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3 Die nationale Identität der USA

3.1 Die US-Gesellschaft und die race relations in der Nachkriegszeit Nachkriegszeit

3.1.2 Die Afroamerikaner

"I spent four years in the army to free a bunch of Frenchman and Dutchman [...] and I'm hanged if I'm going to let Alabama version of the Germans kick me around when I get home."235 Diese Äußerung, getätigt von einem heimkehrenden afroamerikanischen Veteran ist nur ein Beleg für die Tatsache, dass die US-Gesellschaft auch in den späten 40er und anfangenden 50er Jahren noch tief gespalten war.

Der Umgang der Vereinigten Staaten mit deren afroamerikanischen Minderheit war auch nach der Befreiung der Sklaven durch Abraham Lincoln keineswegs egalitär geprägt. Bereits ab 1890 kam es wieder zu einer erheblichen Verschlechterung der Lebensbedingungen der afroamerikanischen Minderheit im US-amerikanischen Süden. Damals stark geprägt von dem Glauben, dass besonders Afroamerikaner, aber auch andere Minderheiten, biologisch minderwertiger seien, wurden auf der Grundlage des Gedankens einer „Weißen Suprematie“

gesellschaftliche Bedingungen in vielen Bereichen geschaffen, die zu einer langanhaltenden Diskriminierung der ethnischen Minderheiten, natürlich vor allem der Afroamerikaner, führten.

Mit Hilfe einer Reihe von Gesetzen, so z.B. die Einführung von Kopfsteuern, Analphabetentests oder Wahlgesetzen, wie dem „Großvaternachweis“, wodurch nur diejenigen Afroamerikaner ein Wahlrecht erhielten, die nachweisen konnten, dass bereits ihre Vorfahren schon vor dem Bürgerkrieg freie Männer und keine Sklaven waren, wurde diese ethnische Minderheit von der politischen Teilhabe mehr und mehr ausgeschlossen.236 Aus diesem Zeitraum stammen auch die sogenannten „Jim-Crow-Gesetze“, die eine konsequente Rassentrennung in vielfältigen Bereichen des öffentlichen Lebens, wie z.B. dem Transport, im Hotel- und Gaststättengewerbe, der öffentlichen Krankenversorgung, durchsetzten, wodurch die Afroamerikaner systematisch aus dem Leben der Weißen ausgeschlossen werden sollten.237 So setzten sich gerade in den Südstaaten Segregationstendenzen durch, die durch den Supreme Court 1896 in seinem Urteil

„Plessy vs. Ferguson“, in dem der Grundsatz „separate but equal“ festgeschrieben wurde, für rechtens erachtet wurden. In den Staaten im Norden der USA existierten ähnliche Formen von Segregation im öffentlichen Leben, auch wenn diese nicht Teil des Rechtssystems waren.

235 Roark, James et al. (2000), The American promise. A history of the United States. Boston, S. 715.

236 Slocum, Fred (2004), Racism, Racial Stereotypes and American Politics. In: Chin, Jean Lau (Hg.), The Psy-chology of Prejudice and Discrimination. Band 1, Westport, S. 64.

237 Avery, Donald H./ Steinisch, Irmgard (2004), Industrialisierung und soziale und politische Folgen, 1877-1914. In: Lösche, Peter/ Ostermann, Anja (Hg.), Länderbericht USA, S. 90.

Daneben waren diese Jahre geprägt durch Brutalität und Gewaltausbrüchen gegenüber dieser Minderheit. Zwischen 1890 und 1899 kam es jährlich zu durchschnittlich 187 Lynchmorden, wobei die große Mehrheit der Opfer, nämlich rund 82%, in den Südstaaten lebende Afroamerikaner waren.238

Auch wenn es in den folgenden Jahrzehnten zu einer positiveren Entwicklung kam, kann von einer Gleichberechtigung der Afroamerikaner in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts keine Rede sein. Dies soll im Folgenden durch einige Befunde aus verschiedenen Lebensbereichen skizzenhaft dargestellt werden.

Aus Schaubild 1 wird ersichtlich, dass Afroamerikaner aus den Südstaaten im Bildungssystem mit erheblichen Nachteilen zu kämpfen hatten.

Abbildung 5: College-Graduierte im Alter von 25 Jahren, nach Ethnien (Angabe in %)

(Quelle: Jaynes, Gerald D./ Williams, Robin M. (1989), A Common destiny. Blacks and American society.

Washington D.C, S. 38.)

Obwohl ihr Anteil an den Collegegraduierten bis 1954 kontinuierlich anstieg und sich die Lücke zwischen Weißen und Afroamerikanern verringerte, war der Anteil der weißen Collegeabsolventen in der Altersklasse der 25-jährigen 1954 immerhin noch fast doppelt so hoch, wie der der Afroamerikaner. Es kann ferner festgehalten werden, dass noch 1940 die

238 Avery/ Steinisch, Industrialisierung, S. 91.

0 5 10 15 20 25

1914 1924 1934 1944 1954

Schwarze Weiße

durchschnittlichen schulischen Erfolge der afroamerikanischen Minderheit weit unter denen der Weißen Schicht lagen.239

Weiterhin gibt es einen eklatanten Unterschied zwischen der durchschnittlichen Verweildauer in der Schule: So absolvierten 1940 Afroamerikaner ungefähr 7 Jahre in Bildungseinrichtungen, während Weiße fast 10 Jahre komplettierten.240

