein kon-tinuierlicher Zahlenwert. Gibt es innerhalb eines Untersuchungszeitraums keine Zäsur, mit der sich die Bildung von Altersgruppen logisch begründen lässt, besteht mit einer Zuordnung der Patienten nach willkürlich festgesetzten Grenzen immer die Gefahr, einen tatsächlich wirksamen Einfluss der Kovariaten Alter auf die Variablen statistisch nicht nachweisen zu können.

Indem das Alter als Kovariate in die statistische Gleichung aufgenommen wird, können auch altersbedingte Unterschiede der Variabeln aufgedeckt werden. Stellt sich mit Hilfe der Analy-se heraus, dass das Alter der Patienten alleine oder mit einem bzw. beiden Faktoren, d. h.

Spaltart und/oder Geschlecht, Einfluss auf die Variable hat, werden deren Mittelwerte auf die Alterszeitpunkte 10, 13 und 15 Jahre intrapoliert.

Die Fachgesellschaften der Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie und der Kieferorthopädie empfehlen für Longitudinal- und Querschnittsstudien die Alterszeitpunkte fünf, zehn, fünf-zehn und zwanzig Jahre. Dieses Untersuchungsklientel mit einem Altersmittel von 12,8 Jah-ren setzt sich jedoch fast nur aus Patienten wähJah-rend der aktiven kieferorthopädischen Behand-lung im frühen Wechselgebiss bzw. bei Beginn der späten Wechselgebissphase zusammen. Es enthält daher weder fünf- noch zwanzigjährige Patienten. Demzufolge liegt eine Beschrän-kung auf die Altersgruppen 10 und 15 Jahre nahe. Bei der zusätzlich eingeführten Gruppe gab das Altersmittel des Gesamtklientels den Ausschlag, die Mittelwerte der Variablen nicht auf die nahe liegenden 12,5 Jahre, sondern auf 13 Jahre zu berechnen.

Der Vorteil, das Alter als Kovariate in die Varianzanalyse aufzunehmen, offenbart sich bereits bei den Angaben zum Zeitpunkt des Verschlusses des harten Gaumens. Erst wenn der Ge-burtsjahrgang berücksichtigt wird, kann nachgewiesen werden, dass bei jüngeren Patienten aus dieser Studie mit einseitiger Lippen-Kiefer-Gaumenspalte das Durchschnittsalter bei die-ser Operation unter den 29,08 +/- 4,68 Monaten liegt, die für ein größeres Klientel aus dem nahezu gleichen Zeitraum errechnet werden (Swennen et al. 2002).

In der gleichen Weise gelingt auch der Nachweis eines vom Geschlecht abhängigen unter-schiedlichen kieferorthopädischen Behandlungsbeginns bei den frühen Geburtsjahrgängen. So beginnt bei den männlichen Patienten die kieferorthopädische Behandlung früher als bei den weiblichen Patienten, was insofern überrascht, als das männliche Geschlecht eher von einer Verzögerung des Zahnwechsels betroffen sein soll als weibliche (Heidbüchel et al. 1997, Opitz 2002). Zudem gibt es keinen Hinweis, dass die Geschlechter sich in der Ausprägung der Anomalien, die einen unterschiedlichen Behandlungsbeginn begründen, unterscheiden (Rudzki-Janson et al. 1994, Opitz 2002).

Behandlungsergebnisse können unter ästhetischen wie funktionellen Aspekten beurteilt wer-den. Messungen an kieferorthopädischen Modellpaaren zur Beurteilung der Okklusion schei-nen auf den ersten Blick nur eischei-nen funktionellen Gesichtspunkt zu repräsentieren. Wenn aber eine funktionell regelrechte oder physiologische Okklusion symmetrische und kongruente Zahnbögen nicht nur im Seiten-, sondern auch im Frontzahnbereich voraussetzt (Andrews 1972), stellt der Nachweis sagittaler und transversaler dentaler Asymmetrien einen wichtigen Schritt auch bei der ästhetischen Beurteilung eines Behandlungsergebnisses dar.

