3 BESCHREIBUNG DES STATUS-QUO
3.6 Diskussion
62
-,
-MLG
SAR
KAPITEL 3
Anzahl Grossvieheinheiten
Kraftfutterproduktion
r
Rauhfutterproduktion
-10 -5 10 Sensitivität in %
Abb. 3-20: Rangfolge der relativen Sensitivitäten des Selbstversorgungsgrades (SVG) in
Prozenten für Futtermittel für Ap = 10 % (grau: Schweizer Alpenraum SAR, weiss:
MittellandgebieteMLG).
BESCHREIBUNG DES STATUS-QUO S3
Vergleich
mit denImporten
aus dem GH unbedeutend. Auch diegrösseren spezifischen
Potentiale des SAR(Abb. 3-3,
Abb.3-8) zeigen wenig Wirkung
auf die Interaktionen mit den MLG
(Abb.
3-1,Kap. 3.2).
Abb. 3-1zeigt
eineEnergie-Interaktion
vom SAR indieMLG,
welche ca. 6% der totalenEnergie¬
importe
in dasGesamtsystem entsprechen.
Ausgesamtenergetischer
Sicht istdiese Interaktion unbedeutend. Eine
Bedeutung
besitzt dieseInteraktion,
bestehend aus 90 %Hydroelektrizität
und 10 % Brennholz nur wegen ihres erneuerbaren Charakters im Kontext vonEntwicklungen
zu einem nachhalti¬geren
Energiehaushalt.
DieDarstellungen
der HLL in Abb. 3-14 und Abb. 3-15zeigen,
dass dieBereitstellung
vonHydroelektrizität
des SAR für die MLG zudem die bedeutendste HLL innerhalb desSystems
ist. Sämtliche anderen HLL sind imVergleich
mit den HLL, welche durch dasGesamtsystem
im GHverursacht
werden, völlig
unbedeutend(Abb. 3-12,
Abb.3-13).
Ein strukturell ähnliches Bild wie für den Indikator
Energie zeigt
sich fürtierische
Nahrungsmittel
mitEnergieinhalten,
die zweiGrössenordnungen
tiefer
liegen (Abb. 3-10).
Hier kann der SAR mit einem Viertel des MLG-Bedarfsallerdings
einensignifikanten
Teil zum MLG-Verbrauchbeitragen.
Damit wird eine historische Tradition
bestätigt. Vieh, Fleisch,
und Milch¬produkte
sind auch heute nochExportgüter alpiner
Gebiete(Bätzing 1984).
Dies ist
jedoch
dieeinzige
Netto-Interaktion landwirtschaftlicher Güter zwischen den beidenRegionen (Abb. 3-9,
Abb.3-10).
Obwohl der SAR eine tiefereenergetische Flächenproduktivität
für landwirtschaftliche Produkte als die MLG hat(Abb. 3-16),
ist diespezifische
Produktion von landwirtschaft¬lichen
Energieinhalten
pro Einwohner im SAR ca. drei Malgrosser (Abb. 3-8).
Das höhere
Angebot
im SAR(hauptsächlich Rauhfutter)
hatjedoch
denNachteil,
dass esbezüglich
landwirtschaftlicherNutzung
aus klimatischen Gründen ohne Alternative ist und für die menschlicheErnährung
zuerst viaNutztierhaltung
veredelt werden muss(Abb. 3-7).
DerStatus-quo
der Aktivität,Ernähren'
soll noch in einengrösseren
Kontextgestellt
werden. Gemäss(BfS 1998) beträgt
der Anteil der landwirtschaftlichenErzeugung
am schweize¬rischen
Bruttoinlandprodukt
im Jahre 1996 1.9%. Für dieseWertschöpfung
wurden im Jahr 2000 1.6% des gesamten
Endenergieverbrauches aufge¬
wendet21.
Damit ist derenergetische
Aufwandunterproportional
zur öko¬nomischen
Wertschöpfung.
In der Gesamtsicht ist die Aktivität,Ernähren'
sowohl auf derEnergieseite,
als auchbezüglich
der Volkswirtschaft in ihrerBedeutung
weituntergeordnet.
