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III. Schlussfolgerungen

10. Umsetzungsschritte

5.1. Traditioneller Bereitstellungsstandard von Bundesfernstraßen

5.1.5. Finanzierung und Länderquote

Für die Finanzierung von Aufgaben, die durch die Länder im Auftrag des Bundes ausgeführt werden, ist nach Art. 104a, Abs. 2 GG der Bund zuständig:

„Handeln die Länder im Auftrage des Bundes, trägt der Bund die sich daraus ergebenden Ausgaben.“

Zu unterscheiden ist dabei zwischen (1) der Herkunft der Mittel, wobei sowohl die Quelle relevant ist als auch der Ort, an dem sie anfallen, und (2) ihrer Verwendung, wobei wiederum relevant ist, wofür und von wem sie verwendet werden.

Mittelherkunft

Grundsätzlich gilt für Steuereinnahmen in Deutschland das „Non-Affektationsprinzip“.

Dieses besagt nach § 8 BHO, dass alle Einnahmen zur Deckung aller Ausgaben herangezogen werden. Eine Zweckbindung ist nach dieser Vorschrift nur dann möglich, wenn „dies durch Gesetz vorgeschrieben oder im Haushaltsplan zugelassen ist“. Im Gegensatz dazu sind Einnahmen aus Gebühren grundsätzlich zweckgebunden. Bei Gebühren gilt das „Äquivalenzprinzip“, d. h. die Höhe der Gebühr soll den Kosten entsprechen, die durch die Inanspruchnahme einer spezifischen öffentlichen Leistung durch ein Individuum bzw. eine Gruppe entstehen (vgl. Kops 1997: 15).

Aufgrund des „Non-Affektationsprinzipes“ lassen sich die verkehrsbezogenen Ausgaben also keinen spezifischen Einnahmen zuordnen. Dennoch gibt es eine Vielzahl verkehrsbezogener Einnahmen, deren Höhe zumindest eine Indikation über den Beitrag des Verkehrssektors zum Gemeinwesen gibt. Den größten Beitrag leistet dabei die Mineralölsteuer, aus der im Jahr 2000 (vgl. zum Folgenden Laaser / Rosenschon 2001:

26) Einnahmen in Höhe von EUR 33,97 Mrd. erzielt wurden. Hinzu kommt die Umsatzsteuer auf die Mineralölsteuer, die EUR 4,9 Mrd. einbrachte. Durch die Kfz-Steuer wurden EUR 7,01 Mrd. eingenommen. Darüber hinaus nennen Laaser / Rosenschon (vgl. ebd.) einen fiktiven „Anteil des Sektors Verkehr an den Steuern vom Umsatz und vom Einkommen“ in Höhe von EUR 11 Mrd. sowie

Gebühren, Erlöse und andere Einnahmen in Höhe von EUR 1,97 Mrd., so dass die Gesamteinnahmen aus dem Verkehrssektor im Jahr 2000 EUR 58,85 Mrd. betrugen.

Zu beachten ist dabei jedoch, dass diese Einnahmen nicht sämtlich beim Bund anfallen.

Die Verteilung der genannten Steuerarten wird in der folgenden Tabelle dargestellt.

Tabelle 1: Steuerarten und Verteilung auf die Staatsebenen im Jahr 2006

Steuerart Anteil Bund Anteil Länder Anteil Gemeinden

Mineralölsteuer 100 % 0 % 0 %

Kfz-Steuer 0 % 100 % 0 %

Umsatzsteuer ca. 53,1 % ca. 44,8 % ca. 2,1 % Lohn- und

Einkommensteuer

42,5 % 42,5 % 15 %

Quelle: Eigene Darstellung; Datenbasis: Bundesministerium der Finanzen (2006: 12 ff.).

Wendet man diesen Verteilungsschlüssel auf die genannten Einnahmesummen an, so kann man zu einer ungefähren Abschätzung gelangen, welche Einnahmen dem Bund jährlich aus dem Verkehrssektor zufließen.