Die Raphe-Median-Linie als Bezugslinie für die sagittalen und transversalen Messungen des Oberkieferzahnbogens repräsentiert die Median-Sagittal-Linie des Schädels und wird am Oberkiefermodell in ihrem mittleren Verlauf bestimmt. Bei Patienten mit Lippen-Kiefer-Gaumenspalten verläuft der anteriore Teil der Raphe-Median-Linie oftmals zur Spaltseite hin gekrümmt, im dorsalen Bereich dagegen ist sie durch das aus dem Verschluss des weichen Gaumens resultierende Narbengewebe häufig nicht zu bestimmen. Daher muss der reprodu-zierbar zu bestimmende mittlere Anteil der Raphe-Median-Linie für die sagittalen und trans-versalen Messungen des Oberkieferzahnbogens nach anterior und posterior verlängert werden (Opitz 2000).

In Anbetracht dieser Schwierigkeiten wurde die Raphe-Median-Linie an jedem Oberkiefer-modell von zwei Personen und unabhängig voneinander bestimmt und im Zweifelsfall eine dritte Person hinzugezogen, so dass interindividuelle Unterschiede Berücksichtigung finden.

Alle sagittalen und transversalen Messungen sind einfache Distanzmessungen zwischen der Raphe-Median-Linie und einem dentalen Bezugspunkt oder zwischen zwei dentalen Bezugs-punkten. Bei zwei Modellpaaren ist die im Vergleich zur Bestimmung der Raphe-Median-Linie problemlose Identifikation aller dentalen Bezugspunkte nicht möglich, da die morpho-logische Kontur der Okklusalflächen nicht exakt wiedergegeben ist.

Mit einer Wiederholung aller Messungen in einem zeitlichen Abstand von mindestens drei Monaten wird einem möglichen Ablesefehler und den intraindividuellen Messunterschieden begegnet. Der gemittelte Messwert fließt in die statistischen Berechnungen ein.

Mit der Raphe-Median-Linie und den entsprechenden dentalen Bezugspunkten auf der Spalt- und Nichtspaltseite (UCLP) bzw. der primär größeren und kleineren Spaltseite (BCLP) kön-nen die Variablen für die sagittale und transversale Symmetrie des Oberkieferzahnbogens er-rechnet werden. Eine vergleichbare Bestimmung vertikaler Asymmetrien muss mit dem Ver-zicht auf eine schädelbezügliche Registrierung des Oberkiefers – und damit dem Fehlen einer entsprechenden Bezugsebene – unterbleiben.

Beim sagittalen Symmetrievergleich kann für den anterioren Bezugspunkt bei allen Patienten eine mehr oder minder ausgeprägte Asymmetrie festgestellt werden. Bei männlichen Patien-ten mit einseitigen Lippen-Kiefer-GaumenspalPatien-ten ist der anteriore Bezugspunkt auf der Spalt-seite durchweg, d. h. in allen Altersgruppen, dorsaler positioniert. Beim weiblichen Ge-schlecht dagegen findet hier, in Abhängigkeit zum Alter, eine Veränderung statt: Ist in der Al-tersgruppe der zehnjährigen Patienten der anteriore Bezugspunkt im Vergleich zur Nichtspalt-seite noch dorsal positioniert, befindet er sich in der Gruppe der fünfzehnjährigen Patienten durchwegs weiter ventral.

Auch bei den männlichen Patienten mit bilateraler Lippen-Kiefer-Gaumenspalte ist der ante-riore Bezugspunkt auf der primär größeren Spaltseite mit dem Alter zunehmend ventraler po-sitioniert, wohingegen er bei der weiblichen Vergleichsgruppe in allen Altersgruppen unver-ändert dorsal verbleibt.

