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III. Schlussfolgerungen

10. Umsetzungsschritte

6.5. Bewertung

die grundsätzliche Realisierungsform von Projekten entschieden, wobei sowohl ein Gesellschaftsmodell86 als auch ein Konzessionsmodell87 geprüft wurden. Die Prüfkriterien waren dabei u. a. das Vergaberecht, der Vergabeumfang, die Finanzierung, die Möglichkeit der beschleunigten Projektrealisierung, der Risikotransfer sowie die Auswirkung auf die Verschuldung des Staates. Bei der Prüfung dieser Kriterien wurden auch externe und internationale Gutachter und Experten hinzugezogen. Die oben skizzierte ablehnende Haltung der ASFiNAG hatte sich zu diesem Zeitpunkt abgeschwächt, was unter anderem an den „erlangten Erfahrungswerten aus der Zusammenarbeit mit Europpass zum Zweck der Einführung der fahrleistungsabhängigen Lkw-Maut“ (Mayerl / Ramaseder 2004: 126) lag. Die ASFiNAG schlug hierbei auch den Zuschnitt des Projektes „Ostregion“ vor.

Vom „Steering Committee PPP“, das im Auftrag des BMVIT die Ergebnisse des Lenkungsausschusses prüfte, wurde im Oktober 2003 auf Basis dieser Vorarbeiten dann vorgeschlagen, ein Konzessionsmodell zu realisieren. Dieser Vorschlag wurde im Dezember 2003 vom Ministerrat in einem Beschluss bestätigt. Dem folgte dann ein entsprechender Auftrag an die ASFiNAG sowie die Aufstellung des ASFiNAG PPP-Projektteams. Innerhalb dieses Projektteams (vgl. zum Folgenden Mayerl / Ramaseder 2004: 129) bearbeiten sechs Mitarbeiter in drei Arbeitsgruppen die Themenbereiche Infrastruktur, Betriebswirtschaft und Recht. Dabei werden externe Berater hinzugezogen. Das Projektteam berichtet einem Lenkungsausschuss aus BMVIT und Bundesfinanzministerium, der in dem oben genannten Ministerratsbeschluss eingerichtet wurde. Umgekehrt berät dieser Lenkungsausschuss das Projektteam und gibt Empfehlungen ab.

bewerten. Diese positive Bewertung gründet primär auf der parallel vollzogenen Übertragung des Fruchtgenussrechts an diesem Straßennetz auf die ASFiNAG. Die Einnahmen aus der Nutzerfinanzierung sind somit dem polit-ökonomisch begründeten Zugriff der Finanzpolitik entzogen. Somit ist sichergestellt, dass die im Straßensektor erzielten Einnahmen tatsächlich zweckgebunden diesem Sektor zugute kommen.

Weiterhin ist positiv zu bewerten, dass die Einführung der Nutzerfinanzierung schrittweise erfolgte:

 Auf einigen Sondermautstrecken wurden im ersten Schritt Nutzermauten erhoben, um diese großvolumigen Investitionen zu refinanzieren.

 Auf dem Gesamtnetz wurde zunächst eine zeitbezogene Gebühr (Vignette) erhoben, allerdings mit der gesetzlichen Vorgabe, dass es sich hierbei nur um eine Übergangslösung handelte.

 Mit Erreichen der technologischen Machbarkeit wurde die zeitbezogene Gebühr für den Güterverkehr durch eine fahrleistungsabhängige Maut ersetzt.

 Absehbar (und bereits in § 1 (1) BStFG in Verbindung mit § 7 (1) BStFG festgelegt) wird auch die zeitbezogene Gebühr für alle anderen Nutzer durch eine fahrleistungsabhängige Maut zu ersetzen sein.

Dieses schrittweise Vorgehen führt zu einem hohen Maß an Planbarkeit sowohl für die Politik als auch für die betroffenen Nutzer. Da zwischen dem Beschluss und dem tatsächlichen Übergang von der Steuer- zur Nutzerfinanzierung etwa eine Dekade liegt, sind die politischen Kosten sowohl für die damaligen als auch für die heutigen Verantwortlichen gering. Die politischen Kosten werden weiter dadurch gesenkt, dass das langfristige Vorgehen sowie die parallel erfolgte Erhöhung der Investitionen in den Straßensektor den Eindruck einer kohärenten Gesamtstrategie vermitteln.

