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4. Steuerliche Auswirkungen für Unternehmer

4.3. Besteuerung von Inbound-Entsendungen

4.3.2. Die Abzugssteuer

Durch die Erhebung der Abzugssteuer soll die Besteuerung im Inland vereinfacht werden und vor allem der österreichische Steueranspruch sichergestellt werden.430 Daher gilt für bestimmte Einkünfte eine Abzugssteuerverpflichtung gemäß § 99 EStG. Die für diese Arbeit relevanten Sachverhalte, die einer Abzugssteuerverpflichtung unterliegen, sind die kaufmännische und technische Beratung und die Gestellung von Arbeitskräften.431 Diese beiden Tatbestände unterliegen gemäß § 98 Abs 1 Z 3 EStG auch dann der beschränkten Steuerpflicht, wenn dafür keine inländische Betriebsstätte unterhalten wird.

Der Steuersatz der Abzugsteuer beläuft sich grundsätzlich auf 20% von den Bruttoeinnahmen.432 Bei dieser Besteuerung ist ein vorhergehender Abzug von Betriebsausgaben nicht möglich.433 Der Abzug ist vom inländischen Beschäftiger vorzunehmen. Dies ist bereits dann vorzunehmen, wenn die Einkünfte dem ausländischen

423 Vgl. Art 5 OECD-MA 2017.

424 Vgl. § 21 Abs 1 KStG.

425 Vgl. § 102 Abs 2 Z 1 EStG 1988.

426 Vgl. § 21 Abs 1 Z 2 lit b KStG.

427 Vgl. Ehrke-Rabel, Elements Steuerrecht3 (2017) 294.

428 Vgl. Ehrke-Rabel, Elements Steuerrecht3 278.

429 Vgl. § 99 Abs 1 Z 5 EStG 1988.

430 Vgl. Doralt/Kirchmayr/Mayr, Einkommensteuergesetz. Kommentar20 (2018) § 99 Tz 1.

431 Vgl. § 99 Abs 1 Z 5 EStG 1988.

432 Vgl. § 99 Abs 2 Z 1 iVm § 100 Abs 1 EStG 1988.

433 Vgl. Doralt/Kirchmayr/Mayr, Einkommensteuergesetz20 § 99 TZ 22/1.

Überlasser zufließen.434 Der Schuldner dieser Abzugsteuer ist jedoch nicht der Beschäftiger, sondern der Empfänger der Einkünfte, also der ausländische Überlasser. Der inländische Beschäftiger haftet jedoch für die Einbehaltung der Abzugsteuer.435

Unter gewissen Umständen kann die Höhe der Abzugsteuer jedoch auch 25% betragen, dies jedoch dann von einer geänderten Bemessungsgrundlage.

4.3.2.1. Nettobesteuerung

Da es durch die 20%ige Abzugsteuer grundsätzlich zu einer Besteuerung der Bruttoeinnahmen kommt, hat dies zwangsläufig zur Folge, dass bspw auch Reisekosten oder verrechnete Spesenersätze, die grundsätzlich nicht zwingend steuerpflichtig wären, der Besteuerung unterworfen werden.436 Betriebsausgaben können bei der Bruttobesteuerung dann nur im Rahmen der Veranlagung geltend gemacht werden.437 Nach einer EuGH Rechtsprechung im Jahr 2006438 reagierte der österreichische Gesetzgeber und eröffnete durch eine Gesetzesänderung die Möglichkeit, einer Nettobesteuerung der Einkünfte, sofern der Überlasser in der EU oder dem EWR ansässig ist.439 Gemäß § 100 Abs 1 EStG ist es möglich, die mit den Einnahmen im unmittelbaren Zusammenhang stehenden Ausgaben abzuziehen. Diese Ausgaben sind jedoch dem inländischen Unternehmen vor dem Zufluss der Einnahmen schriftlich mitzuteilen.440 Unter unmittelbare Ausgaben sind solche zu verstehen, die mit der Leistungserbringung im Inland zusammenhängen und durch diese Leistung entstehen.441 So fallen zum Beispiel mit der Überlassung oder der beratenden Tätigkeit zusammenhängende Aufwandsentschädigungen, Reisekosten wie bspw Flug- oder Hotelkosten, unter solche Ausgaben.

Sind die og Voraussetzungen erfüllt, so ist die Abzugsteuer vom Nettobetrag der Einnahmen, in Höhe von 25% zu berechnen und diese von den Einnahmen des ausländischen Unternehmers, in Abzug zu bringen.