DieSensitivitätsanalyse
weist denn auch die landwirtschaftlichen Parameterbezüglich
derEnergie
nicht als sensitiv aus. Die Parameter der Aktivität ,Ernähren' können somit inzukünftigen Entwicklungen
wederenergetische
noch ökonomischeSteuergrösse
sein. Ihr21Siehe http//wwwenergie-schweizch/impena/md/contenl/statistikperspektiven/gesamtenergie/SpdfIn dieser Zahlist zusätzlich die statistische Differenz derGesamtenergiestatistikenthalten DerEnergiebedarffürLandwirtschaftistdaher tiefer
zuerwarten Nationale undregionale Energieverbrauchsdatenalleine fur die Landwirtschaftexistierennicht
64 KAPITEL 3
Einfluss beschränkt sich in
jeden
Fall auf dieVersorgungsaspekte
mitNahrungsmitteln
und aufFlächenfragen.
Rütteret al.
(1995) berechnete,
dass der Tourismus 26.6 % desregionalen Bruttosozialproduktes
derRegion
Berner Oberland(Teil
desSAR)
erwirt¬schaftet. Der Tourismus
benötigt jedoch
nur 12 % der totalenregionalen Endenergienachfrage
im SAR(Abb. 3-1,
Abb.3-4,
Abb.3-6).
DerEndenergie¬
bedarf für Tourismus ist selbst im touristisch intensiver
genutzten
SAR(Tab.
2-1)
deutlichunterproportional
zur erzeugten ökonomischenWertschöpfung.
Abb. 3-5
bestätigt
dieuntergeordnete physiologische Bedeutung
des Tourismusbezüglich
dem touristischenTeilaspekt
Verkehr. Einanaloges
Bild wie beimIndikator
Energie ergibt
sich für die Aktivität,Ernähren'.
Der touristische Bedarf anNahrungsmitteln
ist dem einheimischen Bedarf weituntergeordnet (Abb. 3-9,
Abb.3-10).
AlsFolge
dieserFeststellungen zeigen
sich dietouristischen Parameter in der
Sensitivitätsanalyse wenig
sensitivbezüglich
ihres Einflusses auf die SVG
(Abb.
3-17, Abb.3-18,
Abb.3-19).
Im untersuchtengrossräumigen System
kann der Tourismus deshalb nicht der zentraleAngriffspunkt
zurOptimierung
desEnergie
undNahrungsmittel¬
haushaltes sein.
Bezüglich
der Interaktionen hat der Tourismusallerdings
eineBedeutung,
welche mit denausgewählten
Indikatoren und Methoden nichtgezeigt
werden kann und trotzdem erwähnt sein soll. Das limitierteMassengut
Fläche als
physiologische
Ressource(Kap. 2.2)
wird im Rahmen desTourismus durch
Vermietung
oder Verkauf zeitweise oder für ganz expor¬tiert',
d.h. derregionalen Verfügungsgewalt
entzogen. Abb. 3-21zeigt
dieseInteraktion der
Verfügungsgewalt
über dasMassengut
Fläche indirekt anhand der Bettenzahlen für Einheimische und Touristen für die viergrössten Tourismusregionen
in der Schweiz. DieAbbildung illustriert,
dass einsignifikanter
Teil der Wohnfläche für Hochbauten im SAR für Ferien¬wohnungen genutzt
wirdund zusätzlich ein kleinerer Teil vermietet wird.BESCHREIBUNG DES STATUS-QUO
300'000 -,
250'000 4—f
c
£ 200TO0 4-Q>
— 150'000 4—
re
Wallis Graubünden Tessin Berner Oberland
Dständige
Wohnbevölkerung
Betten der Parahotellerie
13Gastbettender HotelVKurbetriebe
Abb. 3-21: Ständige Wohnbevölkerung und Anzahl Gastbetten in den vier grössten Tourismusregionen der Schweiz 1993. Daten aus (Bß 1994a, 1994b, 1994c, 1994d). Einzig das Tessinliegtnichtvollständigim SAR.
Ein weiterer Punkt der Diskussion
gilt
denBeurteilungskriterien
SVGund den
interregionalen
Interaktionen. DiePrüfung
derTauglichkeit
dergewählten Beurteilungskriterien
hat an derFrage
2(Kap. 1.4)
in Hinblick auf die Ziele inKap.