Beim posterioren sagittalen Symmetrievergleich besteht weder eine Abhängigkeit zum Ge-schlecht noch zum Alter. Bei den Patienten mit einseitiger Lippen-Kiefer-Gaumenspalte ist der posteriore dentale Bezugspunkt auf der Spaltseite nahezu immer dorsaler als auf der Nichtspaltseite lokalisiert. Das genaue Gegenteil trifft für die Patienten mit beidseitiger Lip-pen-Kiefer-Gaumenspalte zu. Bei nahezu gleichen Mittelwerten und einem Standardfehler vergleichbarer Größe liegt der posteriore dentale Bezugspunkt auf der primär größeren Spalt-seite im Vergleich zum kontralateralen Bezugspunkt durchweg dorsaler.

Dieses Ergebnis würde im Widerspruch zu dem ventraler positionierten anterioren Bezugs-punkt sowohl bei den weiblichen Patienten mit einseitiger als auch den männlichen Patienten mit beidseitiger Lippen-Kiefer-Gaumenspalte stehen, würde nicht der hohe Korrelationskoef-fizient auf die enge Abhängigkeit zwischen der Position des anterioren und posterioren Be-zugspunktes auf der Spaltseite (UCLP) bzw. der primär größeren Spaltseite (BCLP) verwei-sen. Damit wird auch die Annahme einer in den beiden betreffenden Gruppen auf der jeweils

kontralateralen Seite kürzeren Stützzonenlänge, beispielsweise nach vorzeitigem Verlust von Zähnen der ersten Dentition und nachfolgender Aufwanderung des Molaren der zweiten Den-tition, obsolet. Tatsächlich verbietet der Vergleich der Stützzonenlängen im Oberkiefer, bei dem keine Unterschiede im Hinblick auf Spaltart, Geschlecht und Alter festgestellt werden, dentale Anomalien als Ursache der sagittalen Asymmetrie in Erwägung zu ziehen. Denn schließlich besteht auch keine Korrelation zwischen den Ergebnissen des Stützzonenver-gleichs und denen des sagittalen SymmetrieverStützzonenver-gleichs.

Trotz dieser Ergebnisse, die auf Messungen zwischen der Raphe-Median-Linie und dentalen Bezugspunkten beruhen, sollte nicht vorbehaltlos auf basale Asymmetrien bei Patienten mit ein- und beidseitiger Lippen-Kiefer-Gaumenspalte geschlossen werden. Zu dieser Zurückhal-tung gibt nicht nur eine Studie an neunjährigen Patienten mit ein- und beidseitigen Lippen-Kiefer-Gaumenspalten Anlass, die mit horizontal geschichteten CT-Aufnahmen nur bei beid-seitig betroffenen Patienten basale sagittale Asymmetrien nachweisen kann (Ras et al. 1997).

Hinzu kommt, dass sich Behandlungsergebnisse bei der gegebenen Vielfalt der Operations-protokolle – wobei die Unterschiede sowohl in der zeitlichen Abfolge als auch beim operati-ven Verfahren bestehen können – nicht verallgemeinern lassen (Semb und Shaw 1998).

Und trotzdem: Einen Hinweis auf die basale Ursachen der festgestellten Asymmetrien könnte eine Fernröntgenseitenbild-Vergleichsstudie zwischen zehnjährigen männlichen und weibli-chen Patienten mit einseitiger Lippen-Kiefer-Gaumenspalte und unterschiedlichem Operati-onsprotokoll liefern (Swennen et al. 2002). In beiden Gruppen ist die vertikale Distanz zwi-schen dem posterioren Bezugspunkt für den Oberkiefer und der Schädelbasis im Vergleich zu einer nicht betroffenen Kontrollgruppe verringert. Dieser Befund ist bei den Patienten, deren Operationsprotokoll einen deutlich früheren Verschluss des weichen Gaumens vorsieht, am stärksten ausgeprägt. Das Oberkieferwachstum, das in den ersten drei Lebensjahren primär vertikal erfolgen soll, ist die Vorraussetzung für die Translation des Oberkiefers in der Sagit-talen (Enlow et al. 1996). Wird dieses vertikale Wachstum durch Narbenzüge eingeschränkt, wäre auch von einer geringeren sagittalen Verlagerung auszugehen, wovon das spaltseitige Kiefersegment durchaus stärker betroffen sein könnte.

