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B. EINLEITUNG

4. Regelungen zur Risikoabschätzung und zum Risiko-Management

4.4. Risikoabschätzungsmethoden und -modelle

4.4.3. Risikoabschätzung und -monitoring im Bereich der Arzneimittel

4.4.3.2. Klinische Prüfungen

Die eingeschränkte Übertragungs- und Aussagefähigkeit von Tierversuchen macht es notwendig, im Rahmen der Zulassung eines Arzneimittels auch klinische Tests an menschlichen Probanden durchzuführen (BMJFFG, 1987; BETHGE, 1989; ENAS, 1995; s.a. Kap. C-1.1.1). Der Anhang III der Richtlinie 75/318/EWG (EG, 1975b) beschreibt die allgemeinen Bestimmungen zur Durchführung von klinischen Tests. Hiernach müssen die folgenden Daten festgehalten werden:

- Identifikation des Patienten;

- Kriterien, die für eine Beteiligung des Patienten an dem Versuch sprechen;

- Alter und Geschlecht des Patienten;

- Dosierung und Methode der Applikation der Wirksubstanz;

- Häufigkeit der Applikation und Dauer der Behandlung;

- Informationen über andere Medikamente, die der Patient während des oder vor dem Behandlungszeitraum zu sich genommen hat;

- Ernährungsweise;

- Resultate der klinischen Versuche und eine Bewertung jedes einzelnen Falls.

Die anschließende Analyse muß sowohl Daten über die Art und Frequenz der beobachteten unerwünschten Arzneimittelwirkungen enthalten als auch detaillierte Informationen über Patientengruppen, die eine besondere Sensibilität gegenüber dem Wirkstoff zeigen. Zur Zeit ist auch eine EU-Richtlinie in Vorbereitung, welche die Anwendung der Guten Klinischen Praxis bei der Durchführung von klinischen Prüfungen mit Humanarzneimitteln regeln soll (KOMMISSION, 1997 l). Unerwünschte Arzneimittelwirkungen (UAW), die im Rahmen von klinischen Prüfungen beobachtet werden, sind zu dokumentieren. Dabei sind die folgenden Kriterien zu beachten (BETHGE, 1989):

- genaue Patientendaten;

- exakte Beschreibung des Ereignisses;

- genaue zeitliche Einordnung in den Therapieverlauf;

- Dokumentation der Intensität des UAW;

- Dokumentation des Ereignisses, seines Schweregrades, diagnostische und therapeutische Maßnahmen.

Die INTERNATIONAL FEDERATION OF CLINICAL CHEMISTRY (IFCC) hat eine Liste von Parametern erstellt, die zur Evaluierung des Gesundheitszustandes einer Person Auskunft herangezogen werden kann (STEPHENS, 1993, p.

73ff.; s.a. BETHGE, 1989). Hierzu gehören u.a.:

- Hämatologische Untersuchungen (Leukozytenzahl, Differentialblutbild, Erythrozyten-Senkungsge-schwindigkeit, Erythrozytenzahl, Thrombozytenzahl, Hämoglobin)

- Serumuntersuchungen (Alanin-Aminotransferase (ALT oder SGPT), Alkalische Phophatase (ALP), Aspartat-Aminotransferase (AST oder SGOT) Bilirubin, Gesamteiweiß, Glukose u.a.);

- Harnuntersuchungen.

Veränderungen in der Serumkonzentration von ALP, ALT, AST und/ oder Sorbitol-Dehydrogenase (SOD) weisen z.B. auf Lebertoxizität hin, während Änderungen in der Serumkonzentration von Elektrolyten, Blut—Harn-Stickstoff (BUN), Creatinin und/ oder γ-Glutamyltransferase (GGT) auf eine pathologische Veränderung der Niere hinweisen (STEVENS, 1994). Die folgende Tabelle faßt die physiologische Relevanz der einzelnen Parameter und ihre Assoziation mit bestimmten krankhaften Veränderungen zusammen.

Parameter Relevanz Korrelation zum Krankheitsbild

Alkalische Phosphatase (ALP)

Gruppe von Zn2+ abhängigen Enzymen mit einer breiten Substratspezifität zur Hydrolyse von Monophosphatestern. Entfernen terminaler Phosphatgruppen vom 3´- bzw. 5´-Ende.

Wird durch L-Phenylalanin, Harnstoff und Zink inhibiert. ALP Niveau ist bei Krankheiten erhöht, die die Leber, die Knochen, den Verdauungstrakt, die Nieren und die Plazenta betreffen. Ein Anstieg ist zu beobachten nach dem Verzehr von Lebensmitteln, nach Knochenbrüchen, der Beeinträchtigung der Leberfunktionen und Beeinflussung der Gallenblase.

Eine Unterdrückung ist bei Unterernährung zu beobachten.

Elektrolyte (Na+, K+, Cl-)

Normalerweise sehr stabiler Parameter des Blutes Eine Unterdrückung ist bei Erbrechen und Durchfall zu beobachten. Ein Anstieg korreliert mit

Erkrankungen der Nieren, Austrocknung und Herzfehlern.