1.2 zuerfolgen.
In dergegenwärtigen
Situation kann keine der beidenRegionen
durchExport
netto von ihren erneuerbarenphysiolo¬
gischen
Ressourcenprofitieren.
InKap.
1.2 wurdegefordert,
dass sich die benachbartenRegionen gegenseitig
dauerhaft Hinterlandregionsspezifischer
Ressourcen sein
können,
damit von einernachhaltigen
Konstellation gespro¬chen werden kann. Die Resultate
zeigen
für denStatus-quo,
dass diese Forde¬rung
gegenwärtig
weder für dasMassengut Energie,
noch für die Aktivität,Ernähren'
erfüllt ist. Die,nachhaltige Handelstauglichkeit' (Kap. 2.7)
derRegionen
mittelsregionsspezifischer
Ressourcen ist imStatus-quo
nichtgegeben.
EineBeurteilung
desregionalen, physiologischen
Zustandes durch diegewählten Beurteilungskriterien
istdemzufolge möglich.
Erklärungen
zum beschriebenengegenwärtigen
Zustand sind teilweise mit sozio-ökonomischenArgumenten möglich:
DieEnergiekosten
und dieKosten für die
Ernährung
stellen amgesamten Budget
derprivaten
Haushalteeinen
untergeordneten
Anteil dar. Die Kosten derEnergieaufwände
für dasWohnen und
Transportieren
machenbeim Schweizer Durchschnittshaushalt ca.5 % aus
(BfS 1999).
DieAusgaben
fürNahrungsmittel
belaufen sich auf etwa 10 %. Beide Anteilezeigen
für dieZeitspanne
von 1975 bis 1992 eineAbnahme. Während den vergangenen drei Jahrzehnten
gab
es somit keinerlei ökonomischen Anreiz, dasAugenmerk
auf dieNutzung
derregionalen
66 KAPITEL3
erneuerbaren
Massengüter
zulegen
und dieinterregionalen
Interaktionen zuintensivieren.
Im Hinblick auf die Wahl der Szenarien können mit den Erkenntnissen der
Sensitivitätsanalyse (Abb.
3-17, Abb.3-18,
Abb.3-19,
Abb.3-20)
zusam-mengefasst folgende
Parameter oderParametergruppen
als sensitiv bezeichnet werden:- die Anzahl Einwohner oder
Einwohnergleichwerte (EGW)
- die
Beschäftigung
- der Anteil tierischer
Nahrungsmittel
anderGesamternährung
- Parameter der
regionalen
Produktion vonEnergie, Nahrungs-
undFuttermitteln
- der
Wirkungsgrad
derHydroelektrizitätsproduktion
- die Parameter der
Energieverbräuche
fürVerkehr, Wohnen, Industrie,
Gewerbe undDienstleistungen
- die AnzahlGrossvieheinheiten
(GVE).
3.6.1 Defizitabschätzung der angewandten Methoden und
Übertragbarkeit auf andere Regionen
Die Diskussion der Resultate
zeigt,
dass das entwickelteKonzept
desZwei-Regionen-Systems
eineMöglichkeit bietet,
diePhysiologie
einerregio¬
nalen Partnerschaft für
jede
Aktivität undunabhängig
von ihrem Entwick¬lungsstand
zu untersuchen. Dieangewandte
Methodeergänzt
die Palette früherer Arbeiten mit einemallgemein
anwendbaren Instrument. Dabei steht nicht wie bis anhin der Ressourcenhaushalt einerRegion
im Zentrum, sonderndie
Gewinnung
von Erkenntnissen zurphysiologischen
Partnerschaft zweierRegionen
und deren Interaktionen mit dem Hinterland. DasKonzept
desZwei-Regionen-Systems
lässt verschiedene Allokationsansätze und deren Kombi¬nation zu. Die Kombination dieser Ansätze wiederum
ermöglicht
Erkenntnisse, welcheRegion
in welchem Bereich eineLeistung
für eine andereerbringt.
Das untersuchte
Gesamtsystem
kennt verschiedene Probleme, zu denen mit denangewandten
Methoden undBeurteilungskriterien
keineAussagen
gemacht
werden können. Auf vierAspekte
soll hiereingegangen
werden: DieBESCHREIBUNG DES STATUS-QUO 6Z räumliche
Ausdehnung,
zeitlicheAspekte,
derAkteurbezug
und Indikator¬qualitäten.
