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4.4 Anleihekäufe

4.4.2 Die Anleihekäufe in Griechenland und Spanien

der EZB wenn schon nicht im Konsens, dann doch mindestens durch eine deutliche Mehrheit unterstützt werden können. Wie eben erwähnt wurde darauf geachtet, dass alle Anleihen nur am Sekundärmarkt erworben werden, damit das Verbot der unmit-telbaren monetären Staatsfinanzierung gewahrt bleibt, darüber hinaus ist die Verpflich-tung zur Sterilisierung aller Anleihekäufe als klares Bekenntnis zum Preisstabilitätsziel zu verstehen.

Tabelle 4.22: Volumen der im Rahmen des SMP durch das Eurosystem gehaltenen An-leihen, Stand Ende 2012

Verteilung der SMP-Anleihen, Stand Ende 2012 Anleihevolumen in Euro

Staat Nennwert Buchwert mittlere Restlaufzeit Griechenland 33,9 Mrd. 30,8 Mrd. 3,6 Jahre Spanien 44,3 Mrd. 43,7 Mrd. 4,1 Jahre insgesamt 218,0 Mrd. 208,7 Mrd. 4,3 Jahre.

Quelle: https://www.ecb.europa.eu/press/pr/date/2013/html/pr130221_1.en.html, abgerufen am 27. Juni 2017; die Gesamtangaben beinhalten auch Staatsanleihen aus Irland, Italien und

Portugal.

Interessanterweise findet sich in dem Beschluss jedoch kein Hinweis darauf, dass SMP ein unumgängliches Instrument ist, um die Stabilität der gesamten Eurozone zu gewährleisten. Dieses Argument findet sich hingegen im ESM-Vertrag, wo bei der Ent-scheidung über die Vergabe von finanzieller Unterstützung auch mit in Betracht zu zie-hen ist, ob die Schieflage in einem Eurostaat schon eine Bedrohung für die Stabilität der gesamten Eurozone darstellt. In dieser Hinsicht ist das SMP also etwas zurückhaltender konzipiert und befasst sich lediglich mit der Situation in einem bestimmten Staat.

Sowohl Griechenland als auch Spanien gehörten zu den Staaten, die durch das SMP unterstützt wurden. Auch wenn das SMP knapp über zwei Jahre lief, bündelte sich die größte Aktivität in einigen eher kurzen Phasen. In der ersten Phase erwarb das Eurosys-tem rasch nach Verabschiedung des Programms im Mai 2010 über einen Zeitraum von neun Monaten griechische Anleihen in Höhe von 41 Millarden Euro und daneben noch irische und portugiesische Anleihen. Die zweite Phase folgte dann am August 2011, wo das Eurosystem dann für etwa sechs Monate spanische Anleihen in Höhe von 47 Mil-larden Euro ankaufte und parallel dazu auch italienische Anleihen erwarb (Gibson, Hall und Tavlas 2016: 49; Sinn 2015: 361; Eser und Schwaab 2013: 12).

Im Bezug auf die konkrete Durchführung des SMP hielt sich die EZB relativ lange bedeckt und gab keine detaillierten Auskünfte darüber, in welchem Ausmaß das Euro-system Staatsanleihen erworben hatte. Im Februar 2013, also einige Monate nachdem das SMP durch OMT abgelöst worden war, veröffentlichte die EZB eine Bilanz über alle vom Eurosystem im Rahmen des SMP gehaltenen Titel, aufgeteilt nach Staaten, die Werte können Tabelle 4.22 entnommen werden. Zur Hochzeit des SMP – dies war im Februar 2012, als die letzten Ankäufe getätigt wurden – hatte das Eurosystem ins-gesamt Staatsanleihen mit einem Volumen von 223 Milliarden Euro erworben. Dieser

Tabelle 4.23: Volumen der im Rahmen des SMP durch das Eurosystem gehaltenen An-leihen, Stand Ende 2016

Verteilung der SMP-Anleihen, Stand Ende 2016 Anleihevolumen in Euro

Staat Nennwert Buchwert mittlere Restlaufzeit Griechenland 13,2 Mrd. 12,3 Mrd. 2,9 Jahre Spanien 20,1 Mrd. 20,0 Mrd. 2,9 Jahre insgesamt 105,0 Mrd. 102,3 Mrd. 2,9 Jahre.

Quelle: https://www.ecb.europa.eu/press/pr/date/2017/html/pr170216.en.html, abgerufen am 27.

Juni 2017; die Gesamtangaben beinhalten auch Staatsanleihen aus Irland, Italien und Portugal.

Posten in der Bilanz der EZB hat sich in den letzten Jahren jedoch fortwährend ver-ringert, vor allem weil einige der gehaltenen Titel einfach ausgelaufen sind, aber auch weil das Eurosystem einige Titel weiterverkaufen konnte (Sinn 2015: 361). Daher soll der Vollständigkeit halber auch noch die jüngste detaillierte – also nach einzelnen Staa-ten aufgeteilte – Darstellung der gehalStaa-tenen Titel angefügt werden. Sie entstammt einer EZB-Pressemitteilung aus dem Februar 2017 und zeigt den Stand zum Ende des Jahres 2016, siehe Tabelle 4.23. Hieran zeigt sich also, dass circa sieben Jahre nach der ers-ten Ankündigung des SMP das Eurosystem mehr als die Hälfte dieses Anleiheposers-tens mittlerweile abgebaut hat.