Ob aber solche Befunde überhaupt mit einem Behandlungsprotokoll korrelieren, stellt eine Studie mit zehn nicht operierten Patienten mit einseitigen Lippen-Kiefer-Gaumenspalten aus Burma zur Diskussion (Crabb und Foster 1977). Dabei wird anhand von Studienmodellen ein

„zufriedenstellendes“ sagittales Wachstum festgestellt, wobei diese Aussage mit den selten beobachteten sagittalen Asymmetrien begründet wird. Bei sechs Patienten sind die sagittalen Bezugspunkte, die allerdings nicht näher definiert werden, auf gleicher Höhe, zweimal waren die Bezugspunkte auf der Spaltseite weiter ventral, zweimal weiter dorsal positioniert.

Inwieweit sich eine sagittale Asymmetrie des Oberkieferzahnbogens, ermittelt durch die Pro-jektion der anterioren und posterioren Bezugspunkte auf die Raphe-Median-Linie, im Front-zahnbogen widerspiegelt, sollte durch die modifizierte Messung der anterioren Zahnbogen-länge ermittelt werden. Da der mesiale Inzisalpunkt des jeweiligen mittleren Schneidezahnes den anterioren Bezugspunkt für diese Streckenmessung darstellt, kann eine bei diesen Zähnen häufig zu beobachtende Torsion den Messwert nicht unerheblich beeinflussen. Allerdings ist davon auszugehen, dass diese Zahnstellungsanomalien bei den älteren und folglich länger kie-ferorthopädisch behandelten Patienten weitgehend korrigiert sind. Mit anderen Worten: Die Differenz der anterioren Zahnbogenlängen zwischen Spalt-/Nichtspaltseite (UCLP) bzw. pri-mär größerer/kleinerer Spaltseite (BCLP) sollte bei physiologischer anteriorer Zahnbogenkon-tur in Richtung und Ausmaß der sagittalen Asymmetrie entsprechen.

Bei den männlichen Patienten mit einseitiger Lippen-Kiefer-Gaumenspalte, die über alle Al-tersgruppen hinweg eine in der Sagittalen unverändert dorsalere Position der Prämolaren auf der Spaltseite zeigen, gleicht die anfänglich auf der Spaltseite kürzere anteriore Zahnbogen-länge mit fünfzehn Jahren der der Nichtspaltseite.

Die weiblichen Patienten mit einseitiger Lippen-Kiefer-Gaumenspalte unterscheiden sich beim sagittalen Symmetrievergleich in den Altersgruppen deutlich. So ist der anteriore Be-zugspunkt auf der Spaltseite bei der jüngsten Altersgruppe noch weiter dorsal lokalisiert, mit dreizehn Jahren dagegen befindet er sich etwa auf gleicher Höhe, und mit fünfzehn Jahren um den gleichen Betrag wie bei der Gruppe der Zehnjährigen im Vergleich zur Nichtspaltseite weiter ventral.

Entsprechend verhält es sich mit der anterioren Zahnbogenlänge. Bestehen bei den Zehnjähri-gen anfangs, d. h. in der jüngsten Altersgruppe, kaum Unterschiede zwischen Spalt- und Nichtspaltseite, ist mit zunehmendem Alter auch eine kürzere anteriore Zahnbogenlänge auf der Spaltseite festzustellen.

Auch bei den männlichen Patienten mit beidseitigen Lippen-Kiefer-Gaumenspalten ist dieser Zusammenhang zu beobachten. Der anteriore Bezugspunkt beim sagittalen Symmetriever-gleich rückt mit zunehmendem Alter immer weiter nach ventral, und damit korrespondiert die zunehmende Verkürzung der anterioren Zahnbogenlänge auf der Seite der primär größeren Spaltbildung.

