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4 Die Bündnissystempolitik der USA

4.2 Die Organisation des Nordatlantikvertrags (NATO)

4.2.4 Der Aufbau der NATO

Die NATO ist eine internationale Organisation, die auf dem Prinzip der multilateralen intergouvernementalen Zusammenarbeit beruht. Das bedingt, dass alle Fragen einvernehmlich gelöst werden müssen und dass Grundvoraussetzung die freiwillige Kooperation unter souveränen Staaten ist. Daher muss es Organe geben, durch die der multilaterale Interessenausgleich stattfindet.

Im Nordatlantikvertrag sind, wie oben bereits angeführt, bis auf die Bestimmungen des Art. 9 NATO-Vertrag, der die Einrichtung eines Rates fordert, keine weiteren Festlegungen vorhanden, so dass das institutionelle Design des Bündnisses nicht vertraglich festgelegt wurde und sich somit in der Folgezeit aus den – durchaus wechselnden – Funktionen des Bündnisses ergab.524

Eine Organisationsstruktur begann sich bereits kurz nach Abschluss des Vertrages zu bilden.

Ausschlaggebend dafür war, dass die USA unmittelbar nach der Unterzeichnung begannen, ein Programm für Militärhilfe für die anderen Mitgliedsstaaten aufzulegen. Der US-Kongress verband mit seiner Zustimmung zu diesem Programm die Forderung nach einem Verteidigungsausschuss innerhalb des Bündnisses, der eine gemeinsame strategische Planung garantieren sollte. Dadurch erhoffte sich das Parlament zu garantieren, dass die bereitgestellten US-Hilfen nicht für rein nationalstaatliche Interessen eingesetzt würden, sondern nur für kollektive Interessen des Bündnisses. So kann der Aufbau der verschiedenen Kommittees und Planungsgruppen innerhalb der NATO auch als Antwort auf diese Forderung des US-Kongresses gesehen werden.525

Sofort nach der Ratifizierung des Vertrages durch die nationalen Parlamente der unterzeichnenden Staaten baute der Nordatlantikrat eine Organisation auf, die seine Beschlüsse durchführen sollte. Diese erhielt den Namen „Organisation des Nordatlantikvertrages“.

Die NATO gliedert sich in eine politische und eine militärische Organisation, wobei jedes Mitgliedsland nicht zwangsläufig der letzteren angehören muss.

Fundamentales Grundprinzip der gesamten Organisation ist das Festschreiben des Primats der Politik, d.h. dass die militärische Organisation der politischen Führung untersteht. Im

524 Vgl. Varwick, Johannes/ Woyke, Wichard (2000), Die Zukunft der NATO. Transatlantische Sicherheit im Wandel. Opladen, S. 68-69.

525 Osgood, Robert, NATO, S. 45-46.

institutionellen Design unterscheiden sich beide Bereiche was ihren Aufbau betrifft marginal:

sowohl in dem politischen, als auch in dem militärischen Teil finden sich durchgängig drei Ebenen:

Als oberstes Leitungsgremium besteht ein Hauptorgan. Diesem untergeordnet gibt es Unterorgane, die die ständige Arbeit zwischen den Tagungen des Hauptorgans koordinieren.

Darunter stehen diverse administrative Organe, die die politischen und militärischen Beschlüsse vorbereiten und durchführen.526

Das höchste Gremium im politischen Teil des Bündnisses ist der Nordatlantikrat. Seit seiner Einführung 1949 mehrmals leicht verändert, ist er das oberste Entscheidungsgremium und dient als Forum für die umfassenden politischen Konsultationen und Koordinierung zwischen den Bündnispartnern. Ursprünglich wurde 1949 beschlossen, dass der Rat aus den Außenministern bestehen und einmal jährlich zu einer regulären Tagung zusammenkommen sollte. Zusätzlich wurde ein aus den Verteidigungsministern zusammengesetzter Verteidigungsausschuss und später ein Verteidigungsfinanz- und Wirtschaftsausschuss, dem die Finanzminister angehören sollten, gebildet. Da sich dieses Konstellation aber als schwerfällig und wenig tauglich für die Behandlung der laufenden Fragen erwies, wurden Ratsstellvertreter ernannt, die als quasi-permanente Einrichtung tagen sollten. Nachdem 1951 die Abschaffung des Verteidigungsausschusses und des Finanz- und Wirtschaftsausschusses beschlossen wurde, wurde die Rolle des Nordatlantikrates gestärkt.