Tabelle 2: Jährliche Gesamteinnahmen des Bundes aus dem Verkehrssektor Steuerart Jährliche

Gesamteinnahmen

Anteil Bund Einnahmen Bund

Mineralölsteuer EUR 34 Mrd. 100 % EUR 34 Mrd.

Umsatzsteuer auf die Mineralölsteuer

EUR 4,9 Mrd. 53,1 % EUR 2,6 Mrd.

Kfz-Steuer EUR 7 Mrd. 0 % EUR 0 Mrd.

Fiktiver Anteil des Sektors Verkehr an Umsatz- und Einkommenssteuer

EUR 11 Mrd. etwa 47,5 % EUR 5,2 Mrd.

Gebühren, Erlöse und andere Einnahmen

EUR 2 Mrd. (kann nicht ermittelt werden)

EUR 0-2 Mrd.

Gesamteinnahmen des Bundes EUR 41,8-43,8 Mrd.

Quelle: Eigene Zusammenstellung auf Basis von Laaser / Rosenschon (2001) und Bundesministerium der Finanzen (2006)

Auf Basis dieser Zahlen kann also gesagt werden, dass der Bund aus dem Verkehrssektor über jährliche Einnahmen in Höhe von etwa EUR 40 Mrd. verfügt. Aus den genannten Zahlen können jedoch aus verschiedenen Gründen nur sehr vorsichtige Schlüsse gezogen werden:

 Das „Non-Affektationsprinzip“ verbietet grundsätzlich eine unmittelbare Beziehung zwischen Einnahmen und Ausgaben.

 Die Zurechnung von Einnahmen aus der Umsatz- und Einkommensteuer zum Verkehrssektor ist zumindest nicht unkritisch.

 Die Einnahmen entstammen zum deutlich überwiegenden Teil dem Straßenverkehrssektor. Dieser ist jedoch neben den anderen Verkehrsträgern (Schiene, Wasserstraße, Luftverkehr) nur ein Teil des Verkehrssektors. Politisch kann eine Umverteilung zwischen diesen Teilsektoren durchaus gewünscht sein.

 Durch Verkehrsinfrastruktur und ihre Nutzung entstehen externe Effekte (z. B.

Umweltverschmutzung), die aus dem allgemeinen Steueraufkommen gemindert werden müssen. Die dafür notwendigen Aufwendungen sind jedoch in der Praxis kaum dem Verkehrssektor zurechenbar.

Mit diesen Einschränkungen kann festgehalten werden, dass der Verkehrssektor einen Anteil von etwa 20 % an den gesamten Steuereinnahmen des Bundes hat.26

Mittelverwendung

Da es sich bei der Bereitstellung von Bundesautobahnen um eine grundgesetzlich festgeschriebene Aufgabe des Bundes handelt (s. o.), ist dieser auch für die Finanzierung der Aufgabenerfüllung verantwortlich. Dies betrifft sowohl den Bau als auch den Betrieb des Autobahnnetzes.

In den Bau von Bundesfernstraßen wurden im Jahr 2003 (vgl. BMBVW 2004b: 31) etwa EUR 3,97 Mrd. investiert.27 In der Betriebs- und Erhaltungsphase weist der Bund den Ländern aus seinem Haushalt zwei Arten von Mitteln zu (vgl. Humborg 2003: 89):

 Mittel für Um- und Ausbaumaßnahmen (UA-Mittel) decken die vorhabenspezifischen Kosten für den Bau von Autobahnen. Diese Kosten sind zuvor in den Realisierungsstudien ermittelt worden, die der Aufnahme in den BVWP zugrunde liegen (s. o.).

26 Die Gesamtsteuereinnahmen des Bundes lagen im Jahr 2005 bei EUR 190,2 Mrd. (vgl.

Bundesministerium der Finanzen 2006: 20). Die Steuereinnahmen des Bundes aus dem Verkehrssektor liegen jährlich bei etwa EUR 40 Mrd. (vgl. Rechenbeispiel in diesem Kapitel).

27 Bei dieser Summe aus dem Straßenbaubericht des BMVBS ist zu bedenken, dass sie sowohl den Neu- und Ausbau als auch die Erhaltung von Bundesfernstraßen umfasst. Die reinen Investitionen im engeren Sinne, also ohne Erhaltungsmaßnahmen, sind demzufolge geringer.

