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5 Prävalenz und Ausprägung der Moderhinke

5.2.1 Betriebsprofile

5.2.1.1 Betrieb und Management

Die Betriebe verfügten über eine langjährige Schäfertradition in mehreren Generatio-nen. Der ehem. TrupÜbPl diente den Betrieben seit Jahren als Sommerweide. Die Herden bestanden größtenteils aus reinrassigen Merinolandschafen (10 der 14 Her-den bestanHer-den ausschließlich aus Merinolandschafen). Eine Herde hatte das Weiße Alpenschaf (WAS) eingekreuzt. Zwei Herden produzierten Kreuzungslämmer mit Suffolkböcken. Eine weitere Herde stand unter dem Einfluss diverser Rassen darun-ter Suffolk, Schwarzköpfiges Fleischschaf und Texel. In den vier Herden mit Kreu-zungstieren und/ oder anderen Rassen betrug der Anteil der Merinolandschafe den-noch über 90 %.

Der Zukauf von Tieren in den Betrieben beschränkte sich, mangels eines Marktes für junge Mutterschafe zur Remontierung, auf die Zuchtböcke. Aufgrund der

Gewährleis-tungsfrist (1 Woche zur Feststellung der Deckfähigkeit) wurde eine Quarantäne nicht durchgeführt. Die Remontierung der Herde erfolgte aus der eigenen Nachzucht.

Neben der Landschaftspflege bildete die Lämmermast einen wesentlichen betriebli-chen Schwerpunkt. Der Vertrieb der Lämmer reichte von ausschließlicher Direktver-marktung bis hin zur VerDirektver-marktung über die Viehzentrale.

1. Die Größe der Betriebe (n = 17) variierte von 130 bis 3.500 Mutterschafen. In gro-ßen Betrieben wurden auf der Sommerweide Teilherden gehalten. Für die Dauer der Sommerweide wurden zudem zwei Hütegemeinschaften gebildet, so dass auf dem ehem. TrupÜbPl insgesamt die kleinste Herde 320 Mutterschafe umfasste und die größte 1.500 Mutterschafe. Je nach Situation der Lammung bzw. Trächtigkeit und Ritteinteilung (Zeit, in der die Schafböcke in der Herde decken) variierte die Gesamt-anzahl der Tiere innerhalb der Herde, während die Anzahl der Mutterschafe relativ konstant blieb. Insgesamt befanden sich auf dem ehem. TrupÜbPl 12.830 Mutter-schafe. Sie repräsentierten 78 % des Gesamtbestandes (16.380 Mutterschafe) der 17 Betriebe.

In der folgenden Tabelle 18 sind alle Betriebe mit der Anzahl der Mutterschafe (Her-dengröße) und Böcken aufgeführt, die den ehem. TrupÜbPl nutzten. Der Einsatz der Böcke in den Hütegemeinschaften fand auch betriebsübergreifend statt, d.h. dass die Böcke während der Sommerweide in den zusammengestellten Herden deckten und teilweise im Stall zusammen gehalten wurden. Die vorletzte Spalte veranschaulicht die Zusammenstellung der Betriebe in 14 Herden. Die Herdengröße der Herden, die sich tatsächlich auf der Sommerweide befanden, wird in der letzten Spalte angege-ben.

Tab. 18: Übersicht über die Anzahl und Größe der Betriebe und die daraus re-sultierenden Herden

Betrieb Mutterschafe Böcke Herde

Mutterschafe

ehem. TrupÜbPl = ehemaliger Truppenübungsplatz bei Münsingen;

2. Die Lämmermast gestaltete sich in den Betrieben unterschiedlich. Das Absetzalter wurde als „früh“ bezeichnet, wenn die Lämmer mit einem Gewicht von 18 - 20 Kilo-gramm (kg) abgesetzt wurden. Es wurde als „spät“ bezeichnet, wenn das Absetzge-wicht über 30 kg lag. Die Vermarktungsstrategie sowie die betriebsindividuelle Struk-tur der Ritteinteilung bzw. Lammungsphase beeinflusste die Wahl des Absetzalters.

Tab. 19: Methode der Lammproduktion in den einzelnen Betrieben

Betrieb Absetzalter Lämmermast

Früh Spät Weidemast Stallmast

1 x x x x

In 7 Betrieben wurde die Stallmast angewendet, während in genau so vielen Betrie-ben eine Kombination aus Weide- und Stallmast praktiziert wurde. Drei Betriebe setzten ihre Lämmer spät bzw. nicht ab und mästeten diese ausschließlich auf der Weide. Das frühe Absetzalter konnte im Zusammenhang mit der Stallmast beobach-tet werden. Alle 7 Betriebe, die ihre Lämmer früh absetzten, führten auch eine Stall-mast durch. In 4 dieser Betriebe war die StallStall-mast die einzige Mastform. Lämmer und junge Schafe, die sich in diesen Betrieben auf der Sommerweide befanden, bildeten die weibliche Nachzucht.

