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Die Neuropathologie Transmissibler Spongiformer Enzephalopathien

2. LITERATURÜBERSICHT

2.4. Die Neuropathologie Transmissibler Spongiformer Enzephalopathien

Rind, Schaf und Ziege

Die Neuropathologie der klassischen BSE beim Rind zeigt charakteristische bilateral symmetrisch auftretende Veränderungen im ZNS, die sich als Vakuolisierungen in Neuronen und im Neuropil, einzelne neuronale Degenerationen und Nekrosen sowie Gliazellaktivierungen darstellen (Wells et al., 1987; Wells und Wilesmith, 1995;

Fukuda et al., 2012). Diese Veränderungen treten im Wesentlichen in der Obexregion des Hirnstamms und dort am stärksten im Nucleus tractus solitarii und Nucleus spinalis nervi trigemini auf (Wells et al., 1989; Wells und Wilesmith, 1995).

Der Nucleus parasympathicus nervus vagi (DMNV) zeigt dagegen weniger vakuoläre Veränderungen (Fukuda et al., 2012). In den letztgenannten Kerngebieten gelingt der frühe immunhistochemische Nachweis von PrPSc, weshalb die BSE-Diagnostik eine Untersuchung von Hirnstammmaterial vorschreibt.

Immunhistochemisch unterscheiden sich die klassische und die atypische BSE in der PrPSc-Verteilung im Gehirn. Bei intrazerebral mit atypischer BSE-infizierten Rindern weist nicht die Obexregion die höchste PrPSc-Konzentration auf. Bei ihr finden sich größere Mengen an PrPSc in weiten Teilen des Gehirns, insbesondere im Kleinhirn, im Thalamus und im olfaktorischen Cortex (Casalone et al., 2004; Polak und Zmudzinski, 2012; Priemer et al., 2013).

Zur Neuropathologie einer BSE-Infektion bei Schaf und Ziege liegen nur sehr wenige Erkenntnisse vor. Bei Schafen wurden bislang PrPSc-Ablagerungen in weiten Teilen des Gehirns, insbesondere in der Obexregion und dort vor allem im DMNV, detektiert (Foster et al., 2001a; Foster et al., 2001b).

2.4.2. Die Neuropathologie der Scrapie bei Schaf und Ziege

Die Neuropathologie der klassischen Scrapie ist ebenfalls geprägt durch charakteristische bilateral symmetrische Veränderungen im ZNS (Sofianidis et al., 2006), wie Vakuolisierungen des Neuropils und der Neuronen, neuronale Degenerationen, Gliazellaktivierungen und Neuronenverluste (Hadlow, 1961; Hadlow et al., 1980; Wood und Done, 1992; Fraser, 1993; Begara-McGorum et al., 2002;

Jeffrey und Gonzalez, 2004). Betroffen von den aufgeführten Veränderungen sind

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insbesondere Mittelhirn, Thalamus, Pons und Kleinhirn (Zlotnik, 1961; Toumazos und Alley, 1989; Capucchio et al., 1998; Valdez et al., 2003; Sofianidis et al., 2006) sowie die Obexregion und dort der DMNV, dem dadurch eine Schlüsselrolle in der Scrapie-Diagnostik zukommt (Wood et al., 1997; Begara-McGorum et al., 2002). Bei Ziegen traten die hier geschilderten Veränderungen in einigen Fällen massiver als bei Schafen auf (Toumazos und Alley, 1989). Die immunhistochemisch nachgewiesenen PrPSc-Ablagerungen im Gehirn an klassischer Scrapie erkrankter Tiere (Valdez et al., 2003) in der Obexregion betrafen am stärksten den DMNV und den Nucleus tractus solitarii (van Keulen et al., 1995; Ryder et al., 2001; Freyse, 2012).

Der Nachweis von PrPSc im Kleinhirn dient der Diagnostik atypischer Scrapie und differenziert sie von der klassischen Form, da bei der atypischen Form die PrPSc -Ablagerungen überwiegend oder ausschließlich im Kleinhirn auftreten. In den Kernen DMNV (Benestad et al., 2008; Moore et al., 2008) und Nucleus tractus spinalis nervi trigemini (Benestad et al., 2003; Orge et al., 2004; Seuberlich et al., 2007; Benestad et al., 2008) finden sich bei atypischer Scrapie kein bzw. nur sehr wenig PrPSc.

