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III. Schlussfolgerungen

10. Umsetzungsschritte

5.1. Traditioneller Bereitstellungsstandard von Bundesfernstraßen

5.1.6. Bewertung

63). Diese Darstellung suggeriert, dass die Länderquote sich ex post aus der Aufstellung des BVWP ergibt. Die Länderquote wäre somit die abhängige Variable aus der Zusammenstellung der Projekte im BVWP. Nach Ansicht von Beckers (2005: 21) ergibt sich die Länderquote hingegen primär aus der Einwohnerzahl der jeweiligen Bundesländer. Dies würde auch erklären, warum die Länderquote im Wesentlichen über Jahre hinweg stabil bleibt (vgl. BWV 2004: 20).

die als Agency Costs direkt der Prinzipal-Agenten-Beziehung zwischen Bund und Ländern zugeordnet werden können.

Bei den obersten Landesministerien entstehen für die Überwachung der nachgeordneten Landesbehörden bzw. der externen Auftragnehmer ebenfalls Agency Costs. Diese sind als Verwaltungskosten zu klassifizieren und werden somit im Gegensatz zu Sachkosten nicht vom Bund, sondern von den Ländern selbst getragen.

Anreizstruktur der Länder

Die Länder verfügen im System der Bundesauftragsverwaltung selbst über die Mittel des Bundes. Eine Einzelfallüberprüfung und –genehmigung durch den Bund ist somit nicht vorgesehen. Von den Ländern selbst sind lediglich die Verwaltungskosten zu tragen, die bei der Erfüllung ihrer Aufgaben anfallen. Aus diesem System ergibt sich ein doppelter Fehlanreiz:

 Zum einen besteht kein Anreiz für die Länder, bei der Bereitstellung von Bundesfernstraßen, also insbesondere beim Bau, beim Betrieb und bei der Instandhaltung, effizient zu arbeiten. Ein solcher Anreiz wäre gegeben, wenn die Länder ein eigenes finanzielles Interesse an Effizienzgewinnen hätten. Dies ist allerdings nicht der Fall, da sie weder mit eigenem Geld arbeiten noch etwaige eingesparte Mittel anderweitig verwenden können.

 Zum anderen existiert für die Länder der Fehlanreiz, die Verwaltungskosten zu senken, da sie diese aus ihren eigenen Mitteln aufbringen müssen. Wo dies möglich ist, werden sie daher eigentlich verwaltungsbezogene Ausgaben als Sachausgaben deklarieren, um so zu Einsparungen in ihren eigenen Haushalten beizutragen.

Der letztgenannte Punkt hat auch eine unmittelbare Auswirkung auf die Anreizstruktur in der Prinzipal-Agenten-Beziehung zwischen obersten Länderbehörden (Prinzipal) und nachgeordneten Behörden bzw. Auftragnehmern (Agenten). Um die ordnungsgemäße und effiziente Leistungserbringung der Agenten zu kontrollieren, muss der Prinzipal wiederum Agency Costs auf sich nehmen. Da es sich bei diesen Kosten jedoch um Verwaltungsausgaben handelt, die von den Ländern selbst zu tragen sind, besteht ein Anreiz, auf ausgiebige Kontrollen zu verzichten, um diese Ausgaben zu senken. Dieser Kontrollverzicht führt wiederum zu einem Effizienzverlust.

Abstufung von Bundesstraßen

Bundesfernstraßen zeichnen sich nach ihrer Legaldefinition (§ 1 (1) 1 FStrG) durch drei Elemente aus: (1) sie sind öffentliche Straßen, (2) sie bilden ein zusammenhängendes Verkehrsnetz und (3) sie dienen dem weiträumigen Verkehr. Nach § 1 (2) FStrG gliedern sie sich in Bundesautobahnen und Bundesstraßen.

Aus der Zuordnung der Straßenbaulast ergeben sich für den Baulastträger verschiedene Pflichten, deren Erfüllung mit nicht unerheblichen laufenden und investiven Kosten verbunden ist:

„Die Straßenbaulast umfasst alle mit dem Bau und der Unterhaltung der Bundesfernstraßen zusammenhängenden Aufgaben. Die Träger der Straßenbaulast haben nach ihrer Leistungsfähigkeit die Bundesfernstraßen in einem dem regelmäßigen Verkehrsbedürfnis genügenden Zustand zu bauen, zu unterhalten, zu erweitern oder sonst zu verbessern“ (§ 3 (1) FStrG).