Bei den weiblichen Patienten mit beidseitiger Lippen-Kiefer-Gaumenspalte ist der anteriore Bezugspunkt in allen Altersgruppen und mit im Alter zunehmender Tendenz beim sagittalen Symmetrievergleich dorsaler positioniert. In vergleichbarem Maße wird auch die anteriore Zahnbogenlänge auf der Seite der primär größeren Spaltbildung im Vergleich zur Gegenseite größer. Diese Ergebnisse der Kovarianzanalyse werden durch einen hohen

Korrelationskoef-fizienten von 0,614 bestätigt: Je weiter posterior der erste Prämolar auf der Spaltseite (UCLP) bzw. auf der primär größeren Spaltseite (BCLP) positioniert ist, umso größer ist auch die an-teriore Zahnbogenlänge auf dieser Seite.

Widersprüchlich wären somit nur die Ergebnisse bei den männlichen Patienten mit einseitiger Lippen-Kiefer-Gaumenspalte. Eine mögliche Ursache der bei der Altersgruppe der Fünfzehn-jährigen festgestellten kürzeren anterioren Zahnbogenlänge trotz eines deutlich weiter dorsal gelegenen anterioren dentalen Bezugspunktes könnte auch eine Mittenlinienüberwanderung zur Spaltseite sein. Bei der univariaten Varianzanalyse können aber hier keine Unterschiede zwischen Spaltart, Geschlecht und Alter statistisch gesichert werden.

Der anteriore transversale Symmetrievergleich ergibt eine um -1,2 ± 1,8 mm schmalere Spalt-seite im Vergleich zur NichtspaltSpalt-seite im Oberkiefer, und zwar unabhängig von Spaltart, Ge-schlecht und Alter der Patienten.

Der Vergleich zwischen Spalt- und Nichtspaltseite bei den Molaren hingegen ist abhängig von den Faktoren Spaltart und Geschlecht sowie der Kovariaten Alter. Alle Untergruppen ha-ben jedoch ein relativ ausgewogenes Verhältnis zwischen der posterioren Zahnbogenbreite auf der Spalt- und Nichtspaltseite. Die größten transversalen Asymmetrien finden sich bei jungen männlichen Patienten mit einseitiger und älteren weiblichen Patienten mit beidseitiger Lippen-Kiefer-Gaumenspalte (-1,3 mm / -1,1 mm). Alle anderen Untergruppen (und Alters-klassen) haben Symmetrieabweichungen von unter ± 0,6 mm.

Diese Ergebnisse decken sich mit denen eines longitudinalen Vergleichs von Gipsmodellen von 22 drei- bis siebzehnjährigen Patienten mit beidseitiger Lippen-Kiefer-Gaumenspalte aus Nijmegen/Niederlande (Heidbüchel et al. 1997). Im Oberkieferzahnbogen ist eine vor allem bei den Eckzähnen geringere Zahnbogenbreite und eine geringere anteriore Zahnbogenlänge festzustellen. Diese Befunde sind bei älteren Patienten stärker ausgeprägt als bei jüngeren. In der Eckzahnregion haben dreijährige Patienten gegenüber der Kontrollgruppe eine um 11 % schmalere Zahnbogenbreite, mit siebzehn Jahren war der Zahnbogen um 30 % schmaler. Bei den ersten Molaren kann im Alter von sechs Jahren ein um 7 % schmalerer Zahnbogen fest-gestellt werden, im Alter von siebzehn Jahren sind es dagegen 17 %. Zu ähnlichen Ergebnis-sen kommt eine Studie mit drei- bis zwölfjährigen Patienten. Es wird ebenfalls eine geringere Zahnbogenbreite gefunden, mit steigendem Alter verkürzt sich die Zahnbogenlänge zuneh-mend (Athanasiou et al. 1987).

Transversale Asymmetrien des Oberkiefers werden auch in Studien mit nicht-operiertem Pati-entengut in unterschiedlichem Maße nachgewiesen (Crabb und Foster 1977, Sidhu et al. 1982, Bishara et al. 1985, McCance et al. 1990).

Aus der Feststellung einer sagittalen und transversalen Asymmetrie des Oberkieferzahnbo-gens bei Patienten mit einseitiger und beidseitiger Lippen-Kiefer-Gaumenspalte resultiert fast zwangsläufig die nächste Frage: Inwieweit führen diese Asymmetrien zu einer Inkongruenz der Zahnbögen des Ober- und Unterkiefers?

