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Der wissenschaftliche Beitrag der vorliegenden Forschung

1.3.1.Die wissenschaftliche Verortung des Vorhabens

Blickt man auf die Forschung zum bürgerschaftlichen Engagement, so hat diese seit Ende der 1990-er Jahren stark an Bedeutung gewonnen, nicht zuletzt aufgrund der Enquete-Kommission des Deutschen Bundestages und deren Abschlussbericht (Deutscher Bundestag 2002). Seit einigen Jahren nun wird auch über Engagementpolitik diskutiert (Olk 2007c, Klein & Olk 2011, Schmid 2010, Klein, Sprengel & Neuling 2015, 2016). Oben wurde bereits diskutiert, dass jene Debatte schwerlich ohne den Diskurs zur Zukunft des Wohlfahrtsstaates zu verstehen sei. Insbesondere auf Ebene der Städte und Gemeinden dreht sich die engagementpolitische Debatte um die Frage, wie die gesellschaftlichen Aufgaben innerhalb städtischer Gemeinwesen gemeinschaftlich bewältigt werden können. Dabei werden (zumindest argumentativ) immer stärker auch auf die Ressourcen des bürgerschaftlichen Engagements bemüht und insbesondere auf die Potenziale lokaler Koproduktionsbeziehungen zwischen Verwaltung und Zivilgesellschaft verwiesen (Bertelsmann 2015a). Jüngere Untersuchungen zielen inzwischen vielfach auf die Untersuchung institutioneller Perspektiven und Engagement-fördernder Infrastrukturen (Generali Deutschland 2015, Jakob & Röbke 2011), wie auch konzeptionelle Ansätze zum verwaltungspolitischen Management des bürgerschaftlichen Engagements in die Literatur Eingang gefunden haben (Wolf &

Zimmer 2012, Kegelmann 2010).

An der Schnittstelle der verwaltungspolitischen Reformdebatte, der (hier kurz skizzierten) Engagementforschung und der Policyforschung verortet sich die vorliegende Arbeit. Ziel des Vorhabens ist es dabei, einen Beitrag dazu zu leisten, das Politikfeld Engagementpolitik für die kommunale Ebene theoretisch zu reflektieren, konzeptionell zu entwickeln und empirisch zu untersuchen. Das theoretische Ziel der Arbeit ist es, die kommunale Engagementpolitik als Bestandteil des verwaltungspolitischen Reformdiskurses zu diskutieren.

1.3.2.Forschungslücke und theoretische Ausrichtung der Arbeit

Zunächst zu einem kurzen Überblick über die Engagementforschung, die lokale Politikforschung und die Arbeiten zur Verwaltungsreform-Debatte: Zur Debatte der Engagementförderung in der

Kommunalverwaltung finden sich verschiedentliche Diskurse, worauf die Arbeiten von Ralph Vandamme (2011a) und Jürgen Kegelmann hinweisen (2011, Fahsel & Kegelmann 2013), fraglos auch die Arbeiten von Bogumil und Holtkamp, wie sie grundlegend im Modell ihrer Bürgerkommune entwickelt wurden (vgl. Bogumil 1999, sowie weitere Arbeiten von Bogumil und Holtkamp 2001, 2011). In jüngster Vergangenheit finden sich Ansätze, insbesondere als Resultat praktischer Forschung und Verwaltungsbegleitung, die wichtige Impulse zur Etablierung und Diskussion einer kommunalen Engagementpolitik geben (Glaser 2015, Mirbach 2015, Gesemann & Roth 2015).

Mit der Verknüpfung der lokalen Politik- und Verwaltungsforschung und Politischer Theorie beschäftigen sich verschiedene Arbeiten von Brigitte Geißel (2007, 2008, 2012), Hubert Heinelt (2002, 2004, 2008) und Michael Haus (2002b, 2002c, 2004, 2005a,b,c, 2007, 2010a, 2010b) bzw. der beiden letztgenannten Autoren in Zusammenarbeit (Heinelt & Haus 2005, Heinelt, Haus & Egner 2005), ebenso wie von Angelika Vetter gemeinsam mit Norbert Kersting (Vetter & Kersting 2002, 2003a, 2003b, 2003c).