Bei der näheren Betrachtung des SMP ist auch zu bedenken, dass zwischen EZB und Eurosystem unterschieden werden muss. Die föderale Funktionsweise der EZB zeigt sich am SMP nämlich in besonderem Maße darin, dass die EZB selbst nur etwa 7 % der Anleihekäufe abgewickelt hat, während die NZBen des Eurosystems die restlichen 93 % übernommen haben, und zwar alle jeweils analog zu ihrem Kapitalanteil bei der EZB. Dies bedeutet, um eine Beispielrechnung aus dem Juli 2011 zu verwenden, dass die Deutsche Bundesbank 20 Millarden Euro zum SMP beisteuerte, die Banque de France 15 Milliarden Euro und die Banca d’Italia 13 Milliarden Euro (Sinn 2015: 362).

Nachdem wie schon erwähnt Mario Draghi im Sommer 2012 ankündigte, dass die EZB alles in ihrer Macht stehende tun werde, um den Euro zu schützen, veröffentlichte die EZB dann am 6. September 2012 in einer Presseerklärung die technischen Einzel-heiten des OMT-Programmes im Anschluss an die zuvor stattgefundene Ratssitzung.

Hierbei fällt auf, dass anders als im Fall des SMP bis heute kein konsolidierter Rechts-akt öffentlich vorliegt. Die einzige rechtliche Fundierung wäre also die Sichtweise, dass im Rahmen der besagten Presseerklärung in Ermangelung einer weiteren rechtlichen Kodifizierung einzig die Regeln und Vorgehensweisen deutlicher erklärt sind, die im

Zusammenhang mit dem ESZB-Statut – und vor allem dem hier maßgeblichen Artikel 18 – stehen (Cour-Thimann und Winkler 2013: 17).

Das OMT-Programm ist insgesamt deutlich umfassender angelegt als das SMP, hat aber eine vergleichbare Zielsetzung. Wieder geht es darum zu vermeiden, dass ungüns-tige Gleichgewichte an den Anleihemärkten entstehen und sich dann selbst verstärken.

Dadurch soll wiederum sichergestellt werden, dass die EZB ihre Geldpolitik einheitlich in der gesamten Eurozone übertragen kann, und dass es keine zu gravierenden Diffe-renzen zwischen den Staaten bezüglich der Kreditkonditionen für Verbraucher und Un-ternehmen gibt. Parallel dazu macht die EZB bei Ankündigung des OMT-Programms ebenso deutlich, dass fiskalische Stabilität unverzichtbar für das Funktionieren der An-leihekäufe ist, was sich an der Verknüpfung von OMT-Unterstützung an den Abschluss eines ESM-Programmes zeigt (Cour-Thimann und Winkler 2013: 17, 18).

Diese Kopplung funktioniert für die EZB als wichtige strukturelle Rückversicherung, da auf verschiedenen Wegen sichergestellt wird, dass die EZB möglichst nicht auf eige-ne Faust über die Unterstützung durch Anleihekäufe entscheidet und somit Entschei-dungen mit erheblichen redistributiven Konsequenzen trifft. Durch den Abschluss eines ESM-Programms gibt es nämlich einen zweiten Weg, auf unerwartet hohe Zinssätze zu reagieren, nämlich durch das Instrument der Anleihekäufe auf dem Primärmarkt, wel-che der ESM selbst laut ESM-Vertrag durchführen darf. Über die Beteiligung des ESM findet außerdem die Einbeziehung der Mitgliedstaaten statt. Ein ESM-Programm wird erst dann beschlossen und verabschiedet, wenn sich die Regierungschefs der Eurostaa-ten darüber einig sind, und in einigen StaaEurostaa-ten müssen darüber hinaus auch noch die nationalen Parlamente zustimmen. Bevor die EZB also einzelne Staaten auf dem Wege von Anleihekäufen unterstützen kann, muss vorher auch ein politischer Konsens zwi-schen den Regierungschefs bestehen, dass ein Staat Unterstützung erhalten soll. Dar-über hinaus entfaltet die Verbindung von OMT und ESM auch Wirkung im Ernstfall:

das heißt, dass sobald die Regierungschefs feststellen, dass ein Staat seinen politischen Vorgaben aus dem ESM-Programm nicht mehr ausreichend nachkommt, die EZB dazu verpflichtet ist, jegliche laufende OMT-Operationen sofort einzustellen (Cour-Thimann und Winkler 2013: 18).

Für die weitere Beschreibung des OMT-Programmes ergibt sich im Gegensatz zum SMP jedoch das Problem, dass bis jetzt noch kein Staat Unterstützung durch das OMT-Programm erhalten hat. Dies war auch nicht im Sommer 2015 bei Griechenland der Fall, als dort über die Modalitäten des dritten Hilfsprogramms verhandelt wurde. Insgesamt entfaltete das OMT-Programm also bis jetzt weniger konkrete Auswirkungen als das SMP.

Mit den Anleihekäufen versucht die EZB proaktiv, Marktprozesse zu beeinflussen.

Dazu hat sie als Zentralbank mit dem Monopol der Liquiditätsschöpfung die Möglich-keit und als oberste Hüterin der gemeinsamen Währung auch die Pflicht. Kein Markt kann auf Dauer funktionieren, wenn durch ungeordnete und unbegründete

Spekulati-on einzelne Marktteilnehmer in Schwierigkeiten geraten, und in einer WährungsuniSpekulati-on, wo das Straucheln eines Mitglieds auch alle anderen Mitglieder benachteiligen könnte ist die EZB gut beraten, eine solche negative Situation so früh wie möglich zu unterbin-den. Gleichzeitig ist das Instrument der Anleihekäufe für die EZB eine radikale Abkehr von dem geldpolitischen Standpunkt, den sie in ihren ersten zehn Jahren vertreten hat.

Für diesen kühnen Schritt setzt sie EZB ihr Geld und ihre Reputation ein – daher soll nun betrachtet werden, ob sich dieser Einsatz (bis jetzt) ausgezahlt hat und welchen Widerständen sich die EZB stellen muss.