Vor dem geschilderten Hintergrund ist kritisch zu hinterfragen, ob die Bundesstraßen in der Straßenbaulast des Bundes tatsächlich sachgerecht angesiedelt sind. Sie erfüllen eindeutig zwei der konstitutiven Elemente von Bundesfernstraßen: sie sind einerseits öffentlich und sie bilden andererseits ein zusammenhängendes Netz. Fraglich ist hingegen, ob sie (noch) dem überregionalen Verkehr dienen. Verlieren oder gewinnen Straßen die genannten Charakteristika, so ist es möglich, sie von Bundesstraßen zu Landesstraßen abzustufen bzw. sie umgekehrt aufzustufen (vgl. BWV 2004: 26).

Entsprechende Maßnahmen wurden in der Vergangenheit zu verschiedenen Zeitpunkten durchgeführt (vgl. zum Folgenden BWV 2004: 26 f.). In den frühen 60er Jahren wurden

„über 6.000 km Landesstraßen zu Bundesstraßen aufgestuft; allerdings ohne dass Bund und Länder die vom Fernstraßengesetz geforderten Voraussetzungen – weiträumiges Verkehrsbedürfnis und Netzzusammenhang – nachgewiesen hätten“ (BWV 2004: 26).

Im Jahr 1993 verlangte der Bundesrechnungshof, „dass in den alten Bundesländern von den 2.900 km autobahnparallelen Bundesstraßen 2.050 km kurzfristig abzustufen sind“

(ebd.), was zwar zu einem „Abstufungskonzept des Bundes“ (BWV 2004: 26 f.) führte, jedoch nicht zu tatsächlichen Abstufungen. Dieses Konzept sah die Abstufung von insgesamt 4.680 km Bundesstraße vor.

Für eine solche teilweise oder sogar vollständige Abstufung spricht insbesondere, dass nach Angaben der Kommission Verkehrsinfrastrukturfinanzierung (2000: 45) „lediglich

20 % der Außerortsstrecken der Bundesstraßen und 8 % der Innerortsstrecken einen Fernverkehrsanteil von mehr als 20 % [aufweisen]; dem liegt die Annahme zugrunde, dass Fahrten unter 50 km Fahrtweite dem Regional- bzw. Lokalverkehr zuzurechnen sind“. Beckers (2005: 18) weist in diesem Zusammenhang darauf hin, dass sich die Länge des Bundesautobahnnetzes seit 1955 versechsfacht hat, während das Bundesstraßennetz lediglich um den Faktor 1,7 angewachsen ist. Dies weist darauf hin, dass der überwiegende Teil der Regionen an das Bundesautobahnnetz angeschlossen ist, so dass die Bundesstraßen tatsächlich ihre überregionale Bedeutung verloren haben.

Da jedoch mit der Abstufung von Bundes- zu Landesstraßen eine Kostenverlagerung auf die Bundesländer verbunden wäre, besteht für letztere ein Anreiz, sich dieser Maßnahme zu widersetzen. Die jährliche finanzielle Belastung, die für den Bund durch den Verzicht auf die im Abstufungskonzept vorgeschlagenen Maßnahmen entsteht, wird auf etwa EUR 100 Mio. pro Jahr geschätzt (vgl. BWV 2004: 27).

Intransparenz der Prozesse, Strukturen und Kosten

Neben den genannten Agenturproblemen entstehen weitere Nachteile durch die mangelnde Transparenz von Strukturen, Prozessen und Kosten in der Bundesauftragsverwaltung. Einheitliche Vorgaben zur effizienten Organisation existieren nicht, da die Länder über weitgehende Freiräume bei der Wahl ihrer Organisationsform zur Erfüllung von Auftragsaufgaben verfügen (vgl. Humborg 2003:

83). Darüber hinaus gibt es keine zentrale Kosten-Leistungsrechnung; ein bundesweites Benchmarking existiert ebenfalls nicht. Vor diesem Hintergrund können belastbare Aussagen zur produktiven Effizienz des Bereitstellungssystems nicht getroffen werden.

Es kann jedoch allgemein erwartet werden, dass eine höhere Transparenz über den dadurch ausgelösten (Wettbewerbs-)Druck Anreize zu Effizienzsteigerungen setzen würde. Diese Anreize gehen vom traditionellen System der Bereitstellung von Bundesfernstraßen nicht aus.