Letzterer ermöglicht den Mitgliedsstaaten sich direkt am Konsensbildungsprozess zu beteiligen. Der Rat selbst tagt auf drei Ebenen: auf der Ebene der Ständigen Vertreter (wöchentlich), auf Außenministerebene (im Frühjahr und im Herbst) und auf der Ebene der Staats- und Regierungschefs. Zentrale Aufgabe des Nordatlantikrates ist die Beschäftigung mit allen Fragen, die die Umsetzung des Vertrages und die Politik der Allianz betreffen. 527 Militärpolitische Fragen werden dabei im Ausschuss für Verteidigungsplanung erörtert, der sich aus denjenigen Mitgliedsstaaten zusammensetzt, die sich an der integrierten Verteidigungsstruktur der NATO beteiligen. Er berät die Militärbehörden der NATO und hat in seinem Verantwortungsbereich dieselben Aufgaben wie der Rat.

526Varwick/ Woyke, Die Zukunft der NATO, S. 69.

527 Vgl. Hauser, Gunther (2008), Die NATO – Transformation, Aufgaben, Ziele. Frankfurt am Main., S. 35.

Nach und nach wurden eine Reihe weiterer Ausschüsse eingerichtet, angefangen vom politischen Ausschuss, einem Wirtschaftsausschuss oder einem Logistikausschuss, bis hin zu einem Alarmausschuss oder einem Haushaltsausschuss.

Höchstes Exekutivorgan der NATO ist das Generalsekretariat mit dem Generalsekretär an der Spitze. Dieser wird von den Mitgliedsstaaten im Konsens ernannt und ist traditionell immer ein Europäer. Qua Amt ist er gleichzeitig Vorsitzender des Nordatlantikrates, des Verteidigungsplanungsausschusses und der 1967 etablierten nuklearen Planungsgruppe.

Desweiteren vertritt er die Allianz nach außen und ist zuständig für die Lenkung und Förderung des Konsultations- und Entscheidungsfindungsprozesses im Bündnis. Hauptsitz des Generalsekretariats und gleichzeitig auch politisches Hauptquartier der Organisation und ständige Sitz des Rates ist die belgische Hauptstadt Brüssel.

Im Laufe der Zeit hat sich ein internationaler Stab von ca. 1300 Mitarbeitern gebildet, der die stehende Struktur der NATO verkörpert.

Es sei noch hinzugefügt, dass sich neben diesen formalen Organen mit der Zeit auch eine Reihe informeller Einrichtungen, wie z.B. die 1955 gegründete NATO-Parlamentarierkonferenz, seit 1966 Nordatlantische Versammlung, oder die 1969 entstandene EUROGROUP bildeten.528 Die eigentliche Entwicklung der NATO hin zu der militärischen Allianz, wie sie heute besteht, begann in den 50er Jahren. Der 1951 geschlossene sogenannte package deal war dafür die Initialzündung. Schon bereits 1950 hatte Präsident Truman angekündigt, dass er einer Aufstockung der US-amerikanischen Truppen in Westeuropa zugestimmt hatte.529 Der Begriff package deal bezieht sich auf einen Kompromiss, den die US-Regierung den anderen Bündnispartnern abgerungen hatte: Die USA erklärten sich bereit, einen amerikanischen General als NATO-Kommandeur abzustellen und weitere Truppenkontingente zu entsenden.

Dafür sollten die europäischen Verbündeten einer Wiederbewaffnung der Bundesrepublik und der Aufstellung deutscher Divisionen innerhalb integrierter NATO-Truppen zustimmen.530 Von 1950 bis 1952 wurde eine permanente militärische Struktur geschaffen. Wie oben bereits angeführt, sind die militärischen Strukturen dem politischen Führungsgremium nachgeordnet.

Wie im zivilen Bereich wurden auch in der militärischen Struktur mehrfach Veränderungen vorgenommen.