Amylase Gruppe von Hydrolasen, die 1,4-glucosidische Bindungen von Kohlenhydraten hydrolysieren wie z.B. Amylopektin, Amylose, Stärke und Glykogen.

Amylasewerte sind höher im Falle einer akuten Entzündung der Bauchspeicheldrüse. Ein Reduktion tritt bei Exposition mit Lebertoxinen auf.

Kreatin/ Kreatinin Kreatinin ist ein Abfallprodukt von Kreatin (welches wiederum wichtig für die Muskelkontraktion ist), das von den Nieren ausgeschieden wird. Kreatin wird aus Glycin, Arginin and Methionin in der Leber und in der Bauchspeicheldrüse synthetisiert.

Erhöhung nach dem Verlust von Skelettmuskeln verursacht durch Atrophie, Nekrose oder Hunger.

Bilirubin Gallenflüssigkeitist ein metabolisches Abbauprodukt des Hämoglobins, welches aus alten oder beschädigten Erythrozyten stammt.

Bilirubin wird in der Leber glykolisiert, im Blutserum transportiert und in der Galle ausgeschieden.

Bilirubin wird verwendet, um zu unterscheiden zwischen Gelbsucht und verschiedenen anderen Erkrankungen der Leber. Der Bilirubinwert ist erhöht nach der Applikation von Arsen, Cadmium, Sorbitol und Chloroform.

Blut-Harnstick-stoff (BUN)

Anstieg bei Erkrankungen der Niere und reduziert bei ernsthaften Lebererkrankungen.

Cholinesterase/

Pseudocholin-esterase

Gruppe von Enzymen die im Blutserum und Erythrozyten gefunden werden, die Acetylcholin hydrolisieren (im Falle der Cholinesterase).

Cholinesterasewerte sind reduziert nach Exposition gegenüber organophosphatischen Pestiziden s.

Kreatin phosphokinase (CPK)

CPK katalysiert die Oxidation von Kreatin mit Hilfe von ATP.

Die Serum-CPK-Konzentration ist erhöht im Falle von Muskeldystrophie und viraler

Muskelentzündungen und metastatischen Karzinomen.

γγγγ-Glutamyl-transferase (GGT)

GGT überträgt die γ-Glutamyl-Gruppe von Peptiden auf andere Peptide oder Aminosäuren.

GGT ist Teil der Zellmembran und ist

wahrscheinlich verantwortlich für den Transport von Proteinen durch die Zellmembran.

Die klinische Relevanz des GGT-Wertes liegt in der Diagnose von Lebererkrankungen. Ein steigender Wert weist auf die Bildung von Gallensteinen.

Glukose Eines der wesentlichen Kohlenhydrate. Der Serum Glukose-Wert ist abnormal in Fällen von Krankheiten, welche die Konzentration an Insulin, Wachstumshormonen, Thyroxinund Glucagon beeinflussen.

Lactat-Dehydrogenase (LDH)

Katalysiert die Oxidation von L-Lactat zu Pyruvat. Der LDH-Wert ist erhöht im Falle von Herzinfarkt, Leukämie und Lebererkrankungen.

Sorbitol-Dehydrogenase (SDH)

Katalysiert die Oxidation von Sorbitol zu D-Fructose.

Wir genutzt zur Identifikation von akuter Lebererkrankungen, die durch Chemikalien hervorgerufen wurden.

Alanin-Amino-transferase (ALT)

Katalysiert die Übertragung der Amino-Gruppe von Alanin auf Oxoglutarat zur Bildung von Glutamat.

Die Serum-ALT-Werte sind erhöht im Falle von Lebererkrankungen und in Folge von

Gewebezerstörungen.

Aspartat-Amino-transferase (AST)

Katalysiert die Übertragung der Amino-Gruppe von Aspartat auf Oxoglutarat zur Bildung von L-Glutamat.

Steigendes AST Niveau ist bekannt im Falle von Lebererkrankungen und metastatischen Karzinomen.

Tab. 11 Wichtige Parameter im Rahmen der klinischen Pathologie und ihre medizinische Relevanz (zusammengefaßt nach SUBER, 1994; BIESALKSKI, 1995; LÖFFLER, 1997; STEVENS, 1994).

Da die Anwendung des Arzneimittels in der klinischen Prüfung bis zur Phase III weder unter dem Aspekt der Patientenauswahl noch unter dem der Behandlungsdurchführung repräsentativ für das tatsächliche Anwendungsverhalten von Ärzten und Patienten unter allgemeiner Verfügbarkeit ist (VICTOR, 1991), wurde im Bereich der Arzneimittel bereits seit langem ein post marketing surveillance gesetzlich festgeschrieben (s.a. Kap.

B-4.3.1.2; B-4.3.2.2; B-4.4.3.3). PMS ist das Zusammentragen von Informationen, die im Zusammenhang mit dem Inverkehrbringen eines bestimmten Produktes stehen (BORZELLECA, 1992b). In der Phase III können z.T.

bereits Signale detektiert werden, die im Rahmen des post-marketing surveillance (PMS) oder auch Pharmakovigilanz bzw. Phase IV (VICTOR, 1991), weiter untersucht werden können.