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3. ERGEBNISSE

3.2. Symmetrie des Oberkieferzahnbogens

3.2.2. Differenz der anterioren Zahnbogenlängen

Beim Vergleich der anterioren Zahnbogenlängen zwischen Spalt-/Nichtspaltseite (UCLP) bzw. zwischen primär größerer/kleinerer Spaltseite (BCLP) können mit der multifaktoriellen

univariaten Varianzanalyse Unterschiede im Hinblick auf die Spaltart, das Geschlecht und das Alter statistisch gesichert werden (p=0,042, Regressionskoeffizient +1,476).

Tabelle 4: Mittelwerte und Standardfehler der Differenzen der anterioren Zahnbogenlänge zwischen Spalt-/Nichtspaltseite (UCLP) bzw. primär größerer/kleinerer Spaltseite (BCLP).

Minuszeichen vor dem Mittelwert bezeichnen eine auf der Spaltseite gegenüber der Nichtspaltseite kürzere riore Zahnbogenlänge bei Patienten mit einseitiger Lippen-Kiefer-Gaumenspalte (UCLP) bzw. eine kürzere ante-riore Zahnbogenlänge auf der primär größeren Spaltseite im Vergleich zur primär kleineren Spaltseite bei Patien-ten mit beidseitiger Lippen-Kiefer-Gaumenspalte (BCLP).

Tabelle 4 zeigt, dass bei den älteren männlichen Patienten mit einseitiger Lippen-Kiefer-Gaumenspalte die Wahrscheinlichkeit eines positiven Vorzeichens bei der Differenz der Messwerte kontinuierlich zunimmt, das heißt, dass die anteriore Zahnbogenlänge der Spaltsei-te die der NichtspaltseiSpaltsei-te übertrifft. Bei einem MitSpaltsei-telwert von +0,1 mm und einem Standard-fehler von ± 1,0 mm besteht hierfür in der Gruppe der Fünfzehnjährigen nahezu Gleichwahr-scheinlichkeit.

Bei den weiblichen Patienten mit einseitiger Lippen-Kiefer-Gaumenspalte verläuft diese

„Entwicklung“ nahezu umgekehrt: Nimmt in dieser Gruppe bei den Fünfzehnjährigen der Differenzbetrag ein positives Vorzeichen an, muss der Messwert für die anteriore Zahnbogen-länge auf der Spaltseite um das Zweifache des Standardfehlers größer sein als der Mittelwert von -2,3 mm.

Die männlichen Patienten mit beidseitiger Lippen-Kiefer-Gaumenspalte ähneln bei Vorzei-chen, Mittelwert und Standardfehler den weiblichen Patienten mit einseitiger Lippen-Kiefer-Gaumenspalte.

Die weiblichen Patienten mit beidseitiger Lippen-Kiefer-Gaumenspalte weisen durchweg die größten Standardfehler auf, das Konfidenzintervall ist daher groß. Die Wahrscheinlichkeit, dass die anteriore Zahnbogenlänge auf der primär größeren Spaltseite die der primär kleineren Spaltseite übertrifft, bleibt in allen Altersgruppen etwa gleich groß.

Die Oberkiefermodelle in den nachfolgenden Abbildung 21a-d sind auch Beispiele dafür, dass Differenzen zwischen den anterioren Zahnbogenlängen auf der Spalt-/Nichtspaltseite (UCLP) bzw. der primär größeren/kleineren Spaltseite (BCLP) ihre Ursache nicht nur in Stellungs-anomalien der mittleren Schneidezähne haben müssen. Sie können auch auf die sagittale

Posi-Differenz der anterioren Zahnbogenlänge

tion der dentalen Bezugspunkte zurückzuführen sein, die zur Konstruktion der posterioren Bezugslinien für die Messungen der anterioren Zahnbogenlängen benötigt werden.

Abbildung 21a: Patient K.-P. B., männlich, Alter zum Zeitpunkt der Modellerstellung 10 Jahre 7 Monate.

Die Differenz der anterioren Zahnbogenlängen beträgt nur 3,00 mm, da die ausgeprägte Stellungsanomalie des spaltnahen mittleren Schneidezahnes mit einer vergleichsweise großen sagittalen Asymmetrie im an-terioren Seitenzahnbereich korrespondiert.

Abbildung 21b: Patient M. W., weiblich, Alter zum Zeitpunkt der Modellerstellung 10 Jahre 8 Monate.

Bei einer weit weniger ausgeprägten Stellungsanomalie des spaltnahen mittleren Schneidezahnes beträgt hier die Differenz der anterioren Zahnbogenlängen 3,25 mm, da - anders als beim Oberkiefermodell links - nahezu Symmetrie im anterioren Seitenzahnbereich be-steht.

Abbildung 21a-b: Vergleich der anterioren Zahnbogenlängen bei Patienten mit einseitiger Lippen-Kiefer-Gaumenspalte (UCLP).

