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2 Literaturübersicht

2.1 Moderhinke

2.1.5 Klinisches Bild und Verlauf

2.1.5.4 Differentialdiagnose

Da die Moderhinke selbst in unterschiedlichen Ausprägungen auftritt und ihr Erschei-nen sowohl durch Witterungseinflüsse wie auch durch andere Klauenerkrankungen viraler, bakterieller und traumatischer Natur beeinflusst werden kann, ist eine Diffe-rentialdiagnose häufig schwierig. Dies gilt insbesondere, wenn eine Herde frisch mit D. nodosus infiziert wurde oder wenn die Herde chronisch infiziert ist und das klini-sche Bild durch Pflege- und Behandlungsmaßnahmen, aber auch durch sekundäre und Begleiterkrankungen verwaschen wird. Eine Unterscheidung von nicht-kontagiösen digitalen Klauenerkrankungen und Moderhinke wurde erstmals von GREGORY (1939) vorgenommen.

Lippengrind

Das Orf-Virus (Parapoxvirus ovis) ist verantwortlich für die Entstehung von Lippen-grind (Orf; CPD = Contagious Pustular Dermatitis). Es ist hochkontagiös, die Verbrei-tung in der Herde rasant. Es bilden sich Exsudat-gefüllte Vesikel, die vor allem am und im Maul zu finden sind. Sie können ebenfalls am Euter und in seltenen Fällen solitär am Kronsaum und im Interdigitalspalt auftreten. Die betroffenen Hautareale sind entzündet, benachbarte Vesikel verschmelzen miteinander. Nach Aufbruch der Vesikel entstehen verkrustete Bereiche, die sekundär bakteriell infiziert sein können.

Bei der pedalen Form des Lippengrindes sind im Interdigitalspalt sowie am Kronsaum Vesikel und Krusten auffindbar, die sich bis hin zum Karpus bzw. Tarsus erstrecken können. Die Schafe zeigen eine akute Lahmheit oder in milderen Fällen vereinzeltes Auftreten von Krusten ohne Beeinträchtigung. Alle Tiergruppen können betroffenen sein, in der Regel handelt es sich um Lämmer im Alter von 2 bis 5 Mona-ten (THOMAS 1962, EGERTON u. GRAHAM 1969a).

Ulzerative Dermatitis

Diese in den USA und Europa vorkommende Erkrankung ähnelt dem Lippengrind, da es sich um eine Variante des Parapoxvirus ovis handelt (TRUEBLOOD 1966). Neben Läsionen im Interdigitalspalt und Kronsaum bis hin zum Karpus/ Tarsus ist der exter-ne genitale Bereich betroffen. Durch Schürfwunden, Traumata und veexter-nerisch kann das Virus übertragen werden. Es bilden sich ulzerative Areale von unterschiedlicher Tiefe, die durch Krusten bedeckt sind. Ist der Interdigitalspalt oder der Kronsaum be-troffen, kann es zu Lahmheiten kommen. Bei der Erkrankung des genitalen Berei-ches macht sich die Virusinfektion durch eine erniedrigte Befruchtungsrate bemerk-bar (TRUEBLOOD 1966, EGERTON u. GRAHAM 1969a).

Maul- und Klauenseuche (MKS)

Die Maul- und Klauenseuche ist eine hochkontagiöse Erkrankung, die weltweit alle Paarhufer betrifft. Die Übertragungsmethode ist direkt oder indirekt über kontaminier-te Tiere und Gegenstände oder durch Inhalation von Virusmakontaminier-terial, das mit dem Wind in den Stall getragen wird. Sie ist stets mit Fieber und vesikulären Eruptionen an Maul und Klauen verbunden. Die Vesikel sind am und im Maul, im Interdigi-talspalt, am Kronsaum und am Ballen sichtbar. Diese können aufbrechen und bilden verkrustete Areale, die sich bakteriell sekundär infizieren. Bei hochgradiger Erkran-kung kann es zum Verlust des Hornschuhs kommen. Die Tiere leiden an hohem Fie-ber (40 bis 41°C), zeigen Salivation und akute Lahmheiten, die sich durch Fortbewe-gen auf den Karpalgelenken äußern können (BEHRENS et al. 2001).