 Mittel für Unterhalt und Instandsetzung (UI-Mittel) decken die Kosten für den Betrieb der Autobahnen. Sie werden den Ländern pauschaliert zugewiesen, so dass ein Zwang zu Kostensenkungen im Straßenbetriebsdienst nicht existiert.

Allerdings fließen die zugewiesenen Mittel nicht zweckgebunden in den allgemeinen Haushalt des jeweiligen Landes, so dass ein mittelbarer Anreiz besteht, durch Kosteneinsparungen im Straßenbetriebsdienst Mittel für andere (auch für nicht verkehrsinfrastrukturbezogene) Maßnahmen zur Verfügung zu haben. Aufgrund der nicht vorhandenen Zweckbindung ist es auch möglich, dass diese Mittel durch die Länder einerseits für andere Zwecke und andererseits von Land zu Land unterschiedlich verwendet werden.

Die Kosten für den Erhalt von Autobahnen durch private Unternehmen im Auftrag des jeweiligen Landes betrugen im Jahr 2002 durchschnittlich etwa EUR 70.000 je Kilometer (vgl. BMVBW 2004b: 54 sowie Beckers / Klatt / von Hirschhausen 2004:

34). Dabei handelt es sich um die „UA-Mittel“.

Darüber hinaus wurden den Ländern je Autobahnkilometer im Jahr 2002 durch den Bund etwa EUR 31.500 für den Betrieb der Autobahnen zugewiesen (BMVBW 2004b:

54). Die Aufteilung dieser Mittel wird in der folgenden Tabelle aufgezeigt.

Tabelle 3: Aufwand für den Betriebsdienst

Tätigkeitsgruppe Aufwand (EUR pro km und Jahr)

Winterdienst 5.000

Grünpflege 6.500

Reinigung / Müll 6.500

Schadensbeseitigung 9.000

Verkehrstechnik, Beleuchtung, Tunnel, Fernmeldenetz

4.500

Summe 31.500

Quelle: BMVBW (2004b: 54)

Zu einem ähnlichen Ergebnis kommen Beckers / Klatt / von Hirschhausen (2004: 34), die einen durchschnittlichen UI-Satz von EUR 28.590 pro Jahr und Kilometer ermitteln.

Es fallen also nach diesen Berechnungen über die eigentlichen Baukosten hinaus für den Bund insgesamt durchschnittlich etwa EUR 100.000 jährlich für den Betrieb (UI-Mittel) und die Erhaltung (UA-(UI-Mittel) eines Bundesautobahnkilometers an.

Jacob / Kochendörfer (2002: 138) ermitteln sogar Kosten je Kilometer in Höhe von etwa EUR 150.950; diese Erhebung bezieht sich jedoch lediglich auf das Land Brandenburg im Jahr 2001.

Eine systematische und umfassende Erhebung der tatsächlichen Kosten, die für den Erhalt und den Betrieb von Bundesautobahnen anfallen, liegt in der wissenschaftlichen Literatur derzeit nicht vor. Die aus normativer Sicht wünschenswerte Kostentransparenz ist in diesem Bereich staatlichen Handelns also nicht gegeben. Eine Kosten-Leistungsrechnung wird zwar in einigen Ländern durchgeführt (vgl. Humborg 2003:

89), nicht jedoch auf der Ebene des für die Finanzierung verantwortlichen Bundes.

Im System der Bundesauftragsverwaltung übernimmt der Bund die Aufwendungen für die Erfüllung seiner Aufgaben durch die Länder (Sachkosten), nicht jedoch die Verwaltungskosten der Länder. Diese sind in den obigen Ausführungen nicht enthalten.

Diese Verwaltungskosten umfassen „Personalkosten und alle Ausgaben für die erforderlichen technischen Einrichtungen“ (Margedant 2001: 9). Aufgrund der dezentralen Struktur dieser Kosten ist eine Kostenschätzung nicht möglich.