528 Vgl. Varwick/ Woyke, Die Zukunft der NATO, 2000, S. 76-78.

529 Osgood, Robert E., NATO, S. 45-46.

530 Vgl. The Secretary of State to the Acting Secretary of State, 17. September 1950. In: FRUS. 1950, III, S. 316-320.

Die USA entschieden vier weitere Divisionen nach Europa als Teil einer integrierten NATO-Kommandos zu senden. Zusätzlich wurde Dwight D. Eisenhower zum ersten Oberkommandieren („SACEUR“) bestimmt und beauftragt „to train national units assigned to his command and to organize them in an effective, integrated defense force“.531

1951 wurde das Oberkommando der Alliierten Streitkräfte in Europa geschaffen, dessen Hauptquartier in der Nähe von Versailles lag.532 Zentrales Organ im militärischen Teil der NATO wurde der Militärausschuss. Er setzt sich aus den Generalstabschefs der Mitgliedsländer zusammen mit der Besonderheit, dass Island durch eine zivile Person vertreten wird, da es selber keine Streitkräfte besitzt. Zweimal jährlich tagt dieses Gremium auf höchster Ebene und erteilt den untergeordneten Abteilungen Empfehlungen und Richtlinien. Von den Generalstabschefs eingesetzte ständige militärische Vertreter erlauben es dem Ausschuss ständig zu tagen.

Vetreter der drei größten Staaten, der USA, Frankreich und Großbritannien, bilden dabei die sogenannte „Ständige Gruppe“, die als Exekutivorgan des Militärausschusses bezeichnet werden kann. Sie ist als oberste Behörde zuständig für die höchsten strategischen Weisungen für die Gebiete, in denen alliierte Streitkräfte operieren und die NATO-Befehlshaber sind ihr gegenüber verantwortlich. Desweiteren sorgt sie für eine Vereinheitlichung der in den verschiedenen Gruppierungen ausgearbeiteten Verteidigungspläne und legt dem Militärausschuss entsprechende Empfehlungen vor.

Das NATO-Vertragsgebiet wurde unter Berücksichtigung unterschiedlicher geografischer und politischer Faktoren in drei Kommandobereiche aufgeteilt533: das alliierte Oberkommando Europa (SACEUR), das das Gebiet vom Nordkap bis Nordafrika und vom Atlantik bis zur Ostgrenze der Türkei umfasst, das alliierte Oberkommando Atlantik (SACLANT), dessen Bereich sich vom Nordkap bis zum Wendekreis des Krebses und von den Küstengewässern Nordamerikas bis zu den Küstengewässern von Europa erstreckt und schließlich das alliierte Oberkommando Ärmelkanal (CHINCHAN), das den Ärmelkanal mit seinen Zugängen und südliche Teile der Nordsee abdeckt. Schließlich gibt es noch die kanadisch-amerikanische

531 Osgood, Robert E., NATO, S. 26.

532 Als Frankreich 1966 sich aus dem militärischen Teil der NATO zurückzog, wurde das Oberkommando nach Brüssel verlegt.

533Vgl. Duignan, Peter (2000), NATO: Its Past, Present, and Future. Stanford, S. 13.

regionale Planungsgruppe, deren Auftrag den nordamerikanischen Kontinent umfasst. Jeder Kommandobereich enthält dabei weitere nachgeordnete Befehlsbereiche.534

Die Befehlshaber der jeweiligen Bereiche sind für die Ausarbeitung der Verteidigungspläne für ihr Gebiet, für die Festsetzung der Stärke der erforderlichen Einheiten sowie für die Verteilung und die Ausbildung der ihnen unterstellten Streitkräfte verantwortlich. Die Streitkräfte der Mitgliedsstaaten sind untergliedert in Streitkräfte, die bereits auch in Friedenszeiten unter NATO-Oberkommando stehen, Streitkräfte, die im Verteidigungsfalle für eine Unterstellung unter die NATO-Führungsstäbe vorgesehen sind und Einheiten, die unter nationalem Kommando verbleiben sollten.

534 Vgl. Poser, Günter (1974), Die NATO. Werdegang, Aufgaben und Struktur des Nordatlantischen Bündnisses.

München/ Wien, 1974, S. 38-44.

Abbildung 11:Der militaerische und zivile Aufbau der NATO (Quelle: Greiner, Christian et al., Die NATO als Militärallianz, S. 345)

Generalsekretär und intern. Stab Ständige Vertreter und

Länder-delegationen

Nord- atlantik-rat

Verteidi- gungs-

planungs-aussch.

Nukleare Planungs-gruppe

Länder- militärvertreter

Militär- ausschuss Andere

Ausschüsse

z.B.

- Haushalt - Politik - Umwelt - Wirtschaft

Internat.

Militärstab

SACEUR SACLANT CINCHAN