Großer Nachteil dieser Methode ist mE die Tatsache, dass durch die Bekanntgabe der Ausgaben im Zusammenhang mit dem Einsatz in Österreich der österreichische Vertragspartner den ungefähren Gewinn aus diesem Auftrag ermitteln kann. Dies kann unter Umständen zu Nachteilen des ausländischen Unternehmers in späteren Vertragsverhandlungen führen. Andererseits kann der ausländische Unternehmer mit dieser Methode bei hohen Ausgaben aber seine Steuerlast erheblich reduzieren und den langwierigen Weg der Veranlagung umgehen.

4.3.2.2. Die Entlastung von der Abzugssteuer

Wie bereits im Kapitel 4.2. erläutert, hat gemäß OECD-MA grundsätzlich der Ansässigkeitsstaat das Recht, Unternehmensgewinne zu besteuern. Eine Ausnahme und damit ein Besteuerungsrecht im Tätigkeitsstaat regelt das OECD-MA dann, wenn im

434 Vgl. § 100 Abs 4 Z 1 EStG 1988.

435 Vgl. § 100 Abs 2 EStG 1988.

436 Vgl. Doralt/Kirchmayr/Mayr, Einkommensteuergesetz20 § 99 Tz 22/1.

437 Vgl. § 102 Abs 1 Z 3 EStG 1988.

438 Vgl. EuGH 03.10.2006, C-290/04, Scorpio.

439 Vgl. Doralt/Kirchmayr/Mayr, Einkommensteuergesetz20 § 99 Tz 27/2.

440 Vgl. § 100 Abs 1 EStG 1988.

441 Vgl. EStR 2000, Rz 8006c.

Tätigkeitsstaat eine Betriebsstätte begründet wird.442 Diesen Grundsatz gilt es also bei grenzüberschreitenden Einsätzen immer zu beachten. Die nationale Regelung zur Abzugsteuer für die kaufmännische oder technische Beratung kann damit, bei fehlender Betriebsstätte lt DBA, dazu führen, dass es zu einer Doppelbesteuerung kommt, die es in weiterer Folge durch das jeweils zur Anwendung gelangende DBA zu vermeiden gilt. In solchen Fällen muss eine Entlastung von der Abzugsteuer möglich sein, um die entsprechende DBA-Befreiung zu gewähren. Diese kann entweder mittels Rückerstattungsverfahren erfolgen, welches oft ein sehr langwieriges Verfahren ist und zwangsläufig zumindest vorübergehend zu einer Doppelbesteuerung führen kann, oder im Wege der Entlastung direkt an der Quelle der Einkünfte.443 Die direkte Entlastung bedeutet, dass der Steuerabzug unterbleiben kann, sofern der Abzugspflichtige beweisen kann, dass der beschränkt Steuerpflichtige abkommensberechtigt ist. Dazu hat der ausländische Unternehmer eine Ansässigkeitsbescheinigung vorzulegen.444 Dazu ist der amtliche Vordruck des Finanzamtes zu verwenden.445 Sollte es durch die Entsendung der Mitarbeiter zur kaufmännischen oder technischen Beratung zu Einkünften von maximal Euro 10.000 kommen, ist auch eine schriftliche Erklärung des ausländischen Unternehmens über die Erfüllung der Voraussetzungen ausreichend.446 Dazu sind jedoch die unter § 2 Abs 2 DBA-Entlastungsverordnung angeführten Angaben zu machen. Ist der Einkünfteempfänger eine juristische Person, ist darüber hinaus eine Substanzerklärung erforderlich.447

Liegt eine Betriebsstätte gemäß dem DBA vor, kann die Entlastung an der Quelle gemäß DBA-Entlastungsverordnung nicht zur Anwendung kommen, da dieses Unternehmen im Inland beschränkt steuerpflichtig ist. Enthält jedoch das anzuwendende DBA ein

„Betriebsstättendiskriminierungsverbot“448, so ist auch in diesem Fall keine Abzugsteuer einzuheben. Damit dieser Abzug unterbleiben kann, ist vom ausländischen Unternehmer eine schriftliche Erklärung (inkl. Bekanntgabe der österreichischen Steuernummer) darüber abzugeben, dass er im Inland aufgrund der Betriebsstätte beschränkt steuerpflichtig ist und die Einkünfte daraus veranlagt werden.449