Betriebswirtschaftliche Defizite

Über die Nachteile hinaus, die aus den Prinzipal-Agenten-Beziehungen erwachsen, sind verschiedene betriebswirtschaftliche Defizite des klassischen Bereitstellungssystems festzustellen:

 Die Baumaßnahmen werden nicht im Gesamtzusammenhang ihres Lebenszyklusses betrachtet. Speziell die Kosten für Betrieb und Unterhaltung werden zum Zeitpunkt der Entscheidung über eine Investition nur oberflächlich betrachtet. Das zentrale Entscheidungskriterium sind die Investitionskosten, sodass der Anreiz besteht, die Investitionskosten auch zu Lasten z. B. höherer Instandhaltungs- und Betriebskosten zu verringern. Eine Optimierung der Kosten über den gesamten Lebenszyklus findet nicht statt; vielmehr werden die entsprechenden Interdependenzen vernachlässigt.

 Die Realisierung von Autobahnen und Autobahnabschnitten verfügt wie dargestellt über einen „Projektcharakter“ (Humborg 2003: 86). Eine adäquate

„Organisationsstruktur ist in der Straßenbauverwaltung nicht anzutreffen“

(ebd.). Dies ist mit mehreren Nachteilen verbunden: (1) es gibt keine zentralen Ansprechpartner für externe Projektbeteiligte, (2) die Koordination innerhalb des Ministeriums nimmt Zeit in Anspruch, so dass verbindliche Aussagen nach außen nur mit einiger Verzögerung getätigt werden können und (3) die Projektbeteiligten haben zumeist keine Erfahrung mit der Steuerung von externen Beratern, sofern diese überhaupt eingeschaltet werden.

 In Wirtschaftlichkeitsanalysen, die einer Investitionsentscheidung vorausgehen, werden Risiken üblicherweise nicht bewertet. Ebenso werden empirische Daten über Kosten- und Bauzeitüberschreitungen bei öffentlichen Investitionsprojekten nicht systematisch aufgenommen und analysiert. Der § 7 (1) BHO wurde Mitte 2005 zwar dahingehend ergänzt, dass nunmehr bei einer Wirtschaftlichkeitsuntersuchung auch „die mit den Maßnahmen verbundene Risikoverteilung zu berücksichtigen“ ist, diese Änderung hat aber für konventionelle Beschaffungsprojekte noch keine Wirkung entfaltet. Dieser Verzicht auf die Berücksichtigung von Risiken führt häufig dazu, dass die Kosten- und Zeitpläne für öffentliche Investitionsvorhaben überschritten werden.

Die genannten betriebswirtschaftlichen Defizite mindern die produktive Effizienz der konventionellen Bereitstellung von Bundesfernstraßen und sind somit als nachteilig zu bewerten.

Stetigkeit der Finanzmittel

Da die Kosten für Investitionen in sowie für Betrieb und Unterhaltung von Bundesfernstraßen nach dem traditionellen Bereitstellungssystem weitgehend aus Steuermitteln finanziert werden, gilt das Gesamtdeckungsprinzip (Non-Affektationsprinzip) nach § 8 BHO. Die entsprechenden Mittel müssen also, da sie nicht zweckgebunden sind, jedes Jahr im entsprechenden Haushaltsgesetz zugewiesen werden. Damit stehen diese Mittel auch für Haushaltskürzungen zur Verfügung. Da jedoch Art. 115 GG verlangt, dass die Neuverschuldung eines Haushaltsjahres die Summe der Investitionen nicht überschreiten darf, sind die Möglichkeiten der Budgetkürzung bei Investitionen begrenzt.29 Ferner kann im Bereich des Betriebs nur wenig gekürzt werden, da einerseits diverse Tätigkeiten rechtlich festgelegt sind und andererseits Personalkürzungen an den Bestimmungen des öffentlichen Dienstrechtes scheitern.

Kürzungen werden somit insbesondere im Bereich der baulichen Unterhaltung der bestehenden Infrastruktur vorgenommen. Dies führt langfristig zu einer schlechteren Qualität der Bundesfernstraßen, die sich konkret an dem absinkenden Modernitätsgrad ablesen lässt (vgl. Puls 2004: 8 f.). Dies führt jedoch zu einem höheren Investitionsbedarf in der Zukunft, der in einem Zirkelschluss wiederum nur durch Kürzungen bei der Instandhaltung gedeckt werden kann.