Auch im Bereich der Wirtschaft und des Arbeitslebens sind diese Benachteiligungstendenzen natürlich nachzuvollziehen. So schreibt Gunnar Myrdal 1944, dass

it was in the interest of the slave owners to use Negro slaves wherever it was profitable in handicraft and manufacture. After Emancipation no such proprietary interest protected Negro laborers from the desire of white workers to squeeze them out of skilled employment. They were gradually driven out and pushed down into the ‘Negro jobs’, a category which has been more and more narrowly defined.241

So eingeschränkt waren Afroamerikaner noch in den 40er Jahren „far behind whites on virtually very important social and economic indicator.” 242

Diese Benachteiligungen hatten natürlich später auch Auswirkungen auf die finanzielle Einkommenssituation: 1947 betrug der Median des Einkommens afroamerikanischer Familien gerade einmal knapp 51% des Medians des Einkommens, das weiße Familien erzielten.243 Im folgenden Schaubild ist der für die Zukunft prognostizierte Median der Lebenseinkommen für Weiße und Afroamerikaner dargestellt. Die Hälfte der 1914 geborenen Afroamerikaner konnte mit 25 Jahren einen zukünftigen Median bezogen auf das lebenslange Einkommen von knapp 71.000 US $ erwarten, was ungefähr 36% von dem entspricht was ein in derselben Kohorte befindlicher Weißer erwarten durfte.

Auch hier ist zwar über die Jahre eine Abflachung der Unterschiede sichtbar, wenn gleich festgehalten werden muss, dass der Unterschied Ende der 50er Jahre immer noch knapp 50%

beträgt.244 Im Norden der USA verdienten Afroamerikaner etwas besser. So ist festzustellen, dass 1954 Afroamerikaner im Norden der USA bei ihrem Jahreseinkommen ca. 800 US $ mehr

239 Newman, Dorothy K. (1978), Protest, politics, and prosperity. Black Americans and white institutions, 1940-75. New York, S. 70.

240 Farley, Reynolds (1984), Blacks and Whites. Narrowing the gap? Cambridge, S. 17.

241 Myrdal, Gunnar, Dilemma, S. 222.

242 Ferguson, Ronald F. (1996), Shifting Challenges: Fifty Years of Economic Change Toward Black-White Earn-ings Equality. In: Clayton, Obie (Hg.), An American dilemma revisited. Race relations in a changing world. New York, S.76.

243 Newman, Dorothy K., Protest, S. 269.

244 Jaynes, Gerald D./ Williams, Robin M. (1989), A Common destiny. Blacks and American society. Washington D.C.,S. 39.

verdienten als Afroamerikaner im Süden. Insgesamt verdienten Nicht-Weiße Familien in diesem Jahr im Durchschnitt 2.410 US $, womit sie aber weit hinter dem durchschnittlichen Jahreseinkommen von weißen Familien mit ca. 4.339 US $ blieben.245

Abbildung 6: Median Lebenseinkommen Männer ab 25 Jahre (Angabe in US$) (Quelle: Jaynes/ Williams, Common Destiny, S. 39)

Eindrucksvoll ist auch, dass die generelle Lebenserwartung von Afroamerikanern weit hinter der von den Weißen zurückliegt, wie aus Abb. 7, S. 77 deutlich zu erkennen ist.

Diskriminierungen zeigten sich auch auf dem Wohnungsmarkt. Während vor dem 20.

Jahrhundert die afroamerikanische Bevölkerung schon allein aufgrund der schwachen finanziellen Ausstattung auf eher minderwertige Stadtteile konzentriert blieb, änderte sich dies zum einen durch verstärkte Migrationsbewegungen der Schwarzen einerseits in die Städte, andererseits aber auch ganz aus dem Süden heraus in der Hoffnung im Norden der USA bessere Arbeits- und Lebensbedingungen zu finden. Gefördert wurden diese Wanderungswellen zudem durch einen zwar begrenzten aber doch gewissen wirtschaftlichen Aufstieg.246 Dies führte in

245 Woods, Randall B. (2005), Quest for identity. America since 1945. Cambridge/ New York, S. 87.

246 Dinnerstein, Leonard/ Nichols, Roger L./ Reimers, David M. (2003), Natives and strangers. A multicultural history of Americans. New York, S. 108-111.

0 200000 400000 600000 800000 1000000 1200000

1914 1924 1934 1944 1954 1959

Schwarze Weiße

den einzelnen Wohnbezirken der verschiedenen Großstädte zu Spannungen mit den dort mehrheitlich wohnenden Weißen, so dass zwischen 1910-1930 Strategien entwickelt wurden, die die Grundlage für ein System geschaffen haben, dass Massey und Denton als „American Apartheid“ 247 charakterisierten. Dies sollte den Zuzug von Afroamerikanern in von Weißen dominierten Stadtbezirken begrenzen und verhindern.248

Abbildung 7: Lebenserwartung für Männer (Angabe in Jahren) (Quelle: Jaynes/ Williams, Common Destiny, S. 41.)

Aldon D. Morris sieht zusammenfassend in dem stark ausgeprägten System der Dominanz, das die Weißen in den Südstaaten der USA entwickelt und bis in die 50er Jahre perfektioniert haben und das sich sowohl auf ländliche, wie städtische Gebiete erstreckte und das sich durch eine wirtschaftliche, politische und persönliche Kontrolle der schwarzen Bevölkerungsteile auszeichnete, ein „tripartite system of domination“.249

247 Massey, Douglas S./ Denton, Nancy A. (1994), American Apartheid. Segregation and the Making of the Un-derclass. Cambridge/ London.

248 Farley, Reynolds, Blacks and Whites, S. 46-49.

249 Morris, Aldon D. (1984), The origins of the civil rights movement. Black communities organizing for change.

New York, S. 3.

56 58 60 62 64 66 68 70 72 74 76

1940 1950 1960

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