Die Engagementforschung hat hierzulande insbesondere mit der Einrichtung einer Enquete-Kommission in den 1990-er Jahren und deren Veröffentlichung (Deutscher Bundestag 2002) Rückenwind bekommen.

Im Jahre 2010 kommt es erstmals zur umfänglichen wissenschaftlichen Diskussion des Politikfeldes der Engagementpolitik (Olk, Klein & Hartnuss 2010), im Zuge dessen auch eine Systematisierung für die Ebene der Bundesländer entwickelt wurde (Schmid 2010). In Bezug auf die lokale Politikforschung steht eine solche "Bestimmung" jedoch noch aus; durchaus verwunderlich, beinhaltet der obenstehend benannte Sammelband doch explizit auch einen Artikel mit dem Titel: "Die kommunalen Ebene"

(Bogumil & Holtkamp 2010).

Jener Artikel jedoch beschränkt sich darauf, sich mit der Entwicklung der beiden Reformkonzepte des Neuen Steuerungsmodells und der Bürgerkommune auseinanderzusetzen, wobei dies keinesfalls den Autoren anzulasten ist, sie bemerken es bereits zu Beginn ihres Aufsatzes (ebd.: 382). Die darin diskutierten Fragen erlangen auch für die vorliegende Studie große Relevanz indem zwei bedeutsame verwaltungspolitische Leitkonzepte diskutieren. Dabei werden die Entwicklungsperspektiven der Bürgerkommune unter Berücksichtigung von Modellen kooperativer Demokratie (Bogumil & Holtkamp 2011, Bogumil 2001) diskutiert, zwei Debattenstränge, die konstitutiv für die Etablierung einer kommunalen Engagementpolitik sind. Dennoch geht die Analyse von Bogumil und Holtkamp wenig darüber hinaus, so dass die vorliegende Forschung hieraus eine fehlende Charakterisierung des Politikfeldes kommunaler Engagementpolitik konstatiert.

Roland Roth unternimmt 2011 in einem Aufsatz eine Bilanzierung des Politikfeldes kommunaler Engagementförderung (Roth 2011). Dabei werden wichtige Fragen angesprochen und Handlungsperspektiven diskutiert, jedoch erscheint auch dieser Aufsatz weniger eine Charakterisierung des Politikfeldes, also eine Beurteilung seiner Ausprägungen.

Etwas weiter entfernt beschäftigen sich auch die Gutachten und Forschungsarbeiten von Gisela Jakob (Jakob & Koch 2007, Jakob 2010, Jakob & Röbke 2010, 2011) mit der Untersuchung kommunaler Infrastrukturen der Engagementförderung. Jene Arbeiten jedoch sind viel eher konkrete Feldanalysen und verorten sich eher in der konkreten Politikberatung, als dass sie den Anspruch verfolgen, sich tiefergehend mit der theoretischen Perspektive kommunaler Engagementpolitik zu beschäftigen. Jenes Unterfangen macht sich die vorliegende Arbeit zur Aufgabe und verfolgt dies über die folgende Forschungsausrichtung:

1.3.3.Ebenen der Untersuchung

Die empirische Forschung setzt auf Ebene der Kommunen an. Untersuchungsgegenstand ist das Politikfeld der Engagementpolitik. Indem die Arbeit davon ausgeht, dass die Stabs- und Anlaufstellen für Bürgerengagement die zentralen engagementpolitischen Akteure der Stadtverwaltung sind, stehen sie auch im Fokus des Feldzugangs. Untersucht werden also zentral die verwaltungspolitischen Institutionen für Engagementförderung.

Aus der weitergehenden Annahme, dass sich das Politikfeld kommunaler Engagementpolitik weitgehend in einem Netzwerk-Modus und über Prozesse der Kooperation und Kommunikation entwickelt kommt es zur spezifischen Ausrichtung der explorativen Erhebung über sogenannte Umfeld-Interviews (zum Feldzugang vgl.: 2.2, S. 14). Die Erkenntnisse der empirischen Forschung verweisen jedoch über den lokalen Kontext hinaus, indem die Arbeit (ihrer theoretischen Annahme folgend) davon ausgeht, dass sich eine Analyse kommunaler Engagementpolitik nur in Wechselwirkung mit spezifischen Leitkonzepte sinnhaft deuten lässt, es also zu einer gegenseitigen Bedingtheit unterschiedlicher Governance-Ebenen komme. Die "Drei Welten demokratischen Handelns" (Heinelt & Haus 2005: 32) verweisen auf jene Interdependenz und werden zum Gegenstand der theoretischen Grundlegung vorliegender Arbeit (vgl.