Die Ritteinteilung und die damit verbundenen Lammungsphasen der einzelnen Be-triebe waren ebenfalls unterschiedlich. Jeder Betrieb verfügte über ein eigenes Kon-zept, das auf die betriebseigenen Kapazitäten der Stallfläche angepasst war. Die Einteilung reichte vom ganzjährigen Ritt, über Rittpausen, um Lammungen auf der Winterweide zu vermeiden oder gestaffelten Rittzeiten zur Schaffung mehrerer Lammungsphasen, bis hin zum sonographisch unterstützten Trächtigkeitsmanage-ment.

In der folgenden Tabelle 20 wurden die Herden und nicht die Betriebe aufgeführt, weil der Ritt in den Hütegemeinschaften im Frühjahr bzw. im Sommer und Herbst war und damit die Lammungsphasen meist synchron verliefen.

Tab. 20: Übersicht über die Ablammungs- und Rittzeiten in den Herden

Jahr 2009 2010

Monat

April Mai Juni Juli August Sep- tem-ber Okto- ber Novem- ber Dezem- ber Januar Februar rz

Herde möglich aufgrund der Asaisonalität der Rasse Merinolandschaf. Mit einer Ausnahme war die Hauptlammzeit in allen Herden jedoch von Dezember bis Februar. Einzelne Lammungen konnten unplanmäßig auftreten, wenn ältere Bocklämmer nicht rechtzei-tig aus der Herde entfernt wurden.

Die unterschiedliche Ritteinteilung und Mastform bedeuteten Variationen in der Herdenkonstellation, die bei Herdenbehandlungen und Tierbewegungen (z.B. der Wanderschaft, Winterweide) berücksichtigt werden mussten. Auf der Sommerweide wurden in allen Herden Lämmer geboren. Mutterschafe mit neugeborenen Lämmern wurden i.d.R. in Mutter-Lamm-Koppeln für die Dauer von 4 bis 6 Wochen oder im Stall untergebracht, da ein Mitziehen mit der Herde nicht möglich war.

Durch die Berücksichtigung des geschätzten Lämmeranteils ergab sich die wahre Herdengröße (Gesamtbestand 16.380 Mutterschafe) mit zuzüglich 19.656 Lämmern, ausgehend von einer Rate von 1,2 Lämmern/Mutterschaf.

3. Das Weidemanagement der Herden konnte nur in den Sommermonaten unterei-nander verglichen werden. Die Herden wurden auf der Sommerweide mindestens acht Stunden gehütet und nachts in einen Ackerpferch verbracht. Während des Hü-tens betreute und beobachtete ein Schäfer die Herde, so dass eine Identifikation ein-zelner Schafe möglich wurde.

Im Anschluss an die Sommerweide folgte eine Herbstweide, die unterschiedlich lang ausfiel, aber von allen Betrieben wahrgenommen wurde. Oft bildete die Wanderung zum Heimatstall die Herbstweide bzw. wurden die Flächen in Stallnähe als Herbstweide genutzt. Die Tabelle 21 enthält das jährliche Weidemanagement aller Betriebe, das von 5 -monatiger Stallhaltung bis zu ganzjähriger Hütehaltung reicht.

Tab. 21: Übersicht über das jährliche Weidemanagement der einzelnen Betriebe

Sommerweide = ehemaliger Truppenübungsplatz bei Münsingen; TH= Teilherde, GH= Gesamte Her-de; X = trifft zu;

Für die Dauer von 2 bis 4 Monaten gingen 9 Betriebe mit einer Teilherde und 2 Be-triebe mit der gesamten Herde auf die Winterweide. Die restlichen 6 BeBe-triebe ver-brachten den Winter mit der gesamten Herde im Stall. Trotzdem hatten alle Betriebe, mit nur einer Ausnahme, zu irgendeiner Zeit in der Winterperiode eine Stallphase, wenn es auch nicht immer der eigene Stall war. In diese Zeit fiel meistens die (Haupt-) Lammung. Trächtige Mutterschafe und Mutterschafe mit kleinen Lämmern wurden sukzessiv aufgestallt bzw. befanden sich in der Nähe des Stalles. In nur

ei-nem Betrieb fand die Lammung vollständig zu Beginn und auf der Sommerweide statt. Insgesamt hatten 6 Betriebe ausreichend Stallfläche für die gesamte Herde und genauso viele ausreichend Stallfläche für eine Teilherde. In 3 Betrieben war die Stall-fläche insgesamt knapp und 2 Betriebe verfügten über keine eigene StallStall-fläche.

Die Bildung von Teilherden wurde durch das Trächtigkeitsstadium bzw. durch den Zeitpunkt der Ablammung bestimmt. Vier Betriebe waren mit der gesamten Herde auf der Sommerweide (24 % der Betriebe, s. Tab. 19). Alle anderen Betriebe (77 %) hielten aus verschiedenen Gründen Teilherden separat. Eine Zusammenführung der gesamten Herde und eine Neugruppierung wurden am Stall bzw. vor der Herbst- und Winterweide vorgenommen.