Eine Inkongruenz zwischen den Zahnbögen lässt sich zwar für die anteriore Zahnbogenlänge, die Stützzonenlänge und die anteriore und posteriore Zahnbogenbreite statistisch sichern, Un-terschiede im Hinblick auf die Spaltart, das Geschlecht und das Alter bestehen aber, anders als für die meisten Symmetrievariablen des Oberkiefers, dabei nicht.

Wichtiger ist hier die Korrelationen, die zum Beispiel zeigt, dass mit größerer Differenz der anterioren Zahnbogenlängen zwischen der Spalt- und Nichtspaltseite (UCLP) bzw. der primär größeren/primär kleineren Spaltseite (BCLP) auf dieser Seite auch die Differenz zwischen der anterioren Zahnbogenlänge des Ober- und des Unterkiefers wächst.

Erfreulich hoch ist auch die Korrelation zwischen den Stützzonenlängen auf der Spaltseite (UCLP) bzw. der primär größeren Spaltseite (BCLP) und den jeweils seitengleichen Stützzo-nen des Unterkiefers. Dies kann auch als weiteres Indiz dafür gewertet werden, dass im Un-tersuchungsklientel weder im Ober- noch im Unterkiefer ein Einbruch der Stützzonen durch den vorzeitigen Verlust von Zähnen der ersten Dentition, sei es durch Karies oder durch un-terminierende Rarefikation, stattgefunden hat.

Die dagegen jeweils vergleichsweise schwache Korrelation zwischen anteriorem oder posteri-orem transversalen Symmetrievergleich und dem Verhältnis der anterioren Zahnbogenlänge des Ober- und des Unterkiefers auf der jeweiligen Spaltseite (UCLP) bzw. der Seite der pri-mär größeren Spaltbildung (BCLP) zeigt, dass eine Inkongruenz der Zahnbögen an dieser Stelle nur bedingt mit einer Zunahme der transversalen Asymmetrie, anterior wie posterior, verknüpft ist.

Eine Inkongruenz der Zahnbögen kann auch aus einem Missverhältnis zwischen der Summe der Zahnbreiten der Schneidezähne des Ober- und des Unterkiefers resultieren. Formanoma-lien oder Aplasien sind zwar bei Patienten mit ein- wie beidseitigen Lippen-Kiefer-Gaumenspalten anzutreffen (Schulze 1987, McCance et al. 1990, Opitz et al. 1997, Rebber 2001), die Größe der Differenz ist aber eng mit der Art der Spaltbildung verbunden, Alter und Geschlecht hatten erwartungsgemäß keinen Einfluss.

Bei der Okklusion in der Sagittalen kann bei den Eckzähnen der Spaltseite (UCLP) bzw. der primär größeren Spaltseite (BCLP) eine mit dem Alter zunehmende Mesialokklusion festge-stellt werden. Diese ist unabhängig von Spaltart und Geschlecht und überschreitet eine halbe Prämolarenbreite nicht. Bei den Molaren dagegen können Unterschiede nicht nur im Hinblick auf das Alter, sondern auch auf die Spaltart und das Geschlecht statistisch gesichert werden.

Der errechnete Korrelationskoeffizient von -0,442 stellt aber gleichzeitig klar, dass eine enge Beziehung zwischen der Okklusion der Eckzähne und der Molaren besteht.

Auf der Nichtspaltseite dagegen sind weder bei der Okklusion der Eckzähne noch bei der Okklusion der Molaren Unterschiede im Hinblick auf Spaltart, Geschlecht und Alter nachzu-weisen. Mesiale und distale Abweichungen von der Neutralokklusion treten in der Größen-ordnung von bis zu einer halben Prämolarenbreite auf.

Auf der Nichtspaltseite dagegen sind weder bei der Okklusion der Eckzähne noch bei der Okklusion der Molaren Unterschiede im Hinblick auf Spaltart, Geschlecht und Alter nachzu-weisen. Mesiale und distale Abweichungen von der Neutralokklusion treten in der Größen-ordnung von bis zu einer halben Prämolarenbreite auf.