5.2.4, S. 88). Eine Untersuchung der kommunalen Ebene und die Institutionalisierung kommunaler Engagementpolitik ist demzufolge nicht ohne den Rückbezug auf die Leitbild-Diskurse zu verstehen, wie sie einerseits das Konzept des bürgerschaftlichen Engagements selbst (vgl. Deutscher Bundestag 2002), aber auch die verwaltungspolitische Reformdiskurse (vgl. 5.3.1, S.92ff.) mit sich bringen. Die Arbeit geht also von einer gegenseitigen Verschränktheit der politischen Ebenen und Diskurse aus, wenn die empirische Forschungsperspektive auch dezidiert auf die lokale Verwaltungspolitik zielt.

Die folgende Darstellung verdeutlicht den Untersuchungsfokus der Forschung unter Berücksichtigung der Verschränktheit der verschiedentlichen Ebenen:

Abbildung 2: Untersuchungsperspektive der Arbeit

Eigene Darstellung

Damit lassen sich die folgenden Annahmen formulieren, die der folgenden Studie ihre Ausrichtung geben:

 Lokale Verwaltungspolitik: Kommunale Engagementpolitik entwickelt sich als städtisches Politikfeld und wird zentral über die verwaltungspolitischen Institutionen (Stabs- und Anlaufstellen für Bürgerengagement) gesteuert und entwickelt. Hier setzt die Untersuchung an, indem die Rathaus-internen Stabs- und Anlaufstellen den zentralen Untersuchungsgegenstand der Forschung darstellen.

 Handlungsraum Kommune: Indem angenommen wird, dass die zivilgesellschaftlichen Akteure abseits der Stadtverwaltungen eine bedeutsame Rolle in der Entwicklung des zu untersuchenden Politikfeldes spielen, erweitert sich der Untersuchungsfokus auf die gesamte Stadt und deren 'Engagement-Landschaften' (Vereinswesen, Wohlfahrtsorganisationen etc.).

 Politisch-gesellschaftlicher Diskurs: Die Entwicklung kommunaler Engagementpolitik ist nicht zu verstehen, ohne die Leitbild-Debatten zu berücksichtigen, wie sie das Engagement-Konzept selbst impliziert oder die Reformdiskurse der Verwaltungspolitik diskutieren. Diese Leitkonzepte und -diskurse diffundieren von übergeordneter Ebene in die Städte und Gemeinden und beeinflussen damit maßgeblich die städtischen Institutionalisierungsprozesse.

1.3.4. Die Arbeit hat acht Kapitel

Auf dies Einleitung [Kapitel 1] folgt die Darstellung des methodischen Rahmens der Forschung [Kapitel 2]. Dabei geht es um die Darstellung des Forschungsdesigns. Anschließend geht es um das Konzept des bürgerschaftlichen Engagements und darum, den Diskurs zur Engagementpolitik nachzuzeichnen [Kapitel 3]. Kapitel 4 widmet sich dem 'Engagement, Fokus Stadt'. Dabei wird dargestellt, wie sich der Umgang der Kommunalverwaltung dem Engagement historisch entwickelt hat und wie er sich heute gestaltet. Die Theorie schließt sich in Kapitel 5 an, Governance dient dabei als theoretischer Rahmen einer neoinstitutionalistischen Forschungs-Perspektive. Es folgen die sechs Fallanalysen [Kapitel 6] sowie in Kapitel 7 die theoretischen Ableitungen hieraus. Dabei geht es um eine Charakterisierung des lokalen Politikfeldes kommunaler Engagementpolitik über die Identifizierung von vier spezifischen lokalen Debatten. Die Arbeit schließt mit [Kapitel 8].