2.5. Horizontale und maternale Übertragbarkeit Transmissibler Spongiformer Enzephalopathien bei Rind, Schaf und Ziege

Erste Hinweise für eine Übertragbarkeit der klassischen Scrapie wurden 1937 erhalten, als Schafe nach Impfung mit einem kontaminierten Impfstoff an Scrapie erkrankten (Gordon, 1946). 1939 durchgeführte experimentelle Übertragungs-versuche von Scrapie auf Schafe erbrachten letztendlich den eindeutigen Nachweis der Übertragbarkeit (Cuille und Chelle, 1939; Bessen, 1996). Die horizontale Übertra-gung von Scrapie erfolgt durch direkten oder indirekten Kontakt auf oralem Wege (Dickinson et al., 1974; Ryder et al., 2004). Als Hauptinfektionsquellen gelten infektiöses Nachgeburtsmaterial bzw. die dadurch jahrelang kontaminierten Weiden und der direkte Tierkontakt (Pattison et al., 1972; Hunter, 1991; Ryder et al., 2004;

Seidel et al., 2007). In den Plazenten Scrapie-infizierter Schafe (Race et al., 1998;

Andreoletti et al., 2002b), im Euter und in den Euterlymphknoten (Ligios et al., 2005;

Lacroux et al., 2008) wurden PrPSc und/oder Infektiosität nachgewiesen. Der PrPSc -Nachweis im Uterus der Muttertiere und im Fetus blieb bislang jedoch erfolglos (Foote et al., 1993; Wang et al., 2001; Tuo et al., 2002). Der direkte Kontakt von

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Schafen mit der infektiösen Nachgeburt erhöht die Wahrscheinlichkeit, dass sich mehrere Schafe auf horizontalem Infektionsweg mit Scrapie infizieren (Race et al., 1998). Durch die effektive Bindung von PrPSc an bestimmte Bodenkomponenten kommt es zudem zur jahrelangen Persistenz des infektiösen Agens in der Umwelt (Johnson et al., 2006; Seidel et al., 2007).

Die maternale Übertragung von Scrapie auf das Lamm ist belegt, der genaue Zeit-raum der Infektion bleibt bislang jedoch ungeklärt (Pattison et al., 1972; Dickinson et al., 1974; Pattison et al., 1974; Race et al., 1998; Hoinville et al., 2010). Es gibt aber Hinweise, dass die Übertragung des Scrapie-Erregers bereits in utero erfolgt. Aktuell gelang mittels Maus-Bioassay der Nachweis von Infektiosität in der Nabelschnur und im Mesenteriallymphknoten eines ungeborenen Fetus (Spiropoulos et al., 2014). Der Nachweis von PrPSc in der Milch und die Übertragung von Scrapie durch die Milch auf Schaflämmer konnte erbracht werden (Konold et al., 2008b; Lacroux et al., 2008;

Maddison et al., 2009).

Eine horizontale Übertragung der Scrapie bei Ziegen erfolgt hauptsächlich durch den direkten Kontakt zu Scrapie-infizierten Schafherden bzw. durch eine gemeinsame Haltung auf den kontaminierten Weiden (Hourrigan et al., 1969). In den Plazenten an Scrapie erkrankter Ziegen (Freyse, 2012) und in deren Eutergewebe (Gonzalez et al., 2010a) wurde PrPSc detektiert, was darauf hindeutet, dass ähnliche Übertragungswege von Scrapie bei Ziege und Schaf vorliegen.

Derzeit gibt es nur sehr wenige Erkenntnisse zur horizontalen und maternalen Über-tragbarkeit von BSE bei Schaf und Ziege. In bisherigen Untersuchungen konnte eine sehr niedrige Übertragungsrate von BSE bei experimentell oral infizierten und erkrankten Mutterschafen auf ihre Nachkommen beobachtet werden. Die Übertra-gung erfolgte in utero oder perinatal (Bellworthy et al., 2005a). Für BSE-infizierte Ziegen wurde bisher weder eine horizontale Übertragung nachgewiesen, noch gelang eine Übertragung mittels Embryotransfer (Foster et al., 1999).

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