Bei Schafen verläuft die Erkrankung deutlich milder als beim Rind und ist häufig durch vereinzelt auftretende Vesikel an der Dentalplatte und am Gaumen gekenn-zeichnet. Es kommen Vesikel an einer oder zwei Klauen vor, die Lahmheiten erzeu-gen und die Abgrenzung von Moderhinke erschweren können (EGERTON 1989, GANTER et al. 2001).

Blauzungenkrankheit

Die Übertragung der Blauzungenkrankheit, hervorgerufen durch ein Orbivirus, wird durch Stechmücken der Spezies Culicoides ermöglicht. Neben hohem Fieber (40 bis

42°C) kommt es zu Salivation, Schwellung von Lippen und Kopf, Rötungen am Kopf und Erosionen im buccalen Bereich. Vereinzelt kann es zu Läsionen an den Klauen kommen, die sich häufig als Laminitis durch vermehrte Wärme an den Klauen und einem roten bis braunem Ring am Kronsaum darstellen. Die Tiere zeigen Lahmhei-ten auf allen 4 Gliedmaßen und Unwillen zum Aufstehen und Fortbewegen.

Es können alle ruminierenden Tierarten mit verschieden starker Ausprägung betrof-fen sein (EGERTON u. GRAHAM 1969a, EGERTON 1989).

Ovine Interdigitale Dermatitis

Die Ovine Interdigitale Dermatitis (OID) ist eine milde, bakteriell bedingte Klauener-krankung. Isolierte Erreger sind F. necorphorum und Corynebacterien (C. pyogenes).

Nach anhaltender Nässe entzündet sich der Interdigitalspalt. Es kommt zu Schwel-lungen und Erosionen, die sich auch in der Ablösung des Hornes am Ballen äußern können. Der Interdigitalspalt ist feucht und mit nekrotischem Material belegt. Auch bei einer Pravälenz von 30 % zeigen nur wenige Schafe eine Lahmheit. OID unter-scheidet sich von der benignen Moderhinke insofern, dass D. nodosus nicht aus dem nekrotischen Material isoliert werden kann. Die Abgrenzung zur gutartigen Moderhin-ke ist klinisch nicht möglich (PARSONSON et al. 1967).

Kontagiöse Ovine Digitale Dermatitis

Die in England beschriebene Kontagiöse Ovine Digitale Dermatitis (Contagious O-vine Digital Dermatitis = CODD) unterscheidet sich von der Moderhinke im Anfangs-stadium der Erkrankung. Durch eine Läsion im koronalen Bereich wird das Wand-horn nach distal progressiv unterminiert und bildet im Verlauf Hohlräume von unter-schiedlicher Größe. Im hochgradigen Verlauf kann der gesamte Hornschuh abgelöst werden. Die Tiere sind hochgradig lahm, eine Unterscheidung zur virulenten Moder-hinke ist im hochgradigen Stadium nicht möglich. Eine Heilung erfolgt in der Regel nur durch den Einsatz von Antibiotika.

Die genaue Ursache dieser kontagiösen Klauenerkrankung ist noch nicht abschlie-ßend geklärt. Eine Beteiligung von Spirochaeten wird jedoch vermutet. Im

Zusam-menhang mit der CODD kann keine Entzündung im Interdigitalspalt festgestellt wer-den (WINTER 2004).

Klauenabszesse

Der Ballenabszess (IBN = Infektious Bulbar Nekrosis) ist abzugrenzen von den Spit-zenabszessen (ROBERTS et al. 1968). Der Erreger F. necrophorum ist hauptsäch-lich für die Entstehung der Abszesse verantworthauptsäch-lich, wird aber durch weitere Erreger, wie C. pyogenes, unterstützt. Die Erreger der Klauenabszesse sind in den Fäzes der Schafe, also ubiquitär, vorhanden. Es ist anzunehmen, dass Klauenabszesse infolge von OID (ROBERTS et al. 1968, EGERTON u. GRAHAM 1966a) auftreten, indem sie in tiefere Gewebsschichten eindringen und die Gelenkkapsel des distalen inter-phalangealen Gelenkes penetrieren (WEST 1983).

