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7. Strategien und Lösungsmechanismen

7.10. Wareneinkauf im Ausland

7.10.5. Demokratische Republik Kongo

Die Grenze zur Demokratischen Republik Kongo ist von Kitwe nur 100 km entfernt.

Die Waren werden offiziell über den Grenzort Kasumbalesa nach Sambia eingeführt. Im Vergleich zur Warenbeschaffung aus Tansania oder Südafrika ist der Wareneinkauf in der Demokratischen Republik Kongo in mancher Hinsicht verschieden. Ein Aspekt hiervon ist die geringere Warenvielfalt. Der Transport zum Chisokone-Markt hingegen ist unkompliziert und rasch innerhalb von zwei Stunden zu realisieren, sofern ein eigenes Auto zur Verfügung steht. Die Infrastruktur vom Grenzort bis nach Kitwe ist bestens ausgebaut. Allerdings ist der Einkaufsvorgang innerhalb der Demokratischen Republik Kongo häufig herausfordernd, da die örtlichen Rahmenbedingungen wenig organisiert sind. Funktionierende Institutionen oder einheitlich ablaufende Abwicklungen an der Grenze sind laut Aussage sambischer Händler nicht gegeben.

Bestechliche Grenzbeamte auf kongolesischer Seite seien außerdem problematisch und verhinderten eine zügige Wareneinfuhr. Trotz der schwierigen Bedingungen in der Demokratischen Republik Kongo und am Grenzort Kasumbalesa lohnt es sich dennoch aufgrund der hohen EK-VK-Spanne Waren in der Demokratischen Republik Kongo zu beschaffen. Die hohen Gewinnspannen wiegen das Geschäftsrisiko zumeist auf.

Bei den Aussagen der Händler aus Kitwe, gilt es, das angespannte Verhältnis zwischen kongolesischen und sambischen Händlern zu beachten. Mehrere Vorfälle in den letzten Jahren haben zu einer schwierigen Beziehung zwischen der Demokratischen Republik Kongo und Sambia geführt, die sich auch in den Geschäftsbeziehungen niederschlägt.

Ein Auslöser war ein Vorfall in der Demokratischen Republik Kongo, bei dem ein

Lastkraftwagenfahrer aus Sambia einen Unfall verursachte, welcher etliche Personen einer Beerdigungsgesellschaft tötete und verletzte. Daraufhin wurde der Lastkraftwagenfahrer aus Sambia bei lebendigem Leib von einer in Raserei geratenen Menge verbrannt. Die Reaktion waren Hetzjagden auf kongolesische Händler auf dem Chisokone-Markt und Zerstörungen der von Kongolesen geführten Geschäfte. Die Grenze zur Demokratischen Republik Kongo wurde daraufhin für mehrere Tage gesperrt. Bis heute ist das Verhältnis von Kongolesen und Sambiern, besonders im Kupfergürtel, häufig noch belastet. Jede Geschäftsreise nach Kasumbalesa birgt Unwägbarkeiten und teilweise kann über Wochen hinweg keine Ware beschafft werden, da sich auch Mittelsmänner, die Geschäfte einleiten, nicht bereit erklären, einen Handel einzufädeln. So schwierig der offizielle Handel über den Grenzort Kasumbalesa ist, umso mehr blüht der Schmuggel und illegale Handel. Niemand kann die weitläufige Grenze überblicken und für Schmuggler ist es ein leichtes, Ware über die Grenze, nicht unweit der Grenzposten, zu schaffen. Die beschriebenen Zustände an der Grenze der Demokratischen Republik zu Sambia, wurden ebenfalls von einem Zolloffizier aus Sambia, der anonym bleiben möchte, in einem Interview bestätigt.267 Dieser sagt aus, dass es völlig unproblematisch sei, die Waren am Zoll vorbei zu schmuggeln. Sollte ein Schmuggler ertappt werden, muss er im schlimmsten Fall eine kurze, wenige Tage andauern Gefängnisstrafe antreten, sofern er den sambischen Grenzbeamten nicht ausreichend „ausbezahlen“ kann. Infolgedessen können Händler aus Kitwe unkompliziert günstige Schmuggelware aus der Demokratischen Republik Kongo in Sambia kurz hinter der Grenze erwerben. Das Preisniveau dieser eingeschmuggelten Ware liegt etwas höher als bei einem direkten Einkauf in der Demokratischen Republik Kongo.