Durch die intensive Belegung des Stalles zur Hauptlammzeit gestaltete sich das Stallklima häufig suboptimal. In einigen Ställen bestanden spürbare klimatische Un-terschiede zwischen Tag und Nacht. In 4 Betrieben kam es zur Kondenswasserbil-dung am Dach. Weitere Probleme bildeten die entstehende Feuchtigkeit und tiefe bzw. hohe Temperaturen (unter 0 bzw. über 10 °C im Winter) im Stall. Diese sind auch für die Entwicklung von bakteriellen Erregern und Parasiten insbesondere die höheren Temperaturen auch für die Verbreitung von Moderhinke von Bedeutung (GRAHAM et al. 1968, GLYNN 1993, DEPIAZZI et al. 1998).

4. Auf der Sommerweide wurde die standortgebundene Hütehaltung bzw. die vo-rübergehende Wanderschäferei praktiziert, wenn der Weg von oder zur Winterweide bzw. dem Betriebsstandort angetreten wurde. Nur zwei Betriebe nahmen gegensei-tig, also vom jeweils anderen, Pensionsschafe für die Dauer der Winterweide auf.

Die vorrübergehende Koppelhaltung von Schafen mit neugeborenen Lämmern (meist Zwillingsgeburten) führte in 2 Herden zu einem Anstieg der Lahmheitsprävalenz auf bis zu 95 %, wobei besonders die Lämmer betroffen waren. In Abhängigkeit von der Witterung beschrieb WOOLASTON (1993) eine starke Ausbreitung der Moderhinke, die nach Auflösung der Koppel wieder zurückging. Im Gegensatz zu den

Mutterscha-fen erkrankten die Lämmer häufig an allen vier Füßen gleichzeitig. Eigene Beobach-tungen bestätigen diese Ausführungen.

In der Nacht wurden die Herden in einem Pferchacker untergebracht. Die hierfür nutzbaren Flächen mussten von der Platzverwaltung des ehem. TrupÜbPl (Bundes-forst Hauptstelle Heuberg) für diesen Zweck pro Gebiet freigegeben werden. Die An-zahl der Flächen sowie deren Bewirtschaftung und Pflege wurde jedoch in den letz-ten 20 Jahren reduziert. Es waren nur noch wenige Landwirte zur Bewirtschaftung der Flächen auf dem ehem. TrupÜbPl vorhanden. Somit wurden zur Landschafts-pflege nur die Schafe eingesetzt und die Schäfer waren nun auch für die Pflege des Pferchackers verantwortlich.

Jeder Betrieb verfügte über gepachtete Flächen, die sich durch die Anzahl der befes-tigten Wege bzw. Flächen und Pferchäckern unterschieden. Nach Angaben der Schäfer waren die Pferchflächen zu 24 % ausreichend für die jeweiligen Herden des Gebietes vorhanden, jedoch häufig aufgrund der räumlichen Nähe zueinander un-günstig in ihrer Nutzbarkeit. Für 76 % der Betriebe war nicht genügend Pferchfläche vorhanden.

5. Wie viele Unternehmer im landwirtschaftlichen Bereich hat der Schäfer 365 Ar-beitstage im Jahr. Der Betrieb wurde nach Möglichkeit an die nächste Generation übergeben, die Betriebsleitung häufig generationsübergreifend gestaltet. Die Auftei-lung der Zuständigkeitsbereiche und die Betriebsführung wurden nicht immer klar definiert, so dass es zu Uneinigkeiten im Management kommen konnte, die hier nachfolgend als Generationskonflikt bezeichnet werden.

Viele Arbeiten konnte der Schäfer allein bewältigen. Bei Herdenbehandlungen, wie die Eingabe von Antiparasitika, waren zusätzliche Arbeitskräfte (Hilfskräfte) nötig, deren Verfügbarkeit sich in den einzelnen Betrieben unterschiedlich gestaltete. Den Großteil der Hilfskräfte bildeten Familienangehörige und Bekannte, die mit unter-schiedlicher Qualifikation und Motivation herangezogen wurden. Die folgende Tabel-le 22 enthält Informationen über die BetriebsTabel-leitung, das verfügbare Personal sowie das Arbeitsklima und den Generationskonflikt. Das Arbeitsklima wurde durch den

Umgang miteinander im Betrieb und in Arbeitsgemeinschaften ermittelt und bewertet.

Inbegriffen in die tabellarische Auflistung sind betriebsindividuelle Besonderheiten, die sich auf das Personal und die Arbeit auswirken können.

Tab. 22: Betriebsprofil der verfügbaren Arbeitskräfte und des Arbeitsklimas

Betrieb

Die Leitung des Betriebes wurde in sieben Betrieben generationsübergreifend und in zehn Betrieben von Einzelpersonen gestaltet, die meistens ebenfalls aus Schäferfa-milien stammten. Das Betriebsklima in allen Betrieben und den Hütegemeinschaften konnte grundsätzlich als gut bewertet werden. Allerdings gab es aufgrund von Gene-rationskonflikten und gelegentlichen Uneinigkeiten Probleme zwischen den Schäfern

und der Betriebsleitung. Meistens waren diese Konflikte jedoch fallbezogen und da-her von vorübergehendem Charakter.