Länderquote

Die Planung, welche Verkehrsinfrastrukturprojekte in einem bestimmten Zeitraum umgesetzt werden, wird, wie oben ausgeführt, im Bundesverkehrswegeplan vorgenommen. In diesem Plan gibt es so genannte „Länderquoten“ bzw.

„Länderanteile“, die festlegen, welcher Anteil der Investitionen in welches Bundesland fließt. Der Grund für die Festlegung von Länderquoten ist politischer Natur: durch feste Quotierungen kann verhindert werden, dass eine Bundesregierung die „A-Länder“, also diejenigen Länder, die von der gleichen Partei regiert werden wie der Bund, gegenüber den „B-Ländern“ bevorzugt. Die Länderquoten des aktuell gültigen BVWP sind in der folgenden Tabelle dargestellt.

Tabelle 4: Länderquoten zur Verteilung von Investitionen Land Landesanteil

(Bundesfernstraßen) in %

Land Landesanteil (Bundesfernstraßen)

in %

BW 12,1 NI 8,1

BY 13,7 NW 16,0

BE 1,8 RP 4,4

BB 5,5 SL 0,8

BR 1,0 SA 5,9

HH 1,9 SN 6,0

HE 7,3 SH 2,8

MV 4,5 TH 8,2

Quelle: BMVBW (2003c: 63)

Das System der Länderquoten „verselbständigt“ sich in dem Sinne, dass jeder zusätzlich zur Verfügung stehende Euro genau nach der einmal festgelegten Quote zu verteilen ist.

Dabei wird der größte Wert nicht auf den tatsächlich bestehenden Bedarf, sondern auf die Beibehaltung der bestehenden Quotierung gelegt. Ein auch nur geringes Abweichen von dieser Quote würde stets mindestens ein Bundesland schlechter stellen als die Beibehaltung der Quote.

Von dieser Systematik wird lediglich bei Sonderbauprogrammen mit zusätzlicher Mittelausstattung abgewichen. Dies galt bzw. gilt z. B. für die Verkehrsprojekte Deutsche Einheit oder für Projekte zur Vorbereitung auf die Fußballweltmeisterschaft 2006. Diese Projekte werden „vor die Klammer gezogen“, d. h. sie belasten nicht die Quote des jeweiligen Landes. Dieses Prinzip kann an einem einfachen Beispiel nachvollzogen werden: Angenommen sei, dass bei einer Investitionssumme von EUR 1 Mrd. zehn Ländern jeweils 10 % zustünden. Nun gebe es ein Sonderprojekt in einem Land, das EUR 100 Mio. kostet und das „vor die Klammer gezogen“ werden soll.

In diesem Fall würden insgesamt EUR 1,1 Mrd. investiert, wobei ein Land EUR 200 Mio. erhält, die anderen neun jedoch nur EUR 100 Mio. Mit diesem Vorgehen soll es ermöglicht werden, Projekte von bundesweiter Bedeutung umzusetzen, auch wenn das System der Länderquoten eigentlich keinen Raum bietet. Gleichzeitig wird aber in absoluten Zahlen kein Land schlechter gestellt, da es lediglich um einen Verteilungsmechanismus für zusätzliche Finanzmittel geht.

Die Ermittlung der Länderquote erfolgt nicht transparent. Laut BVWP ergibt sich der Länderanteil als „Quotient aus der Summe des landesspezifischen Projektvolumens aus laufenden und fest disponierten Vorhaben sowie neuen Vorhaben […] und dem gesamten Investitionsvolumen für den VB [Vordringlichen Bedarf]“ (BMVBW 2003c:

63). Diese Darstellung suggeriert, dass die Länderquote sich ex post aus der Aufstellung des BVWP ergibt. Die Länderquote wäre somit die abhängige Variable aus der Zusammenstellung der Projekte im BVWP. Nach Ansicht von Beckers (2005: 21) ergibt sich die Länderquote hingegen primär aus der Einwohnerzahl der jeweiligen Bundesländer. Dies würde auch erklären, warum die Länderquote im Wesentlichen über Jahre hinweg stabil bleibt (vgl. BWV 2004: 20).