Die Messstrecken zwischen den Lotrechten der dentalen Bezugspunkte auf die Raphe-Median-Linie und dem mesialen Inzisalpunkt der mittleren Schneidezähne sind auf der Spaltseite rot, auf der Nichtspaltseite grün mar-kiert. Die letztgenannte Messstrecke ist, der besseren Vergleichbarkeit wegen, zudem auf der Spaltseite gestri-chelt aufgetragen.

Würde man beispielsweise in Abbildung 21a die sagittale Diskrepanz der anterioren Mess-punkte der Schneidezähne nur zur Raphe-Median-Linie, die die Kiefermitte repräsentiert, be-rechnen, würde ein deutlich höherer Differenzbetrag als die errechneten 3,00 mm resultieren.

Das Oberkiefermodell des weiblichen Patienten in Abbildung 21b dagegen zeigt zur Raphe-Median-Linie nahezu symmetrische dentale Bezugspunkte auf den Prämolaren. Somit ent-spricht der gemessene Differenzbetrag weit mehr der Abweichung des spaltnahen mittleren Schneidezahns von einem frontalen Bogenverlauf, der durch die physiologisch regelrechte Stellung der Schneidezähne der Nichtspaltseite vorgegebenen ist.

Natürlich würde der Differenzbetrag des Lots vom jeweiligen Messpunkt auf dem Schneide-zahn fast genau den gleichen Betrag wie die angegebenen 3,25 mm ergeben. Letztlich soll aber bei dieser Messung nicht ausschließlich die sagittale Diskrepanz bei der Stellung der Schneidezähne auf der Spalt-/Nichtspaltseite (UCLP) bzw. der primär größeren/kleineren Spaltseite (BCLP) erfaßt werden, sondern die sagittale Symmetrie des gesamten Frontzahn-bogens anterior der dentalen Bezugspunkte auf den Prämolaren.

Noch anschaulichere Beispiele für die Abhängigkeit des Differenzbetrags beim Vergleich der anterioren Zahnbogenlänge liefert die Abbildung 21c-d, die Messstrecken und Differenzbe-träge bei Oberkiefermodellen jeweils wiederum eines männlichen und weiblichen Patienten aus allerdings unterschiedlichen Altersgruppen darstellt.

So würde die ausgeprägte Asymmetrie des Frontzahnbogens durch eine Messung, die den sa-gittalen Differenzbetrag zwischen dem Lot des Schneidezahnes der primär größeren und der primär kleineren Spaltseite auf der Raphe-Median-Linie bemisst, überhaupt nicht erfasst.

Abbildung 21c: Patient B. H., männlich, Alter zum Zeitpunkt der Modellerstellung 9 Jahre 8 Monate.

Bei sagittal nahezu symmetrischen anterioren Bezugs-punkten ist die gemessene Differenz von 5,00 mm fast ausschließlich durch die Asymmetrie der posterioren Bezugslinien verursacht. Die Symmetrie der anterio-ren Bezugspunkte wird aber auch teilweise durch die stärker ausgeprägte Mesiorotation des mittleren Schneidezahnes auf der ursprünglich kleineren Spalt-seite vorgetäuscht.

Abbildung 21d: Patient B. B., weiblich, Alter zum Zeitpunkt der Modellerstellung 19 Jahre 4 Monate.

Bei Symmetrie der posterioren Bezugslinien bzw. Be-zugspunkte ist hier die Ursache für die gemessene Dif-ferenz von 1,75 mm gänzlich in der Stellungsanomalie des mittleren Schneidezahnes der primär größeren Spaltseite zu suchen, der die Kiefermitte, repräsentiert durch die Raphe-Median-Linie, zur kleineren Spaltseite hin überwandert hat.

Abbildung 21c-d: Vergleich der anterioren Zahnbogenlängen bei Patienten mit beidseitiger Lippen-Kiefer-Gaumenspalte (BCLP).

Die Messstrecken zwischen den Lotrechten der dentalen Bezugspunkte auf die Raphe-Median-Linie und dem mesialen Inzisalpunkt der mittleren Schneidezähne sind auf der primär größeren Spaltseite rot markiert, auf der primär kleineren Spaltseite grün. Wiederum ist die letztgenannte Messstrecke, der besseren Vergleichbarkeit wegen, auch auf der Spaltseite gestrichelt aufgetragen.

Anders verhält es sich mit Abbildung 21d. Bei nahezu anteriorer sagittaler Symmetrie ist die gemessene Asymmetrie des Frontzahnbogens tatsächlich ausschließlich auf die Stellungs-anomalie der Schneidezähne, nämlich die Überwanderung der Kiefermitte, zurückzuführen.

Damit würde natürlich auch eine Projektion der beiden Messpunkte der Schneidezähne auf die Raphe-Median-Linie die aus der Kiefermittenüberwanderung resultierende sagittale Dis-krepanz erfassen.