Im Falle einer grenzüberschreitenden Überlassung von Arbeitnehmern (Passivleistung) ins Inland, benötigt der ausländische Überlasser ebenfalls eine Betriebsstätte iSd OECD-MA, damit Österreich gemäß Art 7 OECD-MA das Besteuerungsrecht überhaupt erteilt wird. Ist keine inländische Betriebsstätte gegeben, so ist es auch bei der Arbeitskräfteüberlassung notwendig, die bereits abgezogene Abzugsteuer rückzuerstatten, oder im Wege einer Entlastung an der Quelle von Beginn an zu unterbinden. Grundsätzlich ist im Rahmen von Arbeitskräfteüberlassungen, eine Entlastung an der Quelle nicht möglich (ausgenommen ist

442 Vgl. Art 7 OECD-MA 2017.

443 Vgl. Binder in Kopecek 64.

444 Vgl. §§ 1, 2 Verordnung des BMF betreffend die Entlastung von der Abzugsbesteuerung auf Grund von Doppelbesteuerungsabkommen (DBA-Entlastungsverordnung) BGBl III 92/2005 idgF.

445 Vgl. § 2 Abs 1 DBA-Entlastungsverordnung.

446 Vgl. § 2 Abs 2 DBA-Entlastungsverordnung.

447 Vgl. § 3 DBA-Entlastungsverordnung.

448 Damit ist gemeint, dass es aufgrund der beschränkten Steuerpflicht der Betriebsstätte nicht zu einer Schlechterstellung gegenüber einer unbeschränkt steuerpflichtigen Betriebsstätte im Inland kommen darf; vgl. Art 24 Abs 3 OECD-MA.

449 Vgl. Rz 8029 EStR 2000.

die konzerninterne Überlassung von Angestellten).450 Dies wurde damit begründet, dass eine Entlastung an der Quelle zu Steuerumgehungen führen kann, da für zwischengeschaltete ausländische Arbeitskräfteüberlasser, die Ihren Sitz in einem Staat haben, mit dem ein DBA abgeschlossen wurde, keine Steuerpflicht (mangels Betriebsstätte) im Inland besteht. Somit konnten Arbeitnehmer nach Österreich überlassen werden und diese dann in weiterer Folge unbesteuert tätig werden, wenn der freiwillige Lohnsteuerabzug nicht erfolgt ist.451

Durch diese Regelung kommt es aber bei richtiger Durchführung des Besteuerungsrechts in Österreich zumindest bis zur Rückzahlung der einbehaltenen Abzugssteuer zu einer doppelten Besteuerung von Einkünften. Einerseits wird dann nämlich das Gestellungsentgelt (inkl dem Bruttolohn für die Arbeitnehmer) der 20%igen Abzugssteuer unterworfen, und andererseits kommt es aufgrund des freiwilligen Lohnsteuerabzuges für die Einkünfte der Mitarbeiter zu einer weiteren Besteuerung dieses Entgelts.452

Daher wurde in die DBA-Entlastungsverordnung eine weitere Norm aufgenommen, die eine Entlastung an der Quelle auch bei gewerblicher Arbeitskräfteüberlassung ins Inland ermöglicht. Demnach kann eine Entlastung an der Quelle dann erfolgen, wenn ein Befreiungsbescheid vom Finanzamt vorliegt. Dieser wird dann erteilt, wenn sichergestellt ist, dass keine Steuerumgehung durch die Überlassung erfolgt und die Pflichten des Arbeitgebers entweder vom ausländischen Unternehmer oder vom inländischen Beschäftiger übernommen werden.453 Mit „Pflichten des Arbeitgebers“ ist die Sicherstellung des (freiwilligen) Lohnsteuerabzuges gemeint. Der Befreiungsbescheid wird vom Finanzamt Bruck Eisenstadt Oberwart für einen bestimmten Zeitraum ausgestellt.454 Mit dem Jahr 2019 kam es zu Änderungen beim Verfahren zur Ausstellung eines Befreiungsbescheides. Gemäß dem seit 1.1.2019 gültigen § 240a BAO hat der beschränkt steuerpflichtige Unternehmer den Antrag für einen Befreiungsbescheid künftig vorab elektronisch zu stellen.455 Die dazu notwendigen Web-Formulare sind auf der Homepage des Finanzamtes abrufbar.456