Aus dem Zusammenwirken von langfristiger Planbarkeit einerseits und tatsächlicher Zweckbindung der Mittel andererseits ergibt sich eine insgesamt positive Bewertung der Umsetzung von Nutzerfinanzierungslösungen in Österreich.

Negativ ist demgegenüber zu werten, dass die zunächst bestehende Zweckbindung eines Teils des Mineralölsteueraufkommens im Jahre 1987 aus haushaltspolitischen Gründen aufgehoben wurde (vgl. Mayerl / Ramaseder 2004: 91). Diese Aufhebung ist zwar im Rahmen des Übergangs von einer Steuer- zu Nutzerfinanzierung konsequent, wurde

jedoch einige Jahre vor der Einführung einer Nutzerfinanzierung durchgeführt. Somit wurde aus Gründen der Haushaltssanierung eins mehrjähriges Absinken der Investitionstätigkeit im Straßensektor in Kauf genommen.

Bewertung des PPP-Projektes „Ostregion“

Aus institutionenökonomischer Sicht verursacht die Realisierung eines PPP-Projektes in der Regel zunächst höhere Transaktionskosten als die Umsetzung eines konventionellen Beschaffungsprojektes. Dies ist einerseits mit der horizontalen Integration im Rahmen eines solchen Projektes zu erklären (d. h. die Streckenlänge ist größer als bei einer klassischen losweisen Vergabe), und zum anderen mit der vertikalen Integration (d. h.

es erfolgt eine Vergabe von Leistungen aus verschiedenen Lebenszyklusstufen).

Langfristig kann die Vergabe als PPP-Projekt jedoch transaktionskostensenkend wirken, da es lediglich einen einzigen Beschaffungsvorgang und somit nur eine einzige Transaktion gibt. Bei einem Verzicht auf die genannten Integrationsschritte sind in der Regel mehrere Ausschreibungen durchzuführen, die jeweils Transaktionskosten hervorrufen. Dies gilt verstärkt, da PPP-Projekte auch eine Integration auf zeitlicher Ebene umfassen, so dass in einem einzigen Vergabeprozess die Bedingungen der Zusammenarbeit für etwa 30 Jahre festgelegt werden.

Neben dieser allgemeinen Feststellung über die Transaktionskostenwirkung von PPP-Projekten besteht beim konkreten Projekt „Ostregion“ die Besonderheit, dass es von der ASFiNAG als Konzessionsgeber in mehrere „Pakete“ unterteilt und schrittweise ausgeschrieben wird. Dies hat unterschiedlich gelagerte Auswirkungen auf die Transaktionskosten des Projektes:

 Die Vergabe in mehreren Teilprojekten bedeutet, dass mehrere Ausschreibungsprozesse vorgenommen werden müssen. Dies führt entsprechend zu höheren Transaktionskosten.

 Es ist zu erwarten, dass die Vergabestelle bereits im Laufe des ersten Teilprojektes Lerneffekte erzielen kann, die für die folgenden Teilprojekte transaktionskostensenkend wirken. Hierzu kann z. B. eine modifizierte Verhandlungsstrategie gehören; ebenso sind die Kosten für die klassische Beschaffungsvariante in Folgeprojekten einfacher zu erheben, wenn bereits aus dem ersten Teilprojekt eine belastbare Methodik zur Verfügung steht.

Insgesamt dürften die Transaktionskosten bei einer Aufteilung in mehrere Teilprojekte höher ausfallen als bei der Realisierung eines einzigen Projektes. Zudem könnte durch eine weitergehende Bündelung von Streckenabschnitten möglicherweise eine weitere Senkung der Produktionskosten erreicht werden. Diesem Befund stehen jedoch Vorteile einer solchen Aufteilung gegenüber:

 Es besteht jederzeit eine Abbruchmöglichkeit, falls sich herausstellt, dass die mit der Realisierung als PPP-Ansatz verbundenen Ziele nicht erreichbar sind.

In diesem Fall reduziert die Aufteilung in sukzessive durchzuführende Teilprojekte die versunkenen Kosten; der öffentlichen Hand wird es ermöglicht, die Projekte im Zuge der klassischen Beschaffung weiterzuführen.