Ausgelöst wird die Erkrankung durch Nässe. Betroffen sind vor allem die Hinter-gliedmaßen von hochtragenden Schafen (ROBERTS et al. 1968) und schweren Bö-cken (WEST 1983). In der Regel ist nur eine Klaue oder Gliedmaße betroffen. Die Haut am Ballen ist geschwollen. Es kann sich ein Sinus bilden, der mit Granulations-gewebe rot gerändert (sogenannter Kirschenabszess) oder von nekrotisch bis fibroti-schem Gewebe umgeben ist. Im Interdigitalspalt kann sich nekrotisches Material und Eiter bilden, das auch im Sinus vorhanden und sehr schmerzhaft ist. Eine akute Lahmheit ist die Folge, bei der ein Auftreten auf der Gliedmaße vermieden wird. Bei trockener Aufstallung kann die Klaue von allein innerhalb von 8 Wochen ausheilen.

Ist das Gewebe bereits fibrosiert, entwickeln sich chronische Bewegungsstörungen (ROBERTS et al. 1968, WEST 1983).

Spitzenabszesse

Die Spitzenabszesse müssen separat vom Klauenabszess betrachtet werden (ROBERTS et al. 1968). Sie kommen bei allen adulten Tieren und meistens an einer der Vordergliedmaßen vor. Aufgrund von anhaltender Nässe und Traumata kommt es zur Verletzung der sensiblen Lederhaut im Bereich der Spitze. Die verletzte Lederhaut wird von pyogenen Keimen wie Staphylokokken, Streptokokken, Corynebacterien und F. necrophroum besiedelt und durch Abwehrreaktionen des

Körpers, insbesondere durch die Infiltration mit neutrophilen Granulozyten, bildet sich schließlich ein Abszess. Die Klauenspitze ist schmerzhaft, die Gliedmaße wird nicht aufgesetzt. Die Infektion kann in den koronalen Bereich aszendieren oder der Abszess kann sich über eine Fistelöffnung oberhalb des Kronsaums entleeren (EGERTON u. GRAHAM 1969a). Eine Selbstheilung ist möglich.

Klauenrehe

Der Klauenrehe liegen nutritive und metabolische Disregulationen oder auch eine Überbelastung zugrunde. Biogene Amine, die durch einen niedrigen pH-Wert im Pansen, ungenügender Strukturwirksamkeit der Ration, Überschuss an Stärke plus Zucker, der Fütterung von „frischem“ Getreide/ Heu oder Futtermitteln mit hohem Histidingehalt (z.B. Weizen) entstehen können, bewirken Durchblutungsstörungen in den Kapillaren der Lederhaut, die eine aseptische Klauenlederhautentzündung hervorrufen (ULBRICH et al. 2004). Es kommt zu Inappetenz, ruminalen Störungen, Depression und akuten Lahmheiten. Die Lahmheit resultiert aus der aspetischen Entzündung und Ödematisierung der Klauenlederhaut und einer Koronitis. Infolge der akuten Lahmheit kann es zum Festliegen und in Extremfällen auch zum Ablösen des Hornschuhs kommen. Die Diagnose wird ausschließlich klinisch gestellt.

Mögliche Fütterungsfehler sollten durch eine Rationsüberprüfung abgeklärt werden (JENSEN 1974, EGERTON 2000). Werden Schafe nach einer längeren Stallhaltung ausgetrieben und begehen eine längere Wanderung, kann es zu einer traumatischen Klauenrehe kommen (BEHRENS et al. 2001).

Traumata

Die traumatische Rehe aber auch Traumata anderer Genese können Lahmheiten verursachen (WINTER 2004). Sie können durch die Invasion der Larve von Strongyloides papillosus hervorgerufen werden (WALKER 1945). Die Larve durchdringt die Haut im Zwischenklauenspalt. Die Folge ist eine Dermatitis mit Exsudatbildung, die selbstständig ausheilt. Die Läsionen durch Strongyloides-Larven und Läsionen anderer Genese bilden einen prädisponierenden Faktor für die

Entwicklung der Moderhinke durch die gleichzeitige Invasion pyogener Erreger (THOMAS 1962).