Wer persönlich die Grenze übertritt und üblicherweise auch in anderen Ländern Ware beschafft, ist fast immer im Besitz zweier sambischer Pässe. Die Befragungen der sambischen Händler haben ergeben, dass sich die Einreise nach Südafrika äußerst prekär gestaltet, sofern ein Stempel aus der Demokratischen Republik Kongo im Pass vorzufinden ist. Offenbar existieren in Südafrika Vorbehalte gegenüber Personen, die sich in der Demokratischen Republik Kongo aufgehalten haben. Allerdings ist es Sambiern teilweise möglich, nur mit dem Personalausweis in die Demokratische

267 Interview am 07.01.2013 mit Zambian Custom Officer, anonym

Republik Kongo einzureisen, wenn dem kongolesischen Grenzbeamten eine

„Bearbeitungsgebühr“ bezahlt wird.

Die Situation an der Grenze und in der Demokratischen Republik Kongo sind Chance und Risiko zugleich. Durch den wirtschaftlich wenig organisierten Rahmen ist es möglich, Ware zu äußerst günstigen Preisen zu erwerben, wobei Verhandlungsgeschick wichtig ist. Die Herkunft der Waren und deren Verzollung bleiben allerdings meistens unklar. Die Geschäfte können sich also leicht in einem (halb-) kriminellen Rahmen bewegen, an dem auch Vertreter offizieller Stellen auf beiden Seiten der Grenze mitwirken. Das Risiko besteht in der Unsicherheit: will ein Händler spezielle Ware eines Typs erwerben, ist es keineswegs sicher, diese auch in der Demokratischen Republik Kongo zu erhalten, da die Versorgungssituation dort nicht stetig ist. Wer beispielsweise mit einer „Zusatzgebühr“ belegt wird, weil er seinen Pass nicht stempeln lassen möchte, läuft Gefahr, dass der ganze Wareneinkauf zu einem Verlustgeschäft wird, da die Bestechungsgelder in einer nicht kalkulierbaren Höhe ausfallen. Umgekehrt kann sich der Wareneinkauf in der Demokratischen Republik Kongo sehr lohnen. Im Besonderen ist dies der Fall, wenn man persönlich mit Grenzbeamten bekannt ist und einen Modus gefunden hat, der für beide Parteien im Zuge der Wareneinfuhr von Vorteil ist.

Wie angedeutet gibt es keine spezifische Warengattung, die im Besonderen aus der Demokratischen Republik Kongo nach Kitwe importiert wird. Vielmehr kommt es oft auf das tagesaktuelle Angebot an. Gleichwohl haben sich zwei Warengattungen als Hauptimportgüter herauskristallisiert. Dabei handelt es sich zu allererst um Alkoholika.

Whisky und Bier, beides in Sambia sehr beliebte Getränke, sind in der Demokratischen Republik Kongo um ein Vielfaches günstiger. Händler importieren zumeist Primus-Bier, welches in Sambia am unteren Ende des Prestigeindexes der Biermarken rangiert und entsprechend günstig verkauft wird. Zwar gab es etliche Versuche seitens staatlicher Institutionen wie auch der Händlerorganisationen, den Verkauf von Alkohol auf dem Chisokone-Markt einzudämmen, doch konnte diese Vorhaben bis heute keine stringente Umsetzung finden. Insbesondere an der Peripherie des Chisokone-Marktes haben sich so genannte Liquor-Stores etabliert, die die ganze Bandbreite an Alkoholika anbieten; darunter auch Whiskey und Primus-Bier aus der Demokratischen Republik Kongo.

Ein weiteres Hauptimportgut aus der Demokratischen Republik Kongo ist traditionelle Bekleidung, in Sambia unter dem Namen „Chitenge“ bekannt. Es wird sowohl Rohmaterial wie auch fertig geschneiderte Ware beschafft. Dieses Produkt ist im Gegensatz zu Alkohol stark abhängig von der aktuellen wirtschaftlichen Lage in Sambia. Auf den Konsum von Alkohol wird ungern verzichtet, auf die Anschaffung neuer Kleidungsstücke im traditionellen Bereich sehr wohl.