DieÜbertragbarkeit
derangewandten
Methoden auf andere Re¬gionen
istvon derHandhabung
derfolgenden Aspekte
imEinzelfallabhängig.
RÄUMLICHEAUSDEHNUNG
Die
gewählten grossräumigen Systemgrenzen
erlauben keineAussagen
zulokalen
Problemen, unabhängig davon,
ob diesepunktuell,
linear oderflächig
sind. Die
Betrachtung
von lokalenRessourcenübernutzungen
z.B. durchintensiven Tourismus
(punktuell)
ist nichtmöglich.
Dasselbegilt
z.B. für dasThema Verkehr und Transit in
Gebirgsräumen (linear),
fürRestwasserfragen (linear
-flächig)
oder fürVeränderungen
vonWaldgesellschaften
wegen lokalerWaldunternutzungen (flächig).
Das methodischeKonzept
würde abereine
kleinräumigere Anwendung (z.B. Gemeindeebene) zulassen,
sofern die Daten dafür vorhanden sind. Die Wahl des SVG alsBeurteilungskriterium
unddie damit verbundene
Betrachtung
der Interaktionen bei einem nicht autarkenSystem
istjedoch
inAbhängigkeit
der räumlichenAusdehnung
desSystèmes
zu
hinterfragen.
DieBeurteilung
vonVeränderungen
des SVG wie sie inKap.
1.1.4hypothesenartig vorgeschlagen wurde,
orientiert sich an der räum¬lichen
Systemgrösse
einerRegion.
Die Gemeindeebene würde diese Mindest¬grösse
eventuell unterschreiten. DieMindestgrösse
einerRegion
ist in diesemZusammenhang verknüpft
mit der Existenzregionaler
Potentiale für diegewählten
Indikatoren.ZEIT
Die Wahl der kleinsten untersuchten Zeiteinheit von einem Jahr
verunmöglicht
dieBetrachtung
von Problemen der Saisonalität. Diese treten z.B. in derUmgebung
vonTourismuszentren,
bei derBereitstellung
alter¬nativer
Energien
oder bei derHydroelektrizitätsproduktion
auf. Gerade diephysiologischen Auswirkungen
vonSaisonspitzen
z.B. im Tourismus könnenjedoch
lokal bedeutend sein. DieBearbeitung
solcherFragen
erfordert die Wahl kleinererZeiteinheiten,
z.B. Monat.Unabhängig
von der Wahl der Zeiteinheiteignet
sich dieBetrachtung
des SVG und derinterregionalen
Interaktionen als
Beurteilungskriterien.
Je kleiner diegewählte
Zeiteinheitist,
desto eher erhält der SVGallerdings
den Charakter eines Kriteriums zurOrganisation
derphysiologischen Logistik
desSystems.
68 KAPITEL 3
AKTEURE
Jedes
anthropogene Ökosystem
istgeprägt
von den meist ökonomischen Entscheiden der Akteure(z.B. Haushalte, Industrielle,
Bauern,Politiker, etc.).
Dies bedeutet, dass
physiologisch
einleuchtende Massnahmen nach öko¬nomischer
Prüfung
eventuell nichtgetroffen
werden. DerAkteurbezug
kannmit den in dieser Arbeit verwendeten Methoden nicht
berücksichtigt
werden.Faist
(2000)
erweiterte die SFA um dieBeschreibung
des Einflusses der Akteure auf den Stoffhaushalt. Eine solcheBetrachtung ermöglicht
einerweitertes
Systemverständnis
mitBezug
zu denWechselwirkungen
vonPhysiologie
undÖkonomie.
INDIKATORQUALITÄTEN
Mit der
getroffenen
Indikatorwahl sind keine differenziertenAussagen
zuden
Qualitäten
der tierischen undpflanzlichen Nahrungsmittel
sowie derFuttermittel
möglich.
Eserfolgte
auch keineDifferenzierung
derEnergie¬
qualitäten
z.B. inBandenergie
oderSpitzenenergie
oder eineökologisch
be¬wertende