 Vor der Entscheidung über einen Abbruch des Projektes ist jedoch jederzeit die Modifikation des Geschäftsmodells möglich. Dabei kann anhand der Erfahrungen aus den ersten Teilprojekten geprüft werden, welche Projektstrukturen die Zielerreichung befördern und welche dieser entgegenstehen. Darüber hinaus ist eine Anpassung an die konkreten Projekterfordernisse möglich; dies gilt z. B. für die Risikostruktur oder das Vergütungssystem, deren optimale Struktur jeweils bei einem Sonderbauwerk anders aussehen kann als bei einer Autobahnstrecke.

 Aus Sicht der Prinzipal-Agenten-Theorie hat die Aufteilung in Teilprojekte unterschiedliche Auswirkungen. Zum einen erhöhen sich die Agency Costs, da dem Prinzipal nicht ein, sondern mehrere Agenten gegenüberstehen, deren Handeln zu überprüfen ist. Auf der anderen Seite erhalten die einzelnen PPP-Partner weniger Verhandlungsmacht, wenn sie jeweils nur für ein Teilprojekt verantwortlich sind. Darüber hinaus kann die Leistungserbringung der einzelnen privaten Partner vom Prinzipal miteinander verglichen werden, so dass die Transparenz des Handelns des Agenten erhöht und er zu einem Handeln ermutigt wird, das den Zielen des Prinzipals entspricht.

 Aus Sicht des Wettbewerbs schließlich kann ein höheres Effizienzpotential vermutet werden, da für jedes Teilprojekt mehrere Bieter zur Verfügung stehen dürften.

In Bezug auf das für das Teilprojekt „Ypsilon“ gewählte Geschäftsmodell ist die Wahl des Vergütungsmechanismus insgesamt positiv zu bewerten. Der Konzessionär trägt

lediglich einen Teil des Verkehrsmengenrisikos. Dies ist sinnvoll, da es sich hierbei um ein Risiko handelt, das er nur sehr eingeschränkt (durch Sicherstellung der Streckenverfügbarkeit) steuern kann. Ein deutlich stärkerer Einfluss auf die Verkehrsmenge wird einerseits allgemein durch die wirtschaftliche Lage, die Mauthöhe sowie die Umfahrungsmöglichkeiten ausgeübt und andererseits in diesem speziellen Fall durch die politische Entscheidung, ob das österreichische Streckennetz an das tschechische Netz angebunden wird. Vor diesem Hintergrund würde die vollständige Übertragung des Verkehrsmengenrisikos zu einem sehr hohen Risikozuschlag auf den Angebotspreis führen und somit die Wirtschaftlichkeit des Projektes nachhaltig beeinflussen. Darüber hinaus kann „bei PPP-Projekten, bei denen der Bieter [das]

Verkehrsmengenrisiko in einer relevanten Höhe trägt, eine erhöhte Wahrscheinlichkeit bestehen, dass nicht der effizienteste Bieter den Zuschlag erhält, sondern derjenige, der die Verkehrsentwicklung am stärksten überschätzt, und dass dieser den so genannten

„Fluch des Gewinners“ („Winner’s Curse“) erleidet“ (Beckers 2005: 112). Dies ist darauf zurückzuführen, dass bei vergleichbaren Kostenstrukturen aller Bieter die geforderte sonstige Vergütung umso niedriger ausfällt, je optimistischer die Verkehrsprognose ausfällt. Dieser Umstand führt dann zwar zu einer höheren Zuschlagswahrscheinlichkeit, aber auch zu einem größeren Risiko, dass die Verkehrsprognose untertroffen wird.

Die Übertragung eines Teils des Risikos ist dennoch sinnvoll, da durch den Lkw-Verkehr im Vergleich zum Pkw-Lkw-Verkehr eine deutlich überproportionale Abnutzung der Streckenoberfläche erzeugt wird. Der Konzessionär wird in diesem Fall also für eine höhere Abnutzung durch ein höheres Verkehrsaufkommen mit einer entsprechend höheren Schattenmautzahlung entschädigt.

Weiterhin ist positiv zu bewerten, dass die privaten Bieter die genaue Ausprägung des Verkehrsmengenrisikos über die so genannten Verkehrsmengenbänder steuern können.

Somit wird jeder Bieter in die Lage versetzt, ein aus seiner Sicht wirtschaftlich tragfähiges Geschäftsmodell anzubieten. Dies ermöglicht es wiederum dem Konzessionsgeber, dasjenige Gebot auszuwählen, das den größten Beitrag zu seiner Zielerreichung leistet.